Protocol of the Session on August 30, 2006

(Beifall von der SPD)

Hilfe muss sich an der Bedürftigkeit orientieren und nicht an der Himmelsrichtung.

Zugleich gilt: Die Zahlungen der Kommunen dürfen nicht noch weiter ansteigen. Die Lasten der Länder aus dem Solidarpakt sinken tendenziell: 2019 soll mit den Zahlungen Schluss sein. Die Belastungen der Kommunen bleiben aber bis dahin unverändert hoch. Bei einer Revitalisierung der Gewerbesteuer würden sie sogar steigen. Das muss geändert werden.

Ich sage es selbstkritisch: Das ist ein Webfehler, den damals alle Westländer in diesen Pakt eingebracht haben. Damals war die finanzielle Situation der Kommunen auch noch nicht so dramatisch wie heute. Wir müssen daran etwas ändern, wir müssen in NRW fair und gerecht miteinander umgehen, fair und gerecht auch mit den Kommunen dieses Landes.

(Beifall von der SPD)

Hier können und hier müssen wir sogar gemeinsam an einem Strang ziehen. Die Kollegen Papke und Stahl haben sich öffentlich in Teilbereichen ähnlich geäußert. Die Kommunen fordern uns auf, unabhängig von Mehrheitsverhältnissen und politischen Ausrichtungen aktiv zu werden. Wir laden alle Fraktionen ein, diesen Weg im Sinne und Interesse des Landes und im Interesse unserer Kommunen gemeinsam zu gehen.

Eine gemeinsam getragene Bundesratsinitiative wäre ein starkes Signal. Aber bis heute fehlt von Ihnen, Herr Ministerpräsident, hierzu eine Äußerung: Wie stehen Sie in dieser Frage? Wo bleibt eigentlich Ihre Stimme, wenn es um die Föderalismusreform II geht? Unser Land muss doch ein vitales Interesse daran haben, dass nach der Föderalismusreform I und der Änderung der Gesetzgebungskompetenz jetzt die Föderalismusreform II kommt. Denn wenn sie nicht kommt, ist das schlecht für NRW. Herr Ministerpräsident, hier ist Ihr Handeln gefragt. Von Ihnen habe ich dazu noch nichts vernommen.

(Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Interessiert die nicht!)

Meine Damen und Herren, mit ihrem Haushaltsentwurf hat die Regierung kein Zeichen der Erneuerung gesetzt. Ihr Haushalt ist mutlos, profillos und verantwortungslos auf Kosten der Kommunen.

(Beifall von der SPD)

Er ist mutlos, weil Sie nicht wirklich sparen. Er ist profillos, weil Sie keine wirklichen politischen Schwerpunkte setzen; Sie investieren nicht genug in die Zukunft. Und er ist verantwortungslos, weil Sie Lasten und Konflikte auf die Kommunen abschieben.

Wir werden unsere Alternativen deutlich machen und wie schon im Haushalt 2006 in wenigen Schwerpunkten strukturelle Veränderungen vorschlagen.

Abschließend wende ich mich ausdrücklich an die Kolleginnen und Kollegen im Landtag in den Koalitionsfraktionen: Herr Kollege Stahl hat betont, kein Gesetz komme so aus dem Landtag heraus, wie es hineingegangen sei. Wir beobachten aufmerksam und mit Respekt Ihre internen Diskussionen über die Belastung der Kommunen. Offensichtlich ist Ihre Erdung an der Basis besser als die der Regierung. Sie können und Sie müssen jetzt über Änderungen entscheiden. Sie tragen wie wir alle als Haushaltsgesetzgeber die Verantwortung. Lassen Sie uns dieser Verantwortung zum Wohle des Landes und zum Wohle der Menschen gerecht werden. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von der SPD – Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, als nächster Redner hat nun das Wort der Abgeordnete Stahl, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag.

(Gisela Walsken [SPD]: Der Höhepunkt des Tages!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kraft, es war relativ einfach vorherzusehen, wie Sie Ihre Rede aufbauen würden. Dazu gehörten keine großen hellseherischen Fähigkeiten.

(Gisela Walsken [SPD]: Mal sehen, was Sie zu bieten haben!)

Mir war klar, dass Sie sich in die Grundsatzprogrammdiskussion der Christlich-Demokratischen

Union Deutschlands einklinken würden. Mir war auch klar, dass Sie als Ausdruck der Arbeit der Koalition der Erneuerung den Haushalt als unsozial und wie auch immer angreifen würden. Das war durchsichtig.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Sozialabbau!)

Es war auch vorhersehbar, dass Sie Ihre Behauptungen mit einer Fülle von Einzelbeispielen unterlegen würden. Frau Kollegin Kraft, das ist schlechterdings unseriös.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Mit einer Fülle von Einzelbeispielen, Herr Stahl! Mit einer Fülle!)

Ich werde das begründen. Es ist unseriös im Praktischen und im Detail. Es ist systematischmethodisch unseriös.

Es ist im Detail beispielsweise dadurch unseriös, dass Sie natürlich vergessen haben, dass der Weiterbildungsetat im Jahr 2000 – als Sie noch regierten – bei 120 Millionen lag und Sie ihn auf 90 Millionen heruntergefahren haben. Für den Haushalt des Jahres 2005 wurde von uns seinerzeit ein Antrag auf Wiederaufstockung gestellt. Sie lehnten das damals ab, als Sie an der Regierung waren. So macht man sich unglaubwürdig, Frau Kollegin.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Sie wollten aufstocken, und jetzt kürzen Sie massiv!)

Wenn Sie sich jetzt aus dem Fenster lehnen und sagen, man sollte die Kindergartenbeiträge für das dritte Jahr aussetzen bzw. abschaffen, dann muss ich sagen: Mein Gott, die Diskussion wird bei Ihnen seit über 20 Jahren geführt. Nichts ist passiert.

(Beifall von CDU und FDP)

Im Gegenteil: Sie haben die Ausgaben heruntergefahren. Sie haben unter anderem die Sachkosten für Kindergärten heruntergefahren. Jetzt stellen Sie sich hierher und tun so, als ob Sie die Welt erlösen könnten. Das ist doch nicht seriös.

Und methodisch: Klar ist doch, wenn man konsolidieren will und muss, dann wird unausweichlich jemand darunter leiden, es wird wehtun, es wird schmerzen. Sonst passiert es nicht. Sonst geht es nicht auf.

Sie gehen jetzt alle Einzelfälle durch und richten an uns anklagend den Vorwurf, wie unsozial und was auch immer wir seien.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Gucken Sie doch einmal, wer unter Ihnen leidet! Wer leidet denn unter Ihnen?)

Frau Kraft, wo ist Ihr Konzept? Wo ist Ihr geschlossenes Konzept, das deutlich macht, wie Sie den Haushalt konsolidieren wollen?

(Beifall von der CDU)

Frau Kraft, was Sie gesagt haben, war flach. Wo ist der Esprit? Wo ist das, was anregt, woran man sich reiben und womit man sich einmal auseinandersetzen kann?

(Zuruf von der SPD)

Das Aneinanderreihen aller möglichen Beispiele langweilt doch. Das reißt doch keinen mit.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Es sind viele Zahlen und Fakten genannt worden. Im Laufe der Diskussion werden noch viele Zahlen und Fakten genannt.

Ich möchte mich in meinem Redebeitrag auf zwei Grundgedanken konzentrieren. Ich will Ihre Angriffe gegen den stellvertretenden Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands, unseren Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, aufnehmen.

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD] – Weite- re Zurufe von der SPD)

Jürgen Rüttgers hat in einer nun beginnenden Debatte Position bezogen. Die Pole der Debatte haben jetzt ein Gesicht. Dafür sind wir als CDU, als Fraktion ausgesprochen dankbar.

(Beifall von der CDU)

Es ist und bleibt Fakt: Leitbild unserer Politik ist und wird die wirtschaftliche Vernunft bleiben. Wir freuen uns darüber, dass das Mittelstandsbarometer von Ernst & Young uns, der Landesregierung, der Politik der Koalitionsfraktionen, testiert hat, dass wir, was den Mittelstand angeht, die Newcomer des Jahres seien.

Wir sind von hinten ganz nach vorne gekommen, verehrte Frau Kraft. Und da kommen Sie hierher und graben irgendeine Umfrage irgendeines Verbandes aus.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE] – Zu- ruf von der SPD: An dieser Stelle war Ap- plaus vorgesehen!)

Bei aller Betonung der wirtschaftlichen Vernunft ist es natürlich auch so, dass die soziale Gerechtigkeit nicht aus dem Blick geraten darf. Das ist

Teil unserer Gene als Christlich-Demokratische Union, als Fraktion im Landtag von NordrheinWestfalen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Schöne Worte! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Warum handeln Sie dann nicht so? Kommen die Gene in der Pra- xis bei Ihnen nicht vor?)

Wir führen die Diskussion als CDU. Frau Kraft, ich freue mich darauf, wenn die Diskussion bei Ihnen darüber beginnt, wohin Ihre Perspektiven in die Zukunft reichen sollen. Darauf freue ich mich.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die Freude wird Ihnen noch vergehen!)