Für die SPD-Landtagsfraktion gibt es zwei zentrale Verpflichtungen eines modernen Bildungssystems: Wir müssen allen Kindern alle Chancen geben. Jedes Mädchen, jeder Junge braucht Raum und Unterstützung, seine eigenen Fähigkeiten und Potenziale individuell zu entwickeln.
(Beifall von der SPD – Ralf Witzel [FDP]: Das machen wir doch! – Dr. Gerhard Papke [FDP]: Was haben Sie denn hinterlassen?)
Bildung dient auch der Gesellschaft insgesamt. Denn sie hilft, Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung zu vermeiden. Sie ist zentrales Element eines vorsorgenden Sozialstaates. Unser Bildungssystem muss fit gemacht werden für die Zukunft, damit unsere Kinder fit für die Zukunft sind. Darum stehen bei der Bildungspolitik für uns vier Leitgedanken im Mittelpunkt:
Wir brauchen ein flächendeckendes Betreuungsangebot für die Kleinsten und mehr Bildung und Qualität im vorschulischen Bereich.
Wir müssen die Bildung vom Kindergarten bis zur Hochschule Schritt für Schritt gebührenfrei stellen, meine Damen und Herren.
Ich sage Ihnen ganz offen: Wir sind in einem Prozess. Wir sind auch in den Details noch gar nicht festgelegt; das ist nämlich ergebnisoffen.
Wir setzen uns aber mit den Ergebnissen von Wissenschaft und den Konzepten anderer detailliert auseinander. Wir stehen darüber im Dialog mit den Institutionen und den Bürgerinnen und Bürgern.
Und was ist mit Ihnen? Ihnen fällt nichts anderes ein, als in den ideologischen Schützengräben von gestern liegen zu bleiben. Das ist Ihr Problem, meine Damen und Herren von CDU und FDP.
(Beifall von der SPD – Lachen bei der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Dialog ist für die ein Fremdwort!)
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, Sie sind mit dem hohen Ziel der Erneuerung des Landes angetreten. Sie wollten eine Koalition ohne Streit bilden; heute zeigen sich erste Risse im Gefüge. Die CDU windet sich wegen der verabredeten Reform der Gemeindeordnung. In der Partei wächst die Ablehnungsfront beinahe stündlich – aus gutem Grund.
Was hat Sie geritten, die Stichwahl für die Bürgermeister, Landräte und Oberbürgermeister abschaffen zu wollen? Was soll daran demokratisch sein, wenn am Ende jemand gewählt ist, der knapp über 20 % der Wählerstimmen auf sich vereint? Hören Sie doch auf Herrn Lammert oder auf Ihren neuen Regierungssprecher, der sich als Chef der Rhein-Sieg-Union auch dagegen positioniert hat.
(Beifall von der SPD – Gisela Walsken [SPD]: Aha! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist ein guter Mann! – Widerspruch von der CDU)
Sie, meine Damen und Herren von der FDP, tun immer noch so, als habe sich die Welt nicht weitergedreht. Ihr Ministerpräsident hat für sich und seine Partei die Verschiebung der politischen Koordinaten vorgenommen.
Nein, das habe ich nicht bestritten. Ich habe bestritten, dass er das ernst meint. Aber dass er das öffentlich gemacht hat, brauche ich nicht zu bestreiten. Ich sage nur: Er sagt das Eine und tut
Herr Pinkwart, wo waren Sie eigentlich seit dem 3. August? Waren Sie da viel unterwegs? Herr Rüttgers hat sich in dem Interview im „Stern“ zum neuen Norbert Blüm der CDU ausgerufen.
Freiheit vor Gleichheit – das gilt jetzt nicht mehr, Herr Minister. Sie verkünden den Lesern des „Westfalenblattes“ vor wenigen Tagen, am 26. August, also danach:
„Wir machen eine Politik mit klaren Grundsätzen: Privat vor Staat, Erwirtschaften vor Verteilen, Freiheit vor Gleichheit.“
Sie brauchen gar nicht zu klatschen. Das war einmal. Der Ministerpräsident hat in der Zwischenzeit von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht. Reden Sie darüber nicht im Koalitionsausschuss? Im Kabinett ist dafür ja keine Zeit, wie wir gelernt haben.
Herr Ministerpräsident, die Menschen werden Sie nicht mit bloßen Sprüchen davonkommen lassen. Konkrete Antworten, konkrete Aktivitäten werden von Ihnen erwartet. Kurz und knapp hat dies der Chefredakteur der „Rheinischen Post“, Sven Gösmann, am 23. August in einem Kommentar zusammengefasst. Er spricht von Ihren Profilierungsversuchen, Herr Ministerpräsident, und sagt dann – ich zitiere mit freundlicher Erlaubnis –:
„Aber alle Aussagen über Lebenslügen seiner CDU täuschen nicht darüber hinweg, dass auch er noch keinen Hebel gefunden hat, das Erbe des diamantenen Jubelpaares Nordrhein und Westfalen zu bewahren: den sozialen Ausgleich zu erhalten, industrielle Arbeitsplätze im Lande zu sichern und neue innovative Beschäftigungsfelder zu erschließen.“
Weder Ihr Koalitionsvertrag – darauf haben wir damals schon hingewiesen – noch Ihre Haushalte und schon gar nicht Ihre konkrete Politik geben eine Antwort auf die drängenden Fragen. Sie haben einfach keine. Davon wollen Sie mit Ihrer Sozialrhetorik und mit Ihren Angriffen gegen Berlin ablenken. Das ist die Wahrheit.
Sie stehen jetzt seit mehr als einem Jahr in der Verantwortung, und Sie werden Ihr nicht gerecht. Dieser Meinung ist inzwischen übrigens interessanterweise auch die mittelständische Wirtschaft in NRW. Frau Thoben, das muss Ihnen Sorgen machen. Deren Zeugnis für Ihre Landesregierung fällt schlecht aus: 46 % geben ihr ein Mangelhaft oder allenfalls ein Ausreichend. 46 %! Dieser Wert ist sogar noch deutlich schlechter als der der Bundesregierung.
Dabei braucht unser Land so dringend ein aktives Eintreten für seine Interessen auch in Berlin. Aber es muss Streit in der Sache geführt werden, und es sollte nicht die Suche nach bundespolitischem Profil sein.
Ein zentrales Thema der kommenden Wochen ist die Unternehmenssteuerreform. Hier sind auch Sie gefordert, für das Land und seine Menschen einzutreten. Hier können Sie beweisen, dass Sie es ernst meinen. Unsere Kommunen brauchen eine erneuerte Gewerbesteuer als sichere Basis.
Was tun Sie und die Landesregierung dafür? Wie bringen Sie das Gewicht von NRW ein? Oder sind Sie noch bei Ihrer Position aus dem Jahre 2003 verblieben, als Sie die Gewerbesteuer abschaffen wollten, Herr Ministerpräsident?
Der Landtag hat die Chance dazu, ein klares Signal in Richtung Berlin zu senden. Wir haben einen Antrag eingebracht, der die Große Koalition in Berlin in Ihrer Politik unterstützt, aber auch im Sinne Nordrhein-Westfalens die soziale Komponente betont. Die SPD in NRW hat sich in dieser Frage eindeutig positioniert: Wir bestehen auf weitestgehender Aufkommensneutralität. Nur so wird die soziale Balance in diesem Land gewahrt.
Herr Ministerpräsident, an Sie stellt sich die Frage: Wie steht es hier mit der Abkehr von Lebenslügen? Oder sind Sie gar nicht handlungsfähig, weil Sie sich mit Ihrem Koalitionspartner nicht einigen können?
Ein anderes Thema, bei dem NRW die Stimme erheben sollte, ist der Solidarpakt Ost. Ich schicke es ganz eindeutig vorweg: Mir geht es um die Si
cherung einer dauerhaften Solidarität. Unsere Kommunen befinden sich in einer finanziell dramatischen Lage. Und Sie verschärfen sie noch mit dem Haushalt. Seit Jahren zahlen die Kommunen aus NRW über die Gewerbesteuerumlage Millionen in den Solidarpakt Ost ein: Von 1996 bis 2005 waren es 7,11 Milliarden €. In vielen Fällen wird das Geld quasi direkt von der Bank geholt. Hier werden Schulden gemacht, um die Solidarität bezahlen zu können. Dieser Zustand darf so nicht bleiben. Gleiches muss gleich behandelt werden!