Nicht: vergebt uns unsere Schuld, sondern: vergebt uns unsere Schulden. Das müssten Sie jeden Abend beten.
Sie haben erzählt, was Sie alles weiter fortsetzen wollen. Sie sollten einmal in das Gutachten der Hartmann-Kommission schauen. Das haben Sie vielleicht nicht so ganz ernst genommen. Wir haben es ernst genommen. Eine Zahl ist faszinierend: Ihr Weg fortgesetzt noch bis zum Jahr 2010 hätte für uns ein strukturelles Defizit in Höhe von 11 Milliarden € bedeutet. Wir hätten jedes Jahr 11 Milliarden € zusätzliche Schulden machen müssen. Wo soll das hinführen? Das ist ein Verbrechen an der künftigen Generation.
Das machen wir nicht. Deswegen bin ich dem Finanzminister ausgesprochen dankbar dafür, dass er einen knallharten Konsolidierungskurs fährt.
Sie werden sich wundern. Sie haben es auch das letzte Mal nicht geglaubt beim Haushalt 2006. Sie werden sich auch diesmal wundern. Wir lassen uns von diesem Kurs nicht abbringen.
Ich will Ihnen noch eines ins Stammbuch schreiben. Herr Sagel, Sie haben ja auch so einen Nachhaltigkeitsbericht zur Finanzsituation vorgelegt. Da ist beispielsweise auch aufgefallen, dass in dem Schuldenstand, den wir von Ihnen übernommen haben – den haben wir ja nicht gemacht, sondern der ist schon da gewesen –, noch nicht einmal Rückstellungen für Pensionen enthalten sind, was im Grunde genommen den Schuldenstand des Landes verdoppelt.
Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen: Hören Sie auf mit unseriösen Forderungen! Hören Sie auf, den Menschen kostenlose Kindergartenplätze zu versprechen! Das hat Johannes Rau vor 20 Jahren schon nicht geschafft. Das werden wir auch nicht schaffen. Das Geld dafür ist einfach nicht da.
Gewöhnen Sie sich bitte an, bei allem, was Sie politisch in den Raum stellen, zunächst einmal zu fragen, ob für diese Wohltat das Geld anwesend ist oder ob es abwesend ist. Wenn das Geld anwesend ist, können wir uns politisch streiten und darüber diskutieren. Wenn das Geld aber abwesend ist, sollten wir die Diskussion einstellen. Ich kann Ihnen sagen: In Nordrhein-Westfalen ist das Geld abwesend. Es ist aus den Gründen abwesend, die ich Ihnen eben geschildert habe. RotGrün hat zu vertreten, dass wir in dieses Dilemma hineingekommen sind. Wir werden in den nächsten fünf Jahren dafür sorgen, dass dieser Landeshaushalt wieder aktionsfähig wird und wir wieder Investitionen für die Zukunft tätigen können. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Aus den Reihen der Fraktionen liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Der Herr Finanzminister hat aber noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz auf einige Punkte in der Debatte eingehen. Ich möchte mich nicht beschäftigen mit den Verbalinjurien von Ihnen, Herr Sagel. Über Bilanzfälscher hat, glaube ich, die Kollegin Freimuth schon das Entsprechende gesagt. Ich meine, wenn man in der Sache nichts zu sa
Natürlich ist es sehr hübsch, mit Dagobert Duck verglichen zu werden. Aber die intellektuelle Leistung ist dann doch nicht so groß, wenn man eben weiß, dass wir zurzeit 113 Milliarden € Schulden haben. Dieses Bild ist hübsch. Wenn es sich durchsetzt, wäre es besonders hübsch. Wenn es mit der Realität in Einklang zu bringen wäre, wäre es noch hübscher. Aber bis dahin brauchen wir noch ein bisschen Zeit. Lassen Sie uns nur lange genug an der Regierung, dann schaffen wir das.
Ich möchte gerne ein paar Bemerkungen zu der Frage machen: Ist irgendwo ein Sparstrumpf angelegt? Dieses Bild wird vor allen Dingen von der SPD gebraucht. Nun sind Frau Kraft und Frau Walsken leider nicht hier, aber vielleicht können Sie es ihnen aufschreiben, damit sie es vielleicht doch kapieren.
Ich hatte schon zu Beginn darauf aufmerksam gemacht. Ich bin gespannt, mit welcher Akrobatik Sie versuchen, das heute zu erklären. Sie haben es nämlich wieder nicht erläutert. Sie glauben, dass es vielleicht irgendwo ankommen könnte, wenn Sie sagen: Der hat irgendwo einen Sparstrumpf. – Aber hier ist der Kreis, in dem wir uns austauschen sollten. Sie können das vielleicht in Unternehmen machen, indem Sie Rückstellungen bilden. Sie haben es in grauer Vorzeit, 1999, einmal mit Rückstellungen versucht, als wir dann zum Verfassungsgericht gegangen sind. Beim Jährlichkeitsprinzip des Haushaltes und bei der Haushaltstechnik Kameralistik können Sie es gar nicht. Ich täte es gerne, um Vorsorge für die nächsten Jahre zu treffen. Ich verhehle nicht, dass mir das gefallen würde.
Aber es geht tatsächlich nicht. Ich will versuchen, es Ihnen anhand der Zahlen, die genannt worden sind, zu erklären. Wenn Sie zum Beispiel sagen: „2,1 Milliarden € Steuern mehr bekommt der, dann muss der doch irgendwo Geld hingelegt haben“, dann versuchen Sie, einmal mitzurechnen: 2,1 Milliarden € sind die Mai-Steuerschätzung. Darin ist die Mehrwertsteuererhöhung von 1,4 Milliarden € berücksichtigt. Herr Sagel, Sie haben auf diese 1,4 Milliarden € auch abgehoben.
Dann darf ich Ihnen vielleicht ein paar grobe Zahlen nennen – denn der Haushalt hat so viele Auf und Ab –, damit Sie auf das Gerüst kommen, das im Haushalt deutlich wird. Alle Zahlen, die ich nenne, können Sie im Haushalt nachlesen.
Von den 2,1 Milliarden € müssen Sie dann erst einmal 300 Millionen € Steueränderungsgesetze zum 1. Januar 2007 abziehen. Das ist ein Faktum, das Sie eigentlich kennen müssten. Sie müssen abziehen die 80 Millionen € 3 % Mehrwertsteuer mehr bei den sächlichen Verwaltungsausgaben. Auch das steht im Haushalt. Sie müssen die 60 Millionen € 3 % Mehrwertsteuer mehr beim Familienleistungsausgleich dazu rechnen. 140 Millionen € plus Steueränderungsgesetze sind 440 Millionen €. Dann müssen Sie 260 Millionen € mehr bei Personal dazu rechnen. Dann müssen Sie 674 Millionen € bei Kommunen dazu rechnen.
Die 674 Millionen €, die die Kommunen mehr erhalten, sind klar, Herr Sagel. Bei den 1,1 Milliarden € Ausgabensteigerung ist das die wesentlichste Position überhaupt. Ich versuche ja, es Ihnen vorzurechnen.
Auf einmal sind Sie dann bei 2,1 Milliarden € minus 1,469 Milliarden €, die ich Ihnen gerade vorgerechnet habe. Dann sind Sie bei 0,7 Milliarden €. Das ist genau das Reduzierungsvolumen der Nettoneuverschuldung von 5,1 Milliarden € auf 4,35 Milliarden €. Da gibt es noch kleine Auf und Ab an allen Seiten. Aber so ist das nun mal.
Dann versuchen Sie doch einmal zu verstehen. Wenn Sie hoffentlich mit mir der Meinung sind, dass wir in diesem Jahr mehr Steuern einnehmen, als wir in dem Steueransatz haben, dann wissen Sie auch, dass das nicht ein Sparstrumpf ist, der irgendwo angelegt wird, sondern das voll in die Reduzierung der Nettoneuverschuldung geht.
Dann haben wir eben statt 5,1 Milliarden € vielleicht 4,8 Milliarden €, und dann setzt sich das über die nächsten Jahre fort. Es geht voll in die Reduzierung der Nettoneuverschuldung.
(Horst Becker [GRÜNE]: Sie bereichern sich an kommunalem Geld! Jetzt, wo Sie in der Regierung sind, wollen Sie damit nichts mehr zu tun haben!)
Vielleicht noch eine kleine Bemerkung zu dem, was Frau Kraft vorgetragen hat. Frau Kraft hat ihre Rede damit begonnen, dass sie sich vorkommt wie der Hauptdarsteller in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Ich habe lange über dieses Bild nachgedacht.
Wenn Sie sich noch an den Film erinnern, dann muss in dem Film der Hauptdarsteller die Wiederholung des immer gleichen Tages viele Male ertragen. Das war das Bild, das sie gebraucht hat: „… schon zum dritten Mal …“, usw. So geht es dem Murmeltier. Aber ich sage Ihnen auch: Am Ende gewinnt der Hauptdarsteller neue Einsichten und Erkenntnisse, und er kehrt zu einem normalen Leben zurück.
Mein Fazit daraus: Wir dürfen darauf hoffen, dass Frau Kraft und vielleicht auch die SPD mit ihr noch – wenn auch spät – zu den richtigen Erkenntnissen kommen können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Dr. Linssen. – Ich schließe damit die Beratung zum Haushalt 2007 und zum Haushaltsbegleitgesetz.
Ich eröffne die Beratung zum Gemeindefinanzierungsgesetz. – Als erstem Redner für die SPD-Fraktion gebe ich das Wort an den Abgeordneten Jäger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beginnen heute die Beratung zum GFG 2007 ohne den zuständigen Innenminister und ohne den extra für diesen Zweck eingerichteten Parlamentarischen Staatssekretär. Das schein ein Novum in diesem Parlament zu sein.
Ach, der Abgeordnete Palmen ist da – wunderbar –, aber nur der Abgeordnete Palmen. Der Staatssekretär müsste normalerweise hier sitzen. Herr Linssen, vielleicht können Sie das Herrn Wolf aufschreiben
und ihm ausrichten, so wie wir es mit Frau Kraft tun werden, sodass wir die ein oder andere Klärung herbeiführen können.
Herrn Linssen, was Sie Herrn Wolf aufschreiben können, ist: Es gibt ein weiteres Novum im Rahmen der GFG-Beratung, das das Datum vom 18. August trägt und den Abgeordneten am 28. August, am letzten Montag, zugestellt worden ist. Dieses GFG hatte also zehn Tage vom Innenministerium bis zum Landtag gebraucht – Luftlinie etwa 400 Meter.
Diese Landesregierung hat versprochen, neue Wege zu gehen. Aber dass sie so verschlungen sind, dass sie so lange dauern, damit haben wir wirklich nicht gerechnet. Es ist verständlich, dass man so lange braucht, weil man mit diesem GFG viel zu verschleiern hat. Man muss es deutlich sagen: Das geht knapp an einem Verstoß gegen die Geschäftsordnung vorbei. Zumindest ist es schlechter Stil. Herr Linssen, ich hoffe, Sie haben das mitgeschrieben und richten es Herrn Wolf aus.
Kommen wir nun zum GFG selbst, das in der Tradition des Haushalts bleibt, nämlich flexibel im Umgang mit der Wahrheit und den Zahlen zu sein.
Innenminister Wolf, der nicht anwesend ist, hat gesagt, die kommunale Finanzlage – wie aufs Stichwort kommt er herein; den ersten Teil Ihrer Aufträge können Sie bei Herrn Linssen abrufen –, sei angespannt. Das ist in der Tat richtig. Er hat dies belegt mit 12 Milliarden Schulden für die Kommunen.