Protocol of the Session on June 21, 2006

Die Altenpflegehilfeausbildung in der modulen Form, das heißt als Aufbaueinstieg in die dreijährige Ausbildung zur qualifizierten Altenpflegerin, ist ein wichtiger Schritt. Aus den Augen sollten wir dabei aber nicht verlieren, dass ein Absenken des Pflegestandards von 50 % qualifizierten Pflegekräfte in Altenheimen nicht eingeläutet wird, ein Qualitätsverlust nicht eintritt und die Befürchtungen der Träger in diesem Punkt nicht Wirklichkeit werden.

Wir, die Politikerinnen und Politiker, stecken hier den Rahmen fest, und die Träger der Einrichtungen stehen nachher am Pranger. Das kann nicht sein.

(Beifall von der SPD)

Wir, die SPD-Fraktion, befassen uns wie Bündnis 90/Die Grünen in dem Entschließungsantrag Drucksache 14/2168 ebenfalls mit der Neudefinition des Fachkraftbegriffes. Auch wir denken darüber nach, die Bereiche Betreuung, Therapie und Pflege besonders auch vor dem Hintergrund zusammenzufassen, dass wir in Zukunft vermehrt behinderte alte Menschen haben werden, die zurzeit in den Behindertenheimen von Lebenshilfe und anderen leben. Auch über eine Zusammenlegung der Pflegeberufe in der Alten- und Krankenpflege und die Möglichkeiten der dualen Ausbildung diskutieren wir in unseren Reihen, aber auch mit Expertinnen und Experten, auf die wir übrigens auch hören.

Insofern sind wir mit dem ersten Teil Ihres Entschließungsantrages einverstanden, nicht jedoch

nicht mit dem Schluss, den Sie von Bündnis 90/Die Grünen daraus ziehen: Sie lehnen die Ausbildung zur Altenpflegehelferin ab. Die staatlich anerkannten Fachseminare sind dabei, die Module zu erarbeiten und einen sinnvollen Übergang von der Altenpflegehilfe zur Altenpflege zu schaffen. Die Absolventinnen mit Zweiern oder besseren Abschlüssen sollen nach ausreichender Berufserfahrung die Chance der weiteren Qualifikation erhalten.

Die Altenpflegehelferinnen können eine sinnvolle Ergänzung und Aufwertung der Pflege auch im häuslichen Bereich sein. Aber – da spreche ich Sie an, Herr Minister Laumann –: Wir haben gerade in der Altenpflege ein großes Problem mit dem Schwarzmarkt und menschenunwürdigen Verhältnissen – ich würde es schon beinahe als moderne Sklaverei bezeichnen wollen –, und zwar im Bereich der häuslichen Pflege.

Zu Recht entrüstet sich die Caritas über die illegale Konkurrenz. Da hilft es nicht, Herr Laumann, den Wohlfahrtsverbänden den Schwarzen Peter mit markigen Worten zuzuschieben, wie von Ihnen im Interview mit Westpol, gesendet am 28. Mai des Jahres, geschehen. Sie forderten von den Wohlfahrtsverbänden, sie sollten sich marktwirtschaftlich betätigen. Sinngemäß sagten Sie: Ich finde die – gemeint sind die Wohlfahrtsverbände – dürfen nicht nur nach dem Staat rufen, sondern müssen sich auch mit dieser Situation auseinander setzen und nach Konzepten suchen, um einen Markt zu bezahlbaren Preisen auch für die Familien zu organisieren.

Ich gehe nicht davon aus, dass Sie zum Gesetzesbruch auffordern wollten, wenn die Caritas zur Deckung aller Lohnnebenkosten wie Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Bereitstellung eines Fahrzeuges und Steuern den Stundensatz von 35 € erhält. Das bekommt auch ein Handwerker, sogar mehr. Nein, ich gehe davon aus, dass Sie mit dem Innenministerium bereits entsprechende Gespräche zum Einsatz von Zoll und Polizei zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und des illegalen Einsatzes von Pflegepersonen aus dem Ausland führen.

Ein Tipp von uns: Ihre Kollegin Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz ist da schon weiter. Sie nimmt 1 Million € in die Hand, um Arbeitslose auszubilden, die einen Draht zu sozialen Aktivitäten haben, ihr Interesse am Umgang mit älteren hilfsbedürftigen Menschen zu wecken und so auf dem Markt preiswerten legalen Unterstützungsbedarf für pflegende Angehörige als Haushaltsassistenz bereitzustellen.

Das reicht bei 18 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern, davon ca. 460.000 Pflegebedürftigen – Zahlen vom MAGS – in NRW nicht aus, klar. Da wäre etwas mehr mehr, aber unser Finanzminister bekommt im Jahre 2007 Steuermehreinnahmen, die der Ministerpräsident gar nicht haben wollte. Deswegen hat er die Gelder bestimmt auch übrig – Stichwort: Mehrwertsteuer.

Frau Kollegin, könnten Sie bitte zum Ende Ihrer Rede kommen.

Ja, gern. – Er kann diese Einnahmen vom MAGS zur Schaffung von Arbeitsplätzen für die 1,036 Millionen arbeitslosen Männer und Frauen in NRW zur Verfügung stellen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas sagen: Auch hier arbeiten wir gern zum Wohl der Menschen mit Ihnen zusammen. Ich spreche von den Frauen, die nach der Familienpause oder nachdem sie Angehörige gepflegt haben, wieder in den Beruf – vielleicht in einen neuen Beruf oder überhaupt erst einmal in einen ersten Beruf – einsteigen wollen. Eröffnen Sie auch ihnen wieder die Möglichkeit, von der qualifizierten Altenpflegeausbildung zu profitieren. – Danke.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Meurer. – Für Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Steffens das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Meurer und auch Frau Monheim, ich finde das Anliegen berechtigt – das habe ich auch schon mehrfach im Ausschuss gesagt –, gerade Hauptschülerinnen und Hauptschülern einen neuen Zugang zu dem Ausbildungsberuf der Altenpflegefachkraft zu schaffen. Aber ich frage mich doch, warum man dafür einen neuen Beruf, ein neues Berufsbild, für das es einen Markt faktisch nicht gibt, schaffen muss, anstatt sich auf Bundesebene dafür einzusetzen – zumal Sie doch auf Bundesebene gemeinsam in einer Koalition sind –, dass man im Bundesaltenpflegehilfegesetz den Zugang wieder neu ermöglicht. Das wäre ein viel einfacherer Weg, und man könnte auf diese Weise sicherstellen, wie man den Zugang für die Hauptschülerinnen und Hauptschüler schaffen kann, ohne dass man solche Extrapirouetten und -schleifen drehen muss.

Der zweite Punkt: Wenn ich ein Berufsbild neu schaffe, muss dafür doch ein Markt vorhanden

sein; es muss doch den Bedarf dafür geben. Aber die Altenpflegehelferin, die Sie hier schaffen, darf nichts mehr als die ungelernte Fachkraft – nichts mehr. Sie darf dasselbe tun wie eine ungelernte Fachkraft. Für die ungelernte Fachkraft zahlt jeder Träger weniger. Natürlich muss er für jemanden, der eine einjährige Ausbildung gemacht hat, mehr bezahlen. Das ist in der Anhörung von allen Experten gesagt worden. Wenn ich mehr bezahlen muss, muss ich auch mehr an Leistung dafür bekommen können als von derjenigen, die nach einer dreimonatigen Schnellausbildung als Helferin angelernt worden ist. Sie kann darf nicht mehr; das ermöglicht auch Ihr Gesetz nicht.

Dann müsste man doch zumindest auf die Wohlfahrtsverbände und auf diejenigen hören, die – wie Helmut Walrafen-Dreisow oder andere – in der Anhörung gesagt haben: Dann brauchen wir ein anderes Berufsbild. – Wir haben Bedarfe im hauswirtschaftlichen Bereich, in anderen Bereichen. Dafür brauchen die Frauen allerdings andere Qualifikationen.

Aber auch das machen wir nicht, sondern wir nehmen das erste Ausbildungsjahr für den Zugang der Hauptschülerinnen, um diese angeblich in die Fachkraftausbildung hineinzubekommen, aber in Wirklichkeit – und da, finde ich, machen Sie von der SPD sich ein Stück weit etwas vor – ist etwas anderes damit gewollt.

Frau Monheim, Sie können sich nun hier hinstellen und sagen: Wir haben in dem Antrag doch alles wunderbar festgeschrieben; wir wollen doch gar nicht an die Fachkraftquote heran. – Das steht in Ihrem Antrag aber nicht. In dem Entschließungsantrag steht, dass Sie nach Übertragung der Zuständigkeit für das Heimrecht auf Landesebene im Rahmen der rechtlich gegebenen Veränderungsmöglichkeiten eine qualitativ und quantitativ definierte Fachkraftquote neu regeln wollen. Das heißt nicht 50 %; das kann heißen 30 % Fachkraftquote, das kann auch 10 % heißen. Da steht nicht, dass wir an der 50%igen Fachkraftquote festhalten. Da steht auch nicht drin, dass wir an der Fachkraftquote festhalten und sie nicht absenken wollen. Da steht drin, dass wir eine neu definieren wollen. Das tragen Sie, meine Damen und Herren von der SPD, mit.

Das heißt: Wenn hier unter Herrn Laumann, wie er es ja schon einmal angekündigt hat, die Helferin in die Fachkraftquote einbezogen wird – so, wie es die anderen CDU-Kollegen in anderen Ländern diskutieren –, dann sind Sie dafür mit verantwortlich, weil Sie das an dieser Stelle mittragen. Da hätte ich schon etwas anderes erwar

tet, zumindest nach den Diskussionen, die wir im Ausschuss hatten.

Von daher wird es Sie nicht wundern, meine Damen und Herren, dass wir allein schon aus diesem Grund den Antrag ablehnen. Wir lehnen ihn aber auch aus einem zweiten Grund ab, nämlich deshalb, weil in dem Entschließungsantrag das, was eben angesprochen worden ist, die Weiterentwicklung und die Erweiterung des Fachkraftbegriffs, überhaupt nicht angesprochen und thematisiert wird. Ich denke, es wird auch in Zukunft einer der wesentlichen Punkte sein – das ist auch in der Anhörung im Ausschuss am Rande angesprochen worden –, dass wir mehr Multiprofessionalität brauchen – das ist in der Enquetekommission thematisiert worden –, dass therapeutische, pflegerische und sozialarbeiterische Professionen gemeinsam in die Fachkraftquote einbezogen werden. Multiprofessionalität kommt in Ihrem Entschließungsantrag allerdings auch nicht vor. Deswegen können wir auch in diesem Punkt dem Antrag nicht zustimmen.

Ich finde es bedauerlich, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen junge Menschen in eine Berufsausbildung hineinschicken, bei der von Vornherein klar ist: Es wird keinen Arbeitsmarkt für sie geben, und es wird auch nur für diejenigen eine weitere Ausbildung geben, die einen hervorragenden Schulabschluss mit einer hervorragenden Note haben. Alle anderen haben wir ein Jahr in eine Ausbildungsschleife geschickt, und hinterher können sie dann entweder zu ganz niedrigen Löhnen oder überhaupt nicht arbeiten und nicht in diesem Berufsbild tätig sein.

Ich finde, Sie hätten den anderen Weg gehen müssen; Sie hätten die bundespolitische Verantwortung wählen und den Schülerinnen und Schülern den Zugang über die andere Ebene, wie ich es eingangs beschrieben habe, ermöglichen müssen.

Von daher, meine Damen und Herren, werden wir den Gesetzentwurf und Ihren Entschließungsantrag ablehnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Steffens, für die präzise Einhaltung Ihrer Redezeit. Beispielhaft!

Bitte schön, Herr Dr. Romberg, Sie haben das Wort für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich an Ihre mahnenden Worte halten, Herr Präsident.

Frau Steffens, das war reine Schwarzmalerei, hatte nichts mit den Tatsachen zu tun.

(Beifall von der FDP)

Altenpflegehilfe bedeutet erst einmal einen zusätzlichen Qualifizierungsbaustein, eine Qualifizierungschance, das heißt, erst einmal mehr Qualität in den Altenheimen. Sie bieten den jungen Menschen, die bildungsschwach sind, die bisher überhaupt keine Qualifizierungschancen haben, überhaupt keine Alternativen an.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das stimmt doch nicht!)

Das ist ein schwaches Bild. Damit stehen Sie ziemlich allein in diesem Parlament und dürfen sich nicht wundern, warum.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Wenn ich forde- re, dass sie geschaffen werden, ist das doch kein schwaches Bild!)

Frau Monheim hat für die Koalitionsfraktionen den Gesetzentwurf ausführlich begründet. Ich freue mich, dass er von der breiten Mehrheit des Parlaments getragen wird, auch von der SPDFraktion, und denke, dass dies wirklich ein weiterer Schritt ist, um Menschen, die bisher recht chancenlos waren, im Rahmen der Altenpflege eine Qualifizierung zu verschaffen. Diese Chance sollten wir auch nutzen und nicht alles schlechtreden. – Danke sehr.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Romberg. Sie haben mit Ihrer Rede, was die Zeit angeht, Maßstäbe gesetzt.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Minister Laumann, Sie sind der nächste Redner. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem neuen Gesetz möchten wir das Notwendige für die Landesebene zur Umsetzung des Altenpflegegesetzes des Bundes regeln. Dabei gehen wir in Nordrhein-Westfalen erstmals den Schritt einer staatlich anerkannten Ausbildung in der Altenpflegehilfe. Dieser Schritt ist notwendig. Er soll einer großen Zahl junger Menschen in Nordrhein

Westfalen einen beruflichen Weg in die Altenpflege eröffnen.

Im Vorgriff auf die zu erlassende Ausbildungs- und Prüfungsordnung werden bereits über 600 junge Menschen zur staatlich anerkannten Altenpflegehelferin beziehungsweise zum Altenpflegehelfer ausgebildet. Zum 1. September beziehungsweise 1. Oktober dieses Jahres sollen weitere 30 Kurse mit über 700 jungen Menschen eine solche Ausbildung beginnen. Damit eröffnen wir erstmals den Hauptschülerinnen und Hauptschülern mit dem Abschluss nach Klasse 10, die nach dem neuen Bundesgesetz nicht den Zugang zur Fachkraftausbildung haben, eine Einstiegsmöglichkeit in die Altenpflege. Bei erfolgreichem Abschneiden haben sie auch die Chance für eine Ausbildung als Fachkraft. Ein ganz entscheidender Punkt ist, dass die Durchlässigkeit eines solchen Systems gewährleistet ist, bei einer guten Prüfungsleistung nach dem ersten Jahr eine verkürzte Fachkraftausbildung beginnen zu können. Wenn die nicht möglich wäre, würde ich ein solches Gesetz im Landtag nicht vertreten. Die Durchlässigkeit ist ein ganz entscheidender Punkt, einen solchen Weg verantworten zu können.

Für die, die diesen Schritt nicht gehen wollen beziehungsweise können, gibt es Eintrittsmöglichkeiten in den ersten Arbeitsmarkt dort, wo infolge der demographischen Entwicklung zunehmend auch qualifiziertere Hilfe benötigt wird, das heißt, nicht nur in Altenpflegeheimen, sondern zum Beispiel auch in neuen Wohnformen für ältere Menschen.

Frau Kollegin Monheim, wenn die ersten ihre Kurse abgeschlossen haben, müssen wir prüfen, ob wir in den Markt der Betreuung hineingehen können, wo wir das Problem der Osteuropäerinnen haben. Wir müssen prüfen, ob wir in der neuen Förderperiode, zum Beispiel über den ESF oder Ähnliches, solch ein Modellprojekt durchführen. Wir müssen uns dann genau anschauen, ob es für die Helferinnen, die ihre Fachkräfteausbildung nicht fortsetzen, einen Arbeitsmarkt gibt und wo dieser ist. Ich glaube, dass dies aufgrund der hauswirtschaftlichen Kenntnisse, die vermittelt werden, ein Profil ist, das uns unter Umständen in diesem Marktsegment, vielleicht angeboten über die Wohlfahrtsverbände, ein Stück weiterhelfen kann.

Wir werden die Ergebnisse dieser ersten Kurse intensiv auswerten und prüfen – das habe ich ja auch in der vergangenen Woche im Ausschuss gesagt –, welche Erkenntnisse wir aus diesem Projekt ziehen können und ob es Erfolg hat. Schließlich ist dieses Projekt für sich genommen

bereits ein Teil eines neuen dritten Weges der Berufsausbildung.

Der gewollte niedrigschwellige Zugang, gedacht für besonders erfolgreiche Absolventen des Werkstattjahres, und die im Laufe der Beratungen erfolgte Ausweitung der praktischen Ausbildung um hauswirtschaftliche Tätigkeiten verdeutlichen, dass es bei dieser einjährigen Maßnahme eben nicht um eine Ausbildung zur Fachkraft geht. Forderungen, bei der Durchführung behandlungspflegerischer Maßnahmen die Grenzen zwischen Hilfskraft und Pflegefachkraft in einem nicht tolerierbaren Maße aufzuheben, weise ich deshalb zurück, Frau Kollegin Steffens.