Protocol of the Session on June 1, 2006

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Monika Düker [GRÜNE]: Richtig!)

So haben wir uns veranlasst gesehen, den Ihnen vorliegenden Entschließungsantrag Drucksache 14/2036 einzubringen, um die in Teilen bestehenden unterschiedlichen Auffassungen hinreichend deutlich zu machen.

Meine Damen, meine Herren, wir sind uns bewusst, dass die Auslandseinsätze unserer Polizei unter schwierigen und teilweise sehr gefährlichen Bedingungen stattfinden müssen. Gleichwohl ist diese Arbeit unverzichtbar. Gerade in ehemals konfliktgeschüttelten Regionen der Welt ist eine funktionierende, nach demokratischen Grundsätzen operierende, verlässliche und vertrauenswürdige Polizeiorganisation für die innere Stabilität, den Aufbau von Zivilgesellschaften und rechtstaatlichen Verhältnissen von herausragender Bedeutung.

Die Polizeikräfte aus Nordrhein-Westfalen spielten und spielen dabei seit dem Beginn der Auslandseinsätze Mitte 1990er-Jahre im Vergleich der Bundesländer eine herausragende Rolle. Auch uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es ein Bedürfnis, die internationale Zusammenarbeit der Polizei zu würdigen und uns für die gute und professionelle Arbeit von Beamtinnen und Beamten aus Nordrhein-Westfalen in den verschiedensten Einsatzgebieten rund um die Welt zu bedanken.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Diese Tätigkeit ist natürlich in erster Linie als Unterstützung für die jeweiligen Länder gedacht. Aber zu Recht weisen der zur Beratung anstehende Antrag der Regierungsfraktionen sowie der hierzu von den Oppositionsfraktionen eingebrachte Entschließungsantrag darauf hin, dass wir stark an einer präventiven Gefahrenabwehr jenseits der Grenzen der Europäischen Union interessiert

sind. Ganz nebenbei, meine Damen und Herren, stärkt unser Engagement im Polizeibereich auch das Ansehen von Nordrhein-Westfalen in Europa und in den jeweiligen Zielen der Auslandseinsätze.

Allen Beamtinnen und Beamten, die bereits seit mehr als zehn Jahren in verschiedensten Teilen der Welt Dienst taten oder derzeit tun, gilt der herzliche Dank der SPD-Landtagsfraktion und, wie ich wohl annehmen darf, meine Damen und Herren, der Dank des gesamten Hauses.

Selbstverständlich unterstützt auch die SPDFraktion die Bemühungen um die Ansiedlung der UN-Organisation Standing Police Capacity in einer Stadt unseres Landes. Eine solche Einrichtung ist im Hinblick auf eine bessere Koordinierung der internationalen Polizeieinsätze und für eine möglichst rasche Einsatzplanung zweifellos von Vorteil. Die Ansiedlung einer solchen Stelle gerade in Nordrhein-Westfalen ist nicht zuletzt auch deshalb sinnvoll, weil unser Land seit dem Beginn von Auslandseinsätzen das größte Kontingent aller Landespolizeien stellt.

Ein schöner Nebeneffekt für Nordrhein-Westfalen wäre dabei natürlich auch der weitere Zuwachs internationaler Organisationen in unserem Bundesland. Nicht vergessen sollte man daneben auch, dass die Polizei in Nordrhein-Westfalen mit dem Institut für Ausbildung und Fortbildung in Brühl und dem dort angesiedelten Dezernat Auslandseinsätze überaus professionell arbeitet. Diese Einrichtung ist ein wichtiger Faktor für die Planung der Einsätze und die Vorbereitung der einzelnen Beamtinnen und Beamten.

Außerordentlich positiv zu beurteilen ist – Kollege Lohn hat es eben bereits angesprochen – das mehrstufige Betreuungskonzept sowie die professionelle Vor- und Nachbereitung der Einsätze. Ich möchte auch hervorheben, dass auch die Angehörigen der eingesetzten Beamtinnen und Beamten von Psychologen, Polizeipfarrern und Landesbetreuungsbeamten während und nach der Einsatzzeit vielfältig unterstützt werden. In dieser Hinsicht ist die Polizei in Nordrhein-Westfalen nicht nur national, sondern, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch international vorbildlich.

Allerdings, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien, ist kritisch anzumerken, dass der vorliegende Antrag von Ihnen in seiner jetzigen Form außer der zweifellos wichtigen Würdigung nur wenig Substanz hat. Insbesondere kostet er die Landeskasse nichts. Sie von den Regierungsparteien stellen sich gar nicht erst die Frage, wie wir

als Landesparlament die Bedingungen der Auslandseinsätze verbessern können.

So gilt es insbesondere für eine fortlaufende Optimierung der Sachausstattung seitens des Landes aktiv Sorge zu tragen. Gerade dieses ist für die Sicherheit der im Ausland eingesetzten Beamtinnen und Beamten aus Nordrhein-Westfalen in Anbetracht ihrer nicht ungefährlichen Aufgaben dringend geboten. Zu denken wäre hier aktuell etwa an die Ausstattung mit GPS-Geräten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sicherheit unserer in Krisengebieten eingesetzten Frauen und Männer muss uns das wert sein. So gut und professionell die Einsätze mittlerweile auch durchgeführt werden, ist keine Organisation so perfekt, dass sich nicht noch etwas verbessern ließe. So muss die reibungslose Wiedereingliederung von Beamtinnen und Beamten nach Abschluss ihres Auslandsaufenthaltes und eine Vermeidung der Abkopplung von möglichen Beförderungen ein besonderes Anliegen des Dienstherrn sein.

Insbesondere in größeren Polizeibehörden gibt es einige Fälle, in denen die Wiedereingliederung auf gewisse Probleme gestoßen ist. So sollen Rückkehrer aus dem Ausland ihre alten Stellen von anderen Beamten besetzt vorgefunden haben.

Ich möchte hier zwar nicht den Eindruck erwecken, dass dieses und andere Probleme Massenphänomene darstellen. Ich will damit nur deutlich machen, dass in allen Bereichen staatlichen Handelns auch im Bereich der Auslandseinsätze der Polizei eine stetige Aufgaben- und Maßnahmenüberprüfung erforderlich ist. Ein bloßes gegenseitiges Schulterklopfenkollektiv in der Fassung des Antrages von CDU und der FDP reicht dabei nicht aus.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wir fordern Sie auf: Sagen Sie uns konkret, wie Sie die Arbeit unserer Polizei im Ausland unterstützen und verbessern wollen! Im Übrigen möchte ich auch nicht verhehlen, dass meine Fraktion deutliche Bauchschmerzen mit dem im Antragstext von CDU und FDP immer wieder anklingenden Lob für die derzeitige Landesregierung hat.

Meine Damen und Herren, ich erlaube mir mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass fast alle im Antrag aufgeführten Auslandsmissionen auf Initiative sozialdemokratisch geführter Landesregierungen durchgeführt worden sind. In dieser Zeit sind auch die wesentlichen Voraussetzungen und Strukturen für die Durchführung von Auslandseinsätzen hier in Nordrhein-Westfalen ge

schaffen worden. Der Dank des Hauses müsste daher insbesondere auch den vorangegangenen Landesregierungen gelten. Jedenfalls kann ich sagen, dass ich mich bereits jetzt auf die entsprechenden Beratungen im Innenausschuss freue und wir natürlich der Überweisung an den Innenausschuss zustimmen.

Da wir, wie gesagt, grundsätzlich meinen, dass sich die Unterstützung unserer Polizeikräfte im Ausland nicht für parteipolitische Profilierungsversuche eignet, gebe ich der Hoffnung Ausdruck, dass wir im Ausschuss noch zu einer von allen Fraktionen dieses Hauses getragenen Lösung kommen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Stüttgen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Düker das Wort, bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Bedauern nehme auch ich heute zur Kenntnis, dass es offenbar die Regierungskoalition, aus welchen Gründen auch immer, nicht geschafft hat, auf unsere Angebote einzugehen, eine interfraktionelle Initiative daraus zu machen. Das ist parlamentarisch absolut unüblich, Herr Kruse, Herr Engel.

Normalerweise bringt man gemeinsame politische Positionen auch in gemeinsame Anträge ein. Warum das heute nicht geht und Sie daraus eine parteipolitische Auseinandersetzung machen, verstehe ich nicht. Es ist schade für das Thema; es ist aber auch schade für die Kolleginnen und Kollegen, die Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten in den Einsätzen. Denn eigentlich haben sie es nicht verdient, dass der gesamte Landtag nun darüber streitet, wer jetzt wie und wo was getan hat,

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

sondern sie haben von allen einen einheitlichen Dank verdient. Ich finde das sehr schade.

Weil wir diesen Antrag nicht so im Raum stehen lassen wollen, sondern weil wir diese Einsätze ausdrücklich auch unterstützen und sie in Kontinuität zur alten Landesregierung sehen, haben wir einen eigenen Entschließungsantrag eingebracht, in dem wir die bewährten nordrhein-westfälischen Auslandsmissionen und Polizeihilfeprojekte weiterhin unterstützen und Dank und Anerkennung für die im Ausland eingesetzten Beamtinnen und Beamten aussprechen.

Diese Auslandseinsätze stehen nicht nur in der Kontinuität rot-grüner Landespolitik und jetzt der Politik der neuen Landesregierung; auch auf Bundesebene werden sie bestätigt – zuletzt durch den Aktionsplan „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“, den die rotgrüne Bundesregierung im Mai 2004 verabschiedet hat, in dem die Polizeieinsätze ausdrücklich ein Bestandteil sind. Er betont den Primat der zivilen Krisenprävention. Zivile Konfliktbearbeitungsmaßnahmen und die Überwindung struktureller Krisenursachen können nicht nur durch bewaffnete Interventionen ersetzt werden. Das macht der Aktionsplan noch einmal ausdrücklich deutlich.

Zu diesen Präventivmaßnahmen gehören insbesondere die Polizeieinsätze, denn, Kolleginnen und Kollegen, den Krieg zu beenden, heißt noch lange nicht, Frieden zu schaffen. Nach der Krise ist auch immer vor der Krise. Friedenssicherung braucht auch und gerade zivile Komponenten. Dazu gehören aus meiner Sicht der Aufbau einer unabhängigen Justiz und ganz besonders auch die Implementierung einer rechtsstaatlichen Polizei. Im Rahmen des State- oder Institution-Building, wie das jetzt neudeutsch heißt, ist das die Basis für Rechtsstaatlichkeit sowie für die Sicherung von Menschenrechten und verhindert einen Rückfall in Gewalt und Krise.

Die Länder leisten mit den Polizeieinsätzen hierzu einen ganz wichtigen Beitrag zur Stabilisierung in den Krisenregionen der Welt. Dem stellt sich Nordrhein-Westfalen in besonderem Maße. Es ist dargestellt worden, dass wir hier eine herausragende Rolle spielen. Das muss ich nicht noch einmal betonen.

Die Bedeutung der Polizei gegenüber den militärischen Einsätzen – das wird in den Fernsehberichterstattungen oft ein bisschen nach hinten geschoben – sollten wir als Land zur Stabilisierung in den Ländern noch einmal deutlich herausstellen, den Einsatz würdigen und unterstützen. Deswegen finde ich die Initiative richtig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hätte mir auch vorstellen können – ich habe das im Obleutegespräch eingebracht –, dass wir diese besondere Unterstützung des Hauses für die Einsätze durch einen persönlichen Besuch gerade im Kosovo, wo sehr viele nordrhein-westfälische Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte eingesetzt werden, dokumentieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das haben wir in der letzten Legislaturperiode gemacht. Ich habe dort in vielen Gesprächen mit den Beamtinnen und Beamten auch als Land

tagsabgeordnete erfahren können, wo der Schuh drückt. Die Probleme sind genannt worden: Das ist die Rückkehr, die Eingliederung in die Behördenstruktur und die Tatsache, dass die Behörden darauf oftmals nicht eingerichtet sind. Man hätte sich das noch einmal von den Betroffenen selber anhören können.

Wir hatten damals sehr viele positive Rückmeldungen. Es ist sehr gut angekommen, dass wir uns vom Ausschuss da haben einmal blicken lassen. Anstatt hier wohlfeile Appelle und Anträge zu stellen, hätten wir hinfahren können. Herr Kruse, Sie wollten das nicht. Ich kann nur noch einmal sagen: Ich fände es sehr gut, wenn wir es in dieser Legislaturperiode vielleicht doch noch hinbekommen würden, ein persönliches Dankeschön vor Ort auszurichten. Es ist bedauerlich, dass wir das nicht interfraktionell hinbekommen haben.

Ich finde, diese Auslandseinsätze sind Diamanten in der deutschen Außenpolitik. Wir sollten sie weiterhin unterstützen – und zwar mit allen im Landtag vertretenen Parteien. Dann dienen wir den Menschen dort unten, die den Einsatz machen, wohl mehr, als wenn wir uns hier zanken.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Düker. – Das Wort hat der Innenminister Dr. Wolf.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist viel Gutes über den Einsatz unserer Polizisten im Ausland gesagt worden. Ich will dem ausdrücklich hohe Anerkennung zollen. Ich glaube, gerade Herr Kollege Engel hat in eindrucksvoller Weise dargestellt, welchen Belastungen die Kolleginnen und Kollegen dort ausgesetzt sind. Ich glaube, das kann man in der Tat nur ermessen, wenn man entweder selber dabei war, oder wenn man es auch einmal besuchsweise erlebt hat.

Ich selber habe das im letzten Oktober mit einer kleinen Delegation gemacht. Frau Düker, auch an dieser Stelle lohnt es sich, die Aufregung ein wenig zu dämpfen: Wir wollen selbstverständlich mit den innenpolitischen Sprechern einen weiteren Besuch im Kosovo machen. Das ist bereits angedacht.

(Monika Düker [GRÜNE]: Das hat Herr Kru- se doch abgelehnt!)

Bleiben Sie mal ganz ruhig. Ich sage Ihnen jetzt, dass das auch koalitionär

(Monika Düker [GRÜNE]: Vielleicht erfahren wir das dann auch?)

durchaus angedacht ist. Wenn Sie sich vielleicht den Terminkalender anschauen, was die Weltmeisterschaften betrifft – nicht nur eine Weltmeisterschaft, sondern viele Weltmeisterschaften –, wird vielleicht klar, dass es ein bisschen schwierig ist, das zum jetzigen Zeitpunkt zu machen.

(Zuruf von Carina Gödecke [SPD])

Aber ich kann Ihnen in aller Ruhe versichern, dass das angedacht ist. Wir werden das sicherlich auch möglich machen.

Entscheidend ist, dass wir mit unseren Polizeieinsätzen im Ausland bei den polizeilichen Maßnahmen zur Friedenssicherung und Friedenserhaltung eine herausragende Rolle spielen. Ich glaube, das wird auch international durchaus anerkannt. Ich habe jedenfalls bei meinem Besuch erlebt, welch große Hochachtung dort gerade unseren sehr gut ausgebildeten und sehr gut qualifizierten Polizistinnen und Polizisten entgegengebracht wird. Es ist auch schon erwähnt worden, dass der Inspekteur unserer Polizei, Herr Dieter Wehe, auch auf Bundesebene maßgeblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der internationalen Beziehungen nimmt.

Es ist aber auch richtig, dass es natürlich gilt, diejenigen, die für uns die schwere Arbeit machen, auch entsprechend vorzubereiten und zu betreuen. Das wird in professioneller Art und Weise in Trainingszentren gemacht, von dem eines gerade in Nordrhein-Westfalen besondere Anerkennung genießt: Das IAF ist hier vorbildlich. Wir sind, was die Kooperation mit anderen Ländern anbetrifft, sicherlich auch ganz vorne.

Aber natürlich kommt es auch auf die Nachbereitung an; sie ist ebenso wichtig wie die Betreuung während der Einsätze. Dazu sind auch schon viele richtige Anmerkungen gemacht worden. Was von dem einen oder anderen Redner kritisch angesprochen worden ist, will ich nicht verschweigen: Das ist das Thema der Wiedereingliederung. Das sie in Einzelfällen nicht immer konfliktfrei läuft, ist sicherlich nicht zu leugnen.