Protocol of the Session on May 18, 2006

Auch bezüglich der Förderhöhe gibt es durch das Bundesverwaltungsgericht klare Vorgaben. Das Land hat für die allgemeine Schwangerschaftsberatung und die Schwangerschaftskonfliktberatung mindestens 80 % der Personal- und Sachkosten zu tragen.

Ziel des Ausführungsgesetzes ist es, bei der Förderung eine gleichmäßige Berücksichtigung der Beratungsstellen unterschiedlicher Träger – einschließlich der katholischen – sicherzustellen. Es soll eine ortsnahe und plurale Versorgung mit allgemeinen Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen gewährleistet werden.

Der Gesetzentwurf richtet sich auf folgende Ziele:

Erstens. Festlegung der Versorgungsquote von einer Beratungsfachkraft auf 40.000 Einwohner.

Zweitens. Absoluter Vorrang der Trägerpluralität. Daher sieht der Entwurf vor, die Beratungsstellen aller Trägergruppen gleichmäßig zu behandeln.

Drittens: die Gewährleistung des wohnortnahen pluralen Angebots. Daher soll in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt mindestens je eine Fachkraftstelle zweier verschiedener Trägergruppen gefördert werden. Das bedeutet zugleich, dass mindestens eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle gefördert wird.

Viertens: die Anerkennung des Wunsches der Bürgerinnen und Bürger nach Beratungsstellen, die der eigenen Wertevorstellung entsprechen. Da die Nachfrage bei den katholischen Beratungsstellen, seitdem sie keine Beratungsscheine ausgeben, annähernd gleich geblieben ist, sollten sie

in gleicher Weise wie die Konfliktberatungsstellen bei der Förderung berücksichtigt werden.

Fünftens: die Schaffung eines gleichmäßigen Angebots aller Träger.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Die erfolgten höchstrichterlichen Entscheidungen machen eine landesgesetzliche Regelung erforderlich, die die Auswahlkriterien der Förderung der Beratungsstellen auf eine verlässliche und rechtlich sichere Basis stellt. Dies wird mit dem Artikelgesetz, das das Ausführungsgesetz zum Schwangerenkonfliktgesetz und eine Rechtsverordnung zum Ausführungsgesetz umfasst, eingelöst.

Frau Ministerin, ich darf Sie bitte unterbrechen. Frau Abgeordnete Gödecke würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen. Ist das zulässig?

Nein, das möchte ich nicht. Ich möchte gern fortfahren.

Das möchten Sie nicht? Bitte schön.

Der Gesetzentwurf wurde am 15. Februar 2006 in den Landtag eingebracht. Zu dem Gesetzentwurf hat der Ausschuss für Generationen, Integration und Familie zusammen mit dem Ausschuss für Frauenpolitik eine Verbändeanhörung durchgeführt. Lassen Sie mich einige wenige Punkte der Verbändeanhörung aufgreifen.

Erstens. Die Anrechnung der staatlich als Konfliktberatungsstellen anerkannten Ärztinnen und Ärzte auf das Beratungsangebot in Höhe von bis zu 25 % wird abgelehnt. Die Landesregierung ist jedoch nach wie vor der Auffassung, dass diese Quote beibehalten werden sollte, denn nach § 8 Satz 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes können sogar alle anerkannten Ärztinnen und Ärzte berücksichtigt werden, da sie gleichwertig zu den Beratungsstellen gezählt werden. Außerdem decken Ärztinnen und Ärzte mit der medizinischen Beratung einen wichtigen Teil der Konfliktberatungsleistung ab.

Dem Argument, dass bei der Ärzteschaft mit langen Wartezeiten gerechnet werden müsse, kann nicht zugestimmt werden. Die in diesem Bereich tätigen Ärztinnen und Ärzte kennen die vorgegebenen Fristen und sind durch regelmäßige Fortbildung mit der Thematik vertraut.

Ein weiteres Argument war, dass nicht versicherte Frauen die Leistung nicht in Anspruch nehmen können. Hierbei dürfte es sich um eine kleine Gruppe von Frauen handeln, die sich alternativ an die Beratungsstellen wenden können.

(Unruhe)

Zweitens. Ein anderer, häufig kritisierter Punkt ist, dass das Gesetz die gleichmäßige Berücksichtigung von allgemeinen Schwangerschaftsberatungsstellen und Konfliktberatungsstellen vorsieht.

(Glocke)

Auch hier halten wir an dem Entwurf fest. Nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts sind die Beratungsstellen, die nur allgemeine Beratung anbieten, gleichwertig zu den Konfliktberatungsstellen. Außerdem ist eine Gewährleistung der Pluralität im Bereich der allgemeinen Beratung und der Konfliktberatung oberster Grundsatz. Dazu ist erforderlich, dass alle Trägerverbände die gleiche Chance auf Förderung haben werden. Eine bevorzugte Förderung von Konfliktberatungsstellen würde zu einer kleineren Anzahl an katholischen Beratungsstellen im Verhältnis zu den übrigen Beratungsstellen führen.

Drittens. Die Träger forderten darüber hinaus einen verlängerten Bestandsschutz. Vorgesehen waren in dem Entwurf zwei Jahre. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen regelt einen Bestandsschutz von fünf Jahren. Zudem erhält der Träger, der eine Stelle aufgibt, ein erstes Zugriffsrechts auf die von ihm beziehungsweise seiner Trägergruppe aufgegebene Stelle. Anträge von bisher nicht vertretenen Trägern sollen allerdings innerhalb dieser fünf Jahre berücksichtigt werden. Dies ist zu begrüßen, da die Regelung einerseits den Trägern mehr Planungssicherheit bietet, andererseits aber auch die Pluralität gewährleistet.

Frau Pieper-von Heiden hat es eben schon erwähnt, aber ich möchte es an dieser Stelle noch einmal aufgreifen: Bezüglich der Verordnung wird die Eingruppierung der neu eingestellten Beratungsfachkräfte nach BAT IVb von den meisten Trägern kritisiert. Diese Eingruppierung halten wir deshalb grundsätzlich für richtig, weil das Schwangerschaftskonfliktgesetz keine Aufgaben vorsieht, die eine höhere Eingruppierung rechtfertigen würden. Die Beratungstätigkeit selbst ist nach den Vorschriften des BAT in IV b einzuordnen; für Fachkräfte, die eine Einrichtung mit insgesamt mindestens drei vollen Stellen für Beratungsfachkräfte leiten, ist nach dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen BAT IVa vorgesehen. Dies begrüße ich ausdrücklich.

Ärztinnen und Ärzte oder Psychologinnen und Psychologen sind zwar höher einzugruppieren, jedoch sieht das Schwangerschaftskonfliktgesetz nicht vor, dass diese Berufsgruppen von den Beratungsstellen angestellt werden müssen. Es reicht aus, wenn sie kurzfristig hinzugezogen werden können. Für die dadurch den Beratungsstellen entstehenden Aufwendungen sieht der Entwurf eine Regelung auf der Basis von Honorarkosten vor.

Im Übrigen gilt ein unbefristeter Bestandsschutz für die bereits in den Beratungsstellen beschäftigten Fachkräfte, sodass sich die Teamstruktur erst längerfristig verändert.

Das Gesetz stellt die allgemeine Schwangerschaftsberatung sowie die Schwangerschaftskonfliktberatung auf eine sichere Grundlage und schließt die Gesetzeslücke, die bereits seit 1995 besteht. Die ehemalige Landesregierung hat das Problem durch einen Ausschluss der katholischen Träger im Jahre 2001 zuerst produziert und nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2004 lediglich vor sich her geschoben, ohne zu einer Lösung zu kommen.

Der Entschließungsantrag der SPD-Fraktion ist vor diesem Hintergrund ein ziemlich hilfloser und untauglicher Versuch, sich hierzu wieder ins Gespräch zu bringen.

(Beifall von CDU und FDP)

Die Landesregierung setzt die Vorgaben des Schwangerschaftskonfliktgesetzes sowie die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichtsurteils bedarfsgerecht um.

Erstens. Sie legt einen Versorgungsschlüssel unter Normierung von Auswahlkriterien fest, wenn mehr Anträge auf Förderung vorliegen, als zur Erreichung des Versorgungsschlüssels erforderlich sind.

Zweitens. Sie bezieht staatlich anerkannte Ärzte und Ärztinnen in die Versorgung ein. Sie stellt Pluralität her und gewährleistet die Wohnortnähe.

Im Jahre 2004 hat Rot-Grün 18,9 Millionen € investiert. Wir investieren in diese wichtige Beratungsstruktur im Jahr 2006 25,3 Millionen € und damit erheblich mehr als Rot-Grün. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt die Abgeordnete Frau Gießelmann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass Sie in die Finanzberechnungen auch den Nachtrag 2005 mit eingerechnet haben, denn auch wir hatten damit angefangen, das Bundesverwaltungsgerichtsurteil in Nordrhein-Westfalen umzusetzen.

Was den konstruktiven Umgang mit den Angaben aus der Expertenanhörung, Frau Pieper-von Heiden, angeht, weise ich darauf hin, dass nahezu alle Experten auf das Fehlen verbindlicher Ausbildungskriterien und auf die Finanzierungsschwierigkeiten für Psychologen und Ärzte hinwiesen haben. Was haben Sie daraus gemacht? – Eine Bezahlung auf Honorarbasis ersetzt das nicht!

(Beifall von der SPD)

Hierdurch haben Sie die Menschen nicht mit im Team, wodurch sich die Beratung verschlechtert. Wenn Sie den Experten zugehört hätten, dann würden Sie das auch verstehen. Wie die Koalitionsfraktionen mit dem, was unter anderem in der Expertenanhörung zu Tage trat, umgegangen sind, können Sie ein Stück weit in der Beschlussempfehlung nachlesen.

Dort wird beispielsweise sehr deutlich vonseiten der CDU-Fraktion gesagt, dass es sich um ein Finanzierungsgesetz handele, welches keine inhaltlichen Vorgaben zur Qualität festsetzen müsse.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wer das darauf reduziert, der produziert so etwas. Wir liegen mit unserem Antrag richtig. Bessern Sie dieses Gesetz nach und bringen Sie es noch einmal ein.

Angesichts der Versorgungsbezirke und der Sicherstellung des pluralen wohnortnahen Angebotes sollten wir als Land Nordrhein-Westfalen immer mit im Blick haben, was die Menschen wollen und wo die Frauen beraten werden wollen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir können doch nicht auf Deubel komm raus nur plural sein und den Anteil der Fachkräfte gleichmäßig verteilen. Wir müssen ein Stück weit berücksichtigen, wie viele mit ihren Füßen abstimmen und wohin sie gehen. Wenn das nicht mehr passiert, dann finde ich es traurig.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir sollten an der Stelle auch kommunalen Sachverstand einbeziehen, denn vor Ort weiß man häufig, was nachgefragt und benötigt wird. – Danke.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Gießelmann. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Kastner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bitte gestatten Sie mir ein paar abschließende Bemerkungen.

Frau Steffens, Sie haben vorhin gesagt, Nordrhein-Westfalen habe Pech, weil wir in unseren Beratungsstellen neben den anderen einen Träger haben, der keine Scheine ausstellt. Ich selber gehöre zu den Gründungsmitgliedern von Donum Vitae und habe daran gekrankt, dass die katholische Kirche aus der Schwangerschaftskonfliktberatung ausgestiegen ist. Ich bin trotzdem froh, dass sie mit im Beratungsteam sind und dass sie getragen und gestützt werden. Ich bin mir sicher, dass sie den Verfassungsauftrag, zum Leben zu beraten, erfüllen.