Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die finanzielle und haushaltsmäßige Bedeutung der Landesplanung ist im Vergleich zum gesamten Landeshaushalt nur sehr gering, wie es auch Herr Bollermann gerade ausführte. Die Auswirkungen der Landesplanung für die Entwicklung unseres Landes sind jedoch von besonderer Bedeutung.
In einem so dicht besiedelten Land wie dem unseren sind die unterschiedlichen Interessen bei der Landesplanung zu berücksichtigen. Ziel ist es, ein attraktives Lebensumfeld für die Bevölkerung zu schaffen: mit angemessenem Raum für Arbeit, Wohnen und Freizeitgestaltung. Aber auch Ener
gie- und Wasserversorgung, Verkehrsinfrastruktur, Naturschutz und Rohstoffsicherung sind von großer Bedeutung.
Zwischen diesen höchst unterschiedlichen Zielen, die sich häufig widersprechen, gilt es, einen ordentlichen Ausgleich zu schaffen. Das ist im letzten Jahr kurz vor der Wahl mit dem verabschiedeten Landesplanungsgesetz versucht worden. Nach unserer Auffassung erfüllt dieses Gesetz in weiten Bereichen nicht die Anforderungen eines vernünftigen Interessenausgleichs.
Die Kolleginnen und Kollegen aus der vorherigen Wahlperiode erinnern sich, dass es eine Vielzahl von Eingaben und Anregungen gab, die von der damaligen rot-grünen Mehrheit nicht berücksichtigt wurden. Man wollte das Gesetz unbedingt noch vor der Wahl durchbringen. Das geschah in großer Hektik. Wir können Ihnen bereits heute zusagen, dass die Novellierung des Gesetzes von uns nicht mit heißer Nadel gestrickt wird, wie es damals geschehen ist.
(Beifall von der FDP – Prof. Dr. Gerd Boller- mann [SPD]: Wann denn, in der nächsten Legislaturperiode durch Nichtstun?)
Bei der Landesplanung besteht also Handlungsbedarf. Dieser Handlungsbedarf ist von Ihnen, Herr Bollermann, gerade eindeutig dargelegt worden – und das nach 39 Jahren Regierung, die Sie zu verantworten haben.
Um den großen Handlungsbedarf sichtbar zu machen, nenne ich einige Beispiele, bei denen dies besonders deutlich wird.
Wir haben landesweit einige Bereiche für großflächige Unternehmensansiedlungen vorgesehen. Die Praxis hat gezeigt, dass die dafür vorgesehenen Flächen diesem Zweck nicht ohne weiteres dienen können; so sind sie nicht nutzbar. In der letzten Ausschusssitzung wurde das Gebiet in Hamm sinnvollerweise für andere Nutzungen freigegeben. Die Gemeinde kann nun selbst darüber verfügen und eine Überplanung vornehmen. Eine generelle Überprüfung dieser Flächen würde zeigen, ob die Flächen tatsächlich den heutigen Anforderungen für Neuansiedlungen von Unternehmen entsprechen oder aber die Entwicklung vor Ort behindern.
Ein weiterer Bereich ist die Rohstoffsicherung. Wir haben in Nordrhein-Westfalen nicht nur Stein- und
Braunkohle, auf die immer besonders geblickt wird, sondern auch der Rohstoff Steine und Erden hat eine große wirtschaftliche Bedeutung. Beispielsweise wird in meinem Heimatort Kalkstein in großem Umfang gewonnen, vor Ort zu Kalk weiterverarbeitet, gebrannt und an die Stahlindustrie und andere Industriezweige verkauft.
Wer sich diese großtechnischen Anlagen und die Investitionen für die Gewinnung und anschließende Weiterverarbeitung, die dort aufgebracht werden müssen, einmal ansieht, hat Verständnis dafür, dass der zeitliche Planungshorizont für diese Unternehmen erweitert werden muss und nicht so eng wie im jetzigen Gesetz gefasst werden darf. Planungen für Anlagen dieser Größe nehmen nun einmal Zeit in Anspruch. Danach ist der Zeitraum für die erforderlichen Genehmigungen zu betrachten, und schließlich kommt noch der Zeitraum für den Bau dieser Anlagen hinzu.
Daher erscheint es uns sinnvoll, den Firmen bei der Sicherung der Rohstoffe entgegenzukommen und ihnen über die jetzt vorgegebene Zeit hinaus wieder langfristig Planungssicherheit zu geben.
Wir wollen das in Ruhe abarbeiten und nicht mit so heißer Nadel stricken wie Sie, damit kein Nachjustierungsbedarf besteht.
Dort, wo kurzfristig gehandelt werden musste, ist dies bereits geschehen. Die Eckpunkte für die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsunternehmen wurden veröffentlicht. Das Ziel, die Innenstädte zu stärken, wird damit deutlich gemacht und dürfte hier auch nicht gegenteilig behandelt werden.
Meine Damen und Herren, wir werden entsprechend unserem Koalitionsvertrag bei allen Änderungen und Vorgaben die EU-Richtlinien 1:1 umsetzen. Das ständige Draufsatteln, wie es bisher geschehen ist, wird es mit uns nicht geben.
Wir werden ohne Hast den Koalitionsvertrag abarbeiten. Wir werden nicht alles im ersten Jahr erledigen können. Wir haben auch etwas mehr Zeit dafür. Für uns gilt bei der Umsetzung der Vorgaben: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. – Vielen Dank.
Danke schön, Herr Schulte. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Abgeordnete Priggen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Schulte, das ist ein guter Anknüpfungspunkt: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Dann kann die Not mit dem alten Landesplanungsgesetz ja nicht so groß gewesen sein.
Vorher haben Sie immer gesagt: „mit heißer Nadel“ und „unter dem Druck“. – So schlimm kann es also nicht sein. Das ist auch in Ordnung. Dann sollten Sie jedoch nicht immer durch die Gegend ziehen und etwas ankündigen – nicht Sie persönlich; an dieser Stelle ist das Kritik an der Regierung –, aber die konkreten Umsetzungsschritte, die inhaltliche Arbeit fehlen.
Ich habe heute Morgen Herrn Minister Wittke zugehört, der wieder den Einzelhandelserlass angekündigt hat. Das ist eine Materie, wo wir sogar relativ viele Gemeinsamkeiten haben; denn die Situation in den Kommunen, das Wegbrechen gerade der Lebensmittelversorgung der Bevölkerung in den Innenstädten und die Verlagerung in große Supermärkte, ist ja ein Problem, das wir alle haben. Meine Frage ist nur: Wer macht denn jetzt den Einzelhandelserlass? Macht ihn Frau Thoben?
Aber Herr Wittke kündigt ihn uns dauernd an. Ehrlich gesagt: Er trompetet wie ein großer Elefant auf dem Kriegspfad – und es kommt nichts.
Wir würden es gerne unterstützen, wir würden es thematisieren. Sie haben eben gesagt, Frau Ministerin, Sie machen das. Nun gut, wenn Sie uns gleich sagen, Sie machen den Einzelhandelserlass, sagen Sie uns auch, dass Sie ihn gründlich und sorgfältig machen, dass wir irgendwann etwas vorgelegt bekommen, worüber wir diskutieren können. Wir werden andere Themen haben, die streitig sind. Hier gibt es sogar viele Gemeinsamkeiten.
Auch beim Landesplanungsgesetz gibt es Fragen. Minister Uhlenberg kündigt – richtigerweise – an, dass er eine Flächenschutzpolitik machen möchte. Das ist in Ordnung. Dann würden wir aber auch gerne einmal hören: Wie sieht das die gesamte Landesregierung? Wie soll das konkrete Handeln aussehen?
Wir haben Diskussionen um weitere Kiesabgrabungen am Niederrhein. Da kann man den Eindruck gewinnen, dass unsere Rohstoffressourcen und Flächen ohne Rücksicht auf die Landschaft ausgebeutet werden, um die Holländer mit Kies zu versorgen, die mit ihren Flächen sehr viel vorsichtiger und restriktiver umgehen.
Die Niederländer sagen: Wenn die Deutschen zulassen, dass innerhalb einer Generation eine Landschaft in einer Art umgekrempelt wird, dass sie nicht wiederherzustellen ist, dann ist das deren eigene Schuld. Wir parken den Kies, den die Deutschen so bereitwillig in der Landschaft ausräumen lassen, sogar bei uns. – Auch da mal eine klare Ansage!
Bei allem Verständnis dafür, dass Betriebe, die investieren, Absicherungen über größere Zeiträume brauchen: Das ist genau das Gegenteil. Sichere ich das auf 20 oder 30 Jahre, gucke ich mir die Abschreibungszeiträume an oder mache ich das mit einer Perspektive von 50 Jahren, die in Teilen völlig überzogen ist?
Wir können über die Investzeiträume der Firmen reden; das ist eine faire Umgangsweise. Dann können wir aber keine Zeiträume nehmen, die das um das Zwei- bis Dreifache übersteigen.
Zusammengefasst heißt das: Es müsste ein Vorschlag von der Regierung kommen. Vielleicht hören wir es gleich beim Einzelhandelserlass. Dann lassen wir uns auf einen konstruktiven Prozess ein. Da mögen wir in manchen Punkten noch unterschiedliche Meinungen haben – das macht nichts –, aber es würden den Ankündigungen tatsächlich einmal Arbeitsprozesse folgen. Das hat nichts mit dem Haushalt und nichts mit einer verfahrenen Situation zu tun, für die wir abgewählt worden sind, sondern das ist jetzt Ihr Job. Da warten wir, dass da tatsächlich einmal etwas passiert. Ich bin gespannt auf die weiteren Beiträge. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Prof. Bollermann, Vorwürfe lassen sich leicht erheben. Sie mahnen an: Tut endlich was! Ich glaube, wir in diesem Haus müssten vorsichtig sein mit der Landesplanung. Nachdem wir das letzte Landesplanungsge
setz verabschiedet hatten, sind in der letzten Ausschusssitzung unter Ihrer Ägide 50 redaktionelle Änderungen vorgeschlagen worden, weil Sie das Verfahren überhaupt nicht auf die Reihe bekommen haben. Das war eine Zumutung für alle Beteiligten.
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ich würde im Haushaltsverfahren vorsichtig sein mit sol- chen Ankündigungen!)
Ich kann es nur richtig finden, dass hier konzeptionell sauber gearbeitet wird und man Schritt für Schritt vorgeht. Denn das, was die damalige Landesplanungsbehörde mit dem unzureichenden Gesetzentwurf zur Änderung des Landesplanungsgesetzes geleistet hat, wollen wir hier nicht mehr erleben.
Meine Damen und Herren, wir haben natürlich gesagt – das steht auch in der Koalitionsvereinbarung –, Landesentwicklungsplan und Landesentwicklungsprogrammgesetz sollen zusammengeführt werden. Das hat inhaltliche Gründe. Überlegen wir einmal: Der letzte Landesentwicklungsplan ist von 1995, also mehr als zehn Jahre alt. Er ist zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Völlig klar!
Weil Sie anmahnen: Wie sieht das denn konzeptionell aus? – Kollege Schulte hat es angesprochen: Mit dem ersten Rohstoffbericht haben wir für einen bestimmten Bereich Grundlagen erarbeitet – von Ihnen mit eingeleitet; das muss man der Fairness halber sagen –, aber diese Koalition hat ihn herausgegeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte es durchaus für sinnvoll, endlich einmal auch in diesem Bereich mit langfristigen Konzeptionen weit über das tägliche Klein-Klein hinaus zu arbeiten. Es ist doch eine Chance, eine langfristig orientierte Konzeption auszubauen, eine Wertschöpfungskette auszubauen, wenn es unter anderem darum geht, statt Wertschöpfung in den Niederlanden mit den dortigen Tourismusgebieten an Maas und am Ijsselmeer bei uns großflächige Abgrabungen zugestalten, dass man nicht an einem Tag auf dem Baggersee links herum schwimmt oder links herum mit dem Boot fährt und am nächsten Tag rechts herum.
Ziel muss es sein, entsprechend großflächig zu arbeiten, damit in Kombination von Kommunen, Landschafts- und Naturschutz, Kiesindustrie und Hochwasserschutz vielleicht Arbeiten, Wohnen und Erholen am Wasser langfristig geplant werden können, damit die Erholung in konzeptioneller