Lieber Herr Präsident! Lieber Herr Kollege Weisbrich, es trifft sich gut, dass wir direkt hintereinander in die Debatte kommen.
Ich möchte als Erstes auch an den Kollegen Brockes gerichtet klarstellen: Das, was wir jetzt im Haushalt stehen haben, die Mittel für dieses Jahr, ist Teil der Bugwelle. Und diese Bugwelle ist genau wie die Mittel, über die unser Antrag geht, 2004/2005 Teil der Vereinbarung von 1997. Da hieß der Bundeskanzler Kohl und der Bundeswirt
Sie können uns kritisieren für das, was an Geld notwendig ist und gezahlt werden muss, ab dem nächsten Jahr. Bei dem, was jetzt im Haushalt ist, ist es anders. Es gibt ja Legendenbildungen, womit sich manche Leute einen schlanken Fuß machen und die Verantwortung von sich weisen wollen. Wenn es ein FDP-Bundeswirtschaftsminister war, der verantwortlich ist für die Dinge, die dieses Jahr im Haushalt stehen, dann kann man nicht so tun, als ob man als Partei damit nie etwas zu tun gehabt hätte.
(Beifall von GRÜNEN und SPD – Dietmar Brockes [FDP]: Er hat keine Verantwortung für den Landeshaushalt!)
Das ist das Eine. Das Zweite ist: Herr Kollege Weisbrich, ich will auf folgenden Grundsachverhalt hinweisen. 1997 ist eine Mittelausstattung im Steinkohlebeihilfengesetz bis 2005 vereinbart worden. Die Mittel, die man vereinbart hat – mit den jährlichen Tranchen Bund und NRW –, waren ausreichend, um von 78.000 auf 36.000 Beschäftigte und von 18 auf zehn Zechen herunterzukommen.
Dann haben wir eine Entwicklung mit pendelnden Weltmarktpreisen gehabt. Und die Preise für Importkohle sind keine Spotmarktpreise, sondern es sind die Preise, die das Bundesamt für Außenwirtschaft feststellt. Wenn jemand Kohle über die Grenze nach Deutschland bringt, muss er sagen, wie viel, wofür und was sie gekostet hat. Da ist immer noch ein Unterschied, denn manchmal haben wir Spotmarktpreise, die real nie gezahlt werden. – Das sind also die Preise, für die Kohle nach Deutschland in Kraftwerke kommt.
Diese Preise sind in den Jahren gependelt. Aber in den Jahren 2004 und 2005 sind sie explodiert. Wir hatten die Diskussionen um Koks usw. Sie sind explodiert auf ein Niveau von 55,36 € im Jahre 2004 und 65,02 € pro Tonne im Durchschnitt des Jahres 2005.
Wenn man 1997 einen Durchschnittskohlepreis von 40 € pro Tonne angenommen hat und die Gelder ausgelegt worden sind, um den sozialverträglichen Abbau mit den Plafonds zu machen, dann kann es eigentlich nicht sein, dass dann, wenn der Weltmarktpreis um 60 % steigt, nichts bei der öffentlichen Hand landet. Die Absatzbeihilfen sind ja der weitaus größte Teil der Kohlebeihilfen.
Da hätte ich jetzt etwas von Ihnen erwartet. Das geht noch stärker an die Kollegen von der FDP, denn jetzt sind Sie in der Regierung. Das Land zahlt diese Beihilfen; es ist immer ein zuverlässiger Zahler gewesen. Da muss man doch normalerweise sagen: Das kann doch nicht angehen. Der Weltmarktpreis hätte ja bei 40 € bleiben können, dann hätten die genau mit den Plafonds auskommen müssen. Der Weltmarktpreis hätte sich auf der anderen Seite verdoppeln können, und wir würden immer noch hier mit dem Haushalt ausbluten, und daran ändert sich nichts, denn jeder Euro, der mehr hereinkommt, wird dort verbraucht. – Nach all den Ankündigungen, die gerade die FDP-Kollegen gemacht haben, hätten Sie an der Stelle meines Erachtens stärker hereingehen müssen.
Ich lasse die Frage sofort zu, ich will nur den Satz zu Ende führen. Herr Weisbrich, mir ist auch klar, dass die 226 Millionen € das sind, was ich ausrechnen kann, wenn ich den normalen Preis von 40 € pro Tonne und den Preis bezogen auf die wirkliche jährliche Fördermenge ausrechne. Sie haben sich mit 40 Millionen € Gestaltungsspielraum abgequält. Ich wäre ja froh, wenn Sie an der Stelle sagen würden: Das Gesamte wird es nicht, aber wir haben die Hälfte oder wir haben ein Drittel herausgeholt. Dass aber völlig unabhängig vom Weltmarktpreis die Beihilfen weg sind und das Unternehmen dann, wenn es 200 oder 300 Millionen € mehr bekommt, entscheiden kann, das in neue Anlagen oder etwas anderes zu investieren, das kann eigentlich nicht sein!
Herr Weisbrich fühlt sich zu einer Zwischenfrage angeregt, und Sie haben sie gerade zugelassen. Bitte schön.
Herr Kollege Priggen, wissen Sie, wie hoch das Abrechnungsergebnis 2004 für unser Land war? Das liegt ja vor.
Zweiter Teil der Frage: Wir alle kennen das komplizierte Abrechnungsverfahren. Ich habe vorhin den Bundesrechnungshof zitiert, der gesagt hat, dass bisher noch immer die Abrechnungsüberschreitung mindestens ein Jahr betragen habe. Das heißt also, dass die Abrechnung für 2005 frühestens Mitte 2007 vorliegt. Haben Sie Anzeichen dafür, dass wir dennoch die Abrechnung im Jahre
2006 so hinbekommen, dass die von Ihnen – in Anführungszeichen – „veranschlagten“ Haushaltsmittel auch eingehen können? Wenn ja, dann machen Sie mich bitte schlau.
Reiner Priggen (GRÜNE) : Herr Kollege Weisbrich, ich kenne den Bundesrechnungshofbericht, den Sie eben zitiert haben. Die Zitate sind nach allem, was ich im Kopf habe, absolut zutreffend. Das ist die Lebenserfahrung, die der Bundesrechnungshof da dokumentiert. Ich wusste noch gar nicht, dass die Abrechnung 2004 schon vorliegt, denn die sind ja normalerweise so ausgiebig im Verzug, dass man sehr lange wartet.
Aber Sie haben ja selber vorhin zitiert: Jedes Mal, wenn der Weltmarktpreis steigt, steigen auch die Produktionskosten. – Das ist doch ein unglaublicher Vorgang. Ich sage Ihnen – die Präsidentin des Landesrechnungshofs sitzt ja sonst immer als Gast hier –: Das kann eigentlich nicht sein. Wir zahlen viele Subventionen in anderen Bereichen, die auch sinnvoll sind, um Prozesse anzustoßen oder um Dinge möglich zu machen, die sonst nicht gingen. Hier haben wir den Subventionsnehmer, der den größten Einzelposten bekommt. Und in dem Moment, in dem wir eigentlich eine für alle Beteiligten glückliche Situation haben, dass wir nämlich von steigenden Weltmarktpreisen profitieren müssten, geht das Unternehmen hin und fährt aus Gründen, die völlig intransparent sind, die Produktionskosten herunter.
Ich weiß noch, warum wir uns in der alten Koalition nicht einig werden konnten. Das haben wir auch ausgetragen. Sie sind jetzt mit einer anderen Crew dran; Sie haben einen Partner, der das Paneel bei der Kohle immer ganz hoch gehalten hat. An der Stelle hätte ich erwartet, dass Sie nicht noch einmal Zuwendungsbescheide auf Jahre hinaus herausgeben, sondern an dieser Stelle tatsächlich auch einmal Geld zurückholen. Das haben Sie nicht gemacht, obwohl wir uns in der Grundbeurteilung einig sind.
(Beifall von den GRÜNEN – Christian Weisbrich [CDU]: Die andere Regierung hat die Verträge herausgegeben! Meine andere Frage war: Wie kommt das Geld 2006 in un- sere Kassen?)
Die Frage, wie das Geld 2006 in unsere Kassen kommt, ist eine schwierige, weil mir das Raubrittertum an der Stelle über die Traditionen auch durchaus bekannt ist. Trotzdem ist die Forderung richtig. Sie geben es ja selbst zu: Es kann nicht sein, dass die Produktionskosten ansteigen. Wir hätten – ich sage es noch einmal – eine Verdop
Sie hätten das versuchen sollen! Gerade die FDP-Kollegen hätten das versuchen müssen. Ich wünsche Ihnen auch alles Gute in der weiteren Umsetzung. Aber es ist nicht zu akzeptieren. Wir würden bei keinem – ich sage es noch einmal pointiert – Landwirt, der 20.000 € Zuschuss bekommt, ein solches Vorgehen akzeptieren – bei niemandem. Da geht es um Hunderte von Millionen Euro. Ich bin auch ein Stück weit enttäuscht, dass auch die Kollegen von der FDP in der Regierung und die Kabinettsmitglieder insgesamt das gleiche Spiel wieder mitmachen. – Jetzt muss ich, glaube ich, aufhören.
Nein, Ihre Redezeit ist noch nicht erschöpft, Herr Priggen. Wir haben ja die Zeit während der Beantwortung der Frage gestoppt, auch wenn die Beantwortung etwas umfänglich ausgefallen ist.
Ich würde gerne auch ein paar kritische Worte nach der ersten Jahresbilanz zu anderen Themenpunkten an die neue Landesregierung richten, weil ich der Meinung bin, dass auch da eine Reihe von Ankündigungen gemacht worden ist, dass aber konkretes Handeln in Bereichen, in denen wir einen Konsens über alle Fraktionen hinweg haben müssten, real nicht erfolgt. Das ist nach ein paar Monaten in Ordnung – man ist noch neu –, aber wenn das ein Jahr her ist, dann ist das aus meiner Sicht nicht zu akzeptieren.
Ich rede als Erstes über das Programm Gebäudesanierung des Bundes. 1,4 Milliarden € pro Jahr, gerade gut einsetzbar bei den galoppierenden Ölpreisen zur Sanierung von alten Wohnungsbeständen, vor allen Dingen auch im Ruhrgebiet, wo Menschen in Wohnungsbeständen leben, die sehr schlecht isoliert sind, wo die Ölkosten beziehungsweise die Warmkosten demnächst genauso hoch oder höher sein werden wie die Kaltmiete. Ich würde erwarten – das ist kein Dissens –, dass Sie ein ambitioniertes Ergänzungsprogramm auflegen und Aktivitäten entfalten, um diese 1,4 Milliarden € in Teilen in NRW umzulenken. Die Bayern machen das. Die Bayern packen das Problem an und verbessern das Programm des
Bundes. Jetzt können Sie zu mir sagen: Wir haben das Geld nicht; die Haushaltssituation ist schwierig. – Das akzeptiere ich auch.
Dann würde ich aber trotzdem wahrnehmbare Aktivitäten der Landesregierung erwarten, um das, was Handwerk und Bauwirtschaft wirklich dringend brauchten, tatsächlich in Aufträge in NRW zu lenken. Ich sehe aber nichts. Ich erlebe – das verstehe ich überhaupt nicht; das hätte Michael Vesper als Bauminister sich niemals erlaubt –, dass der Bauminister sich aus der Verantwortung für die Gebäudesanierung völlig heraushält. Für uns ist das parlamentarisch nicht unangenehm, weil die gesamte Energiefrage dann in den Händen der Frau Ministerin liegt. Aber dass ein Bauminister, der eine Verantwortung hat und im Prinzip auch mit der LEG über Wohnungsbaubestände in Höhe von 100.000 Einheiten verfügt, an der Stelle sagt: „Das ist nicht meine Baustelle; das interessiert mich nicht“, ist aus meiner Sicht bei der Landesregierung kritikwürdig.
Zweiter Punkt. Wir haben gehört, dass Ministerpräsident Rüttgers und auch Ministerpräsident Koch aus Hessen Anfang der Woche einen nationalen Biomasseplan angekündigt haben. Den würden sie unterstützen, weil bis zu 15 % des bundesweiten Primärenergiebedarfs aus der Land- und Forstwirtschaft deckbar seien. Das ist meiner Meinung nach auch ein Thema, über das wir in weiten Teilen überhaupt keine Dissense haben. Aber warum ein nationaler Plan? Warum nicht nach einem Jahr einmal eine ambitionierte, eine realistische Zielsetzung für NRW?
Sie haben einen Landwirtschaftsminister. Sie haben eine Reihe von Kollegen aus dem Landwirtschaftsbereich in Ihrer Fraktion, die ein großes Interesse daran haben müssten. Bei den Ölpreisen müsste es auch das Potenzial geben. Aber da kommt nichts. Es wäre ja gut, wenn etwas käme, an dem man sich reiben, mit dem man sich auseinander setzen kann, wo wir dann sagen können, dass die 15 %, die der Ministerpräsident vorgibt, auch in NRW ihren Beitrag liefern müssten. Dabei immer eingerechnet: Wie viele Flächen haben wir, wie viele haben die anderen? Da kommt aber gar nichts, nichts Konkretes, nichts als Perspektive.
Stattdessen gibt es im AFP, im Agrarinvestitionsförderprogramm, eine negative Veränderung. Die Biogastechnologie wird, was Gemeinschaftsanlagen angeht, gestrichen. Lieber wird mehr in konventionelle Tierhaltung und andere Sachen investiert. Dieser Bereich, der Zusatzeinkommen auf
Zweitens. Im Bereich der Holzabsatzförderrichtlinie gab es bei der früheren Ministerin Frau Höhn immer die exzellente Praxis, in jährlichen Sitzungen mit der Industrie unter Einladung aller Parlamentarier das Förderprogramm zu überprüfen und Vorschläge aus den Reihen der Betroffenen entgegenzunehmen und zu sagen: Was können wir kürzen, was können wir ändern. Ich habe nur Runden erlebt, bei denen Kürzungsvorschläge kamen, sodass man mit den Mitteln, die man hatte, mehr Anlagen fördern oder Einsparungen auffangen konnte. Das gibt es unter der neuen Regierung nicht mehr. Es gibt keinen angekündigten Workshop zu HaFö mehr, es gibt ihn auch nicht mehr zum REN-Programm.
Sie sollten es zumindest einmal sagen, dass Sie das machen. Man müsste doch irgendwann einmal verstehen, was Sie wollen. Es wäre nur fair, das gegenüber dem Parlament, auch gegenüber denen, die nicht zur Mehrheit gehören, auch gegenüber der Wirtschaft einmal zu dokumentieren, damit man weiß, was das Land will. Da ist aber nichts. Im HaFö-Programm gibt es, ehrlich gesagt, nur Chaos.
Da wird eine alte Förderung, die sehr positiv war, über die es niemals Dissens mit den CDU-Kollegen gab, die unter Beihilfe der Forstleute optimiert worden ist, in einem Hüh und Hott geändert – wieder ohne Beteiligung in einem Workshop –, und 14 Tage später, wenn dann Leute einen Antrag auf Förderung nach der verkündeten HaFö-Richtlinie aus dem Umweltministerium stellen, wird ihnen gesagt, dass das Programm nicht fortgesetzt wird. Das ist ein Chaos. Dann könnte man besser sagen, dass es keine Förderung gibt – dann wüssten alle, woran sie sind –, als dass man ihnen sagt: „Ihr bekommt eine Förderung“, und zwei Wochen später werden Anträge mit der Ansage zurückgeschickt, dass es überhaupt keine Förderung mehr gibt. Das ist ein Chaos, das Sie selbst organisieren.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte: Wir haben über den Emissionshandel geredet. Es geht um eine ganz konkrete Ausgestaltung. Herr Kollege Brockes, ich möchte auch noch einmal die FDP ansprechen, weil Sie sich immer vordergründig sehr stark für den Markt einsetzen.
Staatssekretär Adamowitsch, den ich in unseliger Erinnerung habe, was diese Fragen angeht, in Berlin wieder dabei ist, Gas als Primärenergieträger im Strombereich zu benachteiligen: die Zuteilung von 3.000 Betriebsstunden im Emissionshandel für Gaskraftwerke und 7.000 Stunden für Kohle, und dann die Vorschrift für die Kraftwerksbetreiber, sie dürften ihre Anlagen nur über eine ganz bestimmte Zeit laufen lassen, wenn sie die Emissionsrechte nicht teuer dazukaufen wollten. Das ist nicht vernünftig. Wir haben die Norweger gewonnen, in Nordrhein-Westfalen zwei neue Kraftwerke zu bauen. Die haben investiert. Und jetzt bekommen sie nur 3.000 Betriebsstunden zugeteilt, anstatt dass sie selbst entscheiden können, wie sie ihr Gas einsetzen wollen. Das Gleiche gilt für die Stadtwerke, wo Frau Ministerin bei Trianel in Hamm bei der Einweihung anwesend war und es begrüßt hat.
Da würde ich gerade von der FDP erwarten, aber auch von der Landesregierung insgesamt, dass Sie sich dafür einsetzen, dass diese Wettbewerbsverzerrung genau an der Stelle nicht passiert und nicht ihre Linie wieder durch die Hintertür einen Durchmarsch macht, dass man Gas als Primärenergieträger da herausdrückt. – Ganz herzlichen Dank.