Protocol of the Session on May 4, 2006

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Was haben Sie uns nicht alles versprochen, Herr Minister Pinkwart? Eine sozialverträgliche Einführung,

(Demonstrativer Beifall von der CDU)

keine Studiengebühren für BAföG-Empfänger. Ich erinnere auch an den größten Flop, die sogenannte Geld-zurück-Garantie für schlechte Studienbedingungen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das war doch auch ein Versprechen.

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Das ist doch eingehalten worden!)

Aber nichts davon ist wahr geworden. Nichts davon haben Sie umgesetzt. Offensichtlich suchen Sie die Mehreinnahmen für das Land lieber da, wo sie vermeintlich leichter zu holen sind, nämlich bei denjenigen, die ohnehin mit jedem Euro rechnen müssen und nebenbei arbeiten, um sich ihren Lebensunterhalt während des Studiums zu verdienen.

Dabei ginge es auch anders. Mehreinnahmen hätten sich nach unserem Vorschlag für den Landeshaushalt auch erzielen lassen, wenn man zum Beispiel mehr Steuerprüferinnen und -prüfer eingestellt hätte. Das wäre ganz nebenbei ein echter Beitrag zu mehr Gerechtigkeit gewesen und keine Abzocke unter dem Deckmantel eines sogenannten Finanzierungsgerechtigkeitsgesetzes.

Aber vielleicht liegt der Grund dafür, dass Sie diesen Weg eingeschlagen haben, darin, dass Sie nicht gerne staatliche Verantwortung übernehmen. Denn den schwarzen Peter bei der Eintreibung von Studiengebühren haben die Hochschulen, die darüber gar nicht so glücklich sind. Es scheint Sie nicht im geringsten zu rühren, dass es hier zurzeit auch zu chaotischen Zuständen kommt, weil sich die Hochschulen mit der Umsetzung Ihres unausgegorenen Gebührengesetzes auseinander setzen müssen, anstatt ihren eigentlichen Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium nachzukommen. Fragen Sie doch einmal nach, ob die das so gut finden!

Herr Pinkwart, wissen Sie eigentlich, was zurzeit an den Hochschulen los ist? Von allen Seiten kommen zumindest bei uns die Klagen über Ihr Hochschulfreiheitsgesetz und die Studiengebühren auf den Tisch. Die Hochschulen sind zutiefst verunsichert über die gegenwärtige Hochschulpolitik, die sich sämtlicher Verantwortung entzieht und den Hochschulen eine vermeintliche Freiheit verspricht, die sich bei näherem Hinsehen als das genaue Gegenteil entpuppt. So lauten zumindest die Stellungnahmen aus den Rektoraten, die man ja wohl ernst nehmen muss.

Genau denselben durchsichtigen Trick wie bei den Studiengebühren wenden Sie jetzt auch beim Haushalt an. Sie nehmen den Studierenden nicht direkt etwas weg, sondern kürzen einfach die Zuschüsse für Studentenwerke um satte 20 %, wohl wissend, dass die Studentenwerke gar nicht anders können, als sich das fehlende Geld über Beitragserhöhungen von den Studierenden wiederzuholen, von denselben Studierenden, die Sie bereits mit Studiengebühren belasten, also in doppelter Weise. Wo da der Anreiz für junge Menschen liegen soll, ein Studium aufzunehmen, ist zumindest mir ein Rätsel.

Ich muss die Kolleginnen und Kollegen der FDP noch einmal an ihre eigenen Worte erinnern. Ich zitiere:

„Das vergleichsweise günstige Preisniveau der Leistungen der Studentenwerke für die Studierenden wird hauptsächlich durch die Zuschüsse des Landes ermöglicht. Dieses Preisniveau muss bei ohnehin zunehmenden finanziellen Belastungen der Studierendenschaft aufrechterhalten werden.“

Das sind Ihre Worte. So haben Sie damals Ihren Antrag zum Haushalt 2003 begründet. Ich erinnere mich, dass wir im Januar 2004 über alle Fraktionen hinweg einvernehmlich das Studentenwerksgesetz mit dem Ziel novelliert haben, die wirtschaftliche Eigenverantwortung der Studentenwerke und damit ihre Handlungsmöglichkeiten als Dienstleistungsunternehmen für die Studierenden zu verbessern.

Gleichzeitig haben wir die Zuschüsse für die Studentenwerke konstant gehalten. Wir haben damals nicht gekürzt und sie bei 40,6 Millionen € gehalten. Denn wir wussten genau, dass wir dies weder den Studentenwerken noch den Studierenden zumuten dürfen.

Wenn wir uns die weiteren Innovationen im Wissenschaftshaushalt ansehen, stellen wir fest, dass diese bis auf den Haushalt des Ministeriums, der um 563.000 € steigt, in der Regel aus Kürzungen

bestehen, und zwar interessanterweise genau dort, wo man eigentlich Innovationen erwarten sollte. Da wäre zum Beispiel ein Minus von 15 Millionen € bei den Mitteln für Forschung, Lehre, Internationales und Transfer in Kapitel 06 100 oder – man höre und staune – ein Minus von 6 Millionen € im Technologie- und Innovationsprogramm des Landes. 20 % weniger für das Technologie- und Innovationsprogramm; das klingt wahrhaftig innovativ, Herr Minister Pinkwart.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Nun mögen Sie wieder sagen: Ja klar, aber wir müssen doch alle unseren Beitrag leisten, wie es Herr Brinkmeier eben noch einmal formuliert hat, und da kommen wir auch bei Bildung und Forschung nicht um Kürzungen herum.

Dazu sage ich: Sie offensichtlich nicht, Herr Minister Pinkwart, aber in unserem grünen Gegenentwurf, der hier schon mehrfach umrissen wurde, sind genau diese Kürzungen bei den Studentenwerken, beim Technologie- und Innovationsprogramm, bei der Titelgruppe 64 zurückgenommen, ohne mehr Schulden zu machen – im Gegenteil.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das Fazit der bisherigen Haushaltsberatungen lautet also auch für den Einzelplan 06: Es geht anders, und wir Grüne haben die besseren Vorstellungen. Wir können es besser. Deshalb appelliere ich an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb: Stimmen Sie unseren Haushaltsvorschlägen zu. Setzen Sie auf Innovation in Lehre und Forschung, fördern Sie Existenzgründungen aus den Hochschulen, steigern Sie die Effizienz beim Technologietransfer, tun Sie etwas für die Frauenförderung an den Hochschulen, unterstützen Sie den wissenschaftlichen Nachwuchs, und kürzen Sie nicht in all diesen Feldern.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Eines ist klar, meine Damen und Herren: Nur, wenn es uns gelingt, zukünftig mehr junge Menschen für ein Studium zu gewinnen und zu begeistern, werden wir die demographischen, gesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen in Nordrhein-Westfalen nachhaltig gestalten können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Seidl. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Lindner für die Fraktion der FDP das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will einige Aspekte aus der bisherigen Debatte aufgreifen und beginne mit der Vorrednerin, der geschätzten Kollegin Frau Dr. Seidl, die unter anderem darauf hingewiesen hat, dass diese Koalition ihr Versprechen gebrochen habe, sozialverträgliche Studienbeiträge einzuführen. Das wird bei den Grünen aber unterschiedlich bewertet.

(Dr. Ruth Seidl [GRÜNE]: Verfassungsrecht- lich bedenklich!)

Ich weiß, dass Herr Kretschmann in BadenWürttemberg

(Frank Sichau [SPD]: Wir sind in Nordrhein- Westfalen!)

mit der Union darüber gesprochen hat, für die Grünen sei die Einführung von Studiengebühren dann möglich, wenn das, was dort ins Gesetz kommen soll, dem nordrhein-westfälischen Modell entsprechen würde.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Dem Grünen- Modell, nicht Ihrem!)

Nein, er meinte das Modell der schwarz-gelben Landesregierung.

(Frank Sichau [SPD]: Nee!)

Herr Schultheis hat insinuiert, es gebe Kürzungen in diesem Einzelplan 06. Wenn ich mir diesen Haushalt anschaue, dann sehe ich eine Zahl von 5,1 Milliarden €. Während der Gesamthaushalt also um 4,4 % sinkt, bleiben wir hier bei 5,1 Milliarden €. Mehr noch: Wenn man den Gesamthaushalt mit den vergangenen Jahren vergleicht, dann stellen Sie beim Vergleich mit den bereinigten Ausgaben aus dem vergangenen Jahr fest, dass sogar noch 9 Millionen € mehr etatisiert worden sind.

Das zeigt die Prioritätensetzung dieser Koalition. Trotz der schwierigen haushaltspolitischen Lage, in der wir uns befinden, haben wir gerade in diesem Bereich der Innovationspolitik, der Wissenschafts- und Forschungspolitik nicht konsolidiert, was den Gesamthaushalt Einzelplan 06 angeht, sondern wir haben die Haushaltslinie der vergangenen Jahre fortschreiben können.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Innerhalb des Einzelplans 06 konzentrieren wir uns allerdings auf das Kerngeschäft, um dort wieder bessere Ergebnisse vorweisen zu können.

Wird dann vielleicht irgendwann einmal – dieser Mühe wollen wir uns unterziehen – das Land grö

ßere haushaltspolitische Spielräume haben, dann haben wir auch wieder Gelegenheit zur Förderung der von Ihnen, Herr Schultheis, geforderten Projekte und Mehrausgaben. In der jetzigen Situation des Landes müssten wir sie – bei einer ehrlichen Betrachtung werden Sie zustimmen – entweder mit Steuereinnahmen, die das Land noch gar nicht eingenommen hat oder mit Schulden gegenfinanzieren. Deshalb gibt es keine Alternative dazu, das Kerngeschäft in den Blick zu nehmen und dafür mehr Substanz bereit zu stellen.

(Beifall von der FDP)

Ich will zu den beiden Schwerpunkten etwas sagen. Der erste Schwerpunkt ist die Finanzierung der Hochschulen. Hier ist eben, Kollege Brinkmeier, darauf hingewiesen worden, dass mit unserem Entschließungsantrag der Qualitätspakt in einen Zukunftspakt verlängert worden ist;

(Zuruf von Dr. Ruth Seidl [GRÜNE])

er ist verstärkt worden. Erstmals hat sich damit der Landtag politisch mit einer solchen Zusage gebunden.

Das Zweite ist – auch das ist angesprochen worden –, dass das Aufkommen aus dem Studienkontengesetz jetzt den Hochschulen zur Verfügung steht, der Verrechnungsvermerk aufgehoben worden ist. Die Hochschulen hätten sonst in diesem Jahr überhaupt keine Einnahmen mehr aus dem Studienkontengesetz erzielt, weil die Gelder schon vor der Landtagswahl als Wahlgeschenk von Frau Kraft verteilt worden waren.

Zum Dritten. Es ist zu fragen – das wäre einen Satz bei Ihnen wert gewesen –, in welcher prozentualen Höhe die Globalhaushalte ausfinanziert worden sind. Da hätte es doch Alternativen gegeben. Eine geringere prozentuale Quote wäre möglicherweise für die Landesregierung ein einfacherer Weg gewesen. Aber hier haben sich Regierung und Koalition darauf verständigt, am oberen Ende der Skala die Globalhaushalte auszufinanzieren und dafür Sorge zu tragen, dass die Hochschulen über die Mittel verfügen, die sie brauchen, um in Lehre und Forschung gute Ergebnisse vorweisen zu können.

Zum zweiten Bereich: Forschung. Da konzentrieren wir uns auf die großen Projekte, die auch Strahlwirkung in der Forschungslandschaft insgesamt haben können. Die 25 % Kofinanzierungsanteil des Landes für die Exzellenzinitiative stehen bereit. Dafür sind immerhin Verpflichtungsermächtigungen in einer Größenordnung von 100 Millionen € in den Haushalt eingestellt worden.

Wir haben – Kollege Brinkmeier hat darauf hingewiesen – für das neue MPI in Köln bereits in diesem Haushalt – das fließt ab – 30 Millionen € bereitgestellt.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Auch Herr Lindner wird älter!)

Auch ich werde älter. Jugend ist biologisch abbaubar.