Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat, wie ja mehrfach zitiert worden ist, mit Urteil vom 28. März 2006 festgestellt, dass das Sportwettenmonopol in dieser Form nicht aufrechterhalten werden kann. Das
Es gibt zwei Möglichkeiten – das ist aufgezeigt worden –: zum einen, dass durch konsequente Ausgestaltung des derzeitigen Wettmonopols sichergestellt wird, dass es wirklich der Suchtbekämpfung dient. Zum anderen ist eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Wettunternehmen durch private Veranstalter ebenso als verfassungsrechtlich zulässig gesehen worden.
Unabhängig davon, für welche dieser Alternativen sich die bayerische Landesregierung entscheidet, muss die bayerische Landesregierung auch sicherstellen, dass die Werbung für die staatliche Sportwette Oddset unverzüglich deutlich zurückhaltender betrieben wird.
Meine Damen und Herren, lieber Herr Abgeordneter Garbrecht, ob das alles das letzte Wort ist, wollen wir einmal abwarten. Die EU-Kommission hat gerade angekündigt, in diesem Zusammenhang ein Vertragsverletzungsverfahren zu eröffnen. Ich glaube, dass uns diese Rechtsfragen noch eine Weile begleiten werden.
Darüber hinaus ist das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass insofern nunmehr auch die bisherige Rechtslage in der Vollstreckung gegen illegale Wettbüros angepasst werden muss. Das war ja Ihr Petitum, Herr Abgeordneter Garbrecht. Sie haben darauf abgehoben, dass das Innenministerium den Kommunen eine entsprechende Anweisung gegeben hat.
Ich darf in diesem Zusammenhang auf zweierlei hinweisen. Zum einen ist das bereits unter meinem geschätzten Vorgänger richtigerweise so eingeleitet worden. Es beruhte auch nicht auf innenministerieller Willkür – so etwas kennen wir ja gar nicht, Herr Dr. Behrens –, sondern ging auf eine Bitte der Gerichte zurück. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch das höchste Gericht in unserem Land auf der Verwaltungsgerichtsebene haben entschieden, dass wir in einem gewissen Vakuum von der Durchsetzung dieser Regeln absehen sollen.
Sie sehen also: Recht hat bei uns immer Geltung. Jetzt werden die Vollstreckungen entsprechend durchgeführt, die bislang ausgesetzt worden waren.
Meine Damen und Herren, eine Neuregelung des Rechts der Sportwetten kommt nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich durch den Bundes- sowie durch den Landesgesetzgeber in Betracht.
Die Landesregierung ist sich bewusst, dass das Urteil unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen hat. Das nordrheinwestfälische Sportwettengesetz sieht – bei allen Unterschieden im Wortlaut einzelner Regelungen – ebenso ein Staatsmonopol vor.
Der Träger eines Wettunternehmens kann nach § 1 dieses Sportwettengesetzes auch nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des privaten Rechts sein, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören. Zwar sieht § 4 Abs. 2 des Gesetzes vor, dass ein Teil des durch Sportwetten erzielten Gewinns für Hilfeeinrichtungen für Spielsüchtige zu verwenden ist; den weitergehenden Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an einen effektiven Spielerschutz trägt das Sportwettengesetz dagegen nicht Rechnung. Es enthält insbesondere keine Vorschriften zur Begrenzung der Werbung.
Die Landesregierung ist sich darüber hinaus des Umstandes bewusst, dass das Bundesverfassungsgericht dem Ziel, Spielsucht effektiv zu bekämpfen, eine große Bedeutung beimisst. Sie weiß auch, dass das mit großer Spannung erwartete Urteil erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierung des Sports und anderer öffentlicher Belange haben kann, die zurzeit aus den Erträgen der Oddset-Wette gefördert werden.
Die Ministerpräsidenten haben sich am 30. März 2006 mit dem gesetzgeberischen Handlungsbedarf befasst. Sie erwarten, dass die zuständigen staatlichen Stellen die vom Bundesverfassungsgericht für die Übergangszeit bis zu einer Neuregelung der für Veranstaltungen und Vermittlungen von Sportwetten gemachten Vorgaben für das staatliche Wettangebot beachten und gegen illegale Sportwettanbieter einschließlich ihrer Werbung konsequent vorgehen.
Vor diesem Hintergrund wird die Landesregierung vorschlagen, das Sportwettengesetz innerhalb der Übergangsfrist zu ändern. Sie wird den Vollzug des geltenden Rechts unverzüglich an die Vorgaben des Urteils anpassen. Das Innenministerium wird zeitnah prüfen, durch welche Maßnahme diese Vorgaben umgesetzt werden können. Insbesondere die Belange des effektiven Spielerschutzes müssen gewährleistet werden. Zu diesem Thema hat ein erstes Gespräch mit Westlotto stattgefunden. Dem Unternehmen werden entsprechend angepasste Auflagen erteilt werden.
Die Bezirksregierungen sollen gebeten werden, die Ordnungsverfügungen, deren Vollzug auf Wunsch der Gerichte, Herr Garbrecht, bislang
ausgesetzt waren, nunmehr zügig zu vollstrecken und konsequent gegen die illegale Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten vorzugehen.
Eine Arbeitsgruppe der Glücksspielreferenten der Länder wird in der nächste Woche der Frage nachgehen, welcher konkrete Handlungsbedarf sich für bundesweite gesetzliche Regelungen ergibt, die gegebenenfalls durch einen Staatsvertrag der Länder zu treffen sind.
Die Landesregierung wird im Übrigen sorgfältig prüfen – da geht Qualität vor Schnelligkeit –, für welche der beiden Alternativen sie sich entscheidet. Bei der Prüfung, die die sorgfältige Abstimmung zwischen den mit der Veranstaltung von Glückspiel befassten Ressorts erfordert, wird sie sich unter anderem von der Frage leiten lassen, wie die Regelungskompetenz auf Dauer gesichert werden kann, und zwar bei den Ländern. Zugleich wird sie sich dafür einsetzen, die finanziellen Einnahmen für die Finanzierung des Sports und anderer öffentlicher Belange, die bislang aus den Erträgen der Oddset-Wette gefördert werden, auf dem aktuellen Niveau zu erhalten.
Die kryptischen Äußerungen des Kollegen Dr. Vesper im Zusammenhang mit der haushalterischen Behandlung der Oddset-Erträge will ich nicht weiter kommentieren, ihm aber dennoch sehr herzlich zum Geburtstag gratulieren. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In irgendwelchen Wahlkampfslogans, die mir noch gut in Erinnerung sind, gab es einmal die Überschrift „Mehr Tempo für NRW“. Herr Dr. Wolf, in der Frage, die wir jetzt hier beraten, stehen Sie, denke ich, mit beiden Füßen auf der Bremse.
Meine Damen und Herren, Fragen aus Sicht der Opposition sind deutlich artikuliert worden. Kollege Garbrecht, Kollege Dr. Vesper haben für die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen deutlich gemacht: Wir wollen am staatlichen Wettmonopol festhalten, und zwar unter Beachtung dessen, was das Bundesverfassungsgericht jetzt entschieden hat.
Sie haben nicht mit hinreichender Klarheit – das ist noch vorsichtig ausgedrückt –, eigentlich gar nichts dazu gesagt, wie Sie mit der gegenwärtigen Situation umgehen wollen. In aller Entschiedenheit gründlich zu prüfen und abzuwarten, ist sicherlich auch eine Haltung, aber nach unserem Dafürhalten keine gute, meine Damen und Herren.
Im Gegensatz zu dem, was die Bündnisgrünen festgestellt haben, gehe ich davon aus – ich denke, auch die SPD-Landtagsfraktion insgesamt –, dass wir jetzt ein Mehr an Rechtssicherheit durch diese Entscheidung haben.
Wir haben zwei deutliche Alternativen. Kollege Henke hat darauf hingewiesen: Wir entscheiden uns ganz bewusst für das staatliche Wettmonopol. Insbesondere bei Herrn Rasche klang die Tendenz sehr stark durch, dass Sie getreu der Maxime „privat vor Staat“ zumindest auch mit der Möglichkeit liebäugeln, privaten Wettunternehmern Spielräume einzuräumen.
Ich glaube auch, dass der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen nicht in der gesamten Breite von Ihnen erfasst worden ist. Wir haben zum einen die Aufgabe, bis 2007 – ich bin ganz nah bei Ihnen, wenn Sie sagen, das Land solle es regeln – eine vernünftige Regelung zu machen. Zum anderen haben wir allerdings auch – da weise ich eindeutig darauf hin – einen breiten Wildwuchs an privaten Wettveranstaltungen, die nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts jetzt nicht nur illegal sind, sondern auch beherzt bekämpft werden können und sollen.
Das Gericht hat festgestellt, dass dem staatlichen Wettmonopol die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht, der Schutz der Spieler vor betrügerischen Machenschaften und der Schutz vor irreführender Werbung zugrunde liegen müssen. Nicht nur die Schlagzeile zu Manipulationen im Bereich von Sportwetten, sondern auch regelmäßige Veröffentlichungen aus der Wissenschaft zur existenziellen Gefährdung durch Spielsucht sind gerade in diesem Zusammenhang wichtige Hinweise.
Aber wenn schon das staatliche Wettmonopol zu Recht hinterfragt wird, muss doch ganz besonders kritisch in Augenschein genommen werden, was im Augenblick in den Städten und Kommunen in Nordrhein-Westfalen vonseiten privater Wettanbieter alles geschieht. Meine Damen und Herren, damit kann man anders umgehen.
Kollege Garbrecht hat die bayerische Staatsregierung angesprochen, die wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sicherlich nicht so häufig loben. Dort ist unmittelbar nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts reagiert worden. Da werden alle Fälle aufgegriffen, in denen Wettbüros, Gaststätten, Spielhallen oder sonstige Einrichtungen die Teilnahme an Sportwetten, die nicht von der staatlichen Lotterieverwaltung veranstaltet werden, anbieten. Ich verweise auch auf die Pressemitteilung der bayerischen Staatsregierung.
Ein entsprechendes Vorgehen – auch nach dem, was Sie gesagt haben, Herr Dr. Wolf – für Nordrhein-Westfalen ist für uns im Augenblick noch nicht erkennbar. Wir fordern als Sozialdemokraten mit aller Entschiedenheit: Gehen Sie gegen diese privaten, illegalen Wettveranstalter vor!
Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen bezieht sich im zweiten Abschnitt ganz ausdrücklich auf diese Problemsituation. Dazu haben wir, gelinde gesagt, bis jetzt von Ihnen nichts gehört.
Ich bin sicher und es freut mich, dass Konsens darüber besteht, dass die wichtigen Zweckbestimmungen hinsichtlich der Erlöse allgemein als wertvoll gelten und dass sie abgesichert werden sollen. Aber, meine Damen und Herren, dann muss man auch den Weg der Absicherung mehr als andeuten. Es kann doch kein Hinweis darauf sein, wie wir in Zukunft mit diesen Fragen umgehen, lediglich zu sagen: Wir lassen es einmal offen; auf der einen Seite gibt das Gericht die Möglichkeit einer Liberalisierung, und auf der anderen Seite haben wir das staatliche Wettmonopol.
Wir sollten uns vielmehr sehr kritisch mit den Tendenzen zur Liberalisierung auseinander setzen. Dabei kommt dieser Übergangszeit eine erhebliche Bedeutung für die künftige Entwicklung zu. Denn das Wettmonopol ist bis zur Neuregelung – darüber sind wir uns alle einig – in jedem Fall gültig.
Wir haben jetzt die Gelegenheit, konsequent gegen diese illegalen Veranstalter vorzugehen und diesen Wildwuchs in Nordrhein-Westfalen zu be
kämpfen. Insoweit geht es jetzt schon darum, ganz deutlich die Richtung zu bestimmen. Darüber hinaus müssen wir uns Gedanken darüber machen, was das staatliche Wettmonopol bezogen auf Oddset im Augenblick hergibt. Dabei muss sich Politik einbringen, wie wir zum Beispiel Werbung entsprechend den Hinweisen des Verfassungsgerichts in Zukunft gestalten wollen.
Wer jetzt nichts tut, gefährdet auch das, was uns allen wertvoll und wichtig ist: gerade die ehrenamtliche Arbeit, die im Augenblick durch das Wettmonopol gesichert wird. Die Alternative ist aus unserer Sicht keine. Wir fordern deshalb die Landesregierung dazu auf: Belassen Sie es nicht bei Ihrer abwartenden Haltung! Belassen Sie es nicht bei Ankündigungen, sondern machen Sie bitte in diesem Bereich Ihre Hausaufgaben!
Wir sollten gemeinsam klarstellen: NordrheinWestfalen ist nicht der richtige Platz für private Wetten, für illegale Wettveranstaltungen und für Zockerbuden! – Ich bedanke mich, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will gar nicht mehr so viel direkt zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts sagen. Ich finde am wichtigsten bei diesem Urteil, dass es der größte Erfolg in der letzten Zeit ist für die Menschen, die gegen Spielsucht kämpfen, für die Menschen, die in der Spielsuchtbekämpfung arbeiten und für die Spielsüchtigen, weil dieses Urteil der Gefährdung durch das Spiel ein so deutliches Gewicht gibt, dass klar ist: Es muss sich nicht nur etwas beim Wettmonopol ändern in dem Sinne, dass man auf die Privaten zugehen muss und die staatlichen Reglementierungen klarer und deutlicher macht, sondern es ist auch ganz deutlich geworden, dass Spielsuchtbekämpfung und Suchtprävention im Zusammenhang mit dem Wettmonopol staatliche Aufgaben sind.
Die Oddset-Wette gibt es seit dem Jahr 2000. Anders als der Weg zum Geldspielautomaten oder in die Spielbank ist der Weg zur Oddset-Wette nicht anrüchig, gesellschaftlich akzeptiert und schon fast zu einem eigenen Sport geworden. Er ist für männliche Zielgruppen jeden Alters erschlossen. Das heißt, in diesem Bereich hat der Staat noch eine höhere und deutlichere Verantwortung, der