Unsere Hauptschulen haben lange Jahre ein Schattendasein geführt. Es fehlte ihnen beides: eine angemessene öffentliche Achtung vor ihrer Arbeit und eine ebenso angemessene Ressourcenausstattung.
FDP und CDU haben nun mit der Benachteiligung von Hauptschulen Schluss gemacht. In einer beispiellosen Initiative haben wir für Hauptschulen ein Qualitäts- und Ganztagspaket geschnürt, das ihren Schülern endlich wieder eine Lebens- und Ausbildungsperspektive geben soll, das die Außenseiter wieder mitten in die Gesellschaft zurückführen und dafür sorgen wird, dass aus PisaVerlierern endlich Pisa-Gewinner werden können.
500 Lehrerstellen stehen an Hauptschulen zusätzlich für die individuelle Förderung sowie 620 weitere Lehrerstellen für den qualifizierten Ganztag bereit. Die Ganztagshauptschulen bekommen einen 30%igen Stellenzuschlag, weil sie ihn nötig haben. Bis 2012 werden wir zusätzliche 50.000 Ganztagsplätze für Hauptschüler schaffen. Alle Hauptschulen bekommen ein neues pädagogisches Konzept, das in den Jahrgangsstufen 5 bis 7 zuverlässige Kernkompetenzen vermittelt und in den Jahrgängen 8 bis 10 intensiv auf das Berufsleben vorbereitet. Und die 250 Sozialpädagogen gäbe es nicht mehr, wäre es nach Ihrem Willen gegangen.
Haben Sie sie für nicht notwendig gehalten? – Sie sind bitter notwendig, und gerne räume ich ein, dass es auch mehr sein könnten.
Dies sind die notwendigen Antworten: Qualitätsoffensive der Hauptschule, Ganztag der Hauptschule. – FDP und CDU haben diese Antworten gegeben, bevor die Ereignisse an der Berliner RütliSchule all diese Fragen öffentlich aufgeworfen haben. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Pieper-von Heiden. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Laschet um das Wort gebeten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatten und die Reaktionen auf das, was an der Rütli-Schule in Berlin passiert ist, laufen immer nach demselben
Muster ab: In Deutschland passiert irgendwo irgendetwas, und schon haben am Wochenende alle Ratschläge, was nun zu machen sei.
Zu der Frage, ob man die Jugendlichen jetzt abschieben solle, haben wir uns als Landesregierung klar geäußert und gesagt, dies sei nicht der richtige Weg. Aber genauso falsch, genauso dumm und genauso töricht ist es, als Erstes zu fordern, die Hauptschulen abzuschaffen.
„In der Hauptschule werden die Schüler in die Sackgasse geschoben. Deshalb müssen die Hauptschulen weg.“
eine schulpolitische Debatte an einen Vorgang anzuknüpfen, den wir alle bedauern. Und deshalb gehört diese Debatte hierher. Das sind pauschale Urteile, die Sie fällen.
Kein Mensch, Frau Löhrmann, wäre auf die Idee gekommen, die Abschaffung der Gymnasien zu fordern, weil in Erfurt ein einzelner Schüler Amok lief. Sie diskreditieren ganz bewusst eine Schulform und die Schüler in dieser Schulform.
Ein Zweites kommt hinzu: Wegen eines Einzelfalls eine generelle Debatte zu beginnen, ist falsch. Ich wage mir gar nicht vorzustellen,
Frau Kraft, was passiert wäre, wenn in Erfurt der Schüler, der das begangen hat, ein ausländischer Schüler gewesen wäre. Ich möchte mir nicht vorstellen, welch eine Debatte wir dann in Deutschland gehabt hätten.
Da ist der, der sagt: „Wir wollen die alle abschieben“, keinen Deut besser als der, der diese Schule zur Restschule erklärt und fordert, man müsse diese Schulform abschaffen. Das ist unsere Kritik an dem, was Sie machen.
Ein weiterer Punkt. Aussagen, selbst wenn Sie sie nur zitieren, Frau Löhrmann, wie: „Es rumpelt in der untersten Schublade“, werden Hauptschülern auch nicht gerecht.
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ich habe einen Schulleiter zitiert! – Helmut Stahl [CDU]: Dis- kriminierend ist das! – Weitere Zurufe)
Noch ein Punkt. Es ist für uns eine glückliche Fügung, dass wir heute über ein neues Schulgesetz sprechen. Unsere Ministerin schafft exakt hier Abhilfe und baut die Hauptschulen zu Ganztagsschulen aus. Dies haben Sie jahrelang versäumt, weil Sie alles Geld nur in die Gesamtschulen gesteckt
und diese zu Ganztagsschulen ausgebaut haben. Diese Ministerin stärkt die Hauptschulen und entwickelt ein Programm, bei dem Sozialpädagogen eingesetzt werden. Und ausgerechnet diese Ministerin zu beschimpfen, die die Versäumnisse anpackt, die Sie hinterlassen haben, ist nicht sehr seriös.
(Beifall von der CDU – Zurufe von Hannelore Kraft und Ute Schäfer [SPD] sowie Sylvia Löhrmann [GRÜNE])
Jetzt kommen wir zur Integrationspolitik. Auch da ist die Welt nicht ganz so einfach. Man muss zugestehen, dass alle politischen Parteien in den letzten 50 Jahren Fehler gemacht haben. Frau Löhrmann, da hilft es nichts, sich hier so selbstherrlich hinzustellen und am Ende noch CohnBendit zu zitieren.
Soll ich Ihnen einmal sagen, wie sich Cohn-Bendit in dem berühmten „Stern“-Streitgespräch zur grünen Politik geäußert hat? – Er hat gesagt:
„[Wir] haben die Einwanderer idealisiert. Alle Asylbewerber waren Verfolgte. … Außerdem haben wir zu spät die deutsche Sprache als zentrales Integrationsproblem erkannt. Ich habe nicht gesehen, mit welcher Radikalität das angepackt werden muss.“
Cohn-Bendit ist einen Schritt weiter als Sie, liebe Frau Löhrmann. Wir haben das erkannt. Wir sind das erste Bundesland, in dem dieser Ministerpräsident ein Integrationsministerium eingerichtet hat, das Integrationspolitik zu einer Querschnittsaufgabe macht und das endlich bei den Sprachkenntnissen der Schüler anfängt. Sie haben die Schüler in Crashkurse gesteckt. Das können Sie mit Managern machen. Wir dagegen fördern Kinder ab vier Jahren im Kindergarten und haben die Mittel dafür verdoppelt.
Lassen Sie mich zu dem, was Sie hier zum Kinder- und Jugendbericht vorgetragen haben, ein paar Bemerkungen machen. – Natürlich sind diese Kürzungen nicht angenehm. Aber so zu tun, als hätte so etwas zum ersten Mal …
Frau Löhrmann, Sekunde mal! Sie haben zwei Vorgänge beschrieben und gesagt, da lägen die Ursachen auch für desorientierte Jugendliche. Das ist nichts anderes als eine Fortsetzung Ihrer Politik.