Protocol of the Session on April 5, 2006

Wenn Sie auf das schmale Brett kommen und meinen „Na gut, wenn es aus den Erträgen nicht geht, soll sich die NRW-Bank doch bitte an den Projektgesellschaften vor Ort beteiligen; es bleibt dann ja im öffentlichen Bereich.“, kann ich Ihnen nur sagen: Wenn die dafür Kreditmittel aufnehmen sollten, gibt es dafür ein Wort, das Sie ungern hören, nämlich Schattenhaushalt. Ich wäre sehr vorsichtig, auf dieses schmale Brett zu steigen und diesen Weg gehen zu wollen.

(Beifall von der SPD)

Somit muss man festhalten: Ihre Durchsetzungsschwäche gegenüber dem Finanzminister für den Landesanteil der Kofinanzierung geht zulasten der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung in Nordrhein-Westfalen.

Sie reden von Akquise, ohne ein Akquisekonzept für Drittmittel zu haben. Ich sage Ihnen: Die Förderperiode hat noch acht Monate, um mit neuen Projekten zu beginnen. Es wird Zeit für die Projekte. Es wird noch dringender Zeit für das Drittmittelkonzept. Welche Partner beteiligen sich mit wie viel Geld an der Schließung Ihrer 19-Millionen-€Lücke? Welchen Anteil an den 19 Millionen € haben Sie schon eingeworben? Wie groß ist die Lücke heute? Welche Maßnahmen der NRW-Bank müssen unter der Beteiligung der Bank an der Schließung der Thobenschen Finanzlücke leiden? Frau Ministerin Thoben, geben Sie endlich die Antworten darauf. Legen Sie Ihr Reparaturkonzept endlich vor. – Ich danke Ihnen recht herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Eiskirch. – Für die CDU-Fraktion spricht nun der Abgeordnete Hubert Schulte.

(Frank Sichau [SPD]: Aus Menden! – Hubert Schulte [CDU]: Darauf lege ich Wert! – Frank Sichau [SPD]: Nicht aus dem Revier!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich gefragt: Was soll dieser Antrag? – Für das Jahr 2006 ist das Programm gelaufen. Sämtliche Mittel der EU sind abgerufen. Es wird keine Rückgabe von EUMitteln stattfinden.

Die Kofinanzierung ist durch unterschiedliche Partner erfolgt. Neben den Geldern aus dem Landeshaushalt haben Kommunen und Forschungsinstitute das notwendige Geld zur Verfügung gestellt. Warum also der Antrag? – Nichts außer Show.

(Beifall von CDU und FDP)

Lassen Sie uns daher die Gelegenheit nutzen und über die Zukunft des Strukturprogramms 2007 bis 2013 reden. Lassen Sie uns zunächst auflisten, wo die Schwächen des endenden Programms 2000 bis 2006 liegen und was es für die Zukunft zu verbessern gilt.

Im Zeitraum von 2000 bis 2006 hat die EU knapp 2 Milliarden € bereitgestellt. Dieses Strukturprogramm bis 2006 war auf eng begrenzte Gebiete beschränkt. Weite Teile des Ruhrgebiets und kleinere Räume wie beispielsweise der Raum Heinsberg gehörten dazu. Dabei erfolgte eine detaillierte Abgrenzung bis zu Straßenbenennungen, ja sogar bis zur Unterteilung in Straßenseiten und Hausnummern. Die Förderung ist bisher also eindeutig und ausschließlich räumlich bezogen gewesen.

Vor dem Hintergrund, dass die EU vielleicht so eindeutige Abgrenzungen forderte, ist diese Vorgehensweise verständlich. Doch Unternehmen aus Landesteilen, die nicht zu diesem Fördergebiet gehörten, hatten überhaupt keine Chance, gute Ideen über das Programm gefördert zu bekommen.

Diese Art der raumabhängigen Förderung hat nach meiner Auffassung nicht die gewünschten Erfolge gebracht. Einen Beweis dafür, dass das der Fall ist, nämlich für die geringen Erfolge dieser Förderung aus der Vergangenheit, hat gerade der Kollege Eiskirch in seinen Darstellungen geliefert.

(Frank Sichau [SPD]: Wo denn?)

Meine Damen und Herren, wir beschweren uns heute, dass wegen der Förderpraxis Firmen- und Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland erfolgen, dass Unternehmen in die neuen EU-Länder abwandern, weil sie dort Fördergelder bekommen, und dass mit öffentlichen Geldern der Abbau von Arbeitsplätzen hier bei uns in NRW finanziert wird. – Das ist richtig. Das kann und darf so nicht sein.

Dabei wird immer übersehen, dass durch die unterschiedliche Förderung auch in unserem Land Firmen und damit Arbeitsplätze in Fördergebiete verlagert wurden. Gerade die Städte und Gemeinden, die an der Fördergebietsgrenze liegen, können hier manches negative Beispiel benennen. Firmen wanderten ab und gingen in Städte, die zu einem Fördergebiet gehören. Eine solche Förderung mag für den einzelnen Betrieb Vorteile bringen. Wo der Gewinn für Nordrhein-Westfalen liegt, ist aber nicht ersichtlich.

Meine Damen und Herren, wir begrüßen, dass die neue Landesregierung neue Wege gehen will und dass diese enge räumliche Begrenzung nicht beibehalten werden soll. Für den Planungszeitraum 2007 bis 2013 ist das Ziel, dass NRW die Aufteilung selbst nach regionalen und thematischen Schwerpunkten vornehmen kann. Dabei wird das Ruhrgebiet weiterhin einen Entwicklungsschwerpunkt bilden.

Das Ganze erfolgt allerdings nicht nur aufgrund der räumlichen Zugehörigkeit zu einem Gebiet, sondern in Verbindung mit Innovationen. Dadurch entsteht ein Wettbewerb um die besten Ideen und Konzepte von Unternehmen. Durch die Konkurrenz im Wettbewerb um Fördermittel wird es zu einer höheren Effizienz kommen. Dies ist doch positiv. Oder streiten Sie das etwa ab?

Positiv ist auch, dass Regionen entsprechende Konzepte erarbeiten können. Durch die Aussicht, für gemeinsame Projekte Fördermittel zu bekommen, erhoffen wir uns, dass Universitäten, Fachhochschulen, Forschungsinstitute und Unternehmen der Region verstärkt zusammenarbeiten und sich gegenseitig befruchten. Eine solche Zusammenarbeit wird gerade für die mittelständischen Unternehmen von besonderer Bedeutung und besonderem Nutzen sein. Dadurch wird nicht nur die Region und nicht nur das einzelne Unternehmen, sondern das ganze Land nach vorne gebracht.

Zu der hier angesprochenen Kofinanzierung: Wir haben vorhin bei den Mündlichen Anfragen noch gehört, dass die EU durchaus bereit ist, private Mittel zu akzeptieren. Das ist der richtige Weg. Was soll der hier vorliegende Antrag also? Er ist

überholt, überflüssig und daher abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Schulte. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Kollegin Löhrmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde den Antrag nicht überflüssig. Es geht ja schon darum, wie die Mittel, die uns vonseiten der Europäischen Union zur Verfügung gestellt werden, im weiteren Prozess kofinanziert werden und wie sie dann auch so ausgeschöpft werden können, wie die Europäische Union sich das vorstellt und wie es gut für die Regionen unseres Landes ist.

Ich will das natürlich auch noch ein bisschen konkretisieren. Im Rahmen des NRW-EU-Ziel-2Programms stehen die Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds und die öffentlichen nationalen Kofinanzierungsmittel von in der laufenden Förderperiode zusammengenommen ca. 1,87 Milliarden € zur Verfügung. Es geht also um richtig viel Geld. Diese Mittel müssen spätestens am 31. Dezember 2006 bewilligt sein und im Sinne der „n+2-Regel“ bis spätestens zum 31. Dezember 2008 ausgezahlt werden.

Gemessen an diesen Fristen bewegen wir uns – so lautete zumindest die Einschätzung im letzten Monitoring-Bericht – weitgehend im grünen Bereich. Die Mittelbindung zum 30. Juni 2005 betrug 71,7 %, und es mussten keine Mittel an die EU zurückgegeben werden. Das bedeutet: NRW hat seine Hausaufgaben bislang gemacht und die nationale Kofinanzierung stets darstellen können.

Meine Damen und Herren, der von der neuen Landesregierung vorgelegte Haushaltsentwurf lässt jedoch Zweifel aufkommen – und daran knüpft der Antrag an –, ob dies auch für das Jahr 2006, also das Abschlussjahr der laufenden Förderperiode, gelingen wird. So wird die zentrale Kofinanzierung im Einzelplan 08 in den Titelgruppen 80 und 88 massiv gekürzt – gemessen an den Ansätzen im Haushalt 2005 um insgesamt 17,67 Millionen € und gemessen an den im Haushalt 2005 für 2006 formulierten Zielwerten sogar um 27,07 Millionen €.

Aufgefangen werden sollen diese Lücken durch eine verstärkte dezentrale Kofinanzierung, das heißt durch die Heranziehung von Programmen und Titeln in anderen Einzelplänen. Insgesamt

sollen so Kofinanzierungsmittel in Höhe von ca. 60 Millionen € realisiert werden. Allerdings – und da bin ich gespannt, was die Ministerin gleich ausführen wird – ist die Landesregierung bis heute die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wo die dezentralen Kofinanzierungsmittel, also Mittel in Höhe von immerhin 60 Millionen €, konkret etatisiert sind.

(Beifall von den GRÜNEN)

Im Berichterstattergespräch wurde lediglich ganz allgemein auf Programme, Projekte und Mittel des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie, des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, des Ministeriums für Bauen und Verkehr, des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Ministeriums für Schule und Weiterbildung sowie auf den Kulturbereich der Staatskanzlei verwiesen. Diese ganzen Ministerien sind natürlich ein weites Feld.

Im Wirtschaftsausschuss wurde in diesem Zusammenhang dann von einem zum jetzigen Zeitpunkt nicht konkretisierbaren Auftrag an die einzelnen Ministerien gesprochen, die entsprechenden Kofinanzierungsmittel im Haushaltsvollzug zu erbringen.

Meine Damen und Herren, angesichts solch präziser Antworten drängt sich mir mehr und mehr der Eindruck auf, dass die Landesregierung zurzeit nicht einmal selbst weiß,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

wo und in welcher Höhe die Kofinanzierung konkret erbracht werden soll. Der Haushaltsentwurf gleicht an dieser Stelle einer unverbindlichen Absichtserklärung, die mit der von der Landesregierung propagierten und zu ihrem Leitbild erhobenen haushalterischen Correctness nicht viel gemein hat und jedem ehrlichen Kaufmann die Haare zu Berge stehen lassen müsste, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Darüber hinaus ist von der Landesregierung zu hören, sie prüfe alternative Möglichkeiten zur Darstellung der Kofinanzierung zum Beispiel über die NRW-Bank. Genaueres ist aber auch hier Fehlanzeige. Insofern verstehen wir den hier und heute von der SPD-Fraktion vorgelegten Antrag als eine nochmalige Aufforderung an die Landesregierung, in Bezug auf die Darstellung der Kofinanzierung und ihre hieran geknüpften Überlegungen endlich die nötige Klarheit zu schaffen:

erstens Klarheit darüber, wie sich die nationale Kofinanzierung der Ziel-2-Mittel im Haushalt 2006 darstellt, im Einzelplan 8 und in den anderen Einzelplänen der genannten Ministerien,

zweitens Klarheit darüber, ob diese Etatisierung die Kofinanzierung in der erforderlichen Höhe vollständig sicherstellt oder ob NRW Gefahr läuft, Mittel an die EU zurückgeben zu müssen,

drittens Klarheit über die tatsächliche Tragfähigkeit der von ihr ins Gespräch gebrachten alternativen Kofinanzierungsquellen, seien es die Kommunen, seien es öffentliche Forschungseinrichtungen oder sei es die NRW-Bank,

viertens Klarheit darüber, welche Auswirkungen eine Darstellung der Kofinanzierung über die NRW-Bank auf die Bank selbst hat und

fünftens Klarheit darüber, wie die EU-Kommission den von NRW in Bezug auf die aktuelle Förderperiode gestellten Antrag auf die Einbeziehung privater Mittel in die Darstellung der Kofinanzierung beschieden hat.

Meine Damen und Herren, meine Fraktion wird dem Antrag der SPD zustimmen. Auch wir appellieren an Frau Ministerin Thoben, endlich alle Zahlen und Planungen auf den Tisch zu legen und so letztlich auch ein längst überfälliges Signal in die einzelnen Regionen zu senden, dass weder eine anstehende Mittelbewilligung noch die Umsetzung eines bereits bewilligten Projektes an fehlenden Kofinanzierungsmitteln scheitern wird.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist wichtig für die Regionen in unserem Land, dass klargestellt wird, ob die Mittel fließen

(Beifall von den GRÜNEN)

oder ob das Geld möglicherweise zurückgegeben wird und wichtige Projekte für die Region Nordrhein-Westfalen aufgrund der – jetzt muss ich aufpassen! – nicht gegebenen Klarheit im Haushalt nicht durchgeführt werden. – Sie wussten wahrscheinlich, was ich eigentlich sagen wollte. Ich pflege mich ja in der Regel parlamentarisch zu äußern. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Löhrmann. – Für die FDP spricht nun der Abgeordnete Brockes.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich diesen SPD-Antrag das erste Mal gelesen habe, dachte ich: Die ha

ben sich ganz einfach vertan, die haben das verwechselt. Eine kurze Sachverhaltsdarstellung, fünf Fragen an die Landesregierung – das kann eigentlich nur eine Kleine Anfrage sein. Aber spätestens, als ich die Tagesordnung für diese Plenardebatte gesehen habe, habe ich gemerkt, dass ich mich da wohl getäuscht habe.