Protocol of the Session on March 15, 2006

(Beifall von CDU und FDP)

Nun hat Frau Abgeordnete Schäfer, SPD-Fraktion, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Sommer, ich greife einmal das Muñoz-Papier heraus, das Sie gerade angesprochen haben. Ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie hier annehmen, dass wir als Fraktion in diesem Landtag unsere Informationen aus dem Bildungsportal holen sollen, während Sie die Koalitionsfraktionen mit diesen Papieren unmittelbar versorgen.

(Beifall von der SPD – Widerspruch von der CDU)

Ich sage Ihnen: Das ist schlechter Stil einer Landesregierung und macht deutlich, dass Sie das Verhältnis von Exekutive und Legislative noch nicht begriffen haben. Ich erwarte, dass wir diese Papiere zum gleichen Zeitpunkt bekommen wie alle anderen Fraktionen in diesem Landtag.

(Beifall von der SPD – Widerspruch von der CDU)

Ja, regen Sie sich mal darüber auf! Das ist wirklich kein vernünftiges Handeln einer Landesregierung! Das tut man nicht!

(Michael Solf [CDU]: Dass Sie solch einen Gedächtnisverlust haben!)

Zweitens: Sie sagen von unserem Stufenplan, er sei nicht eingehalten worden. In diesem Hohen Haus haben wir immer gesagt, dass wir nicht 6.100 Stellen zusätzlich geschaffen haben, aber 4.100 Stellen, die tatsächlich vorhanden sind.

(Beifall von den GRÜNEN)

Außerdem haben wir über Lehrerarbeitszeiterhöhung 4.000 weitere Stellen an die Schulen in

Nordrhein-Westfalen gebracht. Das ist unter dem Strich eine Erhöhung von 8.100 Stellen. Das kommt den Schulen in Nordrhein-Westfalen zugute.

(Zuruf von der CDU)

Im Vergleich zu anderen, CDU-geführten Bundesländern in Deutschland haben wir den kompletten Ertrag der Erhöhung der Lehrerarbeitszeit in unserem Schulsystem gelassen. – So viel zu Wahrheit und Klarheit.

(Zurufe von der CDU)

Zu Ihnen, Herr Recker, sage ich: Sie werfen uns Wortbruch vor, stellen sich aber vor der Landtagswahl hin und sagen: Wir schaffen 8.000 Stellen. Wir machen ein Unterrichtssicherungsgesetz. Wir schaffen eine Unterrichtsgarantie.

(Zuruf von Bernhard Recker [CDU])

Wenn wir nachfragen, wo sich das in Ihrer Planung wiederfindet, sagen Sie: Pläne brauchen wir nicht; wir versuchen es erst einmal so.

(Heiterkeit von SPD und GRÜNEN)

Erklären Sie einmal den Menschen in NordrheinWestfalen, wie das verlässlich und solide funktionieren soll.

(Zuruf von Helmut Stahl [CDU])

Jetzt komme ich zu dem Vorwurf, der uns immer gemacht wird, wir hätten 2.000 Stellen kw gestellt – für die Zuhörerinnen und Zuhörer: künftig wegfallend – und hätten sie wegfallen lassen. Das behaupten Sie einfach. Sie dürfen das überhaupt nicht so behaupten, wenn Sie die Vergangenheit der Entwicklung und der Entstehung dieser Stellen betrachten würden.

Solche Stellen, Vorgriffsstellen für besondere Aufgaben, gibt es seit 1995 unter Rot-Grün. Damals ist eine erste Tranche von zusätzlich 1.000 Stellen für besondere Aufgaben an Schulen entstanden. Im Jahr 2000 hat man diese Zahl der Vorgriffsstellen von 1.000 auf 2.000 erhöht. Wohlgemerkt, das war mit dem Finanzminister abgesprochen.

Aber ein Finanzminister sagt: Ich möchte als Sicherheit dahinter so ein Kürzel stehen haben. Das nennen wir „kw“. Das heißt, die Stellen könnten künftig wegfallen.

(Bernhard Recker [CDU]: Aha!)

Aber seit 2000 haben Rot-Grün und alle roten Finanzminister jedes Jahr diese 2.000 Stellen wie

der in das neue Haushaltsjahr übernommen und sie den Schulen zur Verfügung gestellt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Als erste Tat der Landesregierung schreiben Sie in Ihren Haushaltsplan: Sie kürzen von diesen 2.000 zusätzlichen Stellen, die wir Jahr für Jahr weitergetragen haben, erst einmal 500 Stellen zum 1. August 2006. Jeder kann nachlesen, wie das weitergeht, auch Sie, Herr Rüttgers. Schauen Sie mal auf Seite 127 des Einzelplans 05.

(Zuruf von Ministerpräsident Dr. Jürgen Rütt- gers)

Dort steht: Weitere 500 Stellen werden zum 1. August 2007 in den Schulen Nordrhein-Westfalens abgebaut. Dort steht auch: Weitere 500 Stellen werden zum 1. August 2008 abgebaut. Dort steht auch: Weitere Stellen werden zum 1. August 2009 abgebaut.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Nach Adam Riese sind das 2.000 Stellen, die Sie in vier Jahren streichen wollen. Und dann ziehen Sie durch dieses Land und erzählen den Menschen in Nordrhein-Westfalen, Sie schaffen 4.000 neue Lehrerstellen?

(Heiterkeit und Beifall von SPD und GRÜ- NEN)

Das müssten Sie einmal nachvollziehen. Für mich bleiben unter dem Strich 2.000 übrig. Erklären Sie das einmal. Da sind Sie still. Ist es da nicht gerechtfertigt, dass wir einen Stufenplan fordern, damit wir auch einmal hören, wie die weichen Faktoren, die Sie noch gar nicht in Ihre Finanzierung eingestellt haben – Stichworte: Lernstudios und Sprachstandsfeststellung –, finanziert werden sollen und wer das machen soll? Das ist noch nicht einmal ausgeführt. Da kann man doch erwarten, dass Sie sagen, wie Sie mit den – wir mögen das Wort eigentlich nicht – sogenannten Demographiegewinnen umgehen werden.

Wir sind da wirklich sehr gespannt. Es ist interessant, wenn Frau Pieper-von Heiden sagt, Sie bräuchten gar keinen Plan. Man könnte meinen, Sie sind wirklich planlos.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das kommt uns auch so vor. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt. Es ist nur recht und billig, dass Sie Ihre Versprechungen in ein Raster bringen. Sie müssen das ja nicht „Stufenplan“ nennen, wenn Ihnen das Wort nicht gefällt. Nennen Sie es „Entwicklungsplan“ oder nur schlicht „Plan“. Sie müssen einfach einmal sagen, wann und wie

Sie etwas finanzieren wollen. Das möchten wir im Parlament einfach einmal wissen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die Menschen haben ein Recht darauf!)

4.000 minus 2.000 sind 2.000.

(Demonstrativer Beifall von der CDU)

Also gehen Sie demnächst in Nordrhein-Westfalen herum und verkünden, Sie hätten 2.000 Stellen mehr geschaffen und nicht 4.000. Damit fängt es schon an.

Jetzt komme ich zu einem ganz interessanten Vorwurf: Ich hätte letztes Jahr gesagt, man bräuchte nach den bildungspolitischen Versprechungen 18.000 neue Lehrer; jetzt würde ich sagen, man bräuchte nur 14.500 oder 14.200 neue Lehrer. Frau Ministerin, so schnell, wie Sie Ihre Ansagen im bildungspolitischen Bereich verändern, so schnell kommen wir gar nicht mit der Berechnung hinterher.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich mache das am Beispiel der vorgezogenen Einschulung deutlich.

(Zuruf von Bernhard Recker [CDU])

Im Koalitionsvertrag steht, das solle um ein Jahr vorgezogen werden. Die Kinder sollen demnächst mit fünf Jahren eingeschult werden. Nun weiß ich – das sollten Sie auch wissen –: Das kostet 7.000 Lehrerstellen. Wenn Sie später sagen, Sie wollen die vorgezogene Einschulung nicht auf ein ganzes Jahr strecken, sondern nur in Schritten auf ein halbes Jahr, kostet das natürlich weniger. Deswegen habe ich das angepasst.

Ihren Ausführungen entnehme ich, dass das noch langsamer gehen wird, als Sie es im Koalitionsvertrag versprochen haben. Also werde ich das entsprechend wieder anpassen müssen. Das ist ganz klar.

(Widerspruch von Ministerin Barbara Som- mer)

Wenn Sie dem nicht so zustimmen, dann widerlegen Sie mich bitte. Es gibt ein Hin und Her mit Ihren Ansagen. Wir versuchen mühsam, da hinterherzukommen und nachzuvollziehen, wie wir das mit finanztechnischen Maßnahmen begleiten können.