Protocol of the Session on February 16, 2006

Ich versuche, das auch in aller Kürze zu machen. – Herr Keymis, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass gegenüber der ursprünglichen Planung, die sicherlich die Landschaft belastet hätte, unter den geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen man ausdrücklich auf die alte Bahntrasse gegangen ist, um so den Eingriff in Natur und Landschaft quasi auf null zurückzuführen?

Nicht alle kennen sich im Kreis Borken so gut aus wie Sie, Herr Schemmer. – Herr Keymis, bitte schön.

(Bernhard Schemmer [CDU]: Dann hätte ich mich dazu gar nicht geäußert, Herr Präsi- dent!)

Herzlichen Dank, Herr Präsident! Wir haben natürlich auch über das Projekt B 70 sehr umfangreich und genau diskutiert. Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass verschiedene Versuche gemacht wurden, die Trasse naturverträglicher zu gestalten. Gleichwohl gab es – das war das Ergebnis unserer Beratungen – noch bestimmte Einwände in Bezug auf die naturschutzfachlichen Fragen. Aus diesem Grunde hat das Projekt damals diesen Vermerk bekommen.

Ich habe auch an einer Reihe von anderen Stellen sehr konkret darüber diskutieren müssen. Ich bleibe dabei, dass vor dem Hintergrund einer sachlichen Debatte diese Fragen immer mit zu berücksichtigen sind. Wenn sich an der Stelle nur noch die Grünen für den Naturschutz einsetzen, ist das eben so. Dann werden wir das den Menschen draußen auch deutlich sagen und machen damit Ihnen natürlich den Vorwurf, dass Sie darauf abzielen, den Beton in die Landschaft zu stellen, was am Ende den Menschen nichts nützt, der Natur sowieso nicht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Nun spricht der Abgeordnete Rasche für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist beileibe kein Geheimnis, dass in der alten Koalition von Grünen und SPD völlig unterschiedliche Ziele in der Verkehrspolitik verfolgt wurden. Dass unterschiedliche Ziele verfolgt wurden, führte bei zahlreichen Projekten zum Stillstand. Viele Kollegen aus der SPD haben uns in der vergangenen Legislaturperiode ihr Leid geklagt. Sie haben gesagt: Wir würden ja gern, aber wir können das mit Rücksicht auf den Koalitionspartner nicht.

(Oliver Keymis [GRÜNE]: Herr Rasche, gu- cken Sie nach vorne und nicht nach hinten!)

Herr Keymis, vielleicht sollten wir in der Tat mit der Vergangenheit abschließen. Die SPD sagt einfach: Das war damals so, in einigen Teilbereichen ist das nicht so gelaufen, wie wir das wollten, das lag am Koalitionspartner, und in der Tat schauen wir jetzt nach vorne und können vielleicht gemeinsam, vielleicht die drei Fraktionen, wichtige

Verkehrsinfrastrukturprojekte in Nordrhein-Westfalen verwirklichen. Die CDU und die FDP zumindest werden das machen.

(Zuruf von Oliver Keymis [GRÜNE])

Herr Keymis, hören Sie doch zu, wenn man mit Ihnen redet. Ein kleines bisschen Anstand tut es auch. – Sie haben sich darauf berufen, Sie würden sich für die Natur einsetzen. In Wahrheit – wenn Sie ehrlich wären, würden Sie das zugeben – nutzen Sie den Bezug auf die Natur aus, um Verkehrsprojekte zu verhindern, die Sie nicht wollen. Wir alle setzen uns für die Natur ein. – Danke schön.

(Beifall von der FDP)

Nun hat Herr Minister Wittke noch einmal um das Wort gebeten.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin versucht, Bert Brecht zu zitieren. Ich mache das aber nicht, weil ich nicht noch mehr Salz in die Wunde streuen will. Sie kennen dieses Zitat, in dem es darum geht, was der, der die Wahrheit kennt und sie eine Lüge nennt, im Gegensatz zu dem ist, der die Wahrheit nicht kennt und ein Dummkopf ist. Was Ersterer ist, will ich hier nicht sagen.

Herr Kollege Horstmann, ich will hier aber festhalten: Im Jahr 2006 wird es von der Landesseite aus keinerlei Kürzungen im öffentlichen Personannahverkehr geben. Es wird kein einziger Euro gekürzt. Die Summe, die Sie genannt haben, ist allein dadurch entstanden, dass Ihr ehemaliger Ministerpräsident, unter dem Sie als Verkehrsminister gedient haben, mit dem hessischen Ministerpräsidenten eine Vereinbarung getroffen hat. Fragen Sie Ihren Mitarbeiter, der wird Ihnen das bestätigen. Er hat Ahnung davon, offenbar im Gegensatz zu Ihnen, also schütteln Sie nicht den Kopf.

Darum noch einmal: In diesem Jahr wird von Landesseite kein einziger Euro gekürzt. Es ist wahr, wir haben angekündigt, im nächsten Jahr die Zahl der Schülertage zu verringern. Darum wird es im nächsten Jahr, also 2007, einen Kürzungsbetrag geben. Wir haben gleichzeitig den Nahverkehrsunternehmen angeboten, über Ausgleiche zu verhandeln. Da stehen wir in sehr fruchtbaren Gesprächen.

Nehmen Sie also bitte zur Kenntnis, dass es in diesem Jahr in Nordrhhein-Westfalen keinen ein

zigen Euro weniger an Mitteln für den öffentlichen Personalnahverkehr geben wird, mit einer einzigen Ausnahme, und die bezieht sich auf das, was Sie als damaliger Landesverkehrsminister zu verantworten haben.

(Zurufe von der SPD)

Aber sicher, Frau Kollegin, das ist das Koch/Steinbrück-Papier. Frau Kollegin, ich erkläre Ihnen das gern und zeige Ihnen gern die Unterlagen. Dann werden Sie es vielleicht einsehen.

Herr Minister, der Abgeordnete Horstmann möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Wenn es der Wahrheitsfindung dient, gern, Herr Präsident.

(Zurufe von der SPD)

Ich möchte ungern, dass die Öffentlichkeit – auch wenn es sich um eine begrenzte Öffentlichkeit handelt – ein falsches Bild gewinnt. Herr Minister Wittke, Sie haben mit einem Erlass vom Dezember 2005 mit Wirkung von diesem Jahr an, 2006,

(Minister Oliver Wittke: Richtig!)

die Zahl der Gültigkeitstage für den Schülerverkehr von 240 auf 200 herabgesetzt, mit den entsprechenden finanziellen Folgen.

(Minister Oliver Wittke: Richtig!)

Dass im Haushalt 2006 dieselbe Zahl wie für 2005 auftaucht, liegt nur daran, dass Sie 2006 für 2005 zahlen und erst 2007 für 2006. Die Verkehrsunternehmen müssen mit diesen Kürzungen aber schon jetzt rechnen und sie auch finanziell als Kürzungen behandeln,

(Minister Oliver Wittke: Falsch!)

und dementsprechend werden wir bereits 2006 die entsprechenden finanziellen und verkehrlichen Konsequenzen zu gewärtigen haben. Ihre Ausgleichsverhandlungen mit den Verkehrsunternehmen sind bei der von mir genannten Zahl von 27 Millionen € bereits berücksichtigt worden. Stimmt das, oder stimmt es nicht?

Nein, das ist nicht richtig, Herr Abgeordneter Horstmann. Der erste Teil Ihrer Aussage war richtig. Ich habe in der Tat mit Erlass vom Dezember vergangenen Jahres die Zahl der relevanten Tage gekürzt. Das wird in diesem Jahr keine finanziel

len Auswirkungen haben. Das, was es in diesem Jahr an Kürzungen im ÖPNV gibt, haben allein Sie zu verantworten mit dem Koch/SteinbrückPapier, das Sie als Verkehrsminister mit erarbeitet haben.

(Beifall von der CDU)

Streuen Sie den Menschen also bitte keinen Sand in die Augen.

Da wir gerade beim Sand-in-die-Augen-streuen sind: Sie sind uns die Antwort schuldig geblieben, ob Sie uns beim Bundesparteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands dem großen Koalitionsvertrag von Berlin zugestimmt haben oder nicht. Wenn Sie ihm zugestimmt haben – und ich vermute, dass es so war –, haben Sie Ihren Arm dafür gehoben, dass die Regionalisierungsmittel in dieser Legislaturperiode um 2,5 Milliarden € gekürzt werden. Dafür haben Sie den Arm gehoben, und jetzt stellen sie sich hierhin und tun so, als hätten Sie damit überhaupt nichts zu tun. Aus der Verantwortung werden wir Sie nicht entlassen.

(Beifall von der CDU – Gisela Walsken [SPD]: Sind Sie am Koalitionsvertrag nicht auch beteiligt?)

Letzte Bemerkung! Herr Kollege Keymis, damit wir uns nicht missverstehen: Auch wir wollen Umwelt- und Naturschutz bei den Infrastrukturplanungen in Nordrhein-Westfalen berücksichtigen. Das ist ganz selbstverständlich. Das muss gemacht werden. Wir wollen aber auch den Schutz der Bevölkerung berücksichtigen.

(Beifall von der CDU)

Vor allem wollen wir eines: Wir wollen Umwelt- und Naturschutz wieder in ein Gleichgewicht mit den ökonomischen Erfordernissen bringen, die in diesem Land auch von Bedeutung sind.Deshalb geht es nicht darum, zu verzögern, zu verhindern und aus ideologischen Gründen Verkehrsprojekte nicht durchzuführen, sondern darum, umweltverträglich, naturschonend und den Menschen dienend Infrastrukturpolitik für Nordrhein-Westfalen zu betreiben.

Das ist in den vergangenen zehn Jahren in diesem Lande ein Stück weit aus der Waage geraten. Wir bringen jetzt die Belange von Natur und Umwelt sowie ökonomische Belange zur Entwicklung dieses Landes wieder in Einklang. Daran werden wir uns messen lassen. Das werden wir in den nächsten Jahren Stück für Stück hier in diesem Parlament durchsetzen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Deswegen schließe ich die Beratungen.

(Zuruf von Gerhard Lorth [CDU])

Herr Lorth, für Sie hat eben der Abgeordnete Schemmer gesprochen. Alles, was mit dem Haushalt 2006 zusammenhängt, können wir in den Haushaltsberatungen noch ausgiebig beraten. Von daher würde ich die Debatte jetzt gerne schließen; denn sonst eröffnen wir eine weitere Runde aller Fraktionen.

(Zuruf von der CDU: Wo er Recht hat, hat er Recht!)

Dann schließe ich die Beratung. Über den Antrag kann ja im Ausschuss und notfalls auch darüber hinaus noch ausgiebig diskutiert werden.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/1188 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt dieser Überweisungsempfehlung zu? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Diese Empfehlung ist damit einstimmig so angenommen.

Wir kommen zu:

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