Protocol of the Session on February 16, 2006

Ich will jetzt durchaus die Kollegen der Sozialdemokratie in Schutz nehmen.

(Oliver Keymis [GRÜNE]: Oh je!)

Es ist nicht Ihnen anzulasten, dass beispielsweise die Ortsumgehung in Heek oder der Autobahnanschluss Langenfeld an die A 3 oder viele andere Verkehrsprojekte, die längst zum vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes gehören könnten, dort nicht zu finden sind.

Ich freue mich, dass wir jetzt in einer großen Koalition in Berlin diese gemeinsamen Fehler von SPD und Grünen in der Landespolitik von Nordrhein-Westfalen Stück für Stück rückgängig machen können.

(Beifall von der CDU)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich erwähnte bereits, dass in Bayern zwischen 1990 und 2001 mehr als 680 Millionen € mehr in das Fernstraßennetz investiert worden sind als bei uns in Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen hätte aber nach dem bundesweiten Verteilungsmaßstab

das höhere Investitionsvolumen haben müssen, denn wir sind das Verkehrsland Nummer eins und nicht irgendein anderes Bundesland in Süddeutschland. Es fehlte aber aufgrund politischer Blockaden vor allem an Baurecht, weil die Planverfahren unnötig verlängert, ideologisch befrachtet und unendlich verzögert wurden.

(Zuruf von der SPD: Nein!)

Herr Minister, der Abgeordnete Keymis möchte eine Zwischenfrage stellen.

Wenn Sie die Uhr anhalten, will ich sie gerne entgegennehmen und beantworten.

Ja klar. – Herr Keymis.

Mir ist lieber, dass der Präsident die Uhr anhält als Sie.

Herr Minister, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass in den von Ihnen gerade genannten Jahren, von 1990 bis 2000, die CDU/CSUFDP-Regierung in Bonn beziehungsweise Berlin über sieben oder acht Jahre die Mittel in Deutschland maßgeblich mit verteilt hat? Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass in dem Zeitraum, den Sie genannt haben, auch die deutsche Einheit maßgeblich zu bewältigen war und dass von daher die von Ihnen hier verbreitete Illusion, das Geld wäre abgreifbar gewesen, eine völlig falsche ist?

(Ralf Witzel [FDP]: Das sind immer neue Ausreden!)

Herr Kollege Keymis, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Mittel erst dann abgerufen werden können, wenn Baurecht besteht? Sind Sie darüber hinaus bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Jahr für Jahr am Jahresende aus rückläufigen Mitteln, auch aus Nordrhein-Westfalen, zusätzliche Millionen nach Bayern geflossen sind?

Das war Ihr Versäumnis, das war das Versäumnis Ihrer Politik. Sie waren nicht in der Lage, eine ordentliche Verkehrspolitik voranzubringen, die Planung auf Vorrat macht und Bundesmitteleinsatz damit überhaupt erst möglich macht.

(Beifall von der CDU – Prof. Dr. Gerd Bol- lermann [SPD]: Kann man denn eine Antwort hören? Nicht gegenfragen! – Dr. Axel Horst- mann [SPD]: Wie ist es mit der Antwort?)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Landesregierung hält es für notwendig, die dringlichen Projekte des Bundesverkehrswegeplanes nunmehr zügig voranzutreiben. Aus diesem Grunde wird sie nicht nur darauf drängen, das Infrastrukturbeschleunigungsgesetz des Bundes möglichst rasch zu verabschieden, sondern auch alle eigenen Möglichkeiten zur Planungsbeschleunigung voll nutzen.

Herr Minister, der Abgeordnete Keymis möchte gerne eine zweite Zwischenfrage stellen.

Wenn wir die Uhr wieder anhalten, gerne.

Ja, die halten wir gerne noch mal an. – Bitte schön, Herr Keymis.

Herr Minister, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es einen Widerspruch gibt zwischen dem, was Sie hier ausführen? Einerseits sagen Sie, es sei ein Stau entstanden, wir hätten mehr Maßnahmen, als wir finanzieren könnten. Andererseits behaupten Sie, dass es nicht genügend baubereite Maßnahmen gäbe. Da besteht aus meiner Sicht ein Widerspruch. Wären Sie bereit, das zur Kenntnis zu nehmen?

Herr Kollege Keymis, ich will jetzt keinen Vortrag in Planungsrecht halten. Ich glaube, dass ich davon etwas verstehe, weil ich mich darum während meines Studiums und auch danach gekümmert habe. Es muss aber doch für Sie einsichtig sein, dass eine Straße erst dann geplant werden kann, wenn sie im Bundesverkehrswegeplan steht – darin sind viele Maßnahmen, die nicht ausfinanziert sind –, und erst dann gebaut werden kann, wenn tatsächlich Baurecht besteht.

Und darum geht es. Wir brauchen schneller Baurecht in Nordrhein-Westfalen, damit wir das Geld, das für unser Land zur Verfügung steht, auch tatsächlich verbauen können.

(Beifall von CDU und FDP)

Es kann doch nicht so schwer zu begreifen sein; das muss doch selbst einem Dramaturgen eingängig sein.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, in der Vergangenheit hat es an vielem gemangelt. Für prioritäre Projekte wird die Landesregierung ein systemati

sches Planungs- und Projektmanagement einrichten. Mit den angekündigten zusätzlichen Mitteln des Bundes müssen vorrangig die Kürzungen früherer Jahre ausgeglichen werden. Eine Entscheidung auf Bundesebene zur Fortschreibung der Bauprogramme steht zeitlich erst nach den Entscheidungen des Bundeskabinetts zum Haushaltsplan 2006 und zum Finanzplan bis 2009 an.

Die Vergabe von Bauleistungen ist erst dann möglich, wenn der Bundeshaushalt tatsächlich verabschiedet ist. Das wird voraussichtlich erst im Juli dieses Jahres der Fall sein. Vorschnelle Erwartungen für Investitionen und Beschäftigung dürfen derzeit deshalb noch nicht geweckt werden. Vor allem muss zunächst Klarheit über die möglichen Kürzungen und Auswirkungen des Haushaltsbegleitgesetzes geschaffen werden.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Landesregierung handelt bereits, während die SPDFraktion noch redet und Anträge verfasst. Sie hat die Vorbereitungen für eine Ausschöpfung der Möglichkeiten für Investitionen in die Bundesverkehrswege in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht. Über Einzelheiten zur weiteren Umsetzung des Bundesverkehrswegeplanes will ich dem Landtag und dem entsprechenden Fachausschuss nach den anstehenden Gesprächen mit dem Bund gerne berichten.

Der Antrag der SPD-Fraktion ist offensichtlich von den Versäumnissen der eigenen Vergangenheit geprägt und daher mehr als flüssig, nämlich überflüssig. Der Antrag ist früher nicht gestellt worden, weil Sozialdemokraten in der rot-grünen Koalition gefesselt waren. Es reicht eben nicht aus, eine gute Zukunft zu erhoffen. Vertrauen und Zuversicht brauchen solide Fundamente. Und genau daran arbeiten wir. Da, wo wir keine Fundamente vorgefunden haben – das ist in vielen Bereichen der Infrastrukturplanung in Nordrhein-Westfalen der Fall –, werden wir dafür sorgen, dass es endlich Fundamente für eine ordentliche Verkehrswegeplanung in Nordrhein-Westfalen gibt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren! Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Horstmann, SPD-Fraktion, gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine gewisse Schärfe in der Debatte, die dem Haus wohl keinen Abbruch tut. Deshalb will ich deutlich antworten.

Herr Minister Wittke, all das, was Sie zurzeit in der Verkehrspolitik tun – dort, wo Sie Ergebnisse vorzeigen können –, baut auf Fundamenten auf, die andere gelegt haben. Es gibt nichts an verkehrspolitischen Erfolgen, die Sie bisher zustande gebracht hätten, die nicht auf Leistungen von Vorgängern beruhen würden, um dies in aller Deutlichkeit zu sagen.

(Beifall von der SPD)

Und da, wo Sie sich an Neuem versuchen, warten wir alle hier auf die Einlösung von Ankündigungen, zum Beispiel bei Ihrem neuen Baustellen- und Projektmanagement.

(Beifall von der SPD)

Danach ist schon mehrfach gefragt worden. Außer den kuriosen Beiträgen des Herrn Kollegen Wolf – etwa Wenden auf der Autobahn – ist bisher nichts zu sehen.

Fakt ist nur, inzwischen hat auch die „BildZeitung“ festgestellt, dass Sie es geschafft haben, die gefährlichste Baustelle auf einer nordrheinwestfälischen Autobahn einzurichten, die es bisher überhaupt gegeben hat, nämlich auf der Autobahn 57.

(Beifall von der SPD)

Das ist von vielen Menschen bemängelt worden: Todesfälle, Schwerstverletzte. Sie haben den Zustand immer noch nicht geändert, obwohl wir Sie dazu aufgefordert haben. Also: Wo bleibt Ihr Baustellen- und Projektmanagement? Bevor Sie uns mit großen Konzepten kommen, bringen Sie mal eine Verbesserung in diesem konkreten Fall, damit auf einer Ihrer Baustellen, die Sie zurzeit in Nordrhein-Westfalen betreiben, nicht ständig Menschen zu Schaden kommen!

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Hören Sie gut zu! – Wenn es darum geht, Forderungen in Berlin zu stellen, hatten Sie, was die Berliner Bühnen angeht, einen ersten Auftritt, der gar nicht mit der Lautstärke und Entschlossenheit zu vergleichen war, womit Sie das Parlament hier mit Ihrem Redebeitrag beglückt haben.

Sie waren der erste Verkehrsminister aller 16 Länder, der eilfertig gegenüber der Bundesregierung gesagt hat: Jawohl, die Regionalisierungsmittel, mit denen wir die Schienenwege in der Bundesrepublik Deutschland ausbauen, können abgesenkt werden: noch nicht im Jahre 2006, aber im Jahre 2007. Das waren Sie, Herr Minister Wittke, der

als Erstes gegenüber Berlin einen Diener gemacht hat,

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

obwohl es hier nicht um Parteipolitik geht, sondern um Verteilungsinteressen.

Wo wir gerade bei dem Thema sind: Das wird dazu führen, dass viele Projekte nicht realisierbar sein werden. Wenn Sie so weitermachen und beispielsweise der Stadt Düsseldorf eine teure unterirdische Messeunterfahrung finanzieren wollen, aber etwa keine oberirdische Stadtbahnstrecke in Bielefeld in Ihre Pläne aufnehmen, wird sehr viel weniger an Infrastruktur für das Verkehrsland Nummer eins in Nordrhein-Westfalen herauskommen.

Ihre Zusage, Nahverkehrsmittel in NordrheinWestfalen erst im Jahre 2007 zu streichen, haben Sie nicht eingehalten. Der Haushaltsentwurf, der diese Woche eingebracht worden ist, bringt 27 Millionen € weniger Geld für die Schülerbeförderung in Nordrhein-Westfalen, von der wir wissen, dass diese öffentlichen Mittel besonders für die Mobilität von jungen Menschen in den ländlichen Regionen unseres Landes von essenzieller Bedeutung sind.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)