Offen ist ebenfalls, wie im Pandemiefall die Ansteckung weiterer Personen, während die Diagnostik noch läuft, verhindert werden soll. Was sieht der Katastrophenschutzplan hier vor?
Da verschiedene Ressorts und Ministerien beteiligt sind, bedarf es für den Ernstfall einer engen Verzahnung und Abstimmung. Ist diese Ablauforganisation gewährleistet?
Weitere Fragen sind, ob schon konkrete Handlungsempfehlungen für den ambulanten Bereich erstellt sind und wie sie frühzeitig verbreitet werden.
Panik zu verhindern, ist es notwendig, die Menschen über folgende Dinge hinreichend aufzuklären: die Infektionswege von Mensch zu Tier und Mensch zu Mensch, die Einschleppungsrisiken vor allem durch den jetzt zunehmenden Reiseverkehr, das Ernährungsverhalten beim Verzehr von Geflügel und deren Produkte, das Risiko des Imports von entsprechenden Lebensmitteln vor allem bei Pkw- und Bahnreisenden, den möglichen Schutz und Prävention zur Krankheitsvermeidung, den Umgang mit gefährdeten Tieren und vieles andere mehr.
Frühzeitige Transparenz und Information über die Vogelgrippe und die Humaninfektionen sind zum jetzigen Zeitpunkt dringend erforderlich, da sich ein großer Teil der Bevölkerung nicht eigenständig über das Internet informiert beziehungsweise informieren kann, da kein Internetzugang vorhanden ist. Hier vonseiten der Landesregierung offensiv zu werden, ist nicht nur eine präventive Maßnahme, sondern gehört auch zur staatlichen Daseinsvorsorge. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Frau Howe, Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass man keine Panik erzeugen soll. Dann erzeugen Sie auch keine Panik!
In Nordrhein-Westfalen haben wir insgesamt rund 140.000 Krankenhausbetten. Im Falle einer Pandemie, von der wir weit entfernt sind, könnten zusätzliche Behandlungskapazitäten gewonnen werden, indem man planbare Eingriffe und Operationen vermeidet. Die durchschnittliche Belegung der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser lag im Jahre 2005 bei unter 75 %. In einer Situation, in der wir in der Tat mit Bettenzahlen besser ausgestattet sind als die meisten anderen Bundesländer, davon zu reden, woher die Betten kommen sollen, halte ich für unangemessen.
Ich füge hinzu: In der jetzigen Situation besteht keine Epidemiegefahr für Menschen. Das ist vielleicht die wichtigste Feststellung aus der Warte der öffentlichen Gesundheit. Unsereins steckt sich
nur sehr selten und normalerweise nur nach engem Kontakt zu infiziertem Geflügel mit dem entsprechenden Virus an. Das ist eine GeflügelVogelgrippe und keine Menschen-Vogelgrippe. Sie kann natürlich den Menschen befallen, und der Mensch, den sie befällt, ist dann in hoher Gefahr. Aber es gibt bis zum heutigen Tag kein einziges belegtes Beispiel dafür, dass eine Übertragung des – ich wiederhole – auch für den Menschen gefährlichen Virusstamms H5N1, wenn man ihn sich denn vom Geflügel einfängt, je von einem Menschen auf einen anderen erfolgt wäre.
Eine solche Situation hat es bislang nicht gegeben. Menschen haben sich immer vom Geflügel die Vogelgrippe eingefangen und sind dann in einer äußerst hohen Gefahr, weil es eine sehr schwer verlaufende Form der Vogelgrippe beim Menschen ist.
Die Situation ist also gänzlich anders als bei der normalen Grippe, nur kann niemand garantieren, dass die Situation auf Dauer auch gänzlich anders bleibt. Die Hauptbedrohung für die öffentliche Gesundheit besteht darin, dass es zu einem sogenannten genetischen Shift kommen kann, das heißt zu einer genetischen Rekombination zwischen einem Vogelgrippevirus und einem auf den Menschen angepassten Influenzavirus, also Grippevirus.
Wenn es diese genetische Rekombination zwischen dem Vogelgrippevirus und dem Influenzavirus vom Menschen gäbe, hätten wir einen Erreger beziehungsweise ein Virus, gegen das nur sehr wenige Menschen immun sind. Wo die Immunität nicht verbreitet ist, kann es zu einer PandemieSituation kommen, die den Pandemien von 1918/19 von 1957 und 1968, also der Spanischen Grippe, der Asiatischen Grippe und der Hongkong-Grippe ähnelt. Weil das möglich ist, müssen wir uns konsequent auf eine solche Situation vorbereiten. Wir müssen streng die jetzt fehlende Epidemiegefahr für den Menschen, die hohe Epidemiegefahr für Tiere und die möglichen Gefahren einer Pandemie auseinander halten.
Es ist wichtig, einmal zu betonen, dass das Antreffen verendeter Höckerschwäne und eines verendeten Habichts auf Rügen, für die Wahrscheinlichkeit einer Pandemie beim Menschen keinen Unterschied macht. Natürlich würde es zu der vorhin genannten genetischen Rekombination zwischen einem aviären und einem humanen Influenzavirus am ehesten dort kommen, wo das H5N1-Vogelgrippevirus über die längste Zeit und am stärksten im Haus- und Wildgeflügel verbreitet ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das in einer leider sehr langen Reihe asiatischer Länder der Fall.
Wenn es allerdings von dort aus zur Pandemie kommt, müssen wir uns auf eine Lage bei uns einstellen, bei der uns die Nachrichtenagenturen der Welt in kurzen Abständen das Auftreten entsprechender Erkrankungsfälle in immer mehr Ländern der Erde melden werden.
Was ist zu tun? – Ich sehe sieben spezielle Elemente, die zur Strategie einer klugen Vorbereitung auf eine Influenzapandemie für die öffentliche Gesundheit gehören.
Zweitens: die bereits geleistete Erarbeitung und nachfolgend ständige Aktualisierung des Pandemieplans sowohl national als auch auf Landes- und für die Gemeindeebene.
Drittens: die Förderung der jährlichen Grippeimpfung. Es war richtig, eine entsprechende Empfehlung für Nordrhein-Westfalen auszusprechen.
Viertens: die Versorgung der Bevölkerung mit einer adäquaten Menge an antiviralen Medikamenten und an Grippepandemieimpfstoff. Was den Vorrat an antiviralen Medikamenten angeht, ist Nordrhein-Westfalen Spitze. Dafür danke ich der Landesregierung und dem zuständigen Minister. Enorm wichtig ist zu wissen, dass wir 30 % der Bevölkerung behandeln können, weil die Entwicklung und Massenproduktion eines Impfstoffes erst nach Kenntnis des genetisch rekombinierten Pandemievirus eingeleitet werden könnte und danach voraussichtlich vier bis sechs Monate braucht. Wir brauchen dazu natürlich – wie bei den antiviralen Medikamenten – die notwendigen Verträge mit den pharmazeutischen Unternehmen.
Fünftens: Es gibt eine ständige Notwendigkeit zur zeitnahen Überprüfung der gesetzlichen und rechtlichen Grundlagen. Als ein Beispiel möchte ich die Einschränkung des Reiseverkehrs nennen.
Sechstens: Die Strukturen, in denen wir das Krisenmanagement betreiben, sind vorzubereiten und in ständiger Bereitschaft und Übung zu halten. Dazu gehören Bereitschaftspläne, Telefon- und E-Mail-Verzeichnisse und die Sicherstellung einer raschen Kommunikation auf persönlicher Ebene auch zu ungünstigen Zeiten.
Insgesamt glauben wir, dass sich NordrheinWestfalen im Rahmen dessen, was geht, sehr gut auf die Möglichkeit einer Influenzapandemie vorbereitet und dass wir – ich habe dafür konkrete Beispiele genannt – wesentlich weiter sind als an
dere Bundesländer. Es gibt auch noch Verbesserungsmöglichkeiten. Eine wichtige Möglichkeit wäre die baldige Einrichtung der im Juli 2005 zwischen Bund und Ländern vereinbarten nationalen Pandemiekommission durch die Bundesregierung. – Ich bedanke mich sehr herzlich, dass Sie mir zugehört haben.
Danke schön, Herr Henke. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Kollegin Steffens.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bisher habe ich noch nicht ganz verstanden, warum wir zu diesem Thema eine Aktuelle Stunde haben. Alles, was man an Aktuellem hätte diskutieren können, hat bis jetzt noch keine Rolle gespielt.
In den neuen Tickermeldungen steht, dass in Nordrügen die Anzahl der infizierten Tiere wahrscheinlich sehr viel höher sein kann – zumindest die Anzahl der gefundenen toten Tiere. Die Rede ist von hundert toten Tieren, die noch nicht geborgen sind. Dabei bestehen noch Schwierigkeiten aufseiten der Bergungskräfte. Auch das ist, finde ich, kein Grund, um Panik zu bekommen.
Aber das ist ein Grund, um nachzufragen, ob ein Bundesland wie Nordrhein-Westfalen richtig, ausreichend und auf alle Eventualitäten vorbereitet ist. Dabei verstehe ich nicht, dass man Fragestellungen oder bestimmte Dinge, die aufgeworfen werden, als „Panikmache“ tituliert.
Ich wünsche mir, dass auf die Fragen, die gestellt worden sind, eine klare Ansage vonseiten des Ministeriums kommt, ob diese Fragen im Nachgang zur heutigen Aktuellen Stunde zügig beantwortet werden können.
Als Minister dürfen Sie, glaube ich, immer reden. Auch in einer Aktuellen Stunde werden Sie den Abgeordneten wahrscheinlich sagen können, ob Sie die Beantwortung der Fragen vielleicht nach dieser Debatte schriftlich nachreichen können. Ich denke, dass es für die Abgeordneten wichtig ist, über die Fragen informiert zu werden.
Was ist die Situation in Nordrhein-Westfalen? – Wir brauchen nicht darum zu streiten, ob Nordrhein-Westfalen als Bundesland gut aufgestellt ist. Wir brauchen auch keine Aktuelle Stunde, um NRW zu loben, dass es nun genug antivirale Medikamente bevorratet hat. Aber wir müssen uns schon die Frage stellen, wie ein Bundesland wie Nordrhein-Westfalen, das eine 30-prozentige Bevorratung hat, damit umgeht, wenn zuerst in anderen Bundesländern ein Vorfall passiert und die Vogelgrippe als Pandemie vielleicht in einem anderen Bundesland, das nur eine Bevorratung von 4,5 % hat, auftreten würde.
Was machen wir dann in Nordrhein-Westfalen? Machen wir die Grenzen nach Nordrhein-Westfalen dicht, oder verteilen wir die Medikamente an alle und haben dann nicht genug für NordrheinWestfalen? – Nein, beides wird nicht die Lösung sein.
Also stellt sich die Frage, wie NordrheinWestfalen auf Bundesebene agiert. Ich kann mir nicht erklären, warum Sie, Herr Henke, aber auch die Kollegen der FDP in der letzten Sitzung des Ausschusses Arbeit, Gesundheit und Soziales nicht auf den Vorschlag des Kollegen Garbrecht eingegangen sind, sich gemeinsam als Bundesland Nordrhein-Westfalen an die Adresse des Bundes und der anderen Bundesländer zu wenden und klar zu machen, dass alle ausreichend antivirale Medikamente bevorraten sollen.
Ich verstehe auch nicht, warum Sie als CDU, die Sie auch im Bund regieren, nicht auf Bundesebene klare Kante fahren und auf die anderen Bundesländer größeren Druck ausüben, damit diese dem Beispiel Nordrhein-Westfalens folgen.
Es geht nicht darum, Panik zu schüren, sondern es geht darum, zu handeln und für den Ernstfall richtig gerüstet zu sein.
Lassen Sie mich einen letzten Punkt nennen, von dem ich glaube, dass das Land NordrheinWestfalen sehr wohl eine große Verantwortung trägt. Das ist der Bereich der Krisenpläne und der Katastrophenschutzvorbereitungen, bei dem zusätzlich die Kommunen eine große Rolle spielen. Den Kommunen obliegt insofern zu einem hohen Teil Eigenverantwortung.
Wenn ich mir die Situation in Nordrhein-Westfalen ansehe, sind die Kommunen sehr unterschiedlich aufgestellt. Deshalb muss das Land hier Verant