Wenn man Ihr Regierungshandeln auch an dieser Stelle einmal unter Effizienzgesichtspunkten misst und Ihren eigenen Grundsatz „Privat vor Staat“ sozusagen als Grundlage des Handelns nimmt, bleibt nur eines übrig: Diese Regierung gehört eigentlich privatisiert. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jäger. – Ich habe zur Aktuellen Stunde keine weiteren Wortmeldungen. – Das bleibt so. Dann schließe ich die Aktuelle Viertelstunde.
Ich weise darauf hin, dass es hierzu auch einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU und FDP in der Drucksache 14/1165 gibt.
Ich eröffne die Beratung und erteile das Wort dem Abgeordneten Jäger von der SPD-Fraktion. Sie hätten gleich hier bleiben können, Herr Kollege.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Bei diesem Tagesordnungspunkt „Eiserner Rhein“ geht es nicht, wie man gelegentlich vermuten könnte, so wie Regierungsmitglieder mit diesem Thema umgehen, um ein Projekt, das Modelleisenbahnen betrifft. Vielmehr geht es um eine Güterschienenverbindung zwischen dem Seehafen Antwerpen und dem nördlichen Ruhrgebiet über das Logistikzentrum Duisburg.
Diese Schienenverbindung, die historisch bestand und seit einigen Jahrzehnten unterbrochen ist, ist von besonderer strategischer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen, für das Logistikzentrum Duisburg, für die Handelsbeziehungen Belgien–Deutschland.
Die Firma P & O, der weltgrößte Logistiker, hat ihren Standort in Antwerpen und ihre Dependance im Logport in Duisburg. Damit ist gesichert, dass diese beiden Häfen, der Seehafen und der Binnenhafen, nicht nur über die Firma P & O und im Bereich der Logistik zusammenarbeiten; durch die Verwirklichung des Terminal-Projektes im Logport ist außerdem sichergestellt, dass der Duisburger Binnenhafen faktisch die Funktion eines Seehafens erhält.
Die Verwirklichung der Strecke Eisener Rhein ist bei der Europäischen Union zur Mitfinanzierung im Rahmen des transeuropäischen Verkehrsnetzes beantragt. Die letzte Landesregierung, die Industrie- und Handelskammern, das Ruhrgebiet als solches haben dieses Projekt befürwortet, als gut befunden und in den letzten Jahren vorangetrieben.
Was jetzt geschieht, wird nicht nur aus den Äußerungen des Verkehrsministers Wittke, sondern auch durch die eine oder andere Presseberichterstattung, aber auch den Entschließungsantrag der CDU-Fraktion, der heute vorgelegt wird, deutlich: Dieses Projekt wird insgesamt infrage gestellt. Stattdessen soll eine Prüfung beginnen, deren Ausgang schon klar ist. Herr Wittke hat es deutlich formuliert. Es soll geprüft werden, aber tatsächlich auf keinen Fall die von uns und von der örtlichen Wirtschaft favorisierte Strecke des Eisernen Rheins herauskommen.
Das geschieht in einer Situation, in der die Europäische Union im Rahmen ihrer Haushaltsberatungen genau diese Mittel für das transeuropäische Verkehrsnetz reduzieren will. Meine Damen und Herren, es geht bei dem Thema Eiserner Rhein heute wirklich um die Frage: Jetzt oder nie mehr. Eine Prüfung, wie Sie sie beabsichtigen, ist nichts anderes als eine verdeckte, verklausulierte Absage an eine Güterverbindung, die effektiv Antwerpen und das Ruhrgebiet miteinander verbindet.
Herr Kollege Jäger, bis auf die letzten anderthalb Sätze fand ich Ihre Rede hervorragend. Ich konnte voll zustimmen. Ich habe daraus resultierend nur eine Frage: Wenn das alles so richtig ist, warum ist es in den letzten 39 Jahren nicht gelungen, diese Verbindung zu realisieren?
Die Frage beantworte ich gerne, Herr Ellerbrock, allerdings in einer anderen zeitlichen Reihenfolge. Die Frage, die sich stellt, ist, warum die aktuelle Landesregierung dieses Projekt unbedingt kaputtmachen will.
Warum es in den letzten Jahren nicht gelungen ist, ist klar: Einerseits ist die Mitfinanzierung durch die Europäische Union eine Voraussetzung. Andererseits mussten die Partnerländer – die Niederlande, durch die die Trasse geht, und Belgien – eine Einigung darüber herbeiführen, ob dieser Eiserne Rhein auf ihrem Gebiet tatsächlich verwirklicht werden kann. Das ist inzwischen geschehen; diese Voraussetzung ist da.
Meine Damen und Herren, Logport ist ein Hafen in Duisburg auf dem ehemaligen Rheinhausener Hüttengelände, der ehemals größten Industriebrache des Ruhrgebietes, in dem heute 700.000 Container pro Jahr umgeschlagen werden. Dort hat es im letzten Jahr eine Wachstumsrate von 25 % bei den Güterumschlägen gegeben. Der Logport ist zwar an das Wasser und das Autobahnnetz, aber unzureichend an das Schienennetz angebunden, und das in einer Wettbewerbssituation, in der das Logistikzentrum Venlo nur wenige Kilometer entfernt ist.
Worum geht es jetzt bei diesem Eisernen Rhein? Es geht darum, dass der Standort des Logport Duisburg zukunftssicher ausgebaut werden kann, und zwar in einer Zeit, in der es nicht mehr entscheidend ist, ob ein Produkt innovativ oder qualitativ ist.
Herr Ellerbrock, das alleine ist nicht mehr ausreichend. Die Frage, die sich heute vielmehr zunehmend stellt, lautet: Kann man dieses Produkt, das innovativ und qualitativ ist, möglichst schnell verteilen? Anders als früher folgen heute Produktionsstätten den Verkehrs- und Logistikwegen, nicht mehr umgekehrt.
Dass die neue Landesregierung den Eisernen Rhein infrage stellt und einer neuen Prüfung unterzieht, ist nichts anderes als die tatsächliche Absage an eine Güterverbindung zwischen Antwerpen und dem Ruhrgebiet. Das reiht sich in eine Kette ein, über die wir hier vor zwei Wochen noch diskutiert haben. Diese Landesregierung gibt zum Ruhrgebiet zwar ein Lippenbekenntnis ab; tatsächlich aber will sie Ziel-2-Förderung im Land streuen. Zwar sagt diese Landesregierung, sie stehe zum Ruhrgebiet, tatsächlich macht sie aber O-Vision kaputt. Die Landesregierung sagt, sie wolle Strukturwandel im Ruhrgebiet, stellt aber diesen Logistikstandort und diese Güterverbindung, die dafür Voraussetzung ist, nämlich den Eisernen Rhein, infrage.
Meine Damen und Herren, letztlich ist zu vermuten, dass das nicht vor einem sachlich-inhaltlichen Hintergrund geschieht, sondern es um einen politischen Kniefall des Verkehrsministers vor regionalen/örtlichen Interessen von CDU-Vertretern am linken Niederrhein geht.
Das geht zulasten der Wirtschafts- und Wertschöpfungskette, in deren Mittelpunkt das Ruhrgebiet steht.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten: Wir überweisen gleich gemeinsam diesen Antrag. Aber dieses Thema ist zu ernst, zu wichtig für die nordrhein-westfälische Industrie, zu ernst, zu wichtig für den nordrhein-westfälischen Wirtschaftsstandort und zu ernst und zu wichtig für den Strukturwandel im Ruhrgebiet, als dass damit so umgegangen werden sollte, wie Sie es vorhaben. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jäger. – Für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Sahnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Entschließungsantrag trägt die Überschrift „Einen leistungsfähigen Schienengüterverkehr zwischen Antwerpen und Duisburg sicherstellen“. Dies ist zugleich unser Programm. Klar ist, dass CDU und FDP gemeinsam mit der Landesregierung eine Bahnverbindung zwischen dem wichtigen Seehafen Antwerpen und dem gesamten Ruhrgebiet, nicht nur Duisburg, oder – wenn man so will – der gesamten Bundesrepublik Deutschland wollen.
Das ist der Beweis dafür, dass Sie unseren Entschließungsantrag nicht einmal gelesen haben. Ich finde es schon etwas sonderbar, wenn Sie gleichzeitig betonen, das sei ein Kniefall vor den Abgeordneten vom Niederrhein. Ich selbst bin auch vom Niederrhein und kann nur daran erinnern: Gerade wir vom Niederrhein haben dieses Thema im Zusammenwirken mit den Kammern, der Euregio und den betroffenen Gebietskörperschaften immer wieder nach vorne gebracht. Also: Unterlassen Sie bitte diese Märchenbildung.
Herr Jäger, Ihre heutige Einlassung und die von Herrn Dr. Horstmann in der Verkehrsausschusssitzung der vergangenen Woche sind wieder einmal bemerkenswert unredlich. Sie sind reine Vernebelung und Rhetorik.
Herr Ellerbrock hat es vorhin schon gefragt: Warum sind Sie während Ihrer 38-jährigen Regierungszeit in dieser Frage nicht tätig geworden? Sie haben es hingenommen, dass der Güterverkehr, um den es hier geht, 1991 eingestellt worden ist. Warum hat die SPD damals mit ihrer absoluten Mehrheit in dieser Frage nicht gehandelt? Herr Dr. Horstmann, Sie ganz persönlich hatten als Verkehrsminister im Vorfeld der Abwahl von Rot-Grün alle Möglichkeiten zum Handeln. Aber nichts ist passiert.
Das ist unredlich und Blenderei. Jahrzehntelange Passivität kann nicht durch einen von wenig Sachkenntnis und demgegenüber von Verleumderei und Blenderei getragenen Antrag kompensiert werden.
Wenn Sie in dieser Frage von der Bevölkerung und insbesondere der Wirtschaft ernst genommen werden wollen, müssen Sie zunächst einmal erklären, warum Sie diesen Verkehrsweg in Ihrer Regierungszeit einfach haben vergammeln lassen.
In diesem Zusammenhang müssen Sie auch die Frage beantworten, warum sich die damalige Regierung aus SPD und Grünen nicht um dieses Thema gekümmert hat, obwohl zahlreiche Gutachten vorlagen.
Drei deutsche Gutachten stammen aus dem Jahre 2001. Im Januar 2001 gab es ein sehr umfangreiches Gutachten der Euregio-Rhein-Maas-Nord. Ein gemeinsames Gutachten der Minister für Verkehr aus den Niederlanden, Belgien und der Bundesrepublik Deutschland wurde ebenfalls im
Mai 2001 vorgelegt. Auch um diese Aufarbeitung von verschiedenen Trassenvarianten haben Sie sich nicht gekümmert.
Des Weiteren haben Sie offensichtlich einen sehr umfangreiches Gutachten der Gebietskörperschaften Mönchengladbach, Krefeld, Viersen und Wegberg vom November 2001 überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.
Wenn Sie heute glaubwürdig für eine Schienenverbindung zwischen Antwerpen und Duisburg eintreten wollen, müssen Sie diese Passivität und Missachtung von Gutachten erklären.
Klar ist, die Landtagsfraktionen von CDU und FDP wollen gemeinsam mit der Landesregierung für eine leistungsfähige Verbindung eintreten. Diese Herausforderung werden wir sachgerecht und zielführend angehen. Der gemeinsame Entschließungsantrag der beiden Fraktionen zeigt den Weg auf.
Dem gemeinsamen Antrag von CDU und FDP liegt zugrunde, dass die gewaltige Zunahme von Transportleistungen im Güterverkehr nur unter Einbezug einer leistungsfähigen Schienentrasse bewältigt werden kann. Gutachten belegen, dass sich der Containerumschlag in Antwerpen insgesamt in den nächsten zehn Jahren noch verdoppeln wird. An der Stelle liegt einfach die Herausforderung.
Nordrhein-Westfalen ist im Bereich von Industrie, Logistik und Handel auf den Umschlag in Antwerpen angewiesen, nicht nur Duisburg-Logport. Gerade das Logistikzentrum in Duisburg ist allerdings ein national und international bedeutendes Zentrum. Das ist sicherlich richtig. Von daher ist es auch richtig, dass auf der deutschen Seite der Endpunkt liegt.