Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Gebhard, Sie haben ja mit Ihrem Studienkontengesetz eine Situation ausgelöst, in der als Folge davon allein die Sozialbeiträge der Studierenden um das Dreifache bis Vierfache dessen gestiegen sind, was jetzt hier als Steigerung überhaupt denkbar ist.
Dass Sie in einer solchen Debatte dann von Glaubwürdigkeitsproblemen reden, finde ich schon ziemlich unverfroren.
Aber es ist natürlich wahr: Das Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie plant im Landeshaushalt 2006 eine Verringerung der Landeszuschüsse an die Studentenwerke um 8,17 Millionen €. Das sind knapp 3,4 % der Gesamtfinanzierung der Studentenwerke, also nicht 20 % der Finanzierung der Studentenwerke, sondern 3,4 %. Nach den jüngst veröffentlichten Daten der Arbeitsgemeinschaft der Studentenwerke NRW belief sich die Gesamtfinanzierung
Damit die vom Ministerium geplanten Zuschusskürzungen für die Studentenwerke ausgeglichen werden, sollten in erster Linie Kosteneinsparungen der Studentenwerke erzielt werden. Nun gibt es – zugestanden – die Meinung, dafür wäre keine Luft mehr.
Ich mache mir diese Meinung nicht ungeprüft zu Eigen, aber ich tue jetzt der Einfachheit halber einmal so, als wäre tatsächlich nirgendwo mehr Luft. Gedankenexperiment: Tun wir einmal so, als wäre nirgendwo mehr für weitere Einsparungen Luft.
Was wäre dann? – Dann müssten die Verkaufserlöse der Mensen, die Mieterlöse der Studentenwerke und die Sozialbeiträge zu einem vollständigen Ausgleich auf der Einnahmenseite – wie gesagt: ohne jede Kosteneinsparung der Studentenwerke, über die man auch noch sprechen müsste – um 4 % steigen. Das heißt, der Anteil der Mensenerlöse an der Gesamtfinanzierung der Studentenwerke würde sich dann von 30,29 % auf 31,52 %, der Anteil der Mieterlöse von 31,12 % auf 32,39 % und der Anteil der Sozialbeiträge von 15,35 % auf 15,97 % erhöhen.
Natürlich ist ein Anstieg um diese etwa 4 % etwas Bedauerliches. Natürlich sollte ein solcher Anstieg deshalb nach Möglichkeit durch weitere Sparanstrengungen der Studentenwerke selbst verringert werden.
Das bedeutet, Herr Schultheis, dass Sie nichts anderes als eine weitere jährliche Belastung des Landes mit Zinsen in Höhe der für die dann notwendige zusätzliche Neuverschuldung einzukalkulierenden – nehmen wir im Schnitt – 5 % wollen. Es sind round about 5 % – vielleicht etwas weniger – an durchschnittlicher Zinsbelastung, die das Land für seine Schulden aufbringen muss. Das ist Ihr Vorschlag. Sie schlagen vor, anstelle der durch Einsparungen zu vermindernden Erhöhung das Land in gleicher Höhe mit zusätzlichen Krediten zu belasten, die dann ihrerseits mit etwa 5 % verzinst werden müssen.
Was heißt das? – Die Folge dessen, was Sie wollen, ist eine prozentual höhere Verzinsung der zusätzlichen Kreditaufnahme in einem ohnehin überstrapazierten Landeshaushalt, als es der mit der Zuschusskürzung möglicherweise ausgelösten Notwendigkeit zur Erlössteigerung der Stu
dentenwerke entspricht. Sie wollen mehr Zinsbelastung für das Land einkalkulieren, als es prozentual an Steigerungsnotwendigkeit im Bereich der Studentenwerke gibt.
Denn um einen Anstieg der Mensen- und Mieterlöse und Sozialbeiträge von bis zu 4 % zu vermeiden – es ist ja gar nicht gesagt, ob er bei 4 % liegt –, müsste das Land auf den als Kredit aufgenommenen Betrag bis zur Tilgung in einer ungewissen Zukunft jährlich 5 % und mehr Zinsen – wenn wir von der Annuität sprechen, sind wir bei 7 % oder 8 % – zahlen.
Was heißt das, Herr Schultheis? – Das heißt, dass Sie einen noch größeren Anteil des Steueraufkommens als bisher bei Banken, bei Kreditinstituten, bei Finanzinvestoren abliefern wollen. Das heißt es.
Aufgrund der von Ihnen, Herr Schultheis, und in den letzten zehn Jahren auch von den Grünen ausgelösten Schuldenspirale in Nordrhein-Westfalen fließt jetzt schon fast jeder zehnte Euro des Landes an Banken, an Kreditinstitute, an Finanzinvestoren, statt den Bürgern zugute zu kommen.
Der Wohlstand aller leidet unter dieser Schuldenspirale, und es nützt niemandem, einen solchen Marsch in den Schuldenstaat fortzusetzen. Sie betrügen die Bürger. Sie haben in all den Jahren Ihrer Amtszeit dafür gesorgt, dass der Bürger für 10 € Steuern, die er bezahlt, im Anschluss Leistungen für 9 € bekommt. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Diesen Weg fortzusetzen kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass es gerecht zugeht. Die Notwendigkeit zu einer möglicherweise 4%igen Steigerung der Studentenwerkserlöse ist zwar schmerzhaft und bedauerlich – jeder wäre froh, sie zu vermeiden –, aber vielleicht bietet der Haushaltsentwurf des Landes, den wir vorgelegt bekommen, an der einen oder anderen Stelle noch Spielräume. Dann muss man sich vielleicht darüber unterhalten, wie man mit solchen Spielräumen umgeht. Vielleicht gibt es ja in der Tat im Haushalt – wir werden das in der Haushaltsberatung zu ermitteln haben – Gestaltungsräume, in denen man sich entscheiden muss, ob man weiteren Schuldenabbau betreibt oder Veränderungen
Eine solche 4%ige Steigerung ist aber auf jeden Fall gerechter, als die Landesregierung dazu zu veranlassen, dass auf unabsehbare Zeit 5 % Zinsen beziehungsweise 7 % Annuität bezahlt und der eingeschlagene Konsolidierungskurs wieder verlassen würde.
Leider wird es nämlich nicht gelingen, den Landeshaushalt zu sanieren, ohne dass es jeder spürt. Die CDU-Fraktion bedauert diese Situation sehr, aber die Antwort kann nicht in zusätzlicher Neuverschuldung bestehen. Um den Marsch in den Schuldenstaat zu stoppen, muss sich jeder beteiligen. Das gilt auch für die Studentenwerke. Das gilt auch für die Studierenden, die in Zukunft weiterhin 100 % Leistungen der Studentenwerke bekommen, dafür aber nur 80 % eigene Mittel aufbringen müssen.
Auch nach der notwendigen Zuschusssenkung an die Studentenwerke gilt: Wer die Leistungen der Studentenwerke nutzen kann, macht damit nicht nur hinsichtlich des in Anspruch genommenen und gebotenen Services, sondern auch unter Betrachtung seiner eigenen Finanzen und Geldbörse ein super Geschäft. Denn er bekommt 100 % Leistung und zahlt dafür selber 80 %. Das ist ein klasse Geschäft.
Die CDU-Fraktion drängt sehr darauf, dass diese günstige Möglichkeit wirklich nur von Studierenden genutzt wird und dass andere Nutzer vollständig für die ihnen zuzurechnenden Vollkosten aufkommen. Wir haben den Eindruck, dass dies auch durchweg geschieht. Aber es schadet nichts, sich darüber im Rahmen der Haushaltsberatungen einen genauen Aufschluss zu verschaffen.
Gestatten Sie mir zum Schluss noch ein paar Anmerkungen zum Antrag der SPD zu diesem Tagesordnungspunkt. – Die SPD-Fraktion hat angekündigt, zur Frage der Verfassungskonformität des Haushalts vor das Verfassungsgericht ziehen zu wollen. Dieser Vorgang ist in sich äußerst verwegen; ich erinnere an die Vorgeschichte.
Aber jenseits der rechtlichen Beurteilung steckt darin die Aufforderung an die Regierung und die Koalitionsfraktionen, im Landeshaushalt 2006 nicht wie geplant 1,26 Milliarden €, sondern weitere 2,5 Milliarden € mehr zu kürzen. Und das soll in einem einzigen Schritt geschehen. Denn Sie wissen ganz genau, dass das die Differenz ist, um
Es sind 2,5 Milliarden € Kürzungen mehr als die Summe, die von der Landesregierung auf dem Petersberg in ihren Entwurf hineingeschrieben wurde. Ich finde eine solche Forderung grundsätzlich legitim. Ich glaube sogar, dass über das anzustrebende Ziel in diesem Haus nicht einmal eine offene Kontroverse ausbricht. Denn wir alle wollen einen verfassungskonformen Haushalt.
Die politische Kontroverse liegt in den unterschiedlichen Wertungen darüber, mit welcher Geschwindigkeit dieses Ziel erreicht werden kann. Ich sage jetzt einmal mit allem Respekt, aller Sympathie und aller kollegialen Wärme, die ich aufbringen kann: Es ist ganz und gar unanständig, wenn Sie die Forderung nach einer weiteren Kürzung von 2,5 Milliarden € im Landeshaushalt mit gleichzeitigen Forderungen nach dem Gegenteil verbinden, nämlich mit der Forderung, Kürzungen zu unterlassen, wie dies im vorliegenden Beispiel der Studentenwerkszuschüsse geschieht.
Es ist noch unanständiger, aus dieser Sachfrage eine Frage von Politik für oder gegen Studierende – Sie fordern ja in Ihrem Antrag, Politik gegen Studierende zu beenden – und sozialem Fingerspitzengefühl zu machen.
Der absolute Gipfel der Unanständigkeit ist es jedoch, wenn Verursacher des Feuers, das wir zu löschen haben, das unsere Regierung löschen muss, den löschenden Feuerwehrmann wegen eines Wasserschadens anklagen. Sie machen immer nur Politik nach dem Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Das merken die Leute.
In Wahrheit war Ihre Politik in der Vergangenheit gegen Studierende gerichtet, weil Sie erstens alles dafür getan haben, deren Zukunft zu verspielen, zweitens mit Ihrem Studienkontenkonzept dafür gesorgt haben, dass die Sozialbeiträge in Ihrer Amtszeit massiv angestiegen sind, mehr als das jetzt der Fall sein wird, und deshalb drittens mit Ihrem Antrag pure Heuchelei betreiben.
Eine solche Heuchelei hilft niemandem, übrigens auch Ihnen selbst in Ihrem parteipolitisch motivierten Bemühen nicht. Das ist nicht einmal kluge Parteipolitik. Das, was Sie verfolgen, ist einfach nur glasklar durchsichtig und obertransparent. Von uns bekommen Sie dafür keine Zustimmung. Deshalb lehnt die CDU-Fraktion Ihren Antrag ab.
Mit der Überweisung an den Ausschuss sind wir nach gutem parlamentarischen Brauch selbstverständlich einverstanden – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Henke. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Dr. Seidl das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Henke, Ihre Ausführungen zum Haushalt sind ein gigantisches Ablenkungsmanöver von der Tatsache, dass Sie und Ihre Landesregierung bislang das Thema Bildung und Hochschule immer als Mittelpunkt Ihrer Politik dargestellt haben. Von dieser Priorität scheinen Sie zurzeit in verschiedener Hinsicht abzuweichen.
Sie haben jetzt nur die Zahlen des Haushaltes dargestellt und nicht mehr davon gesprochen, welche inhaltlichen Ziele Sie als Landesregierung nach vorne bringen wollten.
Ich erinnere mich, dass wir im Januar 2004 sehr einvernehmlich über alle Fraktionen hinweg das Studentenwerksgesetz novelliert haben. Wir haben das mit dem Ziel getan, die wirtschaftliche Eigenverantwortung der Studentenwerke zu stärken und damit ihre Handlungsmöglichkeiten als Dienstleistungsunternehmen für die Studierenden zu verbessern. Ich erinnere mich auch daran, dass die CDU damals ein Klagelied auf die finanzielle Lage der Studentenwerke angestimmt hat, und zwar sehr deutlich. Der damalige Abgeordnete Dr. Franke von der CDU hat in diesem Plenarsaal wörtlich gesagt – ich zitiere –:
„Wenn die Studentenwerke auch nur einen Hauch einer Chance haben sollen, das von der Landesregierung aufgedrängte Finanzierungsdefizit auszugleichen, bedarf es dringend einer Novellierung des geltenden Gesetzes.“
Vor welchem Hintergrund hat er dies gesagt, Herr Henke? Denn trotz schwieriger Lage im Haushalt 2004/2005 hat die rot-grüne Landesregierung im Gegensatz zu Ihren Planungen keine Kürzungen bei den Landeszuschüssen für die Studentenwerke vorgenommen.
Warum? – Weil wir es ernst meinen mit der Priorität für das Thema Bildung, Hochschule und Wissenschaft. Mit dem novellierten Gesetz haben wir es den Studentenwerken gleichzeitig möglich gemacht, wirtschaftlicher zu agieren und außerhalb ihrer Kernaufgaben, zum Beispiel durch Tochterunternehmen, neue Geschäftsfelder zu erschließen und damit ihre Ertragssituation zu stärken.
Was macht nun die neue Landesregierung? – Sie führt nicht nur Studiengebühren für alle ein – Ihre Einbringung, Herr Henke, zu den Studienkonten war nur ein peinliches Ablenkungsmanöver; das ist ja wohl überhaupt nichts gegen das, was Sie jetzt gerade machen –, sondern Sie beabsichtigen auch noch einen weiteren Kahlschlag bei den Studentenwerken.