Zum Ersten sind Sie nach zwei Perioden RotGrün sowohl im Land als auch im Bund allein verantwortlich für die niedrigste Fertilitätsrate in allen uns umgebenden Staaten von nur 1,3. In Frankreich und Irland kommt man auf Werte von 1,9. Das liegt im Wesentlichen an der dortigen Betreuungssituation.
Zum Zweiten sind im Westen nach aktuellen Umfragen 68 % der Menschen mit der Politik bis dato nicht einverstanden gewesen und halten unser Land nicht für kinderfreundlich. Das können Sie in der „Rheinischen Post“ vom 29. Dezember 2005 nachlesen.
Zum Dritten reden Sie, Frau Fischer, über den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige. Warum haben Sie in der Vergangenheit hier nichts getan? Eine U-3-Quote von nur 2,8 % in Nordrhein-Westfalen liegt sogar unter dem Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer von 4 %.
Zum Vierten darf ich Ihnen sagen: Pisa hat uns gezeigt, dass in nur einem einzigen weiteren Bundesland die Chancen für Kinder aus bildungsfernen Schichten schlechter sind als in NordrheinWestfalen.
Das ist für mich auch kein Wunder. Denn wenn Ihr Autokanzler bis dato von Gedöns gesprochen hat, ist das das Ergebnis der Politik.
Ich freue mich aber, dass zumindest die SPD ihre Versäumnisse der Vergangenheit erkannt hat und jetzt zu einer Art von hektischem Aktionismus übergegangen ist. Wir finden jeden Tag neue Schlagzeilen.
So konnte man vor einer Woche lesen: Wir sorgen für die Absetzbarkeit ab 1.000 €. Später liest man: Wir sorgen jetzt für kostenfreie Kindergärten. Dann sagt gestern Herrn Struck, das sei doch eine vorwitzige Idee, das könne man nicht machen. Ihre Kollegen sprechen von der Absetzbarkeit ab dem ersten Euro. Ich bin gespannt, was heute gesagt und beschlossen wird. Ich werde mir das anschließend mit Freude durchlesen. Warten wir erst einmal ab!
Immerhin ist es besser, Sie steigen in diese Diskussion spät ein als gar nicht. Es ist auch besser, Sie tun jetzt etwas, als gar nichts zu tun. Wir beobachten das mit positivem Interesse. Ich denke, das ist ein Meinungsbildungsprozess, der in einer Demokratie stattfindet und auch über die Presse geschieht.
Meine Damen und Herren von den Grünen: Das, was Sie uns vorhalten, finde ich belustigend. Denn in den letzten Jahren mussten ja wohl ganze Wälder abgeholzt werden für die Publizität, die Sie durch Ihre Oppositionsrolle innerhalb der rotgrünen Regierungsverantwortung in NordrheinWestfalen erreicht haben. Und nun halten Sie das uns vor; das belustigt mich. Natürlich gibt es ein großes mediales Interesse an diesem Thema. Das ist der wirkliche Grund für die heutige Aktuelle Stunde. Denn die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat bisher in keiner Weise stattgefunden.
Wir werden die Familienzentren in Angriff nehmen, wozu Sie in der letzten Periode keine Kraft hatten.
Wir werden deutlich mehr Betreuungsplätze für unter Dreijährige aufbauen, als Sie das jemals geplant hätten.
Wir werden die Qualität der vorschulischen Bildung deutlich steigern. Wir verdoppeln die Mittel für die vorschulische Sprachförderung.
Wir werden 200.000 Plätze in der offenen Ganztagsschule fördern, und wir werden 50.000 neue Plätze in der gebundenen Ganztagshauptschule einführen.
Wir werden erstmalig seit Jahren den Landesjugendplan nicht kürzen. Darüber haben Sie immer nur geredet, und wir setzen das jetzt um.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jarzombek. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Laschet das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nur zu zwei Punkten die Unterschiede deutlich machen und noch etwas im Politikstil sagen.
Frau Kollegin Altenkamp hat kritisiert: Wie können Sie nur sagen, die Forderung nach diesen 460 Millionen € für Elternbeitragsfreiheit sei nicht realistisch? Wer das jetzt nicht mindestens fordere, sei als Familienminister ein schwacher Verhandlungspartner gegenüber dem Finanzminister. – Das ist nicht unser Verständnis von Politik.
Ich sage nicht: Ich fordere das, was realistisch ist. – Das haben Sie in Mainz nicht getan, obwohl Sie seit 20 Jahren wissen, dass es eben nicht realistisch ist. Vielmehr sage ich: Selbst wenn ich heute diese 460 Millionen € hätte, wäre die Elternbeitragsfreiheit nicht meine erste Priorität. Weil wir die Infrastruktur verbessern müssen, weil wir die Betreuung der unter Dreijährigen verbessern müssen, weil wir die vorkindliche Bildung verbessern müssen, sind die Elternbeiträge im Moment richtig. Wenn irgendwann einmal sehr viel Geld da ist, wäre es vielleicht wünschenswert, sie abzuschaffen. Aber ihre Abschaffung ist nicht erste Priorität.
Zum Zweiten haben wir nicht die Situation – wenn man das hier dauernd an die Wand malt, verunsichert es Eltern –, dass nun durch die Verlagerung des Elternbeitragsdefizitausgleichsverfahrens auf die Kommunen Eltern zu Tausenden vor der Alternative stehen, ihre Kinder aus den Kindergärten abzumelden.
Wir haben im letzten Jahr eine Deckung von 99 % von Kindern, die in den Kindertagesstätten sind. Die sozial Schwachen zahlen gar keine Beiträge.
Deshalb bitte ich Sie – auch im Interesse der Kinder – nicht das Horrorszenario an die Wand zu malen, dass sich nun Tausende von Kindern aus den Kindertagesstätten zurückziehen müssten. Es wird nicht einmal in jeder Kommune zu Anhebungen kommen. Mir haben sogar schon Kommunen mitgeteilt, sie seien durch Verlagerungen, durch die Zusage vom Bund an die Kommunen, bei Hartz IV die Gelder zu behalten, durch die steigenden Gewerbesteuereinnahmen in der Lage, das Ganze ohne Erhöhungen der Elternbeiträge zu schaffen. Auch da werden wir am Ende des Jahres Bilanz ziehen. Also: Keine Horrorszenarien zur Verunsicherung der Eltern an die Wand malen!
Die Opposition kritisiert dann unter Heranziehung jeweils völlig unterschiedlicher Zahlen die Regierung betreffend Kürzungen.
220 Millionen €. Ich habe bis heute nicht nachvollziehen können, wie Grüne rechnen und wie man auf solche Summen kommt.
Die Frage ist, was Sie in Ihre Berechnungen einbeziehen. Wenn Sie den Konsolidierungsbeitrag rechnen, den Sie eingeführt haben und den Trägern im Jahre 2005 abverlangen, und wenn dieser Konsolidierungsbeitrag 2006 fortgeschrieben wird, dann ist das keine Kürzung, die Ihre Behauptung rechtfertigte, die neue Landesregierung nähme den Trägern und den Kommunen Gelder weg, die sie vorher gehabt hätten. Vielmehr führen wir etwas fort, was Sie begonnen haben. Das ist ein Teil der Haushaltskonsolidierung.
Der andere Teil ist die Abschaffung des Elternbeitragsdefizitausgleichsverfahrens, was man am besten fünfmal am Tag ausspricht, weil es die ganze Bürokratie deutlich macht, die sich hinter diesem Verfahren verbirgt. Wenn die Kommunen diesen Beitrag jetzt aufbringen, wird in keiner Kindertagesstätte weniger Geld vorhanden sein.
Insofern sind die 184 Millionen € und die 220 Millionen € falsch. Das, was wir aus diesem Elternbeitragsdefizitausgleichsverfahren zusätzlich ins System hineingegeben haben, sind politische Schwerpunkte wie beispielsweise die Sprachförderung, die wir von 7,8 Millionen € auf über 15 Millionen € erhöht haben.
Jetzt kommen wir zum Elterngeld. Ich stimme mit der Position überein, dass das Elterngeld und die Menge an Geld, die man jetzt in die Hand nimmt, um für die Familien etwas zu tun, so falsch eingesetzt sind.