scheinen Sie, so wie Sie mit geheimen Abstimmungen umgehen, zusammen mit Herrn Sagel einen Kurs besucht zu haben: Wie stelle ich Wahlergebnisse à la SED sicher?
Meine Damen und Herren, lieber Kollege Römer, ein bisschen schockiert bin ich schon. Wir begrüßen das Votum des Rates der Stadt Datteln ausdrück
lich, sowohl der Kollege Wittke, die Ministerin wie auch meine Person. Wie das Ergebnis zustande gekommen ist, unterliegt der geheimen Abstimmung. Ich bin der Überzeugung, dass deutlich mehr als die von Ihnen interpretierte Zahl an Unionsmitgliedern für das Kraftwerk gestimmt hat.
Sie werden mir auch keine Äußerung eines Unionskollegen aus Datteln zeigen können, der das Kraftwerk ablehnt. Die müssen Sie mir zeigen; die gibt es nicht.
Herr Kollege Römer, wenn Sie das Verhalten der SPD in Datteln loben, dann müssen Sie sich selbst kritisieren. Denn richtig ist: Sie hätten dem LEPro schon deswegen zustimmen müssen, weil in Ihrem Dresdner Programm, das Sie mit verabschiedet haben, steht, dass Sie der Solartechnologie zum Durchbruch verhelfen wollen und fossile Energieträger daher Übergangstechnologien sind.
Wenn Sie das, was Sie selbst beschließen, ernst meinen, dann müssen Sie die Realitäten zur Kenntnis nehmen:
Erstens. Seit 2001, Herr Römer, führen wir mehr Steinkohle ein, als wir selbst fördern. Also wären alle kraftswerkstechnischen Entscheidungen der Landesregierung ab dieser Zeit nicht mehr dem LEPro entsprechend gewesen.
Zweitens, Herr Römer, müssten Sie wissen, dass wir mit regenerativen Energien zurzeit keine Kraftwerkskapazitäten ersetzen können. Insofern ist § 26 LEPro realitätsfremd. Die Politik hat aber die Aufgabe, sich an Realitäten zu orientieren. Diese Realität hat die Landesregierung in der Neufassung berücksichtigt. Sie sind in derselben offensichtlich noch nicht angekommen.
Im Übrigen darf ich eins sagen – auch an den Kollegen Priggen –: Wer vor Ort erlebt hat, wie BUND und Umwelthilfe agiert und emotionalisiert haben, wie mit Männern und Frauen umgegangen worden ist, die sich pro Kraftwerk bekannt haben, wer die Beschimpfungen erlebt hat, den Druck, der dort erzeugt worden ist, der sollte mit Begriffen wie Gefälligkeitsplanung, lieber Reiner Priggen, vorsichtig sein. In diesem Land gilt Recht und Gesetz. Deswegen konnte ein Klageführer zu Gericht gehen. Er hat dort recht bekommen.
Aufgabe ist es jetzt, dem Investor, aber auch den Dingen, die das Gericht angemerkt hat, Rechnung zu tragen. Das ist im Übrigen im neuen Verfahren möglich, und deswegen begrüßen wir es ausdrücklich.
Aber der Begriff „Gefälligkeitsplanung“ fällt genau in die Situation, die wir vor Ort erlebt haben. Jedem,
der sich mit dem Kraftwerk auseinandergesetzt hat, wurde unterstellt, auf der Payroll von E.ON zu stehen, sich um die Gesundheit der Menschen einen feuchten Kehricht zu kümmern, er wurde unter Druck gesetzt. Ich habe hohe Achtung vor den Männern und Frauen im Rat der Stadt Datteln, die sich die Entscheidung nicht leicht gemacht haben. Alle, die dafür gestimmt haben, haben aus meiner Sicht eine richtige und gute Entscheidung getroffen. Ich danke noch einmal allen von dieser Stelle aus.
Deswegen noch einmal: Wer in seinen eigenen Programmen erkennt, dass a) fossile Energieträger eine Übergangstechnologie sind, und b) regenerativen Energien, Kollege Römer, zum Durchbruch verhelfen will, der muss auch bereit sein, einem neuen Energiekapitel im LEPro zuzustimmen. Dem haben Sie sich verweigert. Diese Last haben Sie zu tragen. Das würde ich nicht bei der Union in Datteln abliefern wollen; denn so einfach, wie Sie es darstellen, können Sie sich die Welt nicht machen.
Niemand von der Union in Datteln und niemand von der Union im Kreis Recklinghausen hat das Kraftwerk infrage gestellt. Es galt, Fragen zu stellen. Es gab Kolleginnen und Kollegen, die sie als nicht ausreichend beantwortet betrachteten, die aber auf keinen Fall Nein zum Kraftwerk sagen wollten.
Mein lieber Kollege Wißen, leider ist Ihr Name nicht Programm für das, was Sie von sich geben. Das muss man immer wieder sagen.
Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Natürlich sollte man mit Namen keinen Jux machen, Herr Moron, aber anders kann man leider nicht auf die Zwischenrufe von Herrn Wißen reagieren; ein höheres Niveau ist dort nicht zu finden.
(Bodo Wißen [SPD]: Dann sagen Sie doch mal, warum die eine geheime Abstimmung wollten, wenn alle dafür waren!)
Um allen die Möglichkeit zu geben, ihrem Gewissen entsprechend abzustimmen. Ich weiß nicht, ob Sie so etwas haben.
Das gilt auch für Herrn Kollegen Eiskirch in seiner lauten Art und Weise. Ich stelle immer fest: Wenn Genossen in Unrecht geraten, werden sie laut.
Ich sage noch einmal – ich habe es von dieser Stelle schon des Öfteren getan –: Wir werden als politisch Verantwortliche in diesem Land eine gemeinsame Energiepolitik um des Industriestandortes Nordrhein-Westfalen willen formulieren müssen.
Wenn wir ehrlich sind, sind wir so weit gar nicht voneinander entfernt. Kommen Sie endlich wieder in die Realität zurück! Beenden Sie das Wahlkampfgetöse! Es gibt genügend Arbeit in NordrheinWestfalen. Sie sind eingeladen mitzuarbeiten, aber Sie werden nicht die Verantwortung erhalten.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Priggen, gestatten Sie mir vorab eine Bemerkung, weil mich schon überrascht hat, wie forsch Sie in dieser Debatte heute hier noch aufgetreten sind. Wir haben ja alle staunend zur Kenntnis genommen, was sich letzte Woche bei den Grünen ereignet hat. Ich will das hier noch einmal skizzieren:
Nachdem Sie sensationsheischend vor ausgewählten Medienvertretern verkündet hatten, eine Koalition der Grünen mit den Linksextremisten käme auf keinen Fall infrage, hat man Sie dazu gezwungen, sich selber keine 48 Stunden später zu dementieren.
Das, was wir hier erlebt haben – wir kennen uns lange genug, und gerade deshalb hat uns das sehr überrascht –, war doch wohl eine Art politische Selbstentleibung von Ihnen. Aus dem Oberrealo der Grünen ist gewissermaßen ein Schoßhündchen der linken Fundis geworden.
Herr Kollege Priggen, ist es das wert? Warum tun Sie sich so etwas an? Ist es diese kleine, jetzt verglimmende Hoffnung, vielleicht doch noch einmal an die Macht zu kommen, wirklich wert, dass Sie sich selber als gestandener Abgeordneter, als Energiepolitiker der Grünen derart der Lächerlichkeit preisgeben,
weil Sie sich zum Schoßhündchen von – wie heißt diese Frau? – Frau Schneckenburger machen lassen? Herr Kollege Priggen, darüber schütteln wir alle immer noch den Kopf.
Jetzt zum eigentlichen Thema. Wissen Sie, da Sie hier Unterkomplexität beklagt haben in der Debatte, will ich mal mit gleicher Münze heimzahlen. Es ist schlichtweg logisch inkohärent, Herr Kollege, für eine Klimaschutzpolitik einzutreten, die sich weigert, den Bau der neuesten, modernsten, umweltfreundlichsten Kraftwerke in Nordrhein-Westfalen zuzulassen. Das ist nicht vermittelbar. Es ist absurd.
Wir wollen Umwelt- und Klimaschutz verbessern: in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland, weltweit. Wir machen das aber nicht mit einem Blick in das Wolkenkuckucksheim, mit akademischen Debatten über abstrakte Minderungsziele für 2050. Wir halten uns an Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.