Protocol of the Session on March 25, 2010

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Zweitens. Mit der Diskussion über den Standort der FDP im Parteiensystem haben doch nicht die Grünen angefangen, sondern das wird seit Ihrem Eintritt in die Bundesregierung in allen Medien rauf und runter diskutiert. Insofern müssen Sie sich das gefallen lassen, wenn wir im Parlament auch über diese Frage diskutieren, wie sie auch im „Spiegel“ und in anderen Medien diskutiert wird. Das müssen wir uns an manchen Stellen gefallen lassen, und auch Sie müssen sich das an dieser Stelle, meine ich, zu Recht gefallen lassen, wenn über Ihren Standort innerhalb des Parteiensystems diskutiert wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben aber jetzt ein ganz anderes Thema, zu dem ich gerne kurz und knapp Ausführungen machen möchte.

Wir haben diesen Gesetzentwurf nicht eingebracht, weil wir ihn selbst erfunden haben, sondern es war ein Auftrag des Regionalverbandes Ruhr, ihn einzubringen. Dort ist ein einstimmiger Beschluss gefasst worden. Deshalb war es Sinn und Zweck, diesen einstimmigen Beschluss auch in den Landtag zu tragen mit der Bitte um Zustimmung aller Fraktionen, weil wir davon ausgegangen sind, dass, wenn das dort einstimmig beschlossen worden ist, wir auch hier eine Mehrheit finden.

(Zustimmung von Bodo Wißen [SPD])

Das ist die Botschaft, die von hier und heute ausgeht: Es ist eine Absage an die Initiative des Regionalverbandes. Das sollte man dann aber auch so deutlich sagen. Man kann nicht im Land umherlaufen und sagen, wir wollen etwas gegen den Flächenverbrauch, gegen das Abbaggern der Heimat tun, aber im Landtag nicht die notwendigen Konsequenzen ziehen. Ich bitte Sie, konsequent zu sein und nicht mit gespaltener Zunge zu sprechen, wie das vor allem die Fraktionen von CDU und die FDP heute wahrscheinlich tun werden.

Also: Keine Konsequenz beim Flächenverbrauch,

(Zustimmung von Herrn Bodo Wißen [SPD])

keinen Schutz wertvoller landwirtschaftlicher Böden, denn die gehen am Niederrhein im großen Stil verloren. Wir haben keine Wettbewerbsgleichheit mit den Niederlanden. Die wird nicht hergestellt.

(Zustimmung von der SPD)

Herr Ellerbrock, Sie reden doch immer von Wettbewerb. Aber es muss doch dieselben Wettbewerbsbedingungen geben. Diese sind eben ziemlich unterschiedlich. Und das geht zu Lasten der Flächen und der Menschen am Niederrhein. Dort wird nämlich in der Tat die Heimat unter den Füßen weggebaggert. Darüber hinaus: keine Unterstützung und kein Weg dahin, den Einstieg in eine Ressourcenwirtschaft zu schaffen. Man muss in eine Ressourcenwirtschaft umsteuern, um die Rohstoffe Kies und Sand als wertvolle Ressource zu schützen. Das geht eben nur dadurch, dass man auch die Recyclingverfahren dem Wettbewerb stärker zuführt. Die sind zurzeit nicht wettbewerbsfähig, weil der Rohstoff so billig zu bekommen ist. Wer also den Einstieg in eine Wettbewerbswirtschaft im Bereich Recycling will, der muss entsprechende Rahmenbedingungen setzten.

Wir haben keinen Neuanfang, was den Flächenverbrauch und das Abbaggern von Kies und Sand angeht. Deshalb brauchen wir den Neuanfang ab dem 9. Mai. Schade eigentlich, wir hätten heute gemeinsam etwas dafür machen können, wie vom Regionalverband vorgegeben. Das ist eine verpasste Gelegenheit. Vielleicht finden wir sie nach dem 9. Mai in anderer Konstellation wieder. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Jetzt hat das Wort Herr Kollege Wittke, der vorher noch eine andere Verrichtung hatte und sich jetzt hinten anstellen musste.

(Heiterkeit)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zuerst einmal eine herzliche Entschuldigung dafür, dass ich verspätet eingetroffen bin. Aber, Herr Präsident, ich kann Ihnen sagen: Nachdem ich den Reiz der Langsamkeit erfahren habe,

(Allgemeine Heiterkeit)

kommt es schon mal vor, dass ich etwas später an dem Platz ankomme, an dem ich eigentlich pünktlich sein wollte. Vielen Dank also für Ihr Verständnis!

(Allgemeiner Beifall)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Grünen fordern mit ihrem Antrag den Beschluss einer Kiesabgabe. Ich will wiederholen, was ich schon in der ersten Lesung zu diesem Gesetzentwurf ausgeführt

habe. Durch den Beschluss einer solchen Kiesabgabe wird keine einzige Tonne Kies weniger gefördert.

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP])

Wozu es kommt, das ist eine Verlagerung des Kiesabbaus. Dann wird eben beispielsweise in den Nachbarbundesländern, dann wird vielleicht in Rheinland-Pfalz, dann wird vielleicht in Niedersachsen, dann wird vielleicht in Hessen oder anderswo Rohstoffabbau betrieben. Das heißt, mit dem Beschluss einer Kiesabgabe wird die Wettbewerbsfähigkeit nordrhein-westfälischer Unternehmen beschädigt.

Denn wenn das richtig wäre, Herr Kollege Remmel, was Sie gerade ausgeführt haben, dass nämlich die Verteuerung von Sand- und Kiesabbau zu einer Erhöhung der Recyclingquote führen würde, dann wäre ein landespolitischer Alleingang doch sicherlich nicht der richtige Weg, um dieses Ziel zu erreichen, dann müsste es ein abgestimmtes Vorgehen geben.

Es ist im Übrigen auch nicht richtig, was Sie in der ersten Lesung zu diesem Gesetzentwurf ausgeführt haben, dass es nämlich angeblich andere Bundesländer gibt, die eine solche Kiesabgabe haben.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Thüringen!)

Nein, die gibt es nicht, auch in Thüringen nicht. Ich habe mich erkundigt: Es gibt keine Kiesabgabe in Thüringen, Herr Remmel. Darum wäre es ein Alleingang von Nordrhein-Westfalen, und damit wäre es ein Wettbewerbsnachteil für nordrheinwestfälische Unternehmen. Ich will von den Arbeitsplätzen der mittelständischen Unternehmen in unserem Land an dieser Stelle gar nicht sprechen, die damit ebenfalls zur Disposition stehen würden.

Im Übrigen: Wenn es Ihnen darum geht, Landschaft zu schützen, wenn es Ihnen darum geht, wertvolle Ackerböden zu schützen, dann werden wir Sie ja sicherlich an unserer Seite haben, wenn wir demnächst mal darüber debattieren, ob beispielsweise Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Verkehrsprojekte tatsächlich in dem riesengroßen Umfang getätigt werden müssen und dafür landwirtschaftliche Böden in Anspruch genommen werden müssen.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

Denn damit vernichten Sie wertvolles Ackerland für Maßnahmen, die nun wirklich nicht nachvollziehbar sind.

Wenn ich mir vorstelle, dass nach den Verordnungen, die Sie in Ihrer Regierungszeit erlassen haben, selbst für die Anlage von Grünstreifen entlang von Straßen, für die Anlage von Alleebanketten entlang von Straßen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf wertvollen Ackerböden ergriffen werden mussten, dann zeigt mir das, wie unglaubwürdig Ihre

Argumentation und Ihr Vortrag hier sind. Führen Sie sich hier also bitte nicht so auf, als wollten Sie dafür sorgen, dass Ackerböden künftig der Landwirtschaft zur Verfügung stehen.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Doch! Tun wir!)

Eine vorletzte Bemerkung will ich zum Votum des Regionalverbandes Ruhr sagen. In der Tat: Der Regionalverband Ruhr hat erkannt, dass er sich hier eine eigenständige Einnahmequelle erschließen kann. Das ist ein Anliegen, das seit vielen, vielen Jahren immer wieder vorgetragen wird und über das man auch diskutieren muss. Ich sage das ganz offen.

Meine persönliche Meinung ist: Jawohl, es muss eine eigenständige Einnahmequelle dieses Kommunalverbandes geben. Denn so, wie der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und der Landschaftsverband Rheinland beispielsweise Schlüsselzuweisungen erhalten, so müsste auch der Kommunalverband RVR eine eigenständige Einnahmequelle haben.

Aber, ich sage genauso deutlich: Das geht nicht über die Neuerfindung einer Steuer. Das geht nicht über die Neuerfindung einer Abgabe. Da müssen wir über andere Wege diskutieren. Ich bin mal gespannt, ob wir Sie dann an unserer Seite haben, wenn wir darüber sprechen.

Letzte Bemerkung! Wer tatsächlich glaubt, er könne Preise für Wirtschaftsgüter staatlich festsetzen – und nichts anderes ist ja die Einführung einer Kiesabgabe – macht eine Lieschen-Müller-Wirtschaftspolitik. Wer glaubt, er könne die Sand- und Kiesabgrabung über Abgaben steuern, der glaubt wahrscheinlich auch, er könne mit der staatlichen Festlegung von Brotpreisen den Hunger bekämpfen. Beides ist absurd. Darum ist dies ein völlig untaugliches Mittel, ein Ziel zu erreichen, das Sie vorgeben erreichen zu wollen. Deshalb werden wir Ihren Gesetzentwurf auch in zweiter Lesung ablehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Wittke. – Jetzt hat Frau Ministerin Thoben für die Landesregierung das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung lehnt die Einführung eines Kieseuros ab. Die Einführung eines Kieseuros ist erstens umweltpolitisch nicht erforderlich,

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] und Holger Ellerbrock [FDP])

zweitens wirtschaftspolitisch schädlich und drittens mit hohen rechtlichen Risiken behaftet.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU], Diet- mar Brockes [FDP]) und Holger Ellerbrock [FDP])

Zum ersten Punkt: Die Einführung eines Kieseuros ist umweltpolitisch nicht erforderlich, da in Bezug auf die Belange des Umweltschutzes der sparsame Umgang mit Rohstoffen und Flächen, der verstärkte Einsatz von Recyclingmaterialien und Aspekte der Nachfolgenutzung mit gesellschaftlichem Mehrwert in den Entwurf des Landesentwicklungsplans 2025 als Ziele aufgenommen sind.

Ich darf Ihnen sagen: Die Kenntnisse über Vorräte haben sich seit dem letzten Landesentwicklungsplan ein Stück verbessert. Wir sehen zukünftig ein Monitoringverfahren vor, das die Bedarfe in diesem Bereich noch stärker präzisieren könnte, sodass wir davon ausgehen: Wir kommen zukünftig mit 30 Jahren Planungshorizont aus.

Ich sage Ihnen heute gerne dazu: Herr Remmel, wir wissen, dass bei uns bereits sehr viele Rohstoffe recycelt werden. Wir haben trotzdem noch mal – wie versprochen – ein Gutachten vergeben, um die Potenziale, was sich beim Recycling noch steigern lässt, genauer zu kennen. Das Gutachten liegt uns vor. Wir werden die Regionalräte noch im April über die Ergebnisse, die dort herausgekommen sind, informieren.

Meine Damen und Herren, ich bin mir gerade vor diesem Hintergrund sicher, dass das Ziel der Landesplanung einer nachhaltigen Entwicklung, die soziale und ökonomische Raumansprüche mit ökologischen Erfordernissen in Einklang bringt, bereits mit den jetzt zur Verfügung stehenden Instrumenten erreicht werden kann.

Zum zweiten Punkt: wirtschaftspolitisch schädlich. Ich will nur noch mal sagen: Man spekuliert da ja auf Einnahmehöhen von rund 60 Millionen €. Wir wissen aber, dass in diesem Bereich weit überwiegend kleine und mittlere Unternehmen tätig sind. Unsere Sorge ist daher: Das führt zum Verlust von Arbeitsplätzen und zu ihrer Verlagerung in andere Teilräume des Landes und außerhalb unseres Landes.

Zum dritten Punkt – das müsste Sie eigentlich alle beschäftigen, selbst wenn Sie auf dieser Schiene sind –: Die Einführung ist mit hohen rechtlichen Risiken behaftet. Das Konzept, das hier vorgeschlagen wird, beruht auf einem Gutachten, das selbst auf rechtliche Risiken hinweist. Grundannahme der Kiesabgabe ist dabei, dass die Ressource Kies ähnlich wie die Ressource Wasser bewertet wird und eine Analogie zu der Erhebung des Wasserentnahmeentgelts hergestellt wird.

Zunächst einmal haben wir gerade beschlossen, aus dem Wasserentnahmeentgelt auszusteigen.