Protocol of the Session on March 11, 2010

Aber er hätte noch etwas anderes getan, Herr Ministerpräsident. Johannes Rau hätte den Betreffenden angerufen und hätte sich wahrscheinlich dafür entschuldigt und hätte gesagt: Das ist unmöglich.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Rainer Schmeltzer [SPD]: Johannes Rau hatte auch Größe!)

In Ihrer Verantwortung macht das Ihr engster Berater, den sie anschließend sozusagen in den Lan

desverband abkommandieren, damit er Ihnen noch die Regierungsmacht retten soll, die mittlerweile aus Ihren Fingern herausfließt.

Dieser Mann hat weiterhin Ihr Vertrauen. Sie lassen zu, dass er so etwas macht, und entschuldigen sich nicht bei Frau Kraft. Das müssen Sie nicht öffentlich machen. Das zeigte dann ja auch eine gewisse Größe. Aber Sie hätten sie anrufen und sagen können: Das war nicht in Ordnung, das gibt es nicht, das erlaube ich nicht, daraus habe ich Konsequenzen gezogen.

(Zuruf von Helmut Stahl [CDU])

Sehen Sie: Das zeigt den Unterschied in politischer Kultur, so wie sie von Johannes Rau praktiziert wurde und wie sie jetzt von Ihnen praktiziert wird.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Deshalb, Herr Ministerpräsident, weil Sie so sind, wie Sie sind, werden Sie die Macht in diesem Land verlieren. Es wird keine rot-rote Regierung geben, sondern eine rot-grüne. Darauf können Sie sich verlassen.

(Lang anhaltender Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Moron. – Als nächster Redner spricht für die Grünen-Fraktion Herr Kollege Becker.

(Unruhe)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer den Antrag von CDU und FDP gelesen hat, musste sich zunächst einmal die Frage stellen, warum beide Fraktionen, nachdem sie vor anderthalb Jahren mit einem fast wortgleichen Antrag schon Schiffbruch erlitten haben,

(Lachen von der SPD)

heute noch einmal mit Karacho vor die Wand fahren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die Antwort, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist klar. Die Antwort hat der Kollege Moron eben gegeben. Ich will sie wiederholen: Ihnen steht der Angstschweiß auf der Stirn.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Lachen von CDU und FDP)

Das kann man auch wunderbar insbesondere an der FDP nachvollziehen, wenn Herr Papke in der gleichen Rede zum einen vor Schwarz-Grün warnt, zum anderen vor Rot-Rot-Grün warnt und offensichtlich nur Angst davor hat, dass eines passiert, nämlich dass die Wählerinnen und Wähler diese

extrem marktradikale Partei FDP aus der Verantwortung wählen. Davor hat er Angst.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, worum geht es heute hier? Erstens geht es offensichtlich darum, dass Ihnen zunehmend klar geworden ist, dass Sie eine parlamentarische Mehrheit in absehbarer Zeit nicht mehr haben werden – übrigens deswegen nicht mehr, weil Rot-Grün die Mehrheit bekommen wird. Spätestens seit Sie bei Umfragen erkennen mussten, dass das eintreten kann, was Sie vor einem Jahr noch arrogant für unmöglich erklärt haben, werden Sie panisch.

Und was machen Sie, wenn Sie panisch werden? Sie versuchen, Regeln zu setzen, die Sie ohne Mehrheit wieder in die Situation bringen, Mehrheiten definieren zu können. Dort ist nicht nur die FDP am Ruder und dabei, das zu machen; auch die CDU ist dabei. Sie unternehmen den Versuch, sich durch Ausschluss eines extremen Randes des demokratischen Spektrums – wohlgemerkt: des demokratischen Spektrums, auch im Bundestag – quasi ein Monopol für das Amt des Ministerpräsidenten in diesem Haus zu „erreden“, anstatt dieses Amt durch Wählerstimmen zu erhalten.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Zweitens. Sie von der FDP unternehmen den Versuch, dadurch, dass Sie ablenken und mit dem Finger auf die Linke zeigen, hier im Landtag weiterhin den Eindruck zu erwecken, dass Sie das wären, was Sie jahrelang von sich behauptet haben, nämlich eine Partei der Mitte. Das sind Sie nicht. Sie sind genau der Gegenpart zur Linken im demokratischen parlamentarischen Spektrum. Sie sind bei den Parteien der radikale Rand, der marktradikale Rand, der extreme marktradikale Rand.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, wer draußen im Land diese Debatte sieht, wird sich wieder einmal fragen: Haben die nichts Wichtigeres zu tun, als über so etwas zu reden – über die Fragen von Farbenlehren, die Sie hier stellen?

(Christian Möbius [CDU]: Wir wollen Klarheit von Ihnen!)

Die Klarheit ist die Klarheit, die ich Ihnen jetzt gebe. Ich frage: Gefährdet nicht der Extremismus der Banker, die schon wieder den Hals nicht voll bekommen, unsere Demokratie?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sind es nicht die Zocker, die jetzt schon wieder Wetten gegen Staaten, gegen Volkswirtschaften sowie gegen Unternehmen und Banken machen, die extrem sind und eigentlich Extremisten genannt werden müssten?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sind nicht diejenigen in unserem Staat Extremisten, die ernsthaft meinen, dass Stundenlöhne von 1,23 € gezahlt werden dürfen, und sich dafür einsetzen, dass das so bleibt?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ist nicht vor dem Hintergrund der Geschichte des letzten Jahrhunderts auch die Frage zu stellen, ob nicht diejenigen, die diese Politik betreiben und dieser Politik das Wort reden, dem Extremismus Vorschub leisten, und zwar in letzter Konsequenz von links und von rechts, und unsere parlamentarische Demokratie gefährden?

Sind Sie nicht auf dem Weg, dass Sie genau das ein Stück weit befördern?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, wie ich schon gesagt habe, sind im Bundestag die beiden extremen Ränder des parlamentarischen demokratischen Spektrums die Linke und die FDP. Die eine sucht das Heil in der Verstaatlichung. Die andere sucht das Heil in der hemmungslosen Privatisierung und in einer hemmungslosen Spaltung der Gesellschaft.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wer sich aus einer solchen Position heraus hier anmaßt, zu bestimmen, wer im Spektrum out ist und wer in ist, dem muss man in der Tat den Spiegel vorhalten. Deswegen sage ich Ihnen: Schauen Sie sich doch an, wie Ihre Wirklichkeit im Spiegel aussieht. Sind Sie nicht extrem, indem Sie Klientelpolitik zugunsten einer Hotelkette machen, von der Sie Spenden bekommen haben?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sind Sie nicht extrem, indem im Reisetross Ihres Außenministers Leute mitfahren, die Beziehungen zu dubiosen Unternehmen in der Schweiz und in Liechtenstein haben?

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Marc Jan Eumann [SPD]: Der Bruder fährt mit!)

Sind Sie nicht extrem und leisten Extremismus in der Gesellschaft Vorschub, indem Sie in einer Mentalität von Bonuspunkten den privaten Krankenversicherungen das Wort reden und sich gleichzeitig Vorteile einkaufen?

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Ohne Gesundheitsprü- fung!)

Meine Damen und Herren, sind Sie nicht extrem, wenn Sie nichts dagegen sagen, dass dieser Außenminister dann, wenn er Kritik hört, erklärt: „Daran werden Sie sich zu gewöhnen haben“? Wenn man Ihre Politik mit dem Satz „Daran werden Sie

sich zu gewöhnen haben“ rechtfertigt, wird das dem Extremismus in der Bevölkerung Vorschub leisten.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zurufe von CDU und FDP)

Wir brauchen nicht nur auf den Bund zu gucken, sondern können auch nach Nordrhein-Westfalen schauen. Herr Papke hat immer wieder erklärt, diese Koalition sei eine Blaupause für den Bund.

(Christian Möbius [CDU]: Sie reden glatt am Thema vorbei!)

Heute stiehlt sich der Vize-Ministerpräsident bei jeder Gelegenheit weg und möchte am liebsten mit dem Bund und mit Herrn Westerwelle nichts zu tun haben.