Erlauben Sie mir für die erste Runde noch einen abschließenden Hinweis auf den Entschließungsantrag der Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP: Forderungsgleich im Wesentlichen zu dem Antrag, den die Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt haben, kann Ihr Entschließungsantrag logischerweise nur ein Ziel haben, den in etwa gleichen Forderungen eine andere Legende voranzustellen. Mit der Legende, die Sie hier versuchen zu stricken, wollen Sie den Eindruck erwecken, als habe seit dem denkwürdigen 3. März des Jahres 2009 einzig und allein die Landesregierung gehandelt, angewiesen, Aktivitäten gezeigt, alle anderen hätten geschlafen, hätten nichts gemacht – sowohl die Bezirksregierung in Düsseldorf, die in Köln, die Stadt Köln, die Staatsanwaltschaft in Köln und andere mehr.
Deswegen finde ich es einigermaßen ulkig, wie Sie hier versuchen, eigene Passivität so unverfroren in Aktivität umzumünzen.
Sei es drum. Wenn Sie meinen, einzig und allein aus diesem Grunde hier mit einem Entschließungsantrag deutlich machen zu wollen, man kann einem Antrag der Opposition nicht zustimmen, dann ist das von der Mehrheit her meinetwegen so. Es ist merkwürdig, es ist parlamentarisch nicht besonders stilvoll. Wir können selbstverständlich Ihren Forderungen inhaltlich nur beipflichten. Aber die Legende, die Sie dem voranstellen und die Sie stricken, ist nicht in Ordnung, ist nicht wahr. Das wissen Sie auch, sonst würden Sie nicht so peinlich berührt auftreten. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs am 3. März des vergangenen Jahres hat uns sicherlich alle in ähnlicher Weise schockiert und betroffen gemacht. Kriminelle Handlungen sind offensichtlich der Grund für dieses Unglück. Es wurde umgehend gehandelt. Den Kölner Verkehrsbetrieben wurde umgehend die Bauaufsicht entzogen. Seitdem wurde in diesem Bereich das unabhängige Ingenieurbüro Spiekermann aus Düsseldorf beauftragt. Vergleichbares erfolgte auch beim Stadtbahnprojekt Wehrhahn-Linie in Düsseldorf.
Meine Damen und Herren, seit über 40 Jahren besteht eine bundesweite Regelung, die in der Praxis zu einer Vermischung von Bauherren- und Aufsichtsfunktion geführt hat, was bis zu den tragischen Vorfällen in Köln niemals beanstandet wurde. Auch unter grünen Bauministern war diese Art der Bauaufsicht absolut üblich. Deshalb ist hier jeglicher politischer Vorwurf völlig fehl am Platz. Die Landesregierung hat umgehend und umfänglich reagiert.
Da das vorliegende Problem aber nicht NRWspezifisch ist, setzt sich die Landesregierung für weitere Änderungen ein. Vor diesem Hintergrund hat das Landeskabinett beschlossen, eine Bundesratsinitiative zur Änderung der BOStrab einzuleiten, damit Vorhabenträger und Aufsicht unabhängig voneinander agieren, was die Zukunft betrifft. SPD und Grüne wissen ganz genau: Als Sie diese Forderung vor einem Jahr zum ersten Mal aufgestellt haben, hätte es im Bundesrat niemals eine Mehrheit dafür gegeben.
Wenn Sie sich ein bisschen, lieber Herr Börschel, mit dem Fall, den Mehrheiten und den Argumenten im Bundesrat beschäftigen, erkennen Sie: Es gab keine Mehrheit.
Jetzt eine Mehrheit zu organisieren, ist selbst nach diesem Unglück verdammt schwierig. Das ist so. Machen Sie sich mal ein bisschen schlau, lieber Kollege.
Bei der umfangreichen Beratung, Diskussion und Information in der vergangenen Woche im Ausschuss für Bauen und Verkehr haben hier eine ganze Reihe von Sachverständigen aus den unterschiedlichsten Bereichen gesessen und über das Unglück, Ursachen und alle Vorgänge berichtet, die vermutlich nicht so geklappt haben und die von der Staatsanwaltschaft untersucht werden.
Insbesondere Ihr Parteikollege, lieber Herr Börschel, der Regierungspräsident Büssow, hat auf Nachfrage nochmals gesagt, dass die gesamte Struktur der Überwachung erst nach Klärung des Falles Stadtbahn Köln neu geregelt werden kann und soll. Sie verlangen genau das Gegenteil. Sie wollen nicht abwarten, bis der Fall in Köln bei der Stadtbahn aufgeklärt ist, sondern Sie verlangen mit diesem Antrag genau wie die Grünen jetzt schon eine Neuorganisation der gesamten Aufsichtsstrukturen. Damit trennen Sie sich vom Regierungspräsidenten Büssow, der das, wie gesagt, hier auf Nachfrage gesagt hat.
Alle Sachverständigen haben davor gewarnt, rein politisch motiviert und vielleicht auf den Wahlkampftermin bezogen voreilig zu solchen Forderungen und Schlüssen zu kommen. Es ging in diesen Beratungen hauptsächlich um Köln. Deswegen wäre es sinnvoll gewesen, wenn Sie, Herr Börschel, an diesen Beratungen teilgenommen hätten.
Dann hätten Sie vielleicht so eine Forderung – entgegengesetzt zu Ihrem Regierungspräsidenten und Parteikollegen Büssow – nicht erhoben, sondern sich vielleicht CDU, FDP und Ihrem Regierungspräsidenten in der Forderung angeschlossen, zunächst abzuwarten, bis der Fall in Köln geklärt ist, um anschließend rein sachlich und in Ruhe die neuen Strukturen der Überwachung vielleicht sogar gemeinsam in diesem Hohen Hause zu regeln.
Meine Damen und Herren, der Antrag der Grünen ist in diesem Punkt falsch. Was die Bundesratsinitiative betrifft, ist er hinfällig. Da haben wir längst gehandelt. Somit lehnen wir diesen Antrag ab. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Ihnen allen ist der 3. März 2009 sicherlich noch gut in Erinnerung – wahrscheinlich genauso gut in Erinnerung wie mir. Für mich war das mein erster Diensttag. Ich bin seinerzeit aus meiner ersten Kabinettssitzung sofort nach Köln an den Unfallort geeilt und habe mich über die Verläufe informiert.
Die Landesregierung hat daraufhin in Übereinstimmung mit der technischen Aufsichtsbehörde beim Regierungspräsidenten Düsseldorf sofort die notwendigen Konsequenzen gezogen: sowohl aus dem tragischen Einsturz des Archivs in Köln als auch aus der notwendigen Veränderung bei der Organisation der Wehrhahnlinie in Düsseldorf.
Wir haben sichergestellt, dass Aufsicht und Bauausführung personell und organisatorisch sofort getrennt worden sind, und haben in NordrheinWestfalen sofort dem Eindruck entgegengewirkt, dass das zusammenlaufen kann und Hand in Hand greift.
Damit haben wir eine 40-jährige ununterbrochene Handhabung bei U-Bahn-Bauten in NordrheinWestfalen beendet. Alle U-Bahnen in NordrheinWestfalen sind nach dem gleichen organisatorischen Prinzip gebaut worden. Es gab eine technische Aufsicht, die sich bei der Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben durch den jeweiligen Vorhabenträger bei allen U-Bahn-Bauten hat unterstützen lassen. Das waren ganz überwiegend, aber nicht immer die Kommunen. Wer jeweils Vorhabenträger war, hat der technischen Aufsichtsbehörde zugearbeitet. Das war über 40 Jahre lang die Praxis in NordrheinWestfalen. Alle U-Bahnen – darauf hat Regierungspräsident Büssow völlig zu Recht hingewiesen – sind einwandfrei gebaut worden und werden einwandfrei betrieben.
Gleichwohl waren die Konsequenzen erforderlich, weil man in einer derartigen Situation niemandem erklären kann, dass schon der böse Anschein besteht, dass diejenigen, die selbst das Interesse an der Bauausführung haben, gleichzeitig die Beratung der Aufsichtsbehörde übernehmen.
Wir haben das Stellenpotenzial der technischen Aufsichtsbehörde sofort verdoppelt. Das Personal wächst in dem Maße, wie man gute Leute bekommt, entsprechend auf. Wir haben im Ausschuss angekündigt, dass wir die technische Aufsichtsbehörde weiter personell verbessern werden. Wir werden zusätzliche Stellen einrichten.
Die technische Aufsichtsbehörde arbeitet auf unsere Initiative hin intensiv und sehr gut daran, ein Qualitätssicherungsmanagement einzuführen und mo
dernste Anforderungen an die eigene Organisation sicherzustellen. All diese Maßnahmen sind notwendig, weil bei allen Baumaßnahmen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und bei den Entscheidungen aller Beteiligten die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger an erster Stelle stehen muss.
Deswegen sage ich mit Respekt vor allen Beteiligten, dass ich die Aufarbeitung der Vorgänge im zuständigen Fachausschuss trotz der ansonsten allgemein aufgeheizten Stimmungslage für ausgesprochen sachorientiert und für sehr sachlich gehalten habe. Dafür danke ich allen Beteiligten.
Das könnte man in solchen Zeiten auch anders machen; das haben alle nicht getan. Das war richtig so.
Richtig ist weiterhin, dass wir zum tragischen Unglück in Köln eine weitere Entwicklung im Laufe der Zeit hinzubekommen haben, die sich mit kriminellen Handlungen befasst, die auf der Baustelle in Köln passiert sind. Kriminalität hat auf deutschen Baustellen nichts zu suchen. Alle Beteiligten müssen das ihrige dazu beitragen, dass das unterbleibt. Denn langsam beginnt der Ruf der gesamten deutschen Bauwirtschaft, Schaden zu nehmen. Zuerst war es der Diebstahl in Köln, jetzt gibt es belastbare Erkenntnisse, dass möglicherweise ähnliche Vergehen an einer U-Bahn-Trasse in Süddeutschland stattgefunden haben. Es gibt allererste Anzeichen dafür, dass auch in Düsseldorf nicht alles – zumindest die Protokolle – in Ordnung ist. Das birgt die Gefahr, dass das Ansehen der deutschen Bauwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen wird.
Deswegen habe ich früh in einem Gespräch mit der Deutschen Bauwirtschaft, der Deutschen Bauindustrie und den zuständigen Gewerkschaften eindringlich an alle Beteiligten appelliert, auf deutschen Baustellen die Sicherheit herzustellen. Zuallererst ist es Aufgabe der bauausführenden Firmen, dafür zu sorgen, dass sauber gearbeitet und nicht kriminell agiert wird. Alle müssen sich daran halten. Das fordere ich von der gesamten Deutschen Bauwirtschaft und dem deutschen Bauhandwerk eindringlich ein.
Meine Damen und Herren, diesen Zustand müssen die Bauherren, die für ihre Baustellen verantwortlich sind, mit den von ihnen beauftragten Bauunternehmen herstellen. Das ist auch Aufgabe der bauausführenden Firma und des Bauherren. Ferner muss die technische Aufsicht stimmen. Deswegen tun wir auch das Unsrige; die Maßnahmen dazu habe ich schon genannt.
Spätestens seitdem diese Diebstähle allmählich bekannt geworden sind und eine bundesweite Dimension angenommen haben, ist es richtig, andere
Bundesländer vor den Vorfällen zu bewahren, die bei uns in Nordrhein-Westfalen passiert sind und die auch dort passieren können. Insofern halte ich es für richtig, in einer solchen Situation die Klarstellung bei der BOStrab vorzunehmen, dass Aufsicht und Bauausführung nicht zusammenfallen dürfen.
Ich würde mich darüber freuen, wenn alle Fraktionen dieses Hauses ihre Kontakte in Berlin nutzen, um dort für eine Mehrheit zu werben; denn das ist, Herr Kollege Börschel, in der Tat nicht so ganz einfach. In den anderen Bundesländern wird diese Vorschrift ebenfalls seit vielen Jahrzehnten ohne nennenswerte Probleme angewendet. Sie können sich vorstellen, dass es dem einen oder anderen bei einer so langen, einwandfreien Tradition nicht ganz leicht fallen wird, davon Abstand zu nehmen und die Vorschriften zu ändern, die sich bei ihnen bisher noch nicht in einem Risiko niedergeschlagen haben. Gleichwohl versuchen wir es. Aber ganz einfach – darauf ist hingewiesen worden – ist es naturgemäß nicht.
Insofern sind – jedenfalls nach dem tragischen Einsturz des Archivs –sowohl die Baustelle in Köln als auch die Baustelle in Düsseldorf gut organisiert. Dort tun alle Beteiligten alles daran, sowohl aufzuklären – das muss in Köln für die Zeit vor dem Archiveinsturz federführend die Staatsanwaltschaft übernehmen – wie auch die Baumaßnahme jetzt zur Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger durchzuführen. Ich denke, das ist das oberste Prinzip.
Der Antrag der Grünen ist deswegen in der Sache unrichtig, Herr Kollege Becker, weil die technische Aufsicht schon immer eine hoheitliche Aufgabe war. Auch wenn sich die technische Aufsicht bei der Erfüllung ihrer ureigenen Aufgabe eines Dritten bedienen kann, bleibt es eine hoheitliche Aufgabe der technischen Aufsichtsbehörde. An dem Punkt ist der Antrag in der Sache schlicht falsch. Deswegen begrüße ich ausdrücklich den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, der das, was getan werden muss, richtig, sinnvoll und vollständig wiedergibt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht dessen, wie die Debatte verlaufen ist, beantragen wir, über die Punkte I und II unseres Antrags getrennt abzustimmen, weil ich den Koalitionsfraktionen gern die Möglichkeit geben möchte, dem Punkt 1 zuzustimmen.
Gut. – Meine Damen und Herren, damit kommen wir zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/10742. Wie gewünscht werden die Punkte I und II des Beschlussvorschlags getrennt abgestimmt.
Wer dem Punkt I zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Grüne. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Niemand. Abgelehnt.
Wer ist für Punkt II? – Auch SPD und Grüne. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Niemand. Ebenfalls abgelehnt.