Protocol of the Session on March 10, 2010

Zweitens. Es bleibt auch offen: Gab es weitere solche Briefe mit entsprechenden Angeboten? Wie viele Briefe gibt es? War das durchgängige Praxis in der CDU-Parteizentrale? – Auch hier gibt es bisher keine Transparenz, auch wenn diese Transparenz immer wieder behauptet wird.

Drittens. Minister Krautscheid sagte im Hauptausschuss – ich zitiere –: „Es hat keine Gespräche

gegeben, es gibt keine Gespräche, es wird keine Gespräche geben.“ Solange nicht alle Sponsorenbriefe, jegliche Korrespondenz dazu und die Terminbegleitungsmappen des Ministerpräsidenten, aus denen deutlich werden müsste, welche Gespräche geplant waren, offen gelegt werden, so lange bleiben diese Fragen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich bin gespannt, Herr Ministerpräsident, ob Sie heute hier darauf klar und unmissverständlich antworten oder ob Sie wieder einmal ausweichen, und ich bin gespannt, ob Sie uns die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellen. Darauf haben wir, darauf hat dieses Parlament und darauf hat insbesondere die Öffentlichkeit von Nordrhein-Westfalen einen Anspruch, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Denn es geht hier um die Frage: Wie versteht ein Ministerpräsident sein Amt? Wie gehen Parteien mit Staatsämtern um? Welche politische Kultur herrscht in einer Landesregierung? – Da fangen wir mit der Sponsoring- Affäre nicht bei null an.

Die schwarz-gelbe Regierungszeit begann mit der Imagekampagne. Viel Geld wurde in die Hand genommen, um ein bestimmtes Bild von Rüttgers als Regierungschef zu prägen. Da ging es nicht um politische Inhalte oder Werthaltungen. Da ging es nur um eins: geplanten, gesteuerten Machterhalt – die neue Bescheidenheit eben.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Anspruch und Wirklichkeit klaffen angesichts der Summen, die Sie für Ihre Inszenierungen ausgeben, weit auseinander. Ich habe mir erlaubt, Ihren Regierungsstil mit „Preise, Pomp und Propaganda“ zu beschreiben. Dafür gibt es immer wieder neue Beispiele. Bis heute, Herr Rüttgers, gestehen Sie diese Inszenierung, diese Imagekampagne nicht ein.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich erinnere an das erste Beispiel dieser Inszenierung: das Kinderforum mit gestellten Fragen. Auch damals wollten Sie davon nichts gewusst haben. Es ist erschreckend, in welch kurzer Zeit Sie und Ihr Umfeld eine Haltung geprägt haben und offenbaren, dass Sie, die schwarz-gelbe Landesregierung, sich das Land zur Beute machen wollen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Wider- spruch von CDU und FDP)

Ja, ganz genau! – Sie führen Sachanhörungen nur pro forma durch. Sie haben versucht, bei den Wahlterminen zu tricksen. Sie haben das Verfassungsgericht öffentlich diskreditiert. Sie haben den Landesrechnungshofs beschädigt. Sie haben eine Treibjagd gegen einen unliebsamen Mitarbeiter im Umweltministerium veranstaltet.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Wider- spruch von CDU und FDP)

Ja, auch das gehört dazu. Jetzt schreien Sie es nieder, weil Sie die Wahrheit nicht hören wollen.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Dr. Jens Petersen [CDU])

Sie versuchen, Öffentlichkeit, unliebsame Blogger und Journalisten per Strafanzeigen einzuschüchtern, anstatt die Zustände in Ihrem Apparat zu ändern, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie, Herr Ministerpräsident, haben sich bis heute nicht zu den hohen RAG-Zahlungen an die Landtagspräsidentin verhalten.

(Lachen von der CDU – Lothar Hegemann [CDU]: Fragen Sie mal Herrn Moron!)

Damit haben auch Sie persönlich zur Beschädigung dieses hohen Amtes beigetragen.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der Landesregierung: Was? – Weitere Zurufe)

Auch die FDP muss sich Fragen gefallen lassen. Was ist das für eine politische Kultur, wenn ständig Parteispender zu Regierungskreisen eingeladen werden, wenn Gesetze zugunsten einer Branche gemacht werden, aus der vorher Millionenspenden geflossen sind,

(Widerspruch von der FDP – Gegenruf von der SPD: Ihr seid natürlich eine andere FDP als im Bund! Das ist ja klar!)

wenn Parteimitglieder bei privaten Krankenkassen Sonderkonditionen bekommen, weil sich die FDP politisch für sie einsetzt?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die NRW-FDP verliert dazu kein Wort, keine Anmerkung im Hauptausschuss. Kollege Papke hat nicht einmal seine sonstige Stereotype des Mäusekinos bemüht.

(Lachen von der SPD)

Lag das vielleicht an Koalitionsfreund Krautscheid? Nein, meine Damen und Herren, Scherz beiseite. Der Grund für diese Zurückhaltung liegt auf der Hand: Eine Partei, der Mövenpick mal eben 1,1 Millionen € aufs Konto gespült hat, muss es geradezu lächerlich finden, wenn Gespräche mit dem Ministerpräsidenten für läppische 6.000 € angeboten werden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Für 1,1 Millionen € hätte Rüttgers fast 200 Bezahlgespräche führen müssen.

(Zuruf von der SPD: Das hätte er gar nicht geschafft!)

Das ist aus Sicht eines gestandenen Marktradikalen vermutlich eher dilettantisch. Wenn es ums Geld geht, kennt sich die FDP wegen der Schwarzgeldmillionen von Möllemann bestens aus.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Meine Damen und Herren, diese schwarz-gelbe Regierung hat sich seit 2005 den Staat zur Beute gemacht. Sie regiert nach dem Motto: Der Staat, das sind wir.

(Zuruf: Wo leben wir eigentlich?)

All das hat natürlich auch der Ministerpräsident gewusst. Es ist nicht erkennbar, dass er irgendetwas gegen diese Haltung getan hat. Genau deshalb ist er verantwortlich und mitverantwortlich für all diese Mosaiksteine des Sittengemäldes der Regierung Rüttgers.

Meine Damen und Herren, wie Angela Merkel wollte Jürgen Rüttgers die Wahl im Schlafwagen gewinnen. Nun ist er in der Geisterbahn wach geworden.

(Heiterkeit und Beifall von GRÜNEN und SPD)

Fünf Jahre Rüttgers: von der Imagekampagne zum Imageschaden. 80 % der Menschen glauben Ihnen in dieser Sache nicht, Herr Rüttgers.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das kann man nicht oft genug erwähnen!)

Damit haben Sie das höchste politische Gut verloren: Ihre Glaubwürdigkeit.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Stahl das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der heutige Morgen ist nichts anderes als der Versuch der Oppositionsfraktionen, in eine Asche zu blasen, um erneut ein Feuer zu kreieren, das längst erloschen ist.

(Beifall von der CDU – Lachen von der SPD)

Sie wollen sich an vermeintlichen Skandalen wärmen, weil Sie schlicht nichts anzubieten haben. Sie sind in der Politik alternativlos. Deshalb gehen Sie auf Schmutzkampagne.

(Widerspruch von Ute Schäfer [SPD])

Das ist die Strategie, die wir heute Morgen erneut erleben.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Im Gegensatz zu Ihnen bieten wir auch nichts an, und schon gar nicht für 6.000 €!)