Nein, er bringt keine neue Qualität. Er bestätigt nur, was in Deutschland Alltag ist. Dass sich die EU da nicht reinhängt, ist in Ordnung, aber er bestätigt nur, was bei uns Usus ist.
Das Recht der Kommunen, in den unterschiedlichen Bereichen der Daseinsvorsorge tätig zu werden, ist durch Art. 28 Grundgesetz und durch unsere Landesverfassung geschützt. Die von Ihnen, Herr Kuschke, so sehr angeprangerte und gehasste Neufassung des § 107 der Gemeindeordnung lässt die Daseinsvorsorge ausdrücklich unberührt. Bei dieser Änderung des § 107 der Gemeindeordnung ging es überhaupt nicht um die Daseinsvorsorge. Die Neufassung des § 107 verhindert nur die Aufnahme wirtschaftlicher Betätigung von Kommunen außerhalb der Daseinsvorsorge. Das ist gut so; denn Kommunen haben das Recht, Steuern zu erheben, und sie sind nicht dazu berufen, ihren Steuerzahlern Konkurrenz zu machen. Die Absicht, Gewinne für die Stadtkasse zu erzielen oder Privilegien für Mitarbeiter in öffentlichen Unternehmen zu schaffen, kann kein Grund für eine kommunale Wirtschaftstätigkeit außerhalb der bekannten Sektoren der Daseinsvorsorge sein.
Meine Damen und Herren, im Rahmen der Selbstverwaltung ist es eine der vornehmsten Pflichten der Kommunen, die Daseinsvorsorge zu garantieren. Die Kommunen haben Garantenstellung für die Daseinsvorsorge. Ob sie entsprechende Dienstleistungen selbst erbringen oder sich dazu privater Anbieter bedienen, das ist die freie Entscheidung einer jeden Kommune.
Herr Kuschke, Sie haben in Ihrem Antrag die Bereiche Wasserversorgung, Abfallentsorgung, Energieversorgung, öffentlicher Personennahverkehr und soziale Dienste besonders herausgestellt. Im Mittelpunkt ihrer Argumentation steht aber nicht die Leistung für die Bürger. Ihnen geht es erkennbar – das zieht sich wie ein roter Faden durch den ganzen Antrag – um Mitbestimmung als Voraussetzung für Gewerkschaftsmacht und Privilegien für den öffentlichen Dienst.
Das zieht sich wie ein roter Faden durch den ganzen Antrag. Zuerst heißt es ganz harmlos: „Hohe Qualität in der Daseinsvorsorge und ‚Gute Arbeit’ gehen miteinander her.“ Dann steigert sich das, wird das Thema aufgefächert: „Faire Lohne für gute Arbeit“, „Guten Lohn und sichere Arbeit durchsetzen“, „Guter Lohn und gute Sozialstandards für gute Arbeit“ oder „Gutes Geld für gute Arbeit“. Das ist das Einzige, was in all Ihren Gliederungspunkten wiederkehrt. Sie wollen für die Mitarbeiter in öffentlichen Unternehmen zusätzliche Standards durchsetzen, die jenseits von allem sind, was in der Privatwirtschaft geboten wird. Und das geht so nicht. Dazu sind öffentliche Unternehmen nicht da.
Sie sagen doch selbst, dass durch den demografischen Wandel, die leeren Staatskassen, die Notwendigkeiten des Klimaschutzes oder die offenen Märkte ein hoher Anpassungsdruck auf die staatlichen Dienstleister zukommt. Doch statt für eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit zu plädieren, wollen Sie die kommunalen Unternehmen durch Schutzdämme im rauen Meer des Wettbewerbs zu Inseln der Glückseligkeit für ihre Mitarbeiter ausbauen. So geht das mit uns auf jeden Fall nicht. Das ist ein so plumper Versuch zum Stimmenfang, dass mir dazu nur noch die Mahnung des spanischen Philosophen Baltasar Gracián in den Sinn kommt: Misstraue dem, der mit den Argumenten der anderen ankommt und mit dem eigenen Vorteil abzieht.
Das Nebeneinander von privaten und öffentlichen Unternehmen fördert im Bereich der Daseinsvorsorge die Qualität der Dienstleistungen.
Nein, danke. – Das ist aber auch das einzig Konkrete an Ihrem Antrag. Anschließend lassen Sie keine Gelegenheit aus, um öffentliche Monopole zu begründen.
Was sollen eigentlich die Ergüsse über das Wasser als Lebensmittel Nummer eins und die Warnung vor den Folgen einer unkontrollierten Privatisierung für Trinkwasserqualität und Gesundheitsschutz? Was sollen diese Warnungen? Herr Kuschke, wissen Sie denn nicht, dass GELSENWASSER, eines der größten Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland, von seiner Gründung an immerhin hundert Jahre lang in privater Hand war?
Wenn Sie über Qualität reden, Herr Kuschke, dann frage ich Sie: Welches Wasser hat denn die höchste Qualität? Meines Erachtens ist es das Mineralwasser.
Was soll das ganze Gerede über breite demokratische Kontrolle? Sichert die demokratische Kontrolle den Bürgern etwa eine preiswerte Wasserversorgung? Mitnichten. Das zeigen die kartellrechtlichen Verfahren in Hessen und die Wasserpreisentschei
dungen des Bundesgerichtshofes aus jüngster Zeit. Falls Sie es nicht wissen: Da sind kommunale – so wie Sie es wollen –, demokratisch kontrollierte Unternehmen verdonnert worden, weil deren Preise um 30 % überhöht waren. Und warum waren sie überhöht? Weil sie alles Mögliche in die Preise hineinpacken, um Spielereien zu betreiben, die mit dem eigentlichen Versorgungsauftrag nichts zu tun haben!
Ihre Vorstellung ist, dass der Bürger unnötig große Personalkörper in den öffentlichen Unternehmen oder aber Flughäfen, Busse und sonstige phantasievolle Infrastrukturen über intransparente Strom-, Gas- und Wasserpreise finanziert. Das ist Praxis in den von Ihnen betriebenen Unternehmen. Sie machen die eigentliche Daseinsvorsorge teuer. Und dann schreien Sie – wie in Ihrem Antrag zu lesen ist – nach Sozialtickets.
Ich kann Ihnen aus meinem beruflichen Leben Folgendes sagen: Ich habe selbst eine Stadtverwaltung, ein Stadtwerk und auch einen wasserwirtschaftlichen Verband geleitet. Im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge kenne ich mich also wirklich mit allem aus, was vor und hinter den Kulissen läuft. Lassen Sie sich deshalb eines gesagt sein: Die Bürger brauchen und wollen keine Schutzwälle um kommunale Unternehmen. Die Bürger wollen keine Besserstellung des öffentlichen Dienstes. Die Bürger wollen lediglich – aber das wirklich intensiv – qualitativ gute Dienstleistungen zu günstigen Preisen. Diese bekommen sie aber nur, wenn auf der Angebotsseite Wettbewerb herrscht. Es hat keinen Sinn, staatliche Monopole anzuprangern und dafür kommunale Monopole einrichten zu wollen. Es muss Wettbewerb herrschen. Das muss unser Credo sein.
Vergessen Sie mal Ihre ganzen Tiraden gegen Liberalisierung und Privatisierung. Wir brauchen Wettbewerbsmärkte, um knappe Finanzmittel möglichst sparsam zu nutzen und Ineffizienz zu verhindern. Wir brauchen aber keine neuen Tätigkeitsfelder für kommunale Unternehmen außerhalb der Daseinsvorsorge und außerhalb der Grenzen ihrer Gebietskörperschaft, wie Sie das in Ihrem Antrag fordern. Wir brauchen keinen Kannibalismus unter Kommunen. Und wir brauchen in der kommunalen Familie keine Risiken, wie beispielsweise die Abfallgesellschaft Ruhr sie mit ihren internationalen Aktivitäten eingegangen ist.
Meine Damen und Herren, zum Ende kann ich nur eines sagen: Ihr Antrag ist flüssiger als Wasser, Herr Kuschke. Er ist überflüssig. Entsprechend werden wir ihn auch behandeln. – Schönen Dank.
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kuschke, ich bitte um Nachsicht, aber eigentlich hätte über Ihrem Antrag eine andere Überschrift stehen müssen: „Mehr Staat, weniger Markt – koste es, was es wolle“.
Mit Verlaub: Die Daseinsvorsorge in NordrheinWestfalen befindet sich auf dem höchsten Niveau weltweit. Wir wollen, dass das so bleibt. Deshalb haben wir uns für dieses wichtige Thema auch so stark gemacht.
Wir sind der Meinung, dass man hinsichtlich der Qualität noch einiges verbessern kann. Da kommt den privaten Anbietern übrigens eine ergänzende Schlüsselstellung zu. Der Staat hat sich ja beinahe schon in jede Lebensritze hineingedrängt. Zum Ende der Legislaturperiode erinnere ich noch einmal an die Präambel in unserem Koalitionsvertrag. Mit „Freiheit vor Gleichheit“, „Privat vor Staat“, „Erarbeiten vor Verteilen“ und „Verlässlichkeit vor Beliebigkeit“ haben wir herausgestellt, um was es uns geht, nämlich darum, die Erbringung von Aufgaben der Daseinsvorsorge durch die öffentliche Hand sicherzustellen. Anderes gehört sicherlich nicht dazu.
Kommunale Unternehmen machen vielfach hervorragende Arbeit und sollen dies auch weiterhin tun. Es ist schlicht und ergreifend falsch, wenn die SPD suggeriert, bei der Erbringung von Dienstleistungen zur Daseinsvorsorge durch Private blieben die Verbraucher häufig auf der Strecke. Vielfach ist genau das Gegenteil der Fall.
In der Stromversorgung gibt es beispielsweise schon immer Gebiete des Landes, in denen die Endkundenversorgung nicht durch kommunale Stadtwerke, sondern durch private Unternehmen gewährleistet wird. Die Stromversorgung in diesem Teilraum ist seit jeher genauso gut wie in den Zuständigkeitsbereichen der Stadtwerke. Sie wird es auch in Zukunft sein. Auch die Preise in der Energiewirtschaft entwickeln sich durch wettbewerbliche Strukturen nicht negativ.
Im Gegenteil: Mit der Liberalisierung des Strommarktes – das wissen wir doch alle – sind die Kilowattstunden-Preise erheblich gefallen. Der Verbraucher freut sich, aber leider hat es niemand gemerkt. Warum? Weil diese Einsparungen postwendend durch neue staatliche Aufgaben einfach aufgefressen wurden. Verantwortlich hierfür – das haben Sie zu vertreten – sind die Ökosteuer, das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das KraftWärme-Koppelungsgesetz. Diese Verbraucher
Hinzu kommen noch Mehrwertsteuer und Konzessionsabgabe. Die eigentlichen Stromkosten – hören Sie gut zu, aber die Zahlen kennen Sie doch –,
also die Kosten für Stromerzeugung und Netznutzung, belaufen sich gerade einmal auf 59 % des Rechnungsbetrages.
Wenn hier Verbraucher auf der Strecke bleiben – mit Sicherheit nicht durch marktwirtschaftlichen Wettbewerb.
Auch in der Abfallentsorgung gibt es gute Beispiele dafür, dass private Unternehmen ihre Dienstleistungen kostengünstiger und besser anbieten als kommunale Anbieter.
In meiner Heimatstadt Pulheim – ich bringe dieses Beispiel, ich habe es schon einmal von diesem Pult aus erwähnt – konnten wir zum 1. Januar 2010 die Abfallbeseitigungsgebühren um mehr als 10 % senken. Warum? Weil wir europaweit ausgeschrieben haben, und die städtische Entsorgungsleistung hat dann einen Anbieter gefunden, der die Preise senken konnte.
Die Verbraucher haben Beifall geklatscht. Das Erstaunliche im Bereich der Abfallentsorgung ist übrigens, dass sich private Entsorger – auch das wissen Sie – häufig gegen kommunale Entsorger durchsetzen, obwohl sie schon allein aufgrund der steuerlichen Ungleichbehandlung einen monetären Wettbewerbsnachteil haben: die Mehrwertsteuer.
Das augenfälligste Beispiel für den guten Einfluss privatwirtschaftlicher Akteure in der Daseinsvorsorge hat die SPD im Landtag selbst genannt: den Telekommunikationsmarkt. Wenn dieser Markt nicht liberalisiert worden wäre, hätten wir wohl noch auf Jahre hinweg mit grünen Wählscheiben gearbeitet und zwischen Fern- und Ortsgesprächen unterscheiden müssen. Es gibt also gute Gründe dafür, Aufgaben der Daseinsvorsorge von privaten Unternehmen oder zumindest in PPP-Form erbringen zu lassen. Da sind Sie, Herr Kuschke, ja auch sehr gut zu Hause.
Trotzdem fordert die SPD im Kern ihres Antrags ein Protektorat für öffentliche Strukturen und setzt sich für die rückwärtsgewandte Rekommunalisierung ein. Auf diese Weise wird es niemals gelingen, mei