Protocol of the Session on February 4, 2010

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Zur Erinnerung: Beide haben im Oktober als Mitglieder der großen Verhandlungsrunde der Koalitionsverhandlungen die Steuersenkung für Hoteliers aktiv mitbeschlossen.

(Bodo Wißen [SPD]: Aha!)

Beide haben am 18. Dezember im Bundesrat die Steuergeschenke beschlossen.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Beide haben zugelassen, dass die Abgeordneten von CDU und FDP in namentlicher Abstimmung am 4. Dezember im Deutschen Bundestag für die Absenkung der Hotelsteuern gestimmt haben.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Gelebte Schizo- phrenie! – Zuruf von der SPD: Führungs- schwäche! – Weitere Zurufe)

Der Rest ist schnell erzählt. Hierzu reichen ein paar Zeitungsüberschriften. Ich zitiere die „WELT“ vom 3. Februar 2010: „NRW sagt Aufstand gegen den Hotel-Steuerbonus ab“.

(Holger Ellerbrock [FDP] niest. – Heiterkeit – Hans-Willi Körfges [SPD]: Wir empfehlen ein Kurhotel! – Zurufe von der SPD: Gesundheit! – Weitere Zurufe)

Gesundheit. – Die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ zitiert Wolfgang Kubicki. Ich finde es wirklich bezeichnend, was der schleswig-holsteinische Liberalen-Fraktionschef dort sagt: Pinkwarts Vorstoß ist „verhängnisvoller für die FDP als der Vor

wurf im Zusammenhang mit der MövenpickSpende“.

Weiter heißt es: Herr Pinkwart erweckt den Eindruck, „die FDP sei unfähig, die Folgen ihres Tuns zu übersehen“. – Wie wohl und wahr ist das analysiert, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Jetzt ist Minister Pinkwart noch so dreist und behauptet nur noch, dass er mit seinem Vorstoß für Bürokratieabbau geworben habe. Das ist grotesk.

Dass die Bundeskanzlerin die hilflosen Reparaturversuche des Ministerpräsidenten mit kalter Hand zurückweist, zeigt zum einen, wohin die Koalition von CDU und FDP dieses Land geführt hat, und zum anderen, welche Bedeutung sie auf Bundesebene hat.

Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Ganzen später noch mehr. – Vielen Dank erst einmal für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Eiskirch. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Löhrmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als mich letzten Samstag die Nachricht von Pinkwarts Panikattacke erreicht hat, war ich beim Neujahrsempfang des DPWV in Solingen.

(Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Der Oberbürgermeister der CDU machte gerade dem Sozialverband und vielen anwesenden Sozialvertretern deutlich, dass die bisherige Linie in der Stadt Solingen, bei den Sozialverbänden nicht zu kürzen, angesichts der bisherigen Finanzlage der Kommunen und angesichts dessen, was auf die Kommunen noch zukommen würde, nicht mehr durchzuhalten sei.

Als ich das kurz über SMS mitbekommen habe – zuerst hieß es, Pinkwart wolle das zurücknehmen; das war die Überschrift –, habe ich gedacht: Oh, sollte da jemand vernünftig geworden sein? Insofern war es erst einmal eine gute Nachricht,

(Zuruf von der SPD: In der Sache ja!)

dass es vielleicht eine Revision und eine Rücknahme dieses absurden Steuergeschenks geben sollte.

(Martin Börschel [SPD]: 24 Stunden lang!)

Aber weit gefehlt! Beim genaueren Betrachten stellte man fest, dass es Herrn Pinkwart nur darum ging, das auszusetzen und es bei einer anderen, größeren Steuerreform angeblich vernünftig zu machen. Das war die eigentliche Nachricht vom Samstag.

Dann war die Freude nicht nur bei den Sozialverbänden, sondern auch bei mir sehr schnell vorbei.

Ferner muss man sich wirklich in Erinnerung rufen, ob dieses Gesetz irgendwie im Schnellverfahren ohne ausführliche Beratungen beschlossen worden ist. Das kann man bei diesem Gesetz nun wirklich nicht sagen, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Jetzt kann man unterstellen, dass er, auch wenn er der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende ist, nicht alles mitbekommt, was in Berlin passiert. Aber nein, Rüttgers und Pinkwart haben doch nach jeder Koalitionsrunde lobpreisend beschrien und erklärt, wie toll es sei, dass es jetzt dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz gebe und welchen Kernbestand gerade die Ermäßigung für die Hotelbesitzer ausmachen würde, obwohl alle anderen etwas anderes gesagt und angemerkt haben, dass das absurd sei und nichts bringe, um Deutschland und Nordrhein-Westfalen nach vorne zu bringen. Das haben sie uns jeden Abend in allen Nachrichtensendungen vorgebetet.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Blaupause! – Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Dann hat es sowohl in den Expertenanhörungen im Deutschen Bundestag, aber auch hier ausgiebige Diskussionen darüber gegeben, dass das Murks ist und dass gerade dieser Murks Bestandteil dieses Steuersenkungsgesetzes und Schuldenbeschleunigungsgesetzes ist. Da kann man doch nicht behaupten, das ist Gesetzeshandwerk, und man wusste nicht, was man tut. Das ist doch der Kern der Sache.

(Beifall von GRÜNEN und Hans-Willi Körfges [SPD])

Was also, meine Damen und Herren, war Auslöser für die Pinkwart’sche Pirouette? – Auslöser waren – Herr Eiskirch hat zu Recht darauf hingewiesen – die sinkenden Umfragewerte der FDP. Das ist der einzige Auslöser. Offenbar war die Pirouette nicht abgesprochen – das spricht für die Analyse Panikattacke –: Westerwelle wusste nicht mehr vor noch zurück. Herr Papke – auch heute nicht da – hat nach der Fraktionssitzung offenbar gesagt: Da musst du selber vor die Tür; ich gehe nicht vor die Tür. Du musst selber versuchen, den Mist wegzuräumen. – Ein reines Manöver also, um von ganz schrecklicher Politik abzulenken, ohne auch da vom Ende her gedacht zu haben.

Aber – und das finde ich interessant – eigentlich ist es nicht überraschend, denn wir in NordrheinWestfalen wissen doch, dass sich gerade die FDP über Expertenanhörungen zu allen möglichen Gesetzen vorwärts und rückwärts hinwegsetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich will nur einige nennen, gerade was die Gemeinden angeht: das Gemeindewirtschaftsrecht, § 107, das GFG – ständig wird gesagt, das sei nicht in Ordnung –, die Stichwahlen nach der Gemeindeordnung sind nicht in Ordnung,

(Theo Kruse [CDU]: Das stimmt nicht!)

Turbo-Abitur ist nicht in Ordnung, Studiengebühren sind nicht in Ordnung, KiBiz ist nicht in Ordnung. All diese Gesetze haben den Praxistest hier im Lande nicht bestanden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Und die Umweltverwaltung und die Versorgungsverwaltung und die Online-Überwachung – wie oft Gesetze hier vor dem Verfassungsgericht landen –, all das zeigt, dass Sie nicht nur handwerklich schlecht arbeiten, sondern dass Sie in der Sache schlecht arbeiten, dass Sie schlechte Politik für Nordrhein-Westfalen machen, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Insofern – das ist meine Conclusio – geht es nicht darum, dass hier Gesetze den Praxistest nicht bestanden haben. Sie haben den Praxistest nicht bestanden, meine Damen und Herren von der FDP.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Deswegen ist es endlich so weit, dass Ihre Werte in den Umfragen sinken. Ich bin wirklich gespannt, welche Pirouetten uns da seitens der Herren Pinkwart und Papke in den nächsten paar Monaten noch ereilen werden.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Die Drehge- schwindigkeit nimmt zu!)

Ich bin wirklich gespannt, ob Sie bedenken, dass das Eis dünner wird, auf dem Sie Ihre Pirouetten da drehen.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das ist zwangsläufig so!)

Ja, genau, das ist zwangsläufig so, nicht nur weil der Frühling kommt, sondern auch, weil die Menschen merken, dass da etwas faul ist und dass dieser Wahnsinn, den Sie hier in der Gesetzgebung und in der Politik für Nordrhein-Westfalen betreiben, Methode hat. Diese schlechte Gesetzgebung, diese schlechte Politik hat Methode hier in NordrheinWestfalen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich bedauere, dass Herr Hegemann heute nicht spricht. Das bedauere ich sehr, denn er hat das mit dem Taumelkäfer mal so schön gemacht.