Protocol of the Session on February 3, 2010

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Steffens, manchmal ist es besser, einen Sprechzettel zu haben, als hysterischen Unsinn zu reden.

(Beifall von CDU und FDP – Carina Gödecke [SPD]: Das war jetzt sehr parlamentarisch, Frau Ministerin! – Zuruf von der SPD: Das war sehr staatstragend!)

Ich würde ganz gerne noch etwas zur Bemerkung von Frau Schäfer machen, die gesagt hat: Sie haben gelogen. – Frau Schäfer, zur Lehrerbedarfsprognose kann ich Ihnen einiges sagen. Die Hinweise hierzu werden immer aktualisiert. Nichts anderes habe ich gesagt.

(Zuruf von Ute Schäfer [SPD])

Wir können gerne gemeinsam hineinsehen. Sie können sich dann gerne daran orientieren.

Eines möchte ich noch sagen: Das zusätzliche Jahr in Salem ist inzwischen zurückgenommen. Die Landesregierung Baden-Württemberg hat nicht zugestimmt. Das möchte ich nur der Aktualität wegen sagen.

(Frank Sichau [SPD]: Das ist aber etwas an- deres, oder?)

Meine Damen und Herren, Herr Link hat es angeführt, Sie haben eben von der Belastung gesprochen. Dabei sprechen Sie von 40 Stunden und sogar mehr; jeden Tag wird es ein bisschen mehr. Wenn man das wirklich einmal berechnet und die

Maximalgröße bei einer Bandbreite von 30 bis 33 Unterrichtsstunden plus Hausaufgaben nach dem Hausaufgabenerlass zusammenrechnet, kommt man maximal auf 30,75 Stunden und keinesfalls auf 40 Stunden. In diesem Maximum sind immer auch noch Förderstunden enthalten, die ja bekanntlich auch nicht für andere …

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Frau Beer, Sie wissen doch: Erst in der nächsten Legislaturperiode.

Frau Ministerin, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Ich habe ihr gerade geantwortet.

Ah, Sie haben sich also selber unterbrochen. Das habe ich von hier aus gar nicht zur Kenntnis nehmen können. – Frau Beer, dann stellen Sie bitte Ihre Zwischenfrage. Frau Ministerin hat sie erlaubt.

Frau Ministerin, es ist sehr nett, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sind Ihnen denn auch die Fälle aus den Schulen bekannt, dass die Schülerinnen einzeln regeln müssen, dass die Hausaufgaben wirklich begrenzt werden, dass es also nicht funktioniert, dass der gesamte Hausaufgabenerlass nicht durchschlägt und dass die Belastung der Schülerinnen extrem hoch ist?

(Helmut Stahl [CDU]: Überall!)

Die Kollegin hat gerade wieder eine Besuchergruppe gehabt, die genau das geschildert hat: Schüler müssen es einzeln aushandeln und

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

von Pontius zu Pilatus gehen, um die Probleme zu regeln.

Frau Beer, Hausaufgaben sind sicherlich ein ganz strittiger Punkt. Ich habe dazu eine deutliche Meinung. Manchmal ist ein Erlass ein Schutz, manchmal engt er aber auch sehr ein. Ich glaube, dass wir an dieser Stelle pädagogisch noch einmal sehr arbeiten müssen. Ich sehe auch, dass der Hausaufgabenerlass nicht immer ganz dienlich ist. Da müssen wir noch Überzeugungsarbeit leisten.

(Beifall von Michael Solf [CDU])

Aber wir arbeiten daran. Ich denke, dieses pädagogische Instrument – so war es ursprünglich gedacht – ist neu zu überdenken. Insofern kann ich mich bei

der Zeit nur auf die von Ihnen angegebenen 40 Stunden beziehen.

Meine Damen und Herren, wenn es denn wirklich mit dem Gymnasium so schrecklich ist, wie wir gerade gehört haben – ich habe mit dem Bild der Finsternis begonnen, das sich im Laufe der Debatte noch verdüstert hat –, frage ich mich allen Ernstes: Warum sind denn die Anmeldezahlen zum Gymnasium unter dem Bewusstsein, dass es acht Jahre sind, so gestiegen? Warum tut man das dann?

(Beifall von CDU und FDP)

2004 waren es 36,5 %. Wir liegen inzwischen bei 38,7 % Anmeldungen von der Grundschule aufs Gymnasium. Das ist doch ein deutlicher Anstieg. Dann kann man doch nicht versuchen, hier ein solches Zerrbild darzustellen.

Noch ein Punkt zur Belastung: Es hat eine Studie der DAK mit der Universität Lüneburg gegeben. Ich lese Ihnen gerne einmal vor, was dort geschrieben steht:

Die Gymnasialschüler geben bei allen Beschwerden

Stressbeschwerden –

seltener als die Schüler der anderen Schulformen an, unter diesen zu leiden.

Meine Damen und Herren, Sie haben eben mehrfach reklamiert, man müsse die Basis fragen. Das habe ich getan. Ich habe Vertreter der Basis im Haus gehabt, und wir haben uns mehrfach mit kritischen Schülerinnen und Schülern ausgetauscht, die gesagt haben: „G8“ ist eigentlich nichts für uns. – Nachdem sie aber Informationsmaterial bekommen und sich darüber ausgetauscht haben, machen sie phantastische Vorschläge. Ich hebe einmal das Mindener Gymnasium exemplarisch hervor. Da wurde erfasst, welche Chancen in einer Verkürzung der Schulzeit liegen können, wenn man zum Beispiel an die Lebenszeit und daran denkt, dass man im Ausland schon lange vor uns diesen Schritt gegangen ist und selbst unsere Nachbarn in anderen Bundesländern diesen Schritt schon vollzogen haben.

Auch unsere wenigen Gymnasien, die wir zur Erprobung vorangeschickt haben, geben uns die Rückmeldung, dass es funktioniert. Mit dieser Zuversicht und diesem Optimismus sollten wir weiterhin mit dieser Struktur leben. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich will der guten Ordnung halber sagen, dass die Landesregierung um 1 Minute und 44 Sekunden überzogen hat. Ich sehe im Moment aber keine weiteren Wort…

(Monika Düker [GRÜNE] meldet sich.)

Doch, ich sehe eine weitere Wortmeldung. Bitte schön, Frau Kollegin Düker für Bündnis 90/Die Grünen, 1 Minute und 44 Sekunden.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Nichtfachpolitikerin bin ich erschüttert, Frau Sommer, wie wenig Rückmeldungen Sie offenbar aus den Schulen dieses Landes haben. Zu Beginn dieser Debatte hatte ich gerade eine Schülergruppe der Klasse 9 des Suitbertus-Gymnasiums in Düsseldorf zu Besuch.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie wollen doch das Gymnasium abschaffen! Sagen Sie das doch einfach offen!)

Kurz bevor ich in den Plenarsaal gekommen bin, habe ich die Schülerinnen und Schüler gefragt: Wie läuft es denn bei euch? Was würdet ihr anders machen? Was sind eure Probleme? – Die erste Schülerin hat gesagt, sie wisse überhaupt nicht, wie das mit ihrem Latinum laufen solle. Die zweite Schülerin sagte, es gäbe Probleme mit den Zwischenprüfungen. Die Lehrerin saß daneben, zuckte mit den Schultern und sagte, sie könne den Schülern keine Antwort geben. Die nächste Schülerin beklagte sich darüber, dass sie überhaupt nicht wisse und niemand ihr sagen könne, was geschehe, wenn sie vor dem Abitur aufhören würde, welche Abschlüsse sie dann habe und welche Prüfungen sie ablegen könne.

Es meldeten sich zehn Schüler aus dieser Klasse, die sagten: Wir wollen „G8“, wir sind gar nicht dagegen – aber so kann man mit uns nicht umgehen! Die einhellige Meinung dieser Klasse war: Wir fühlen uns als Versuchskaninchen der Nation und haben Angst vor der Situation in 2013.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das war die Klassenmeinung. Die Klasse hat ein Diktiergerät mitlaufen lassen. Dieses Gespräch wird dokumentiert, und ich gebe Ihnen das gerne einmal. Diese Klasse war nicht leistungsfeindlich oder in irgendeiner Form bildungsfern. Nein, sie haben nur gesagt: Wir wissen nicht, wie wir das umsetzen können; für Hobbys oder private Dinge haben wir überhaupt keine Zeit mehr; wir bekommen keine Antworten auf unsere Fragen.

Frau Kollegin, Sie kommen jetzt bitte zum Schluss.

Ja. – Frau Kollegin Sommer, vielleicht gehen Sie einmal in die Schulen und reden mit den Schülerinnen und Schülern. Dann wüssten Sie, was da eigentlich los ist.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der SPD hat direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Inhalt des Antrags Drucksache 14/10597 zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Es enthält sich Herr Sagel. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen zu:

4 Gesetz zur Stärkung der Stadtwerke im Energiemarkt – Stadtwerkerettungsgesetz (StaRG)

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/10585

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/10633