Protocol of the Session on February 3, 2010

auch zu Zeiten rot-grüner Landesregierungen praktiziert worden sind.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Das ist, Frau Beer, mal wieder Ihr Reflex, dass all die Strukturen, die zu Zeiten rot-grüner Landesregierungen auch im Schulbereich für Sie in Ordnung waren und für die es eine gesetzliche Grundlage gab, dann, wenn das in anderen Regierungskonstellationen Fortbestand hat, nicht mehr in Ordnung sind. Das ist schon wenig glaubwürdig.

Uns geht es ausdrücklich um die Frage der Fachlichkeit. Deshalb hat, was die Organisation der Elterninteressenvertretung angeht, meine Kollegin Ingrid Pieper-von Heiden Ihnen hier sehr vollständig dargelegt, wie vielfältig auch die Sicht der jetzigen Verbändestruktur ausschaut, welche Meinungen dazu vorgetragen worden sind und in welcher Vielfalt die Interessen organisiert sind. Sie sind nämlich fachlich organisiert.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Dort sind Menschen zusammen, Frau Beer, die auch etwas von den Themen verstehen, zu denen sie dann zusammensitzen. Diese Perspektive sollten Sie sich auch einmal neu erschließen. Frau Beer, gerade Ihr Beispiel „G8“ zeigt ja, dass es doch Sinn macht, wenn die Verbände, die auch eine thematische Nähe zu dem haben, was als Entscheidungsgegenstand auf dem Tisch liegt,

(Beifall von der FDP)

sich am besten dann auch in den Strukturen über die Frage unterhalten.

In welcher demokratischen Kultur das innerhalb der Organisation der Elternvertretung geschieht, müssen die Verbände schon für sich selber regeln. Selbstverständlich müssen abweichende Meinungen in demokratischen Organisationen auch gewürdigt werden. Das ist aber nicht die Frage von Einheitssystem oder fachlicher Organisationsstruktur, sondern eine Frage der Kultur innerhalb der Verbände.

Wir stehen zu der Organisation der Elternschaften. Wir danken den Elternschaften für ihre Leistung und wollen sie auch zukünftig stärken und fördern.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Der Ausschuss für Schule und Weiterbildung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/10604, den Antrag der Grünen Drucksache 14/9423 abzulehnen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen will, den bitte ich ums Handzeichen. – Das sind CDU-Fraktion und FDP-Fraktion.

Wer ist dagegen? – Grüne und SPD. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Empfehlung angenommen und der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

16 Gesetz zur Abrechnung der Finanzierungsbeteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbände an den finanziellen Belastungen des Landes Nordrhein-Westfalen in Folge der Deutschen Einheit (Einheitslastenab- rechnungsgesetz NRW)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/10125

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform Drucksache 14/10605

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung. – Herr Hüsken, Sie haben für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem heute zu beschließenden Entwurf des Einheitslastenabrechnungsgesetzes NRW zeigt sich die Landesregierung erneut als verlässlicher Partner der Kommunen. Wir bieten eine seriöse Lösung, die dauerhaft Bestand hat und niemanden übervorteilt. Die Kommunen erhalten genau das, was ihnen zusteht.

So erkennt das Land für das Jahr 2006 die Bindungswirkung des Urteils des Verfassungsgerichtshofs vom 11. Dezember 2007 an. Im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbände wurde festgestellt, dass die kommunale Überzahlung der Einheitslasten im Jahr 2006 379 Millionen € beträgt.

Für die zu veranschlagende Höhe der Einheitskosten ab 2007 konnte kein Einvernehmen erzielt werden. Es bestehen weiterhin deutlich unterschiedliche Positionen, die jeweils auf finanzwissenschaftlichen Gutachten beruhen. Gleichwohl rechnet die Landesregierung entsprechend dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs auch für diese Jahre die Einheitslasten ab und kommt den Kommunen mit der Zahlung von rund 78 bzw. 140 Millionen € für die Jahre 2007 und 2008 entgegen.

Hierzu haben wir im zuständigen Fachausschuss eine sehr interessante und wissenschaftlich fundierte Anhörung durchgeführt. Dabei bestand unter den Sachverständigen Übereinstimmung, dass sich die Einheitslasten nicht mehr berechnen lassen; allerdings lasse die Finanzwirtschaft eine methodische Annäherung zu.

Herr Prof. Lenk, an dessen Grundthese sich der Gesetzentwurf der Landesregierung orientiert, stützt seine heuristische Annäherung an die Einheitslasten des Landes auf die sogenannte Niveausprunghypothese. Danach ergibt sich eine fortwirkende Niveauverschiebung von 103 € je Einwohner durch die Einbeziehung der neuen Länder in den Länderfinanzausgleich ab 1995.

Weitere Sachverständige unterstützen diese Vorgehensweise, fiktive Größen – hier entgangene Einnahmen im Länderfinanzausgleich – zu berechnen.

Interessanterweise haben Frau Prof. Färber und auch Herr Prof. Junkernheinrich in ihren Vorträgen den Niveausprung dem Grunde nach nicht infrage gestellt. Sie bezweifelten allerdings, in welcher Höhe er fortwirke.

Prof. Lenk verwies darauf, dass der Gesetzentwurf die Argumentation, ein Teil des Niveausprungs sei nicht auf die deutsche Einheit zurückzuführen, aufgreife und einen Abschlag vom Niveausprung in Höhe von 440 Millionen € vorsehe. Darüber hinaus werde die Niveauverschiebung mit einem Ostfaktor gewichtet.

Als positives Signal haben die kommunalen Spitzenverbände die neue interkommunale Verteilung herausgestellt. Zusätzlich werden durch die gefundene Regelung finanzschwache Kommunen von der Rückzahlung freigestellt.

Zusammenfassend haben die Experten, auch wenn sie zum Teil unterschiedliche Auffassungen vertraten, bestätigt, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung eine tragfähige und belastbare Lösung zur Finanzierung des Solidarpakts durch die Kommunen bildet.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf hat die externe Bewertung bestanden. Letztlich ist er das Ergebnis eines intensiven Abwägungsprozesses.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen: Für 2006 bis 2008 verzichtet das Land auf 365 Millionen € und leistet zusätzlich 901 Millionen €.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Damit kommt das Land den Kommunen insgesamt um 1,3 Milliarden € entgegen.

(Beifall von CDU und FDP)

Nach Verrechnung der bereits gezahlten Abschläge in Höhe von 650 Millionen € können nun die verbleibenden 251 Millionen € zügig ausgezahlt werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hüsken. – Für die SPD-Fraktion erhält Kollege Körfges das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier gerade ein gutes Beispiel für das Problem selektiver Wahrnehmung bei der Auswertung von Parlamentsanhörungen geliefert bekommen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir als SPD-Landtagsfraktion werden nicht nur heute Abend den Gesetzentwurf ablehnen, sondern wir beantragen zugleich auch eine dritte Lesung des Gesetzes und die Zurückverweisung in den Fachausschuss.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich erspare mir nicht nur aus Zeitgründen, sondern weil das Ihnen gegenüber, liebe Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen, vergebene Liebesmüh ist, einen ausführlichen Hinweis auf die finanzielle Situation der Kommunen in unserem Lande. Ich empfehle das, was der Deutsche Städtetag gestern zu diesem Thema unter besonderem Bezug auf das Land Nordrhein-Westfalen ausgeführt hat, Ihrer freundlichen Lektüre.

Während Sie das, was hier vorgelegt wird, nach dem Ergebnis der Anhörung als seriös bezeichnen, ziehe ich das stark in Zweifel. Ihre Formulierungen bezogen auf die Kommunen – die Kommunen erhalten genau das, was ihnen zusteht – muss in den Ohren derjenigen, die vor Ort in den Kommunen Verantwortung tragen, wie der reine Hohn klingen, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Einige Punkte will ich noch einmal herausarbeiten:

Die banale, die wirklich banale Feststellung, die Einheitslasten ließen sich ohnehin nicht mehr genau feststellen und deshalb sei der von Ihnen gewählte Maßstab von allen Sachverständigen akzeptiert worden, ist so schwierig wie falsch, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD)

Denn die wesentlichen Fragen blenden Sie an der Stelle aus. Frage eins: Was kann nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und nach den Gesetzesmaterialien tatsächlich als Einheitslast qualifiziert werden? Die Frage ist – Sie ziehen das in Zweifel – von zwei von drei Sachverständigen sehr deutlich sehr kritisch beantwortet worden. Sich dann mit dem Trick einer fiktiven Berechnung – das klappt schon im Zivilrecht nicht und ist eher etwas für die lachende Justiz, Herr Innenminister – unter Herbeiziehung der unzulässigen Annahme, dass die entgangenen Zahlungen oder die entgangenen Verbesserungen aus dem Länder-Finanz-Ausgleich eine Einheitslast wären, die vom Gesetzgeber oder gar vom Verfassungsgerichtshof gemeint gewesen sei,

herausreden zu wollen, kann kaum jemand nachvollziehen.

Das muss man auch vor dem Hintergrund des Urteils noch einmal genau werten. Das Gericht hat sich damals nicht nur dem klägerischen Antrag angeschlossen, der Sachverständige Professor Hellermann hat wörtlich ausgeführt: