Protocol of the Session on December 16, 2009

(Zuruf von Günter Garbrecht [SPD])

Ich wollte das nur noch einmal in aller Deutlichkeit sagen. Sie sitzen da im Glashaus. Jetzt zeigen Sie mit dem Finger auf Baden-Württemberg, nur weil eine Haushaltsstrukturkommission einen Prüfauftrag erteilt hat,

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Es geht um den Haushalt!)

den Ihre eigene Regierung damals auch erteilt hat. Liebe Leute, durchsichtiger geht es wirklich nicht mehr.

(Zurufe von der SPD)

Sie müssen einfach sehen, dass man die Vergangenheit kennt, wenn man lange dabei ist.

(Zuruf von Norbert Killewald [SPD])

Ich hätte wenigstens von Ihnen erwartet, dass Sie bei dem Antrag Ihr Vorgehen in der Vergangenheit prüfen. Das ist doch Schlamperei, was Sie hier auf den Tisch legen, um es einmal in aller Deutlichkeit zu sagen.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie hätten auch reinschreiben können, dass Sie diese Kommission gemacht haben, dass Ihre Regierung damals genau das Gleiche gemacht hat.

(Heike Gebhard [SPD]: Was Ihre Fraktion gestoppt hat!)

Das hätten Sie doch reinschreiben können.

(Norbert Killewald [SPD]: Das haben Ihre niedersächsischen Kollegen schon immer gesagt!)

Im Bundesrat liegt kein Antrag von BadenWürttemberg vor. Ich bin nun lange dabei. Ich habe noch nie erlebt, dass man sich, bevor man überhaupt einen Antrag kennt, bevor man weiß, was in einem Antrag steht, von vornherein festlegen soll, dass man einen solchen Antrag für unmöglich hält. Das ist ein Vorgang, der nicht zu beschreiben ist. So stelle ich mir seriöse Politik nicht vor.

(Angela Freimuth [FDP]: Genau!)

Denn, meine Damen und Herren, es ist doch richtig, dass man selbstverständlich immer wieder bestehende Regelungen daraufhin überprüfen muss, ob man sie effektiver gestalten kann, ob man sie mit weniger Bürokratie gestalten kann. Wir wären doch in der Bundesrepublik Deutschland nie zu einer sozialen Pflegeversicherung gekommen, wir wären nie zu einem Wohn- und Teilhabegesetz gekommen, wenn man nicht auch einmal bestehende Regelungen überprüft hätte. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Deswegen ist es nicht von vornherein zu kritisieren, wenn ein anderes Bundesland mal über eine Frage nachdenkt.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Sie haben es in den Haushalt eingestellt!)

Jetzt komme ich zum politischen Teil. Für die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen ist ganz klar, dass wir an der jetzigen Regelung bezüglich der Unterstützung der Freifahrtenberechtigung nichts ändern wollen. Wir wollen, dass der jetzt

berechtigte Personenkreis, genauso wie es heute geregelt ist, dass bestimmte Menschen, die besonders hilfsbedürftig sind, ohne Zuzahlungen Freifahrten bekommen, dass es eine andere Gruppe gibt, die eine Zuzahlung von 5 € erhält, dass die Menschen die Möglichkeit haben, zu wählen, ob sie den öffentlichen Personennahverkehr nutzen oder eine Steuerermäßigung für ihr Auto haben wollen. An diesem Zustand wollen wir nichts ändern. Damit haben Sie die politische Wertung des Ganzen.

Über die Frage, wie man diese Bedarfe ausrechnet, wie man zu den Ergebnissen kommt, welche Verkehrsgesellschaft wie viel Erstattung bekommt – das sind alles Schätzzahlen –, sollte man auch einmal nachdenken dürfen. Das betrifft auch die Frage, wie man das vernünftig, vielleicht besser als heute regeln kann. Das heißt, über die Organisation, den Weg, wie man den Menschen diese Leistungen zugute kommen lässt, und darüber, ob es bessere Weg gibt als die, die wir heute haben, kann man in der Politik nachdenken.

Zum Schluss komme ich zu einem Punkt, der mich bezüglich der Freifahrtenregelung ärgert. Wie ist denn die Situation? – Viele Menschen, die schwerstbehindert sind, können sich aus finanziellen Gründen kein Auto erlauben, das man umbauen muss. Diese Autos sind im Übrigen sehr teuer. Wenn man nicht berufstätig ist, muss man das selber bezahlen. Da ich mich damit auskenne, weiß ich, was solche Autos kosten. Daneben gibt es diejenigen, die so schwer behindert sind, dass sie öffentliche Verkehrsmittel gar nicht in Anspruch nehmen können, die etwa auf einen Fahrdienst für Rollstuhlfahrer angewiesen sind. Diese haben von all diesen Regelungen, über die wir heute reden, gar nichts, weil sie auf der einen Seite das Auto nicht in Anspruch nehmen können und auf der anderen Seite den öffentlichen Personennahverkehr nicht nutzen können. Ich denke darüber nach, ob es richtig ist, dass die Menschen den Behindertenfahrdienst, den Rollstuhlfahrdienst wie ein Taxi selbst zahlen müssen, um Mobilität zu haben, und dass für andere, die bei weitem nicht so behindert sind, diese Lösungen vorhanden sind.

Ich habe mit diesem Beispiel zum Ausdruck bringen wollen, dass es sehr gute Gründe gibt, auch über diese Frage, wie wir das organisieren, nachzudenken, um auch denjenigen, die in ihrer Bewegungsfreiheit am allermeisten eingeschränkt sind, eine Möglichkeit zu eröffnen, diese Privilegien zu nutzen.

Ich denke, die politische Festlegung war eindeutig. Aber ich will noch einmal sagen: Wer selbst eine solche Kommission gemacht hat,

(Zuruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

sollte nicht andere, die eine solche Kommission machen, von vornherein verteufeln.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich ganz herzlich bei den Sprecherinnen und Sprechern der Fraktionen, die ihre Redezeit nicht voll in Anspruch genommen haben.

Die antragstellende Fraktion der SPD hat direkte Abstimmung beantragt. Also stimmen wir jetzt direkt über den Antrag Drucksache 14/10374 ab. Wer ist für den Antrag? – Das sind SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Enthält sich jemand der Stimme? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag mit der Mehrheit der Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Ich rufe auf:

11 Zweites Gesetz zur Änderung der gesetzlichen Befristungen im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/9853

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Energie Drucksache 14/10387

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/9949

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/10433

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/10438

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung. – Als erster Redner erhält Herr Abgeordneter Wittke für die CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Jetzt kommen wieder die Bekenntnisaufrufe! – Svenja Schulze [SPD]: Jetzt geht es wieder in die Kirche!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auf besonderen Wunsch der

SPD-Fraktion möchte ich mit einem Bekenntnis beginnen.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Ich habe es doch gewusst!)

Jawohl, wir bedauern es, dass es noch nicht gelungen ist, den Landesentwicklungsplan und das Landesentwicklungsprogramm zu einem einheitlichen Werk zusammenzuführen. Aber für uns gilt: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Bevor Sie sich gleich darüber mokieren, Herr Kollege Bollermann, will ich Sie daran erinnern, dass es Ihre Landesregierung war,

(Zuruf von der SPD: Unser aller Landesregie- rung!)

die schon im Jahr 2002 angekündigt hat, in den Jahren 2003 und 2004 beide Werke zusammenzuführen.

Damals sagte ein führender Mitarbeiter der Staatskanzlei in Nordrhein-Westfalen – ich zitiere wörtlich –:

Die Zusammenfassung von Landesentwicklungsprogramm und Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen wird sich in den Jahren 2003 und 2004 anschließen.

Ich will jetzt nicht darüber richten, warum Sie es nicht geschafft haben, diese beiden Werke zusammenzuführen.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Es wird eine Organisationsvereinbarung dazu getrof- fen!)

Aber Sie sollten sich hüten, hier und heute Kritik an der aktuellen Regierung zu üben, dass sie es noch nicht hinbekommen hat. Es wird kommen – ganz klar –, und es ist auch dringend notwendig. Aber noch einmal: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.