Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte nimmt einen sehr interessanten Verlauf. Den Zusammenhang mit den Kommunalfinanzen sehen beileibe nicht nur wir.
Ich will noch einmal zwei Dinge klarmachen: Wer das Konjunkturpakt der ehemaligen Bundesregierung mit diesem Steuerverschleuderungspaket verwechselt, das im Augenblick anliegt, verwechselt Dinge, die konjunkturell wirksam waren, mit Dingen, die nur dazu dienen, wenigen mehr in die Taschen zu spülen, wie beim aktuellen Gesetzespaket, meine Damen und Herren. Die konjunkturelle Wirkung ist gleich null.
Sie wollen diese Politik dadurch überhöhen, dass Sie mit uns über eine Schuldenbremse diskutieren, und zwar zulasten der Kommunen.
Wenn Sie es mir nicht glauben, dann zitiere ich aus der „Zeitschrift für Kommunalfinanzen“ einen in NRW gut bekannten Menschen, nämlich Kyrill Schwarz, seines Zeichens Leiter der Grundsatzabteilung für Verfassungsfragen in unserer Staatskanzlei. Er hat in einem aufsehenerregenden Aufsatz in Bezug auf die Schuldenbremse Folgendes ausgeführt, was ich auch der Lektüre unseres Finanzministers empfehle. Ich zitiere wörtlich:
Verschuldungsverbote für die Länder, wie sie Gegenstand der Neufassung von Landesverfassungen sind, bergen die Gefahr, dass der kommunale Finanzausgleich als disponible Masse zur Einhaltung der Verschuldungsgrenzen herhalten muss. Dies würde bedeuten, dass die kommunalen Haushalte erneut die Reservekasse der Länder bilden.
Das haben nicht wir gesagt; sondern das ist eine Erkenntnis, die offensichtlich sogar im engeren Führungsbereich dieser Landesregierung besteht, nämlich bei Herrn Schwarz, der Herrn Rüttgers in Grundsatzfragen zur Beratung zur Verfügung steht. Meine Damen und Herren, ich kann nur empfehlen: Hören Sie doch mal auf Leute aus Ihren eigenen Reihen,
die das wissen und sogar verschriftlichen, wenn auch nicht in Nordrhein-Westfalen. Aber ich bin froh darüber, dass wir es gefunden haben. – Vielen Dank.
Danke schön, Herr Körfges. – Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zum Schluss der Beratung.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 14/10358 an den Hauptausschuss – federführend – sowie mitberatend an den Haushalts- und Finanzausschuss und den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Dann ist die Überweisung einstimmig so beschlossen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein guter Tag zur Beratung dieses Antrags, weil die Kanzlerin heute zum Bildungsgipfel lädt. Ich möchte im Grunde genommen nur folgende zwei Themenfelder ansprechen.
Wenn die Kanzlerin, die Ministerpräsidenten und Schwarz-Gelb es damit ernst meinen, dass die Bundesrepublik in Sachen Bildungspolitik insgesamt wirklich handlungsfähig werden soll, gilt es, eine Lehre aus dem Fehler zu ziehen, dass man bei der Föderalismusreform I ein Kooperationsverbot beschlossen hat, sodass der Bund nicht mehr, wie es unter Rot-Grün noch möglich war, etwa ein 5Milliarden-Programm zur Finanzierung von Ganztagsschulen in der Bundesrepublik Deutschland auflegen kann. Es war ein großer Fehler, dieses Kooperationsverbot zu beschließen. Die Grünen waren die einzige Fraktion in diesem Hause, die das nicht mitbeschlossen hat. Es war uns so wichtig, dass wir sogar die Föderalismusreform I daran haben scheitern lassen. Leider hat es die Große Koalition dann anders beschlossen.
Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Für die Vorstellung, dass das ein Zusammenspiel von Bund, Ländern und Gemeinden sein muss, gibt es, wenn man die Menschen danach fragt, zu über 90 % Zustimmung. Es wäre also ein sehr gutes Signal, wenn Sie sich heute dazu äußern würden.
Im weiteren Verlauf des Tages kommen wir gerade auf diese Forderung noch einmal zurück, weil Frau Schavan, die das Kooperationsverbot mit forciert hat, heute sagt, das sei ein Fehler gewesen und man müsse es eigentlich korrigieren. Das ist der erste Punkt, den ich am Tag des Bildungsgipfels sehr deutlich sagen möchte. Ich bin gespannt, was die Vertreter der Regierungskoalition dazu sagen.
Der zweite Punkt, den ich ansprechen will: Für gute Bildung braucht man Geld, und zwar auf allen Ebenen, auch auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Wir alle wissen, dass gerade Bund und Land chronisch unterfinanziert sind.
Angesichts der Situation, dass der Soli Ost auch verfassungsrechtlich ein bisschen in Zweifel gezogen wird und darüber hinaus überfinanziert ist – es gibt nämlich Mittel, Milliardensummen, die für den Soli Ost nicht gebraucht werden und im Bundeshaushalt versickern –, schlagen die Grünen zwei Elemente vor: zum einen eine Altschuldenhilfe, die auch die Kommunen einbezieht, und zum anderen die Umwandlung von 23 Milliarden € dieses Soli Ost in einen Bildungssoli, damit Bund, Land und Gemeinden für die wichtigen Bildungsaufgaben
Unterstützung erfahren, die in diesem Land zu lösen sind. – Das ist der zweite Punkt, den ich hier sehr deutlich ansprechen möchte.
Dann brauchen wir uns über die Schul- und Bildungspolitik ausnahmsweise nicht zu streiten, sondern wir überlegen uns: Welche Maßnahmen finden wir alle richtig? – Ich glaube, erfreulicherweise sind wir alle inzwischen der Meinung, dass es gut und richtig wäre, Ganztagsschulen zu bauen und Ganztagsangebote zu machen. Einen dicken Batzen könnten wir also für den Ausbau des Ganztags verwenden. Gleichzeitig könnten wir die Gebäude energetisch sanieren lassen, was mittelfristig Spareffekte bringen würde.
Der zweite Punkt, bei dem wir uns vom Grundsatz her einig sind: Wir müssen auch qualifizierte Angebote für Kinder unter drei Jahren haben. Wenn wir ein bisschen mehr Geld dafür hätten, müssten sich Herr Laschet und Frau Asch vielleicht nicht mehr so streiten. Dann könnten wir beim Ausbau der Plätze für Kinder unter drei Jahren voranschreiten. Das ist die zweite Maßnahme, bei der wir hier einen großen Konsens haben, für die wir aber mehr Geld brauchen, damit wir schneller voranschreiten können.
Ich will einen dritten Punkt nennen. Dabei geht es um das Essen für Kinder, die sich den ganzen Tag in der Schule aufhalten. Wann immer ich Herrn Laumann erlebe, sagt er: Ja, wir haben ein bisschen gemacht. Aber das reicht nicht. Es ist nämlich eine Schande, dass in unserem Land Kinder vom Ganztagsunterricht abgemeldet werden, weil sich die Eltern den Beitrag für das Mittagessen nicht leisten können. Das führt dazu, dass Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen von einer Bildungseinrichtung abgemeldet werden und somit nicht an besserer Bildung teilhaben.
Deswegen wäre es ein sehr gutes Signal, wenn wir hier sagen würden: Ja, wir brauchen den Bildungssoli, damit wir für die Kinder ein ordentliches Mittagessen finanzieren und damit die Kinder aus sozial schwachen Familien dieses Geld vom Staat dafür bekommen. – Das wäre nicht nur aus sozialpolitischer, sondern auch aus bildungspolitischer Sicht ein Segen.
Ich könnte noch mehr Gründe nennen, warum der Bildungssoli gut ist. Wenn man das auf den Weg bringen würde, hätte man pro Jahr – so haben wir das überschlägig berechnet – etwa 500 Millionen € zusätzlich im Haushalt. Es wäre gut, dieses Geld in Bildung zu investieren, statt sich jetzt auf die Schiebereien in Berlin einzulassen. Ich bin gespannt auf Ihre Beiträge und freue mich auf die weiteren Diskussionen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Fangen wir in der Tat bei den Dingen an, über die in diesem Haus breite Einigkeit herrscht: Darüber, dass Bildung ein wichtiges und eigentlich das sowohl für ganz Deutschland als auch speziell für unser Bundesland entscheidende Thema ist, darüber besteht in diesem Haus sicherlich Konsens. Ebenso besteht Konsens darüber, dass dafür erhebliche finanzielle Mittel verwendet werden sollen.
In Nordrhein-Westfalen sind wir inzwischen so weit – das ist unlängst veröffentlicht worden –, dass über 40 % des nordrhein-westfälischen Etats für Bildung ausgegeben werden: für Schulen, für Universitäten und für die vorschulische Bildung. Das sind absolute Rekordwerte, Werte, die wir niemals in der Vergangenheit hatten und für die wir – bei aller Kritik anderer – auch eine ganze Menge Unterstützung und Lob bekommen. Sicherlich sind sich auch alle Parteien darin einig, dass in den nächsten Jahren weitere erhebliche Anstrengungen erforderlich sein werden.
Nur – jetzt kommen wir an den Punkt, wo wir dem Antrag auch inhaltlich nicht folgen können – ist es finanzwirtschaftlich aberwitzig, mit der These zu arbeiten, der Bund habe zu viel Geld, denn der Bund muss derzeit Rekordschulden machen, um seinen Haushalt hinzubekommen. Es ist auch rechtlich aberwitzig, weil die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag ausschließlich dem Bund zur Verfügung stehen. Es ist sein Geld, und die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag haben mit dem Solidarpakt auch rechtlich nichts zu tun.
Insofern ist dieser Antrag auch rechtlich nicht haltbar. Die Einnahmen des Bundes aus dem Solidaritätszuschlag sind eben nicht zweckgebunden, sondern der Bund kann darüber frei verfügen, was er im Übrigen auch tut. Insofern kann es auch keine Überschüsse geben. Man kann den Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag nicht die Ausgaben des Solidarpakts gegenüberstellen und dann eine virtuelle Differenz bilden. Das ist inhaltlich wie rechtlich einfach aberwitzig. Deswegen ist es auch rechtlich nicht möglich, die Gelder des Bundes einfach umzuwidmen und zu sagen, man gebe sie jetzt einmal für eine originäre Landesaufgabe aus.
Frau Löhrmann hat eben darauf hingewiesen, dass durch die Verfassungsänderungen, die es gegeben hat – wobei die Grünen eine abweichende Meinung vertreten haben –, das Ganze in der Form auch nicht mehr möglich ist. Deshalb ist dieser Antrag, so sehr man auch für mehr Bildungsausgaben sein mag, in der Form rechtlich schlicht und einfach nicht beschließbar.
Deswegen müssen wir zwei Dinge trennen: Das eine ist die Frage, wie sich der hohe Stellenwert von Bildung in Nordrhein-Westfalen niederschlägt. Frau Löhrmann hat eine lange Liste vorgelegt und damit begonnen, aufzuzählen, wo man in Bildungsfragen noch überall zusätzlich Geld ausgeben kann. Unsere Fraktion könnte das beliebig ergänzen.
Das Zweite ist die Frage, mit wessen Geld das passieren soll. Aus unserer Sicht ist es nicht in Ordnung zu sagen, dass es auf irgendeiner Ebene – etwa auf der Bundesebene – angeblich zu viel Geld gebe und dieses Geld für Landesausgaben verwendet werden könne. Das ist nicht akzeptabel. Insofern machen wir dieses Schwarze-Peter-Spiel nicht mit.
Deswegen ist unser Fazit: Es ist richtig und inhaltlich in Ordnung, in Bildung zu investieren. Aber wir können es eben nicht mir anderer Leute Geld machen, vor allem nicht mit Geldern des Bundes, die uns nicht zustehen. Deshalb werden wir den Antrag, was die Finanzierungsseite angeht, ablehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Petersen, ich glaube, an dieser Stelle muss man Ihnen zurufen: Dieses Schwarze-Petersen-Spiel kann man nicht mitmachen; denn zunächst sollten wir schauen, woraus sich diese Mittel des Bundes generieren. Das sind die Abgaben auf die Einkommensteuer, die Körperschaftssteuer und die Abgaben der Kommunen und auch des Landes Nordrhein-Westfalen, die diesen Fonds, der letztendlich nicht mehr in unserer Zuständigkeit liegt, auffüllen.
Aus genau diesem Grunde ist diese Verfassungsdiskussion, die in Münster und Hannover unterschiedlich beurteilt wird, jetzt auf dem Weg nach Karlsruhe, und vermutlich – wenn der Fahrplan zum Bundesverfassungsgericht im Februar oder März festgelegt wird – steht darüber im nächsten Jahr die Entscheidung an. Bis dahin müssen wir in dieser Verfassungsrealität diese Abgaben erst einmal tätigen.
Aber wir als Land Nordrhein-Westfalen haben nicht den Zugriff darauf, wie man das Geld verwendet. Deswegen ist es schön, dass dieser Antrag von den Grünen kommt; denn Frau Löhrmann ist mit der Bundeskanzlerin Frau Merkel in dem Punkt eigentlich auf gleicher Augenhöhe. Beide fordern, dass 10 % des Bruttoinlandsproduktes für Bildungsausgaben bereitgestellt werden. Der Unterschied zwischen Frau Löhrmann und Frau Merkel ist in dieser Sache einzig der, dass Frau Löhrmann mit einem
Antrag kommt, der ein mögliches Umswitchen aufzeigt, während Frau Merkel keine Lösung präsentiert, sondern einfach nur ein neues Schuldenloch in Kauf nimmt. Daher weist der Antrag der Grünen aus meiner Sicht zunächst einmal in die richtige Richtung.
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt müssen wir die Ausgaben für Bildung sicherlich steigern und auch schauen, dass wir sie gleichmäßig verteilen.