Es macht also Sinn, sich Anspruch und Wirklichkeit der Verkehrspolitik der Rüttgers-Regierung einmal vor Augen zu führen und Bilanz zu ziehen. Da kommt man auf sehr interessante Ansichten.
Herr Wißen, da ich gerade von Ihnen vernommen habe, dass wir am 9. Mai nächsten Jahres eine neue Regierung bekommen, müssen Sie auch wissen, wie die tatsächlich aussieht: Ich habe gerüchteweise gehört, dass Sie davon ausgehen, dass dann der Herr Sagel der neue Ministerpräsident dieses Landes wird. Ist das richtig?
Herr Sagel als Ministerpräsident, das wäre natürlich nicht gut für unser Land. Aber die Vorstellung, dass Sie Verkehrsminister würden, würde das um ein Vielfaches toppen.
Wir kommen wieder zu der ernsthaften Diskussion. Die Regierung Rüttgers ist ohne Plan auch im Bereich der Verkehrspolitik. Das haben wir viereinhalb Jahre – mit Abschluss dieser Legislatur werden es dann fünf Jahre sein – erlebt. Pläne spielen bekanntlich beim Thema Verkehr eine große Rolle. Diejenigen, die Pläne machen, sollten sich besonders gut auskennen. Diejenigen, die keinen Plan haben, sollten sich bemühen, einen zu bekommen.
Voraussetzung ist immer, dass man auch ein Ziel im Blick hat. Davon ist leider nichts bei der Verkehrspolitik der Regierung Rüttgers zu erkennen. Sie hat weder einen Plan noch das erkennbare Bestreben, sich einen solchen zu erarbeiten, noch ist das Ziel dieser Regierung im Themenbereich Verkehr und sicherlich darüber hinaus auch nur einigermaßen zu erkennen.
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist noch gar nicht so lange her, da gab es ein Wahlplakat der FDP mit der Aussage: NRW braucht mehr Tempo. Kollege Rasche wird sich sicherlich daran erinnern, ganz so lange ist das noch gar nicht her. Jetzt geht es auf NRWs Straßen so langsam zu wie in keinem anderen Bundesland, Herr Rasche. Wir juckeln mit durchschnittlich 30 km/h in NRW über unsere Straßen, während andere Bundesländer immerhin auf 50 km/h kommen.
Stauforscher rechnen uns vor, dass Staus in Deutschland jährlich 25 bis 100 Milliarden € kosten und da sind natürlich noch nicht die ganzen anderen Umstände mit einberechnet. Staus sind eben nervig, Staus sind ganz schlecht für die Wirtschaft und für die Umwelt. Da muss man dringend umsteuern.
Aber, haben Sie da ein Konzept? Sie haben natürlich kein Konzept, Sie haben keinen Plan. Sie machen ein ÖPNV-Gesetz, Sie machen ein sogenanntes landesbedeutsames Netz für den öffentlichen Personennahverkehr sowie für den Schienenpersonennahverkehr und wälzen damit Ihre Verantwortung, die Sie in dem Bereich haben, auf die Kommunen und auf die Aufgabenträger ab. Das ist nichts anderes als Verantwortung abwälzen.
Sie und nur Sie tragen eine Verantwortung dafür, dass es seit Ihrer Regierungszeit Ticketpreiserhöhungen von 20 % und mehr im öffentlichen Personennahverkehr gegeben hat. So verhindern Sie natürlich
den an sich wünschenswerten Umstieg von PKW auf Busse und Bahnen. Wir sollten uns über alle Parteigrenzen hinweg eigentlich wünschen, dass mehr Leute Busse und Bahnen benutzen. Sie müssen hier umsteuern. Wir brauchen mehr statt weniger ÖPNV, mehr statt weniger Busse und Bahnen, attraktivere öffentliche Verkehrsmittel. Deren Nutzung muss bezahlbar bleiben, und wir brauchen auch das Sozialticket. Entsprechende Initiativen dazu hatten wir hier gestartet.
Kürzlich wurden wir im Rahmen der Haushaltsberatungen von Anträgen der Koalitionsfraktionen überrascht. Wie das so ist, beim ersten Durchsehen waren wir sogar fast begeistert. Die nicht bundeseigenen Eisenbahnen sollten erstmals in Ihrer Regierungszeit überhaupt gefördert werden, und zwar mit 1,5 Millionen €. Gut so. Der Topf für Erhaltungsinvestitionen an Landesstraßen soll um 3 Millionen € erhöht werden. Bravo! Doch, wer soll das bezahlen? Wie immer bei der Regierung Rüttgers: die Kommunen, genauer gesagt, der kommunale Straßenbau. Dort haben Sie die Zuschüsse von 5,6 auf 1,1 Millionen € gesenkt. Die Kommunen sollen also wieder einmal für die Versäumnisse des Landes zahlen.
Mein Kollege Hans-Willi Körfges sagt in solchen Fällen immer: So ist meinem Opa sein Fahrrad auch schon mal weggekommen. – Also, es ist noch gar nicht so lange her, da wollte die CDU ein Straßenbauinvestitionsprogramm 2010. Sie haben jetzt noch ein paar Minuten Zeit, es hier schnell einzubringen, ansonsten können Sie es jedenfalls in dieser Haushaltsperiode nicht mehr tun. 2005 haben Sie das einmal versprochen. Sie haben gesagt: Jawohl, wir werden ein Straßenbauinvestitionsprogramm 2010 bekommen. Die FDP hatte damals 100 Millionen € zusätzlich allein für den Landesstraßenneubau ausgeben wollen. Das war das, womit diese Regierungsfraktionen angetreten sind. Wir alle wissen, dass daraus nichts geworden ist.
Auf Bundesebene schwant uns auch nichts Gutes. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Gewinne aus der LKW-Maut ausschließlich für die Straße ausgegeben werden dürfen und eben nicht mehr in den viel umweltfreundlicheren Bereich der Schifffahrt, Binnenschifffahrt oder in die Schiene hereingegeben werden dürfen. Herr Minister, ich fordere Sie auf, eine Initiative zu ergreifen, dass dieser Unsinn nicht umgesetzt wird. Das können wir uns als Nordrhein-Westfalen schon gar nicht erlauben.
An dieser Stelle darf ich noch darauf hinweisen: Sie haben auch im Bereich Verkehr mit dem Thema „Privat vor Staat“ nicht Halt gemacht. Sie haben PPP-Modelle zum Landesstraßenbau forciert, haben darüber aber den Mittelstand total außen vor gelassen. Der Kollege Eiskirch ist darauf bereits eingegangen. Der Mittelstand beklagt sich auch bei uns, dass die Lose viel zu groß sind und insofern überhaupt keine Chance besteht, in dem Bereich Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sichern. Auch da hat sich „Privat vor Staat“ als fatal erwiesen.
Durchaus richtig schreiben Sie in Ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2005: Binnenschiffe sind ein umweltfreundlicher und sicherer Verkehrsträger, der über ein erhebliches Wachstumspotenzial verfügt. Für die nordrhein-westfälische Industrie ist die Binnenschifffahrt unentbehrlich. Wir wollen die Häfen in Nordrhein-Westfalen stärken und in ihrer weiteren Entwicklung unterstützen, Seite 29 Ihres Koalitionsvertrages aus dem Jahre 2005. Bravo, sehr gut! Damit bin ich einverstanden. Aber ich muss leider feststellen, dass Sie sich noch nicht einmal an Ihren eigenen Koalitionsvertrag halten. Mit dem sogenannten Hafensicherheitsgesetz, das eigentlich Hafengefährdungsgesetz genannt werden müsste, schwächen Sie massiv die nordrheinwestfälischen Binnenhäfen. Sie schmeißen ihnen Knüppel zwischen die Beine und gefährden Ausbildungs- und Arbeitsplätze in diesem Bereich. Das hat ganz deutlich die von uns beantragte Anhörung mit den Experten zu den Auswirkungen dieses Hafensicherheitsgesetzes ergeben.
Herr Minister, ich fordere Sie auf, hier dringend umzusteuern. Nehmen Sie die Anregungen der Industrie- und Handelskammern ernst. Erlassen Sie entsprechende Richtlinien und Verordnungen!
Im Koalitionsvertrag haben Sie – ich komme jetzt auf das Thema Luftverkehr zu sprechen – auch Entscheidungen grundsätzlicher Natur im Luftverkehr angekündigt. Sie wollten das von uns gemachte Luftverkehrskonzept erst ganz beiseite schieben, dann wollten Sie es überarbeiten, und jetzt trauen Sie sich da gar nichts mehr zu, weil Sie um Ihre eigene Klientel in den Regionen fürchten. Sie wollen das nicht anpacken. So können wir nicht weitermachen. Das kann sich dieses Industrieland nicht leisten. Dieses Industrie- und Tourismusland Nordrhein-Westfalen kann sich diese
Regierung nicht leisten. Beschäftigte, Anwohner und Investoren müssen wissen, woran sie sind. Leider ist ein Umsteuern nicht zu erkennen.
Wir haben einen CDU-Verkehrsminister erlebt, der sagte, man könne Verkehre nicht steuern. Der Neue sagt dazu lieber gar nichts. Manchmal hat man den Eindruck, dass das, was der eine zu viel an Leidenschaft hatte, dem anderen eher abgeht.
NRW wird schlecht regiert, aber NRW kann es sich nicht leisten, in der Verkehrspolitik und auch auf anderen Gebieten schlecht regiert zu werden. Dieses Land kann sich die Regierung Rüttgers nicht mehr leisten. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie es seit 2005 immer der Fall ist, spiegelt sich auch in diesem Verkehrshaushalt die Tatsache wider, dass es für die wichtigen Verkehrsträger des Landes eine Gleichbehandlung gibt und kein einzelner Verkehrsträger mehr bevorzugt wird. Wir begrüßen die Feststellung des neuen Bundesverkehrsministers, dass in Nordrhein-Westfalen viele Verkehrsobjekte mit Blick auf die deutsche Einheit zurückgestellt wurden, die Infrastruktur teilweise auf Verschleiß gefahren wurde und großer Nachholbedarf besteht.
Deswegen ist es sehr positiv, dass in NordrheinWestfalen 147,4 Millionen € aus dem Konjunkturpaket II für wichtige Verkehrsmaßnahmen gebunden wurden. Davon entfallen allein 66,6 Millionen € auf die Verstärkung von Erhaltungsmaßnahmen, insbesondere auch bei Bundesfernstraßen. Das ist ein wesentliches Argument dafür, dass die Stausituation im Moment eskaliert; denn vor dem Wintereinbruch wird an allen möglichen Stellen des Landes gebaut, um das wieder aufzuholen, was in den Jahren rot-grüner Regierung in Berlin und Düsseldorf blockiert worden ist.
Der Bund hat mit dem Aufbauprogramm West ein entsprechendes Signal gesetzt. Wir müssen gemeinsam mit der Koalition in Berlin erreichen, dass die Bundesmittel für den Bundesfernstraßenbau in Zukunft nach dem tatsächlichen Bedarf verteilt werden. Insofern ist es sehr wichtig, schon jetzt auf die Fortschreibung der Maßnahmen und Finanzierungspläne in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestages vorbereitet zu sein.
In Nordrhein-Westfalen muss weiter am Abbau des Unterhaltungsstaus an Landesstraßen gearbeitet werden. Die Koalition hat den Ansatz für Erhaltungsinvestitionen um 3 Millionen € auf 73 Millionen € erhöht. Für den Neu- und Ausbau von Lan
Der neue Bundesverkehrsminister hat die Priorität für den RRX in Nordrhein-Westfalen bekräftigt. Gleichlautende Signale kommen aus der Konzernspitze der Deutschen Bundesbahn.
Dementsprechend kann der Masterplan NordrheinWestfalen vom 12. Dezember 2008 weiter abgearbeitet werden.
Gerade in diesen Stunden, meine Damen und Herren, gibt es eine gemeinsame Pressekonferenz des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr und der DB Regio in Nordrhein-Westfalen. Beide Institutionen stellen das neue S-Bahn-Konzept für Nordrhein-Westfalen vor. Dieses neue S-Bahn-Konzept ist Ausfluss der vor einem Jahr getroffenen vertraglichen Regelung zwischen VRR und DB. Ich halte es für sehr positiv, dass ab dem 13. Dezember, also in wenigen Tagen, ein neuer Fahrplan in Kraft tritt, nachdem zwei S-Bahn-Linien verlängert und die Fahrpläne optimiert werden und dann in einer zweiten Stufe bis zum Ende des Jahres 2012 insgesamt 116 neue S-Bahn-Züge in Nordrhein-Westfalen fahren.
Aus der Einigung zwischen VRR und DB resultiert auch eine Verbesserung des Regionalexpressnetzes über Nordrhein-Westfalen hinaus nach Hessen, die in der letzten Woche eine positive Bestätigung durch die Zweckverbände in Westfalen erfahren hat. Dieses RE-Konzept bezieht sich auf die Korridore Münster–Düsseldorf, Dortmund–Hamm und Hamm–Paderborn. Letztere Korridore werden durch die Verkehre im Bereich Paderborn–Kassel ergänzt. Insofern zeigt sich ein Jahr nach der Einigung zwischen DB und VRR, dass es zu einer Regelung gekommen ist, die weit über das S-Bahn-Konzept hinausstrahlt und die Verkehre in den Bereich Hessen und Thüringen fortsetzt, um NordrheinWestfalen optimiert an diese Netze anzubinden.
Wir beleben in diesem Haushalt das vor Jahren eingestellte Oberbauprogramm neu, indem 1,5 Millionen € für die Investitionsförderung des Netzes nicht bundeseigener Bahnen in den Haushalt eingestellt wurden. Ich mache darauf aufmerksam: Sowohl die 3 Millionen € für die Erhöhung der Instandsetzung als auch die 1,5 Millionen € für die Wiederbelebung des Oberbauprogramms gehen nicht zulasten der Kommunen, sondern die in dem ursprünglichen Titel angedachten Objekte werden über das Entflechtungsgesetz zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz finanziert, sodass die betroffenen Objekte in den Kommunen nicht, wie Sie behauptet haben, unter die Räder geraten werden.
ÖPNV und SPNV sind in diesem Haushalt bedarfsgerecht ausfinanziert. Wir arbeiten an den Stellschrauben der Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr und bereiten uns auf die Revision des Regionalisierungsgesetzes vor, um rechtzeitig auf den Verteilungswettbewerb zwischen den Bundesländern eingerichtet zu sein. Ein gemeinsam mit dem Verband der Verkehrsunternehmen erarbeitetes Gutachten bietet dafür eine gute Grundlage. Es geht insbesondere darum, die in der Vergangenheit durch Rot-Grün verursachten Benachteiligungen des Landes Nordrhein-Westfalen wieder auszugleichen.
In diesem Haushalt findet auch der Ruhrpilot entsprechend Niederschlag. Er ist ein wichtiges Instrument zur Optimierung der Verkehrsabläufe auf wichtigen Straßen und zur intelligenten Nutzung vorhandener Infrastruktur. Wir schaffen in diesem Haushalt die Grundlagen für die Weiterentwicklung und den Abschluss des bereits 2004 begründeten Systems und unterstützen die Landesregierung beim Aufbau einer landeseinheitlichen Verkehrsleitzentrale.
Das bedeutet unter dem Strich: Der Haushalt für Verkehr ist von Kontinuität geprägt und setzt trotz Krise neue Schwerpunkte. Das ist gut so, und deswegen werden wir ihn so verabschieden. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Haushaltsberatung ist eine gute Gelegenheit, eine Bilanz über viereinhalb Jahre erfolgreiche Verkehrspolitik in Nordrhein-Westfalen zu ziehen. CDU und FDP haben gerade in diesem Politikfeld für eine Wende im Land gesorgt.
Es gibt viele Beispiele, die ich nennen könnte, bei denen wir zehn Jahre lang – von 1995 bis 2005 – rot-grüne Blockaden und Stillstand erlebt haben, die Nordrhein-Westfalen wirklich in den Stau geführt haben.