Protocol of the Session on December 3, 2009

Also, nach dem Wunsch von bestimmten Interessengruppen wird hier willfährig Politik, werden sogar Genehmigungen gestaltet. Was sind wir denn für ein Rechtsstaat, wenn Gerichte der Landesregierung, den Genehmigungsbehörden gerade solche Sätze ins Stammbuch schreiben? Da muss man doch die Frage stellen, ob man an dieser Stelle noch auf dem Boden der Verfassung und der Rechtmäßigkeit steht.

Das ist ein Stück ständischer Ordnung; da werden auf Abruf Genehmigungen erteilt, wie wir das in über 70 Fällen bei der CO-Pipeline erlebt haben. Das, was Sie gestern noch als Gesetz eingebracht haben, passt ins Bild.

(Svenja Schulze [SPD]: Ja! Ganz genau!)

Hier wird Rechtsunsicherheit produziert, weil man bestimmten Interessengruppen nachgeben will – zum Schaden der Menschen in diesem Land und – ich glaube auch – zum Schaden der ökonomischen Entwicklung.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Dritte grundsätzliche Bemerkung. In der Tat – Frau Fasse hat es angesprochen –: Das Umweltressort ist das Ressort, was eigentlich die Brücken in die Zukunft bauen müsste, das Zukunftsressort.

Aber lassen Sie uns durch die Bereiche gehen.

Im Naturschutz: Artensterben ist das Thema. Gibt es da wirklich eine dauerhafte Sicherung, gibt es wirklich einen neuen Aufbruch in dieser Landesregierung zu mehr Naturschutz, zu mehr Artenschutz, zu mehr Biodiversität? Ich kann den nirgendwo erkennen.

Herr Minister, Sie sind – wenn man ein großes Beispiel nimmt – in der Nationalparkfrage gescheitert. Sie haben keinen neuen Nationalpark in NordrheinWestfalen ausgewiesen; und da, wo Sie es probiert

haben, sind Sie vor Ort kläglich – an dieser Stelle muss man sagen – gescheitert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Oder im Bereich Klimaschutz: Sie müssen zwar immer die Fahne hochhalten, aber wirkliche Entscheidungen, wirkliche Beeinflussungen von Entscheidungen auf dem Gebiet Klimaschutz können wir nicht feststellen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Oder im Bereich Gesundheitsschutz: Ich darf an die Flickschusterei der Umweltzonen im Ruhrgebiet erinnern.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Angemessen, nicht Flickschusterei!)

Aber zu welchen Effekten führt das? Es führt zu einem Schilderwald, aber zu keiner Verbesserung des Gesundheitsschutzes der Menschen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Oder der Lärmschutz: Wo ist da der große Aufbruch? Nicht erkennbar.

Oder wenn wir in den Bereich Verbraucherschutz gehen: Die nächste Blase ist doch schon absehbar. Sie haben es nicht geschafft, den Verbraucherschutz aus der Krise heraus dahin zu entwickeln, dass die Verbraucherinnen und Verbrauchern wirklich auf gleicher Augenhöhe sind und damit auch eine wirtschaftliche Sicherung und Stabilität in die Zukunft hinein erreicht wird.

Sie, Herr Minister, haben die Brücken in die Zukunft nicht gebaut; Sie haben Sie eher abgebrochen und sind zurückgefahren. In manchen Fragen in der Umwelt-, Naturschutz- und Verbraucherschutzpolitik befinden wir uns einfach in einer Sackgasse.

(Beifall von den GRÜNEN)

Im Übrigen bescheinigt Ihnen das Ihr eigener Umweltbericht. Ihr eigener Umweltbericht – gestern ist das hier auch schön grafisch dargestellt worden – weist aus, dass der CO2-Ausstoß während Ihrer Amtszeit gestiegen ist.

Es gab im Koalitionsvertrag zwar nicht viele konkrete Aussagen zur Umweltpolitik, aber es gab eine Aussage – auch wenn auch die nicht besonders konkret war – zum Flächenverbrauch. Es hieß, die Senkung des Flächenverbrauchs sei ein Anliegen der Landesregierung. Und Ihr eigenes Zeugnis, das Sie sich ausstellen, sagt, dass der Flächenverbrauch gestiegen ist. – Auch hier bauen Sie keine Brücke in die Zukunft, um gerade in diesen für uns so wichtigen Fragen Zukunft zu gewinnen.

Ein wirkliches Zukunftsthema ist die Umweltwirtschaft. Aber wo ist das im Haushalt ablesbar? Wo ist das tatsächlich in Aktion ablesbar und in die Zukunft gerichtet? – Im Ergebnis bleiben fünf Jahre verlorene Jahre für den Umweltschutz und fünf

verlorene Jahre für die Umweltwirtschaft in diesem Land.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das lässt sich auch mit Zahlen belegen. Ich habe das statistisch nachgehalten: Wir hatten im Jahre 2004 einen Umweltetat von 991 Millionen €, und für das Jahr 2010 weist der Umweltetat 745 Millionen € aus. Das heißt, der Umweltetat hat unter Ihrer Amtszeit um gut ein Viertel abgenommen. Das ist Ihr Ergebnis und eben keine Brücke in die Zukunft.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Wir haben ihn ef- fektiver gemacht!)

Sie haben die Kontrollbehörden, die Umweltverwaltung, zerschlagen und abgebaut. Das merken die Menschen nicht sofort, aber sie merken es dann, wenn die Umweltverwaltung nötig ist. Ich erwähne beispielsweise die Chemieunfälle, bei denen die Behörden eben nicht mehr mit umfassendem Sachverstand aufwarten konnten. Es hat längere Zeit gedauert, bis die Bevölkerung die Informationen bekam. An solchen Stellen wird deutlich, wie eminent wichtig die Umweltverwaltung sowohl für den Gesundheitsschutz als auch für den Umweltschutz und die wirtschaftliche Stabilität ist.

Das sagen mittlerweile sogar die Vertreter der Wirtschaft. Diese wünschen sich – in Anführungszeichen – die alten Gewerbeaufsichtsämter zurück, die schnelle Genehmigungen vor Ort und eine schnelle Erreichbarkeit gewährleisten. Sie haben allerdings Sachverstand ausgekehrt und somit die Gefährdung der Menschen und der Umwelt in Kauf genommen. Das wird sich bitter rächen.

Zum Naturschutz habe ich schon einiges gesagt. Sie haben ein neues Landschaftsgesetz auf den Weg gebracht, das in der Konsequenz ein „Flächenverbrauchsförderungsgesetz“ ist. Denn Sie weichen von dem Grundgedanken der Ausgleichsregelung ab und präferieren das Verschieben in irgendwelche Ökokonten, die für die Umwelt keinen zusätzlichen Nutzen bringen.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Wieso das denn nicht?)

Und auch beim klassischen Naturschutzetat – ich muss sagen, da liegt zumindest ein Umweltverband leider falsch – sind weniger Mittel im Haushalt vorhanden. Wir hatten 2004 30,2 Millionen € im klassischen Naturschutzetat. Wir haben jetzt für 2010 17,7 Millionen € in diesem Etat. Auch hier hat es einen Einbruch beim Umwelt- und Naturschutz gegeben.

Trotz einiger Lippenbekenntnisse gerade betreffend den Flächenverbrauch werden täglich nach wie vor mehr als 15.000 m2 Fläche verbraucht, und wir sehen keine Perspektive.

Das macht sich ganz besonders bemerkbar beim Kiesabbau am Niederrhein. Dieser ist nicht gestoppt. Gleichzeitig gibt es jenseits der Landesgren

ze eine restriktive Handhabung dieses Flächenverbrauchs. Hier in Nordrhein-Westfalen weigern Sie sich aber, beispielsweise durch die Einführung einer Kiesabgabe Konsequenzen zu ziehen. Wir geben Ihnen heute mit unserem Änderungsantrag noch einmal die Chance, dies zu tun.

Und eine letzte Zahl will ich Ihnen nicht ersparen; ich spreche den Verbraucherschutz und hier insbesondere die Lebensmittelkontrolle an. Weil der Ministerpräsident auf dem Parteitag auch eine Botschaft brauchte, haben Sie großmundig die Verdoppelung der Zahl der Lebensmittelkontrolleure angekündigt. Was haben wir bis heute? – Wir verzeichnen eine Abnahme der Zahl der Lebensmittelkontrollen von 2004 bis 2008 um 20.000. Es haben 20.000 Kontrollen weniger und nicht etwa mehr, wie versprochen worden ist, stattgefunden. Zu einer Verdoppelung der Zahl der Lebensmittelkontrolleure ist es bis heute immer noch nicht gekommen.

Stattdessen rühmen Sie sich, dass Sie mittlerweile auch die minimale Unterstützung der Verbraucherinnen und Verbraucher durch eine AmpelKennzeichnung von der Tagesordnung genommen haben.

Insgesamt ist es also eine verheerende Bilanz der Umweltpolitik, und auch bei der Landwirtschaft sieht es nicht sehr viel anders aus. Da muss ich mich fragen, ob sich ein Landwirtschaftsminister, der so wenig Verständnis für die Familienbetriebe hat,

(Svenja Schulze [SPD]: Genau!)

der so wenig Verständnis für die Milchwirtschaft in diesem Land hat und der gerade diesen kleinen und mittleren Betrieben so wenig an Zukunftsperspektive aufzeigt, überhaupt Landwirtschaftsminister nennen darf. Hier wird kalt lächelnd ein ganzer Produktionszweig, nämlich die Milchwirtschaft, über die Weltmarktklinge barbiert. Dies geschieht kalt lächelnd und ohne Perspektive. Das hätte ich in der Tat von einem Minister, der sich insbesondere auf die Landwirtschaft beruft, nicht erwartet.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Insgesamt bleibt unterm Strich – vieles ist heute schon erwähnt worden, auch der Ausverkauf des Staatswaldes – eine verheerende Bilanz. Und in der Tat: Der 9. Mai 2010 wird ein Tag der Abrechnung – ich hoffe, auch mit dieser Landesregierung und mit diesem Minister – und der Tag einer neuen Zukunft sein. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Jetzt hat Herr Minister Uhlenberg für die Landesregierung das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 2010 wird für die Umwelt und für die Verbraucher in Nordrhein-Westfalen ein gutes Jahr, und dieser Haushalt, der hier beraten wird, stellt die Weichen für eine gute Umwelt-, für eine gute Landwirtschafts- und für eine gute Verbraucherpolitik.

Die Rahmenbedingungen sind nicht einfach, aber wir haben für Umwelt und Landwirtschaft die Folgen von 39 Jahren

(Zurufe von der SPD: Och! Alter Hut!)

vielfach falscher Politik mit eigener intensiver Arbeit in den vergangenen viereinhalb Jahren korrigiert.

(Beifall von CDU und FDP)

Mein Haushaltsplan, der fünfte Haushaltsplan für das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, setzt 745,4 Millionen € aus dem Landeshaushalt für die Bewahrung der Schöpfung, für souveräne Verbraucher und für gute Lebensmittel in unserem Land ein.

Der Haushaltsausschuss hat nur einen Änderungsantrag zum Schulobstprogramm beschlossen. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen im Landtag, dass sie zugestimmt haben, dass das Schulobstprogramm zum Start der zweiten Hälfte des Schuljahres im Februar 2010 beginnen kann. 4 Millionen € investieren wir hier zusätzlich in gesunde Ernährung. Meine Damen und Herren, viele Bundesländer beteiligen sich nicht an diesem Schulobstprogramm – auch Länder, in denen Sozialdemokraten und Grüne die politische Verantwortung tragen.