Vor wenigen Tagen hat das Landesumweltministerium eine Broschüre mit dem Titel „Umweltakzente Nordrhein-Westfalen 2009/2010“ vorgelegt. Hierin wird ganz deutlich ausgeführt, dass das Problembewusstsein der Menschen für den Klimawandel gestärkt werden soll. Bei meinem Vorredner haben wir gerade erlebt, dass dieser Satz richtig ist.
Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wir sollten gleich einmal anfangen, diese Herausforderung und diese Zusammenhänge deutlich zu machen.
Wir haben am vergangenen Freitag Experten angehört. Die Landesregierung plant, das Landesplanungsrecht zu ändern. Sie will Folgendes streichen: Vorrang heimischer Energieträger, Vorrang erneuerbarer Energieträger und die Kraft-WärmeKopplung. Herr Weisbrich hat in diesem Zusammenhang von Klimaschutzideologie gesprochen.
Zusammen mit dem, was Herr Ortgies gesagt hat, wird deutlich, dass Sie den Umweltbericht, der Mängel aufweist, noch einmal ganz konkret lesen und sich vielleicht mit Klaus Töpfer zum Klimawandel in Klausur begeben müssten.
Die Annahmen von Herrn Weisbrich und Herrn Ortgies sind längst als falsch belegt. Das ergibt sich aus dem UNO-Klimabericht und aus allen Fakten von Meteorologen und Instituten. Gebirgsgletscher schmelzen wie Wassereis in der Mittagssonne; Eiskappen schmelzen ab. Wir selbst unterhalten uns im Umweltausschuss darüber, Herr Uhlenberg, wie die Folgeschäden von Kyrill in NordrheinWestfalen behandelt werden sollen. Das sind schon Auswirkungen des Klimawandels. 100 Millionen € sind aufgewendet worden, um diese Schäden zu beseitigen. Herr Ortgies aber spricht von niedlichen Annahmen. 100 Millionen € sind für mich nicht niedlich, Herr Ortgies.
Klimawandel ist keine Erfindung grüner Spinner und kein Gegenstand von Klimaideologie. Klimawandel ist vielmehr da.
Es muss gehandelt werden. Die Vereinten Nationen haben noch einmal deutlich herausgestellt, dass die Menschen den Klimawandel ausgelöst haben.
Herr Uhlenberg hat bei einer Veranstaltung in der vergangenen Woche deutlich gesagt, dass uns alleine die Zwei-Grad-Grenze sehr stark zum Nachdenken bringen muss und dass hier gehandelt werden soll. Herr Uhlenberg ist Ihnen bekannt, Herr Ortgies. Sprechen Sie mal mit ihm. Das ist sehr sinnvoll.
Welche Schlüsse müssen wir daraus ziehen, Kolleginnen und Kollegen? In einem sind wir uns einig: Wir können etwas gegen den Klimawandel tun. Wir müssen ganz deutlich sagen, dass es die Gesellschaft nicht zerstören würde, wenn man radikal auf Energie verzichtet und sie sich bei der Energieversorgung und der Industriepolitik auf etwas anderes einstellen muss. Ganz im Gegenteil: Die SPDFraktion betrachtet das als Herausforderung und Chance, um das Klima zu schützen. Klimaschutz
Wir müssen mit dem Missverständnis aufräumen, dass es ein Gegeneinander-Ausspielen gibt zwischen Klimaschutz, Gesundheit und Wirtschaft. Alle Teile lassen sich hier ganz klar miteinander vernetzen.
Frau Thoben, dass Sie das nicht verstehen, weiß ich, aber ich sage es trotzdem noch einmal deutlich: Klimaschutz ist Wirtschaftsförderung, und wenn Herr Röttgen sich in der „Süddeutschen Zeitung“ in der Weise äußert, dass der Beitrag von knapp 6 € als Folge des Erneuerbare-Energien-Gesetzes keine Belastung für die Familien darstellt, belegt das nur, dass wir mit unseren Anträgen in den letzten Jahren recht gehabt haben.
Guter Klimaschutz und gute Wirtschaftspolitik werden den Mittelstand und das Handwerk, das Sie hier doch immer so als Monstranz vor sich her tragen, stärken. Das wird am Beispiel der Firma Eickhoff aus Bochum deutlich, die den Wandel von einer Bergbauzulieferfirma hin zu einem Unternehmen, das sich im Bereich der Windenergie ganz stark engagiert, geschafft hat. Es gelingt aber nicht, wenn man Repowering so darstellt, wie es im Land getan wird, und wenn man hier mit so viel Empathie vorträgt, wie Herr Ortgies es hier getan hat. Das ist gar keine Frage.
Wenn hier alles so gut ausgeführt wäre und wenn der Mittelstand so viel Rückhalt hätte, wie Sie sagen, frage ich mich, wieso das mittelständische Sanitärhandwerk uns anschreibt und darum bittet, im Bereich des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes eine Anhörung zu beantragen und in der Anhörung festzustellen, dass die Praxis nicht mit einbezogen worden ist. Es wird noch einmal deutlich gemacht – Herr Knieps sitzt dahinten –, dass in Nordrhein-Westfalen immer noch 500.000 Kessel auszuwechseln sind. Handwerker und Mittelstand würden von einem vernünftigen Konzept hier in Nordrhein-Westfalen profitieren.
Der Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen kann durch ein solches Konzept gestützt werden. Wir haben in unseren Antrag aufgezählt und deutlich dargelegt, wie Konjunkturprogramme und Investitionen aus dem Emissionshandel finanziert werden können.
Die Landesregierung hat den von mir vorhin erwähnten Umweltbericht 2009 für NordrheinWestfalen vorgelegt. Ich habe selten einen so traurigen Bericht gelesen. Das muss ich deutlich sagen.
Was die Regierung hier in der Klimaschutzpolitik vorlegt, ist ein Offenbarungseid. Ich will das mit einem Beispiel unterlegen. Auf Seite 355 des Umweltberichts finden wir dieses Diagramm, das uns die Entwicklung der CO2-Emissionen in NordrheinWestfalen zeigt.
Das sind Ihre Unterlagen. Es lohnt sich, dieses Diagramm einmal genau zu betrachten. Es enthält Punkte und Messwerte zur Entwicklung der CO2Emissionen von 1998 bis 2007. Darüber hinaus enthält das Diagramm der Landesregierung eine einzelne Gerade, die den Trend zeigen soll – eine fallende Linie. Eine gute Botschaft, mag man denken – die CO2-Emissionen sinken. Wir haben eine andere Darstellung hinzugefügt und zeigen nun die Trends.
Bis zum Regierungswechsel 2005 sind die Emissionen im CO2-Bereich gesunken – Ergebnis rot-grüner Klimaschutzpolitik. 2005 stoppt dieser Trend – die schwarz-gelbe Landesregierung regiert. Genau diese Zeichnung ist im Umweltbericht der Landesregierung enthalten, Kolleginnen und Kollegen.
Der Bericht zeigt keine Erfolge der Regierung Rüttgers beim Klimaschutz, er dokumentiert vielmehr ein Versagen beim Klimaschutz. Es ist wirklich tragisch, dass die eigene Landesregierung dieses Versagen so deutlich macht.
Anstatt im Bereich Klimaschutz zu handeln, werden Erfolge vorgetäuscht. Die Landesregierung tut so, als würde sie handeln. Simulierter Klimaschutz ist aber keine Klimaschutzpolitik, Kolleginnen und Kollegen. Man muss dann schon aktiv werden.
In einem zweiten Beispiel möchte ich das noch einmal deutlich unterlegen. Sie haben die viel gerühmte Klimaschutzstrategie vorhin angeführt und die 81 Millionen t erwähnt, um die Sie die CO2Emissionen im Vergleich zum Jahr 1990 senken wollen. In meiner Kleinen Anfrage vom 5. Oktober 2009 habe ich die Landesregierung gefragt, welche CO2-Ersparnisse nach heutigem Erkenntnisstand im Bereich der Kraftwerkserneuerung noch zu erwarten seien. Ich hatte auch um Aktualisierung der entsprechenden Tabelle zu einzelnen Projekten gebeten. Meine Frage hatte einen einzigen simplen Hintergrund: Was passiert, wenn die Klimaschutzstrategie, die hier immer wieder angeführt wird, umgesetzt wird und wenn viele Projekte wie Hürth,
Die Landesregierung geht auch heute noch von den in der Energie- und Klimaschutzstrategie genannten Einsparungen aus. Auch wenn im Betrieb der ursprünglich bis 2012 fertigzustellenden Anlagen derzeit noch Verzögerungen auftreten, liegen keine Erkenntnisse vor, dass die ab 2020 angenommenen CO2-Einsparungen bis dahin nicht realisiert werden können. Insofern wird kein Aktualisierungsbedarf der Anlage gesehen.
Meine Damen und Herren, das kann man nur dann Politik im Bereich des Klimaschutzes nennen, wenn man an den Weihnachtsmann glaubt. Wenn die Anlagen nicht realisiert und nicht modernisiert werden können, wird auch der CO2-Ausstoß nicht reduziert. Wenn wir im Bereich CCS und im Bereich Kraft-Wärme-Kopplung nicht vorankommen und Altanlagen nicht abgeschaltet werden, wird auch die CO2-Reduzierung, die Sie festgeschrieben haben, nicht stattfinden.
Kolleginnen und Kollegen, wir müssen den Klimawandel ernst nehmen, und es muss Schluss sein mit einer simulierten Klimaschutzpolitik, die sich auch noch in den Darstellungen der Landesregierung deutlich entlarvt. Fassen Sie sich ein Herz, ändern Sie Ihre Strategie für den Mittelstand, für die Menschen. Überarbeiten Sie vielleicht noch einmal die Seite 355 des Umweltberichts. Das täte dem Land gut und entspräche dem Informationswunsch der Bürgerinnen und Bürger. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage, welchen Beitrag Nordrhein-Westfalen zu den Klimaschutzzielen der Bundesregierung erbringt, hat die Landesregierung bereits im April 2008 beantwortet. Mit der Energie- und Klimaschutzstrategie planen wir, durch vielfältige Maßnahmen bis 2020 den CO2-Ausstoß um 33 % zu senken. Damit trägt Nordrhein-Westfalen einen Anteil von 44 % an den Reduzierungszielen der Bundesregierung. Diese Ziele haben wir formuliert, und daran halten wir auch fest.
Meine Damen und Herren, dazu brauchen wir die Erneuerbaren Energien, dazu brauchen wir in Deutschland die Kernenergie, und wir brauchen das Kraftwerkerneuerungsprogramm in Nordrhein-Westfalen. Wir haben in der Energie- und Klimaschutzstrategie das Augenmerk auf die kosteneffizientes
ten Einsparpotenziale gelegt. Nordrhein-Westfalen hat hervorragende Voraussetzungen, um mit der Entwicklung modernster Kraftwerkstechnologie auch einen globalen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Herr Kollege Stinka, wir haben in der Anhörung am vergangenen Freitag gehört: 50 % der Kraftwerke in Nordrhein-Westfalen sind älter als 31 Jahre, 20 % sind sogar älter als 40 Jahre. Das heißt, dass diese Kraftwerke an das Ende ihrer Lebensdauer kommen oder sogar schon darüber hinaus sind. Diese alten Anlagen mit einem Wirkungsgrad um 30 % müssen schnellstens vom Netz. Dort steckt das größte Potenzial für kosteneffizienten und wirksamen Klimaschutz, meine Damen und Herren. Mit dem Kraftwerkserneuerungsprogramm werden wir dieses Potenzial heben. Das ist volkswirtschaftlich vernünftig und im Übrigen auch industriepolitisch geboten, da sauberer, sicherer und günstiger Strom unseren Industriestandort sichert.