Protocol of the Session on December 2, 2009

(Beifall von der FDP)

Noch einmal zurück zu den Gesamtschulen. Wir haben Gesamtschulen nicht benachteiligt. Vielmehr haben wir versucht, die Privilegien, die bis dahin ausschließlich die Gesamtschulen genossen – 95 % Ganztag an den Gesamtschulen –, auch anderen Schulformen zuzuführen. Wir wollten den Ganztag ausbauen. Seien Sie sich ganz sicher: Wenn wir es geschafft haben, auch in den anderen Schulformen den Ganztag entsprechend auszubauen, dann können wir darüber reden, ob wir über den Anteil von 95 % hinaus auch die verbleibenden Gesamtschulen in den Ganztag führen können.

(Ralf Witzel [FDP]: So ist das!)

Wir haben im Übrigen die Schulleitungspauschale angepasst. Und wenn Sie es sich angucken – der Ganztag wirkt sich natürlich auch auf den Nachmittag aus –, dann stellen Sie fest, dass die Gesamtschulen im Vergleich zu anderen Schulen immer noch mehr Schulleitungspauschale bekommen.

Sie haben von massiven Nachteilen in Bezug auf die Gesamtschulen gesprochen. – Nein, diese Landesregierung hat den Gesamtschulen sogar massiv geholfen.

(Ralf Witzel [FDP]: Nicht nur da!)

Sie unterstützt. Im Zentralabitur wurde in Bezug auf Mathematik sehr deutlich, dass sie Unterstützung benötigen. Jede Gesamtschule hat 1.000 € bekommen, um ihre Lehrer fortbilden zu können, um sich zusammensetzen zu können und zu schauen, wie sie ihre Qualität verbessern können. Das hat stattgefunden, aber keine Kürzungen.

Eine besondere Unterstützung ist ihnen gerade diesbezüglich auch aus der Schulaufsicht heraus zuteil geworden.

Frau Kollegin!

Die ersten Ergebnisse haben wir bereits gesehen. Dann kommen Sie bitte nicht her und sagen, diese Landesregierung habe einen massiven Marsch gegen die Gesamtschulen in Gang gesetzt. Das Gegenteil ist der Fall. Uns sind alle Schulen, die wir haben, lieb. Wir reden bei keiner Schulform von dem Reiten eines toten Pferdes, Frau Beer.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Pieper-von Heiden. – Als nächste Rednerin hat nun Frau Kollegin Beer das Wort. Bitte schön, Frau Abgeordnete Beer.

Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren! Es ist schön, dass man sich gar nicht aufregen muss, wenn man sich Frau Piepervon Heiden anhört. Man kann es ganz gelassen sehen. Denn die Frage der Wahrnehmung von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die Frage der Wahrnehmung von gelungener Praxis hinsichtlich gemeinsamen Lernens im Inland und im Ausland werden wir heute und in Zukunft nicht mehr mit Frau Pieper-von Heiden beantworten können. Deswegen sollte sie in der Bildungspolitik keine Rolle mehr spielen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Über die Fehlsteuerung von Ressourcen im Haushalt, Frau Pieper-von Heiden und liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, müssen wir in der Tat reden,

(Ralf Witzel [FDP]: Sie haben Fehlwahrneh- mungen!)

weil es nicht sein kann, dass die wichtigen Mittel, die wir hier im Land aufbringen, in Schulformgräben versickern.

(Ralf Witzel [FDP]: Dann ändern Sie die Ver- hältnisse in der Gesamtschule!)

Vielmehr müssen wir die Mittel in effiziente Strukturen überführen, die gemeinsames Lernen und individuelle Förderung ermöglichen.

Herr Witzel, Sie müssen einmal zur Kenntnis nehmen, dass die Gesamtschuloberstufen in diesem Land zwar wunderbar etabliert sind, Ihre Kollegin beim VBE

(Ralf Witzel [FDP]: Da sagt der Landesrech- nungshof aber etwas anderes!)

aber verkündet, dass die FDP die Gesamtschuloberstufen abschaffen möchte. Das ist die Realität in diesem Land.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie behindern damit Jugendliche und machen ihre Bildungschancen kaputt,

(Ralf Witzel [FDP]: Es geht um Qualität!)

obwohl wir hier doch deutlich haben feststellen können, dass Kinder und Jugendliche, die zu 75 % keine Gymnasialempfehlung hatten, an Gesamtschulen erfolgreich das Abitur, das Zentralabitur ablegen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Ralf Witzel [FDP]: Vornotenlifting!)

Dass Sie das in Ihrem gelben Privilegienclub nicht wahrhaben wollen, sagen Sie hier noch einmal ganz deutlich. Herr Witzel, auch Ihre Zeit ist abgelaufen.

(Lachen von CDU und Ralf Witzel [FDP] – Ralf Witzel [FDP]: Gut, dass Sie das nicht zu entscheiden haben!)

Ja, die Zeit der unsozialen Politik, die durch Sie befördert wird, des Privilegienclübchens, geht zu Ende. Dafür können wir in diesem Land dann auch dankbar sein.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Ralf Witzel [FDP]: Alle Umfragen zeigen, dass Sie am Ende sind!)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Beer.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen mir nicht vor. Auch ein Blick in die Runde widerlegt das nicht.

Eine Abstimmung führen wir jetzt nicht durch, denn wir sind momentan noch in der abstimmungsfreien Phase. Nach der Beratung des Einzelplans 06 kommen die Änderungsanträge zum Einzelplan 05.

Ich rufe auf:

Einzelplan 06 Ministerium für Innovation, Wissen- schaft, Forschung und Technologie

Dieser Einzelplan umfasst drei Teilbereiche: „Innovation und Technologie“, „Wissenschaft“ und schließlich „Forschung“.

Ich weise hin auf die Beschlussempfehlung und den Bericht Drucksache des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung 14/10206 und die Änderungsanträge der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den Nummern 21 bis 23 in der auf den Tischen ausgelegten Vorlage.

Ich eröffne die Beratung über alle drei vorgenannten Teilbereiche.

Zunächst darf ich für die Fraktion der SPD dem Abgeordnetenkollegen Schultheis das Wort geben. Bitte schön, Herr Kollege.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Haushaltsentwurf, der zur Beschlussfassung ansteht, ist im Zusammenhang mit den Ereignissen der letzten Wochen, und nicht nur der letzten Wochen, sondern mit der Entwicklung unseres Hochschulsystems insgesamt, zu sehen.

(Zuruf von Manfred Kuhmichel [CDU])

Denn wir müssen feststellen, dass die ordnungspolitischen Vorstellungen der Koalition und von Herrn Minister Pinkwart an ihre Grenzen stoßen.

(Beifall von der SPD)

Das spiegelt sich sowohl in dem Haushalt als auch im Zusammenhang des Haushalts mit dem NRWHochschulgesetz wider. Dieses Gesetz trägt aus unserer Sicht einen Namen, den es so nicht verdient.

(Beifall von der SPD)

Insofern geht es um eine Bewertung dieses Haushalts vor dem Hintergrund der Entwicklung, mit der wir uns auseinandersetzen müssen und sich natürlich auch die Landesregierung auseinandersetzen muss.

Herr Minister Pinkwart, ich zitiere Ihren Kollegen Stratmann, den CDU-Wissenschaftsminister des Landes Niedersachsen. Der sagt – mit Genehmigung der Präsidentin zitiere ich –:

Wir als Politiker haben den Hochschulen zu viel zugetraut. Wir haben ihre Autonomie respektiert und gefördert. Wir haben aber verkannt, dass die Hochschulleitungen oft gar nicht in der Lage waren, eine vernünftige Reform gegen die Vielzahl von Einzelinteressen und Gremien durchzusetzen. Vielfach haben die Lobbyisten der Teildisziplinen triumphiert, die ihre Inhalte in allen infrage kommenden Modulen bis ins Detail unterbringen und abgeprüft sehen wollten. Darum muss die Politik die Zügel wieder stärker in die Hand nehmen.

Dieses Zitat spiegelt eine Entwicklung wider, die wir schon befürchtet haben, als es darum ging, das NRW-Hochschulgesetz in Gang zu bringen, nämlich dass sowohl das Landesparlament als auch die Landesregierung zunehmend an Gestaltungsmöglichkeiten für den Hochschulbereich verlieren. Wir haben den Eindruck, dass die Landesregierung überhaupt keinen genauen Überblick mehr darüber hat, was in unseren Hochschulen geschieht. Das

zeigen auch die Studierendenproteste der letzten Wochen.