Protocol of the Session on November 5, 2009

Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, begreifen nicht, dass die entscheidende Frage ist, ob die Verdoppelung dieser Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen oder woanders stattfindet. Ihre Politik wird dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze nicht in Nordrhein-Westfalen entstehen. Ihre Landesregierung ist diesbezüglich ein Totalausfall. Sie leisten sich Don-Quijote-Kämpfe gegen Windkraftanlagen, Sie haben kein Konzept, wie man regenerative Energien fördern kann, Sie haben keine Ahnung, wie man Umwelttechnologien hier in Nordrhein-Westfalen weiter ausbaut, und Sie haben es sogar geschafft, dass das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung – das ist wahrlich keine Vorfeldorganisation der SPD – Ihnen bescheinigt, bei den regenerativen Energien auf einen der letzten Plätze abgerutscht zu sein. Das Energieland NordrheinWestfalen schafft es, auf einen der letzten Plätze zu fallen. Das ist die Politik, die Sie vertreten müssen!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Für Sie sind Arbeit, Umwelt und Wirtschaft immer noch Gegensätze; für uns gehören diese Themen schon lange zusammen.

(Minister Andreas Krautscheid schüttelt den Kopf.)

Da können Sie ruhig stöhnen. Das ist so. Von Ihnen hört man da überhaupt nichts Konstruktives.

(Günter Garbrecht [SPD]: Herr Krautscheid hat noch andere Gründe, zu stöhnen!)

Ich fasse zusammen: Ihre Politik ist Politik von gestern. Arbeit und Umwelt zu trennen, ist wirklich antiquiert. Sie müssen dafür sorgen, dass Arbeitsplätze in den genannten Bereichen hier in NordrheinWestfalen entstehen. Dafür haben Sie als Regierung die Verantwortung, aber da sind Sie ein Totalausfall. Hier eine Aktuelle Stunde zu beantragen, sich mit fremden Federn zu schmücken und zu glauben, dass die Menschen das nicht merken – damit werden Sie nicht durchkommen. Die Wählerinnen und Wähler werden das merken, und Sie werden im nächsten Jahr im Mai Ihre Politik abwählen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Frau Schulze. – Für die CDU spricht nun der Kollege Wittke.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist schon ein abstruses Schauspiel, das die Oppositionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen heute hier abliefern, denn man hat tatsächlich den Eindruck, sie wünschten sich sehnlich herbei, dass die Horrorszenarien der Prognosen für den Arbeitsmarkt und den Ausbildungsmarkt endlich bei uns in NordrheinWestfalen Realität werden. Sie haben offenbar die Hoffnung, damit kräftig Munition für die Landtagswahl im nächsten Jahr sammeln zu können, um die Straße zu mobilisieren und damit in diesem Landtagswahlkampf vermeintlich erfolgreich zu sein.

Aber ich sage Ihnen ganz deutlich: Diese Strategie ist nicht nur unanständig, weil sie mit den Ängsten der Menschen im Lande spielt, sondern sie wird auch erfolglos sein. Die Menschen haben längst erkannt, dass sich etwas geändert hat in NordrheinWestfalen und dass es besser geworden ist, denn alle Zahlen sprechen gegen Sie. Als Sie regiert haben, Herr Kollege Garbrecht, als die SPD den Ministerpräsidenten in diesem Land gestellt hat, gab es über 1 Million Arbeitslose in NordrheinWestfalen.

(Zuruf von Günter Garbrecht [SPD])

Es ist wichtig, dass Sie die Zahlen hören, Herr Garbrecht. Vielleicht bauen Sie dann Ihre Argumentation um. Denn es ist schwierig, gegen Zahlen zu argumentieren, so wie Sie das heute hier versucht haben.

Über 1 Million Arbeitslose waren es zu Zeiten rotgrüner Regierungsverantwortung. Heute sind es 300.000 weniger, und zwar in einer Situation, in der eine weltweite Wirtschaftskrise Auswirkungen auch auf den Arbeitsmarkt hat. Sie haben in Zeiten regiert, als diese Wirtschafts- und Finanzkrise noch nicht akut war. Sie hätten damals die Weichen richtig stellen und dafür sorgen können, dass die Arbeitslosigkeit bekämpft wird. Das Gegenteil haben Sie getan, und die Kurve ging ständig nach oben.

Noch wichtiger ist, dass sich die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt Nordrhein-Westfalens während Ihrer Regierungsverantwortung immer schlechter als der Bundestrend entwickelt haben. Auch das haben wir geändert. Die Wirtschaft bei uns in NordrheinWestfalen wächst mittlerweile stärker als der Bundesdurchschnitt, und die Arbeitslosigkeit geht stärker zurück als der Bundesdurchschnitt.

(Beifall von CDU und FDP)

Das sind Erfolge dieser Landesregierung, die Sie nicht leugnen können.

Aber ich will genauso klar und deutlich sagen, dass es nicht allein das Verdienst dieser Landesregierung ist, dass diese Erfolge auf dem Arbeits- und auf dem Ausbildungsmarkt zu verzeichnen sind. Es sind zuvorderst die Erfolge der Tarifpartner, der

Unternehmen sowie der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land.

Denn nicht nur das Instrument der Kurzarbeit, das heute in dieser Debatte schon einen großen Stellenwert gehabt hat, sondern auch eine große Flexibilität, die passgenau von Unternehmen zu Unternehmen zwischen Betriebsrat und Unternehmensführung vor Ort vereinbart worden ist, hat es unseren Unternehmen ermöglicht, auch in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit die Beschäftigung auf hohem Niveau zu halten. Arbeitszeitkonten und ähnliche Instrumente sind ein wahnsinniger Erfolg.

Und ich will die Gelegenheit gerne nutzen, den Tarifpartnern ein herzliches Wort des Dankes für diese Flexibilisierung der Arbeitswelt zu sagen. Das haben wir immer gefordert. Das kann man nicht von oben verordnen; das muss vor Ort entstehen und entwickelt werden. Da ist eine fantastische Arbeit geleistet worden.

(Beifall von der CDU)

Wenn ich schon beim Lob der Tarifpartner bin, will ich doch ein ganz klein wenig differenzieren. Denn das, was Unternehmen mit Betriebsräten vor Ort auf den Weg gebracht haben, ist noch nicht in der obersten Etage aller Gewerkschaften in NordrheinWestfalen angekommen.

(Beifall von der CDU)

Da ist es schon erstaunlich, wenn der ansonsten von mir geschätzte Kollege Schneider sagt, alles sei ein Witz, das seien keine Erfolge, und alles sei viel schlimmer. Ich kann das nur damit erklären, Herr Garbrecht, dass Herr Schneider in Bielefeld bei Ihnen nicht erfolgreich war und immer noch trauert, dass er nicht dem Deutschen Bundestag angehört. Anders ist der Frust dieses Gewerkschaftsvorsitzenden nicht zu erklären.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Vor Ort sieht man das Gott sei Dank anders. Die Betriebsräte und die Akteure, die Arbeitnehmerpolitik vor Ort vereinbaren und machen, sind dort deutlich erfolgreicher.

In der Tat haben die Tarifpartner einen wesentlichen Anteil an den Erfolgen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Gleichwohl will ich sagen: Auch die Landesregierung und die Mehrheit in diesem Hause haben in den vergangenen vier Jahren die Gelegenheit genutzt, die Weichen richtig zu stellen. Es gibt jetzt maßgeschneiderte Programme, wie sie Karl-Josef Laumann gerade vorgetragen hat, und man geht nicht mehr mit der Gießkanne durchs Land. Man gibt sich mehr Mühe, bei einzelnen Programmen einzelne benachteiligte Gruppen tatsächlich zu fördern, aber auch einzufordern, Leistung zu erbringen. Deshalb sieht es auf dem Ausbildungsmarkt in vielen Bereichen heute besser aus, als das noch vor fünf Jahren der Fall gewesen ist.

Wir werden uns nicht beirren lassen, diesen Weg fortzusetzen. Denn eines ist ebenfalls wahr: Auch wenn in wirtschaftlich schwieriger Situation die Lage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt deutlich entspannter ist, als wir es erwartet und es uns die Prognosen vorausgesagt haben, sind wir bei Weitem noch nicht über den Berg.

Wir müssen weiter darangehen, die Wirtschaft Nordrhein-Westfalens zu ertüchtigen und zu modernisieren. Wir müssen weiter darangehen, gemeinsam mit Unternehmen, mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Strategien für mehr Beschäftigung zu entwickeln. Vor allem müssen wir konsequent einen Weg fortsetzen, der unser Land erneuert und ihm die Gestaltungsmöglichkeiten gibt, die Sie ihm wegen Ihrer unseriösen Finanzpolitik über Jahrzehnte hinweg geraubt haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Das werden wir nicht nur für den Rest dieser Legislaturperiode hinbekommen, sondern – da bin ich ganz optimistisch – dieses Konzept werden wir bei der Landtagswahl im Mai nächsten Jahres zur Abstimmung stellen. Ich bin sicher, die Menschen werden sich von Ihren Parolen nicht in die Irre führen lassen; sie werden Zahlen und nicht Parolen vergleichen und sehen, dass sich in diesem Land etwas zum Besseren gewendet hat. Das zeigen die Zahlen, aber das spürt man auch im Land. Daran werden Sie auch mit Ihren Kassandra-Rufen nichts ändern. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Kollege Wittke. – Für die FDP spricht Herr Dr. Romberg.

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Was haben wir heute Morgen von den Sozialdemokraten an Vorschlägen gehört? Kollege Garbrecht ist auf die Kurzarbeit und deren Erfolge eingegangen. Die Erfolge von Kurzarbeit sind sicher zu sehen, aber es gibt auf diesem Feld auch Probleme. Zum Beispiel arbeiten jetzt in Nordrhein-Westfalen gesunde Unternehmen kurz, und weil sie eine tarifliche Beschäftigungsgarantie haben, sorgt der Staat dafür, dass die Gewinne weiter gut sind. Kurzarbeit hat viel Gutes, aber es gibt auch Probleme, und es ist ein sehr teures Instrument.

Ansonsten haben wir von den Sozialdemokraten gehört: Wir sollen uns stark machen für Solarzellen und Windräder, und dann geht es dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt wieder gut. Frau Schulze, ganz konkrete Vorschläge habe ich nicht gehört, aber die würden mich schon interessieren.

(Zuruf von der SPD: Interessanterweise re- gieren Sie in diesem Land!)

Denn es geht auch darum, dass mittlerweile Geringverdiener – zum Beispiel eine vierköpfige Familie – über die Stromrechnung mehr als 40 € im Jahr dafür zahlen, dass die Besserverdienenden auf ihren Eigentumshäusern Solarzellen haben und eine Rendite von 8 oder 10 % kassieren.

(Beifall von FDP und CDU)

Ist das soziale Gerechtigkeit? Da hätte ich gerne von den Sozialdemokraten Vorschläge gehört, die auch in die soziale Gerechtigkeitsdebatte passen.

Es gibt durchaus ganz positive Signale. Frau Steffens, wir wollten auch gar nicht Erfolge großreden, aber es ist schon unser Recht, über die Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation zu debattieren. Die SPD hatte bereits im Mai ein staatliches Notprogramm für die Ausbildung gefordert. Das hat die Unternehmer erst mal verunsichert und dazu geführt, dass sie eher zurückhaltender sind. Die Erfolge, die jetzt trotz der schwersten Wirtschaftskrise seit Bestehen des Landes Nordrhein-Westfalen da sind, stimmen uns doch etwas positiver.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Es gibt heute aktuelle Nachrichten. Die „Welt“ zum Beispiel schreibt: Zeitarbeiter gesucht, Leihfirmen stocken Personalbestand um 14 % auf. –Solche Nachrichten hören Sozialdemokraten auch nicht gerne, sind sie doch häufig die ersten Signale, dass Zeitarbeit wieder anläuft. Das freut die Menschen, die in der Zeitarbeit einen Job gefunden haben.

Wir sind übrigens, wenn es um die Beschäftigten in Zeitarbeit geht, längst nicht bei der Quote der Nachbarländer angelangt, sondern liegen im Bundesschnitt noch immer nur bei einer Quote von 1,4 % gemessen an der Zahl aller Erwerbstätigen, die Nachbarländer hingegen bei 4 %. Diese Dinge sind wichtig genug, um sie in einer solchen Debatte aufzuführen.

Ich möchte noch mal auf den DGB in Gestalt von Guntram Schneider eingehen, der zu Beginn der Woche diese positive Entwicklung nicht nur schlechtgeredet, sondern auch damit gedroht hat, den Ausbildungskonsens zu verlassen – ich wiederhole –, den Ausbildungskonsens zu verlassen, ihn aufzukündigen. Das ist nicht nur verwunderlich, das ist wirklich ärgerlich.

Herr Schneider ist – heute ist es in der NRZ zu lesen – jetzt zurückgerudert. Die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Ausbildungskonsens möchte er doch lieber fortsetzen. Dass er das nun wirklich tun will, ist erst einmal gut, aber die „WAZ“ hatte auch schon im Kommentar getitelt „Empörung mit Kalkül“.

Dass SPD und DGB positive Schlagzeilen brauchen, ist aus unserer Sicht verständlich. Aber den Ausbildungskonsens für solche Show-Effekte und für kurzfristige Medienaufmerksamkeit zu gefähr

den, halte ich für kein geeignetes Mittel. Ich finde das sogar schäbig.

(Beifall von der FDP)

Diejenigen, die eine Stelle, die einen Ausbildungsplatz suchen, werden dadurch unnötig verunsichert.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Sehr richtig!)