Protocol of the Session on October 8, 2009

Immer, wenn Herr Laschet seinen unendlich vielen schönen Worten Taten folgen lassen soll, versagt er. Das sehen wir wieder einmal an diesem Punkt. Das gilt für den Rechtsanspruch für Kinder ab zwei Jahren. Da weicht er den unangenehmen Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden aus. Die Verhandlungen sind noch nicht aufgenommen. Dasselbe gilt für das Kinderbildungsgesetz: ein Dokument des Versagens. Das haben wir hier schon an vielen Stellen diskutiert.

(Beifall von den GRÜNEN)

In unserem Antrag geht es heute darum, dass Sie 2008 mit dem Kinderbildungsgesetz, diesem verkorksten Gesetz, eine kommunalfeindliche Regelung eingeführt haben, die eine landesweite Deckelung bei der Schaffung von Betreuungsplätzen vorsieht. Das funktioniert so, dass Sie im November den Jugendämtern die Zahl der U3-Plätze mitteilen, die das Land im folgenden Kindergartenjahr mitfinanzieren wird. Eine Kommune allerdings, die über dieses Kontingent hinaus mehr Plätze schaffen will, zum Beispiel meine Heimatstadt Köln, kann dies zwar tun, aber sie bekommt dafür keine Landesmittel.

(Minister Armin Laschet: Das stimmt doch nicht! Das war nur im ersten Jahr!)

Das zweite Problem ist die Planungssicherheit. Die sogenannten Kontingente für diese Krippenplätze werden Jahr für Jahr neu vergeben, gekoppelt an den Landeshaushalt. Die Kommunen müssen aber bis ins Jahr 2013 planen, weil dann die Eltern vor der Tür stehen und ihren Rechtsanspruch einklagen.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Städte wie Köln und Düsseldorf, die jetzt schon sehen, dass es einen sehr viel höheren Bedarf gibt, streben Versorgungsquoten von 40 % an, wollen aber Gewissheit darüber haben, dass das Land diese Plätze mitfinanziert. Die wollen nicht alleine auf den Kosten sitzenbleiben. Genau diese Planungssicherheit haben die Kommunen nicht. Deswegen haben wir in unserem Antrag gefordert, diese unsägliche und unsinnige Deckelung des U3Ausbaus aufzuheben.

Wir haben zu diesem Antrag eine Anhörung mit Sachverständigen durchgeführt und haben für dieses Anliegen die uneingeschränkte Zustimmung der

Kommunen, egal, ob CDU-, SPD/Grüne- oder sonst wie geführten Kommunen, erhalten.

Von einigen Experten wurde vorgeschlagen, den Kommunen die Finanzierung des Landes nicht jährlich mitzuteilen, die damit keine Planungssicherheit haben, sondern die Finanzierung den bekannten Ausbauplänen der Kommunen anzupassen, in Worten: eine zwischen den Kommunen und dem Land harmonisierte Ausbauplanung bis 2013, bei der sich die Kommunen auf jeden Fall auf das Land verlassen können. Das ist der Wunsch der kommunalen Familie. Das ist der Wunsch der Träger, die endlich in dieser wichtigen Frage des Krippenausbaus Planungssicherheit vom Land einfordern.

Besser wäre es, das Gesetz insgesamt zu ändern und diese Deckelung gleich ganz aus dem Gesetz zu streichen, wie in unserem Antrag gefordert, um damit den Kommunen und den Kindergartenträgern die notwendige Sicherheit zu geben. Das ist unsere Forderung. Das würde bedeuten, endlich kommunalfreundlich, kinderfreundlich und familienfreundlich zu verfahren. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Kastner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, wir kommen jetzt ein klein bisschen in die Wirklichkeit zurück, weg von diesen fantastischen Gebilden, die uns Frau Asch vorgetragen hat.

Wenn ich den Titel des Antrags lese, kommen meine kommunalpolitischen Erinnerungen unweigerlich wieder nach oben. Ich erinnere mich an die Zeit, als ich als Vorsitzende des Ausschusses für Kinder, Jugendliche und Familien und Sprecherin in diesem Fachbereich für meine Fraktion tätig war. Münster war eine der ersten Städte, die damals, vor vielen Jahren, den Rechtsanspruch für Dreijährige in Nordrhein-Westfalen pünktlich zum Stichtag umgesetzt haben. Wir waren mächtig stolz darauf, und vor allen Dingen waren wir froh, dass es so fristgerecht passiert ist, wussten wir doch, dass es in unserer Stadt viele Eltern gab, die gerade wegen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf einen Betreuungsplatz angewiesen waren und darauf gewartet haben.

Die damalige Leistung betraf Betreuungsplätze für Kinder, die älter als drei Jahre waren. Schon damals war uns in unserer Stadt sehr bewusst, dass wir damit nur einen Teil des Problems gelöst hatten. Denn schon damals haben uns viele Eltern deutlich gemacht, dass sie schon zu einem früheren Zeitpunkt gerne einen Betreuungsplatz gewollt hätten.

Wir als Kommunalpolitiker konnten den Wunsch der Eltern aber nur sehr begrenzt erfüllen. Während bei den Plätzen für Kinder über drei das Land noch Unterstützung gewährte, blieb die Unterstützung beim Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei völlig aus. Die wenigen Plätze, die durch Umwandlung entstehen konnten, waren an zwei Händen abzuzählen. Wenn die Kommunen hier weiter voranschreiten wollten, mussten sie das schon ganz alleine stemmen. Wir haben das in Münster getan und waren damals heilfroh, als das KiBiz kam und wir damit auch Plätze gefördert bekamen, die für Kinder unter drei Jahre zur Verfügung standen.

Kommen wir auf Ihren Antrag zurück, Frau Asch! Lassen Sie mich vielleicht am Anfang sagen, dass das TAG nur deshalb von der CDU abgelehnt wurde, weil es eine Mogelpackung in der Finanzierung war, nicht weil bestritten haben, dass es um Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren ging. Sie wissen sehr genau, dass die Betreuungsplätze im TAG aus den Einsparungen in der Sozialhilfe bezahlt werden sollten, die nie stattgefunden haben.

Landesweit war es im April des Jahres 2005 so, dass sich die SPD-Fraktion auf die Schulter klopfte und versprach, für die kommende Legislatur, also die jetzige, die magere Anzahl von 11.800 Plätzen zu verdoppeln.

Zum Glück kam es anders. Wir kamen an die Regierung und haben das Platzangebot inzwischen versechsfacht. Bereits im laufenden Kindergartenjahr fördern wir landesweit 74.645 Betreuungsplätze für unter Dreijährige, davon 58.400 in Kindertageseinrichtungen und 16.245 in der Kindertagespflege. Hinzu kommen 12.000 Plätze in privaten Einrichtungen und Spielgruppen. Insgesamt werden somit 86.000 Kinder unter drei Jahren betreut.

Im Kindergartenjahr 2010/2011 werden 77.000 U3Plätze in den Tagesbetreuungseinrichtungen sowie weitere 24.000 Plätze in der Kindertagespflege zur Verfügung stehen. Dann sind wir schon bei 101.000 gewerblichen und privaten Plätzen. Unser Ziel ist es, bis 2013 für rund ein Drittel aller Kinder unter drei Jahren ein Betreuungsangebot zu schaffen. Die Zahl bedeutet insgesamt ein Platzangebot von 144.000 Plätzen.

Erstmalig wird in Nordrhein-Westfalen die Finanzierung der Tagesbetreuung für unter Dreijährige gesetzlich geregelt. Dieses wurde im Übrigen auch nur durch das KiBiz möglich. Im Jahr 2009 stellen wir 1,15 Millionen € für die Tagesbetreuung zur Verfügung, im kommenden Jahr 1,24 Millionen €.

Das Land stellt den Kommunen und freien Trägern für die Betriebskosten der U3-Betreuung insgesamt ein Vielfaches der Bundesbeteiligung zur Verfügung. Im investiven Bereich unterstützen wir den Ausbau U3 bis 2013 mit mehr als 500 Millionen €.

Die Zahlen machen, glaube ich, sehr deutlich, dass wir einen bedarfsgerechten Ausbau von Betreu

ungsplätzen ermöglichen und dass die Sorgen und Forderungen im Antrag völlig unbegründet sind. In den letzten Jahren sind wir allen Wünschen der Kommunen nachgekommen. Es gibt faktisch keinen Deckel. Am Ende haben wir für mehr Plätze eine Mitfinanzierung zur Verfügung gestellt, als die Kommunen dies umzusetzen in der Lage waren.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass wir für die Förderung all dieser Plätze mehr ausgeben – wir fördern mit dem gleichen Prozentsatz wie Bayern – als manche anderen Bundesländer. Daher glaube ich nicht, dass wir die Eltern und die Kommunen beim Ausbau der U3-Plätze im Regen stehen lassen. Wir unterstützen, wo wir können. Mehr Geld hat es nie gegeben. Deshalb werden Sie verstehen, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Kastner. – Die SPD-Fraktion wird jetzt von Frau Hendricks vertreten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will es gleich zu Anfang sagen: Wir stimmen dem Antrag der Grünen zu; denn die Beschlussvorlage aus den Ausschüssen orientiert sich nicht an der Realität in NRW, sondern mehr an der Wunschvorstellung der Koalition.

(Frank Sichau [SPD]: Wünsch dir was!)

Dass diese Wunschvorstellung weit hinter der Realität zurückblieb, haben die Anhörungen im Landtag in aller Klarheit verdeutlicht.

Nach den bundesrechtlichen Vorgaben müssen bis 2010 in NRW 90.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren vorhanden sein.

Darüber hinaus hat der Landtag NRW mit den Stimmen von CDU und FDP am 25. Oktober des Jahres 2007 die Landesregierung aufgefordert, im Laufe des Kindergartenjahres 2010/2011 gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden einen Rechtsanspruch für alle zweijährigen Kinder umzusetzen. Aus den Spitzenverbänden ist zu hören, dass dies wohl nur schwerlich gelingen wird. Nach der Logik des Kinderbildungsgesetzes findet die Anmeldung der kommunalen Bedarfszahlen für das Kindergartenjahr 2010/2011 am 15. März 2010 statt. Bis dahin sind es noch nicht einmal sechs Monate.

Meine Damen und Herren, das Land erhält im Jahre 2009 für die Betriebskosten in den Kindertageseinrichtungen ca. 22 Millionen € vom Bund. Dieser Betrag soll, wie es in den entsprechenden Vereinbarungen zwischen dem Bund, den Ländern und der Arbeitsgruppe zum Betreuungsausbau heißt, den

Kommunen und Trägern „tatsächlich und zusätzlich“ zur Verfügung gestellt werden.

Die Landesregierung wollte diese Beträge zunächst über den normalen Gemeindefinanzierungsschlüssel verteilen, wodurch nur 21,83 respektive 23 % der Mittel wirklich bei den Kommunen angekommen wären. Für die Folgejahre sahen die Summen für die Kommunen durch diesen Verteilungsschlüssel ganz abenteuerlich aus, handelte es sich doch um einen Selbstbedienungsladen des Landes auf Kosten der Kommunen. Der Städtetag hat sich deshalb energisch gegen die nicht erfolgte Weiterleitung der Betriebskosten gewandt – insbesondere vor dem Hintergrund des Anwachsens der Bundesmittel und der hohen Nichtüberweisungen an die Kommunen.

Tatsächlich würden sich die Zahlen der Zuweisungen an die Kommunen bei der Beibehaltung dieser Systematik des Landes wie folgt darstellen: Dem Land würden in den nächsten sechs Jahren Bundesmittel für die Betriebskosten der Träger in Höhe von insgesamt 563 Millionen € zufließen. Die Kommunen würden nur 130 Millionen € erhalten. Das macht etwa 430 Millionen € für den NRWFinanzminister.

Meine Damen und Herren von der Regierung, der Bund wusste, als er das Kinderfördergesetz auf den Weg brachte, dass das Land seinen Kommunen für den Ausbau der U3-Betreuung Geld geben wollte und musste. Der Bund ist davon ausgegangen, dass er auf das NRW-Geld noch Geld drauflegt,

(Minister Armin Laschet: Tut er doch!)

um den Ausbau zu beschleunigen. Wie man in der Vereinbarung mit dem Bund aus dem Jahre 2007 nachlesen kann, Herr Laschet, heißt es dort – ich zitiere –:

Die Länder werden durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass sie die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel tatsächlich und zusätzlich den Kommunen und den Trägern zur Verfügung stellen.

(Minister Armin Laschet: Das tun wir doch!)

Das kann für NRW nur dann zutreffen, wenn es die Absicht hatte, das eigene Engagement zurückzufahren. Dies lässt sich aber mit einem Anspruch, einen möglichst großen Ausbaustand bei der Kinderbetreuung zu erreichen und das kinderfreundlichste Land der Republik zu werden, nicht vereinbaren. Oder sollten wir als SPD hier etwas falsch verstanden haben? Waren es nämlich im Jahr 2009 noch rund 23 %, so beabsichtigt das Land im Jahr 2010, die Summe auf 0 % herunterzufahren.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Damit wird der Landeshaushalt nicht saniert, Herr Laschet. Die Kommunen werden aber nachhaltig belastet, und es entsteht aus unserer Sicht ein psychologischer Flurschaden. Die ersten Kämmerer melden schon an, dass bei diesem Vorgehen der Landesregierung in den Kommunen keine Verpflichtung bestehen kann, den erforderlichen Ausbaustand zu erreichen. Damit ist Ihr Vorgehen, Herr Laschet, politisch ineffizient.

(Beifall von Frank Sichau [SPD])

Dies, meine Damen und Herren, erfolgt vor dem Hintergrund, dass die Städte und Gemeinden keinerlei finanzielle Spielräume mehr haben und dass die Kommunen auf jeden Landes-Euro noch zwei kommunale Euro drauflegen müssen.

Der von der CDU-FDP-Mehrheit im Landtag beschlossene Rechtsanspruch wird von den Eltern jedoch nicht gegenüber dem Land, sondern gegenüber den Kommunen geltend gemacht. Ein fehlender Ausbaustand würde zu Protesten, Unruhen und Klagen der Eltern gegen die Kommunen führen. Die Kommunen fordern völlig zu Recht, dass sie zunächst alle vom Bund für sie vorgesehenen Mittel tatsächlich erhalten, bevor das Land mit ihnen über die Frage eines Rechtsanspruches redet.

(Beifall von der SPD)

Dabei kann heute niemand sagen, wie viele Eltern von diesem Rechtsanspruch Gebrauch machen werden. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass es deutlich mehr Eltern sein werden als die bis 2013 angestrebten 35 %. Insbesondere in den Städten lässt sich bereits heute eine Nachfrage von 40 bis 50 % feststellen. Die Quote der Alleinerziehenden und der berufstätigen Mütter stellt sich dort ganz anders dar als auf dem Land.

Damit rollt ein unbekanntes Aufgabenvolumen auf die Kommunen zu, während das Land die Finanzierung nicht einhält und Bundesgelder nicht weiterleitet.