Protocol of the Session on October 7, 2009

Deshalb finden wir, dass es wichtig ist, dass es einen Automatismus dergestalt gibt, dass jeder jugendliche Auszubildende in einem Unternehmen, für das ein Insolvenzantrag gestellt wird, Informationen über seine Rechte und Möglichkeiten und darüber bekommt, wer ihm wirklich hilft. Wir brauchen so etwas wie eine Garantie für die Jugendlichen, dass keiner seine Ausbildung nicht beenden kann, bloß weil das Unternehmen insolvent wird.

Deshalb haben wir unseren Antrag eingebracht. Wir wollen keine langen Diskussionsschleifen dazu im Ausschuss, sondern wir möchten, dass darüber abgestimmt wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das sind ganz einfache Punkte, bei denen eigentlich niemand sagen kann, dass er sie für die Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen nicht umsetzen will. Es kostet kein Geld, sondern nur ein bisschen Initiative des Ministers und des Ministeriums, um mit den Kammern gemeinsam den Weg zu gehen, den Jungendlichen Informationen an die Hand zu geben und gegebenenfalls einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen. Eigentlich kann niemand dagegen sein, dass dies schnell und zügig geschieht. Deswegen hoffe ich auf Ihre Unterstützung.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Steffens. – Als Nächster hat für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Post das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt sicherlich auch bei jugendlichen Auszubildenden eine ganze Menge Sorgenfalten, wenn ihre Firmen Probleme bekommen; das ist gar keine Frage. Darum muss man sich kümmern, und darum kümmert die Landesregierung sich, und zwar nicht erst seit gestern.

Aber trotz aller denkbarer Maßnahmen kann man die Reihenfolge der Ereignisse nicht außer Kraft setzen. Dass der Ausbildungsmarkt dem Arbeitsmarkt folgt, hat Frau Steffens eben schon deutlich gemacht.

Lassen Sie mich bitte noch einmal kurz skizzieren, wo wir eigentlich wären, wenn wir nicht fünf Jahre vorgesorgt hätten. Wir lagen 2005 bei 5,2 Millionen Arbeitslosen; wir liegen jetzt bei etwa 3,6 Millionen. Im Land hatten wir 2005 über 1 Million Arbeitslose und sind jetzt bei etwa 800.000. Ohne diese guten Jahre, die wir hinter uns haben, lägen wir im Moment bundesweit wahrscheinlich bei 6 Millionen und im Land bei 1,5 Millionen. Es ist Vorarbeit geleistet worden zu einer Zeit, als es der Wirtschaft gut ging; in dieser Zeit wurden Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze zur Genüge geschaffen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: In einer Zeit, die vor Ihrer lag!)

Hören Sie sich die Zahlen einfach an; sie werden sogar von Ihrem DGB bestätigt!

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die liefern wir auch!)

Die Themen im Hinblick auf den Ausbildungsmarkt sind immer von Sorge umwittert; zumindest in den letzten 20 Jahren haben wir es nicht anders erlebt. Die Auszubildenden in den von der Konjunkturkrise betroffenen Betrieben haben Sorgen. Die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen lässt natürlich nach. Ein Unternehmer, der sich in schwierigen Zeiten um die Belegschaft sorgt und möglicherweise sogar die Sicherung von Arbeitsplätzen der Stammbelegschaft infrage stellen muss, fragt sich natürlich erst recht, ob es möglich ist, noch einmal einen verbindlichen Vertrag für drei Jahre einzugehen, um Auszubildende einzustellen. Unser eigentliches Problem ist, dass die Leute Angst vor der Zukunft haben und dadurch das Angebot an Ausbildungsplätzen zurückgeht.

Wir haben Sorgen, aber auch Ziele. Wir müssen zukunftsorientiert arbeiten. Deshalb müssen wir um Ausbildungsplätze kämpfen; das ist die wichtigste Aufgabe. Wir müssen alles dafür tun, dass die Zahl der Ausbildungsplätze weiter auf dem hohen Niveau der letzten beiden Jahre bleibt, sodass jeder, der eine Ausbildung machen will, ein Angebot bekommt. Wir brauchen die jungen Menschen, und zwar jeden. Ohne gut Ausgebildete kann es in den nächsten Jahren keine Konjunkturerholung geben.

Deshalb genießen der Auszubildende und die Ausbildungsstelle auch bei uns, bei der CDU NRW, einen besonderen Schutz.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Selbst bei euch!)

Zur Sachlage gehört aber auch, dass die Berufsausbildung bei Insolvenz, Stilllegung und Kurzarbeit ein besonders schützenswertes Vertragsverhältnis ist – das ist auch bestätigt worden –, sodass es schon eine ganze Menge Hürden gibt, die übersprungen werden müssen, bevor ein junger Mensch, der eine Ausbildung begonnen hat, in die Wüste geschickt wird.

Entscheidend wird sein, dass wir in den schwierigen Zeiten auch für Auszubildende einen Schirm spannen; das ist richtig, und da sind wir dabei.

Dass wir aber zunächst die vorhandenen Instrumente nutzen müssen, ist genauso klar. Der Deutsche Bundestag hat nicht ohne Grund im Juni beschlossen, den Ausbildungsbonus zu erweitern. Das 3. SGB-IV-Änderungsgesetz bringt ganz konkrete Hilfen für den Auszubildenden. Alle Auszubildenden sollen ihre Ausbildung beenden können, und zwar auch dann, wenn ihr Ausbildungsbetrieb in die Insolvenz geht.

Für Auszubildende, die in der Finanzkrise durch Insolvenz, Stilllegung, Schließung des Ausbildungsbetriebes ihren Ausbildungsplatz verlieren, wird der Ausbildungsbonus, der weiterentwickelt wurde, gezielt bereitgestellt. Sie können ihre Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzen und abschließen. Bisher konnte der Bonus an den neuen Ausbildungsbetrieb gezahlt werden, wenn er die Fortführung der Berufsausbildung auf einem zusätzlichen Ausbildungsplatz ermöglichte und die Vermittlung des Auszubildenden in das fortgeführte Ausbildungsverhältnis wegen in dessen Person liegenden Umständen erschwert war.

Diese beiden sehr hinderlichen Prämissen sind ja bei der Veränderung des SGB IV weggefallen. Deshalb werden künftig Betriebe mit dem Ausbildungsbonus gefördert, die es den jungen Menschen ermöglichen, ihre neue Ausbildung in dem neuen Betrieb fortzusetzen.

Mein Appell geht an die vielen Unternehmen in Deutschland, die sich vorbildlich für Ausbildung engagieren. Nutzen auch Sie die Möglichkeiten des Ausbildungsbonus! Gebt den Jugendlichen die Chance, ihre Ausbildung weiterzuführen, zu Ende zu führen. Da werden Mittel bereitgestellt, nicht in geringem Maße, sondern in sehr großem Maße. Da geht einiges.

Wenn es also durch die Finanzkrise erhöhte Insolvenzgefahr gibt, dann müssen wir besonders für die Lehrlinge, für die Auszubildenden sorgen. Das kann mit einem Schutzschirm geschehen, der in drei Teile aufzuteilen ist. Erste Stufe: Der eben angesprochene Ausbildungsbonus hilft offensichtlich,

Auszubildenden nach Ende eines Betriebsverhältnisses, eines Vertragsverhältnisses einen neuen und weitergehenden Ausbildungsplatz zu finden. Bei der zweiten Stufe geht es darum – das macht NRW schon seit März, April diesen Jahres –, dass die Kammern beim Ausbildungspakt zugesichert haben, bei Insolvenz eines Ausbildungsbetriebes einen Alternativbetrieb zu suchen.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das tun sie aber nicht!)

Und das geschieht auch, doch, natürlich. Es gibt ein gemeinsames Informationspapier der Kammern und der DGB-Jugend, in dem genau das angeboten wird. Die Kammern kümmern sich auch darum.

Als dritte Stufe, wenn das alles nicht hilft, sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass die Qualifizierung bis zur Kammerprüfung in einer Berufsbildungswerkstatt fortgesetzt werden kann. Dazu kann bei stärker werdender Krise die Landesregierung Hilfe schaffen. Das kostet nicht wesentlich mehr Geld. Wir können das mit den nicht abgerufenen Mitteln aus dem Bonusprogramm hervorragend finanzieren. Ich glaube, dass ein solcher Schutzschirm für Auszubildende nicht nur im Falle der Insolvenz angesichts der Schwierigkeiten notwendig ist.

Zur Ihren konkreten vier Forderungen: Sie fordern, gemeinsam mit den Kammern einen konkreten Hilfeplan für junge Menschen zu erarbeiten. Meine Damen und Herren, das ist eingerichtet. Sie fordern weiter, Ausbildungsplätze einzuwerben, die mit Fördermitteln unterstützt werden können, um jedem Jugendlichen eines Insolvenzunternehmens auch einen neuen Ausbildungsplatz anbieten zu können. Meine Damen und Herren, das ist genau das, was mit dem Ausbildungsbonus geschehen ist.

(Zuruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

Drittens fordern Sie, dass Ausbildungsplätze bei der öffentlichen Verwaltung eingerichtet werden, um Auszubildende, die aus Insolvenzbetrieben kommen, aufnehmen zu können. Sie müssten mir einmal erklären, wie man die Leute aus technischen Betrieben – nur die sind im Zweifelsfall von Insolvenz betroffen – in öffentlichen Verwaltungen weiter ausbilden soll. Ich halte das nicht für sehr hilfreich.

Viertens fordern Sie frühzeitige Information. Gucken Sie sich die gemeinsamen Papiere von den Kammern und dem DGB an! Dann werden Sie die frühzeitigen Informationen erkennen.

Meine Damen und Herren, wir stehen Gewehr bei Fuß, um den Jugendlichen zu helfen. Es muss aber alles der Reihe nach gehen. Wir werden die Chance zur Hilfe wahrnehmen – nicht, indem wir dauernd neue Projekte schaffen, bei denen nachher kein Mensch mehr weiß, wo er wirklich hin soll. Die Kammern sind im Boot, die Jugendlichen sind im

Boot, der DGB ist im Boot, und die Regierung tut das, was zu tun ist. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Post. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Abgeordneter Schmeltzer das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Post, bis auf einige wenige Abweichungen habe ich mich eine Zeit lang in Ihrem Redebeitrag gefragt, wenn Sie ein solches Plädoyer für die Insolvenzlehrlinge halten, was Sie letztendlich gegen die vier Beschlusspunkte des vorliegenden Antrags haben. Das habe ich mich ernsthaft gefragt –

(Beifall von den GRÜNEN)

bis auf diese Ausbrecher bezüglich öffentlicher Verwaltung und technischer Betriebe. Ich habe gehört, Sie wollten Oberbürgermeister einer Stadt werden. Dann hätten Sie sich besser damit auseinandergesetzt, dass in einer Stadt nicht nur die Verwaltung vorherrscht, sondern sehr wohl auch technische Berufe angesiedelt sind.

(Widerspruch von Norbert Post [CDU])

Natürlich. Jetzt weiß ich auch, warum Sie nicht Oberbürgermeister geworden sind, Herr Kollege. – Natürlich hat auch eine Stadt technische Berufe. Wenn eine Stadt gut aufgestellt ist, bildet sie auch in diesen technischen Berufen aus. Das ist absolut hilfreich, nicht nur für die Stadt selber, sondern auch für die jungen Menschen in dieser Stadt.

Herr Kollege Post, Sie sagen, um das Szenario, über das wir heute reden, kümmere sich die Landesregierung, und das nicht erst seit gestern. Wenn Sie sich nicht nur in Form von Pressemitteilungen und Gesprächsrunden kümmern würde, sondern dergestalt kümmern würde, dass die jungen Menschen auch etwas davon haben – ich gehe gleich im Einzelnen darauf ein –, dann würde auch ein solcher Antrag ad absurdum sein. Dann würde das gar nicht mehr heute debattiert werden. Dann hätten wir auch am 7. Mai dieses Jahres hier im Hohen Hause und in den anschließenden Diskussionen in den jeweiligen Ausschüssen sicherlich schon so viel Übereinstimmung gehabt, dass wir den jungen Menschen präventiv helfen, dass wir nicht erst dann tätig werden und handeln, wenn das Kind einmal wieder in den Brunnen gefallen ist. Oder wie es Arbeitsminister Laumann in der Debatte am 7. Mai gesagt hat: Ich reagiere nicht auf Wasserstandsmeldungen, ich warte erst einmal ab.

Im Sinne der jungen Menschen abzuwarten, ist verfehlte Politik. Deswegen war der Antrag im Mai richtig, und deswegen ist der Antrag heute auch richtig.

Die gesunkenen Arbeitslosenzahlen – lassen Sie mich das noch kurz sagen – in den vergangenen Jahren sind nicht auf Ihre Politik zurückzuführen. Das, was Sie da eben gesagt haben, glaubt Ihnen wirklich niemand in diesem Land, absolut niemand.

(Beifall von Norbert Killewald [SPD])

Die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen zum Abbau der Arbeitslosigkeit wurden im Bund unter Rot-Grün geschaffen. Und Sie waren die Nutznießer dessen. Bei vielen dieser Reformen haben Ihre Kollegen in Berlin seinerzeit aus der Opposition heraus auch mit gestimmt. Sie stellen sich jetzt hierhin und sagen: Jetzt ist Schwarz-Gelb hier an der Regierung. Jetzt greifen diese Reformen. Und jetzt nehmen wir für uns in Anspruch, dass die Arbeitslosenzahlen gesunken sind. – Das ist nicht nur dreist, sondern eine Unverschämtheit, Herr Kollege Post; das hätte ich Ihnen im Vorfeld so nicht unterstellt.

Herr Kollege Schmeltzer, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche. Der Kollege Post würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie diese zulassen.

Sehr gerne.

Bitte schön, Herr Kollege Post.

Herr Schmeltzer, Sie haben eben freundlicherweise Mönchengladbach angesprochen. Wissen Sie, wie viele Ausbildungsstellen im technischen Bereich dort in diesem Jahr mit Genehmigung der Bezirksregierung möglich waren?

Das kann ich Ihnen nicht sagen.

(Norbert Post [CDU]: Ganze zwei!)