Protocol of the Session on September 10, 2009

Es ist einfach zynisch, wenn die führenden Vertreter der privaten Banken – ich sage: die selbst ernannten Wirtschaftseliten – die Verluste ihrer Misswirtschaft auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in unserem Land abwälzen. Ich bezweifle, ob man mit einem derartigen Staatsverständnis überhaupt eine Führungsaufgabe mit voller Verantwortung für die Gemeinschaft in einem Unternehmen wahrnehmen kann.

Meine Damen und Herren, wir möchten unsere Kritik aber nicht nur proklamatorisch hier in einem

Antrag gegen die privaten Banken richten, sondern wir möchten aktiv dazu beitragen, dass im Umfeld unserer parlamentarischen Einflussmöglichkeiten in Nordrhein-Westfalen derartige Haltungen nicht um sich greifen.

Weil das Land Nordrhein-Westfalen zu knapp 40 % selbst an einer Bank, nämlich der Westdeutschen Landesbank, beteiligt ist, ist es zwingend unsere parlamentarische Aufgabe, darauf einzuwirken, dass strenge Bedingungen formuliert werden müssen, wenn Staatshilfen geflossen sind. Das ist bei unserer Westdeutschen Landesbank der Fall. Für ausgelagerte Risikopapiere haben wir Eigentümer – das Land, ebenfalls die Landschaftsverbände, aber auch die Sparkassenverbände – eine Garantie von 5 Milliarden € übernommen, die nach derzeitigem Beratungsstand auf 9 Milliarden € aufgestockt werden soll. Mehr als 100 Millionen € sind aus dieser Garantie bereits für das Land kassenwirksam in Anspruch genommen worden. Dass die Bank im ersten Halbjahr ein positives Ergebnis vor Steuern erzielen konnte, ist Ergebnis genau dieser Auslagerung.

Vor wenigen Wochen sind die ersten Äußerungen des kommissarischen Vorstandsvorsitzenden der Bank bekannt geworden, für das Jahr 2009 – wohlgemerkt: 2009 – Zahlungen von Boni nicht auszuschließen.

Presseberichten zufolge haben die Vorstandsmitglieder zudem im Jahr 2008 bereits jeweils etwa 1 Million € Jahresgehalt im Durchschnitt erhalten.

Diese Fakten, meine Damen und Herren, veranlassen meine Fraktion, mit unserem vorliegenden Antrag strikte Bedingungen für den Vorstand der Westdeutschen Landesbank zu formulieren. Denn wir können den NRW-Bürgern nicht zumuten, für die Verluste der Bank geradezustehen, während verantwortliche Vorstände mit Millionengehältern aus der Krise hervorgehen.

Meine Damen und Herren, ein Bankvorstand, der bis Ende 2010 noch über 1.350 Mitarbeiter entlassen wird, muss auch selbst verzichten. Deshalb erwarte ich von Herrn Dr. Linssen als Vertreter des Landes im Aufsichtsrat der Westdeutschen Landesbank ganz persönlich, dass er sich wie Peer Steinbrück auf der Bundesebene im Sinne des Parlaments dafür einsetzt, klare Kriterien für Staatshilfeunternehmen zu formulieren.

Dazu gehört erstens, dass Organmitglieder – sprich: Vorstände – keine unangemessene Gesamtvergütung erhalten sollen, wobei als unangemessen das gilt, was die Summe von 500.000 € pro Jahr übersteigt.

Zweitens. Wir wollen keine rechtlich gebundenen Abfindungen sehen, insbesondere keine Leistungen bei vorzeitiger Beendigung der Tätigkeit im Vorstand.

Drittens. Wir sind der Auffassung, dass keine Boni an Vorstände gezahlt werden sollen, solange die Westdeutsche Landesbank Garantien aus öffentlichen Kassen in Anspruch nimmt.

Meine Damen und Herren, das heißt nicht – das sage ich ausdrücklich –, dass wir grundsätzlich erfolgsorientierte Teile von Vergütungen auch im Bereich der Banken ablehnen, aber wir sind der Auffassung, dass, wer als Abgeordneter hier tätig ist – gleich welcher Partei – und seinen Wählern noch in die Augen schauen will, jetzt diese Forderungen mittragen muss.

Deshalb sind wir der Auffassung, meine Damen und Herren, dass es gut wäre, wenn wir diese Forderungen mit möglichst breiter Mehrheit gegenüber dem Vorstand der Westdeutschen Landesbank formulieren könnten.

Ich freue mich auf eine hoffentlich breite Mehrheit für unseren Antrag. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Walsken. – Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Weisbrich.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Walsken, seit dem 12. Februar berichten Presse, Rundfunk und Fernsehen immer wieder, Jürgen Rüttgers geißele die Gier bei der WestLB, Jürgen Rüttgers wolle keine Bonuszahlungen bei der WestLB, Jürgen Rüttgers lehne Boni für WestLB-Manager ab. Seit dem 12. Februar! Diese Ansage des Ministerpräsidenten ist doch ganz eindeutig.

Deshalb frage ich mich schon, was Ihr heutiger Antrag eigentlich soll. In der Presse vom 18. August war noch zu lesen: Die SPD berät über einen Gesetzentwurf, der den WestLB-Bankern Bonuszahlungen verbieten soll. – Jetzt ist es kein Gesetzentwurf mehr, sondern nur noch ein Anträgelchen der Kategorie „fff“ – form-, frist- und folgenlos. Alles Wichtige zu diesem Thema ist schon gesagt, nur noch nicht von allen, insbesondere nicht von der SPD. Deshalb schlagen wir uns heute schon zum zweiten Mal mit einem Antrag herum, der flüssiger ist als Wasser, nämlich überflüssig.

Frau Walsken, die einzige konkrete Forderung Ihres Antrags lautet:

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Vorstände der WestLB als Bedingung für das Erhalten von weiteren Staatshilfen zukünftig nicht mehr als 500 000 Euro Jahresgehalt verdienen sowie Bonuszahlungen verboten werden.

Ich muss schon sagen: Das ist eine ganz dolle Forderung, ein klassisches Beispiel für Heldentum nach

Ladenschluss; denn diese Forderung ist schon im Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Oktober letzten Jahres enthalten. Diese Forderung ist Voraussetzung für Leistungen des SoFFin und damit auch die Einrichtung der Anstalt in der Anstalt zur Neustrukturierung der WestLB, die auch oder vielleicht gerade der Vorstand der WestLB so dringend will. Das Vorstandsproblem, Frau Walsken, werden wir also mit ziemlicher Sicherheit in den Griff bekommen, auch ohne Ihren Antrag.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Na!)

Das Problem Ihres Antrags liegt darin, dass er nicht klar erkennen lässt, welche Gehälter der Bank gedeckelt werden sollen. Zum Schluss haben Sie einen kleinen Ausflug in diese Richtung gemacht, aber der Antrag selbst gibt das nicht her. Von daher hat er – das muss ich Ihnen sagen – unter den Mitarbeitern der Bank zu ganz beträchtlichen Unruhen geführt.

Deshalb haben wir versucht, in einem Gespräch mit dem Betriebsrat die Befindlichkeiten der Mitarbeiter etwas genauer auszuloten. Dabei ist klar geworden, dass sich das Gros der Mitarbeiter von solchen Formulierungen, wie Sie sie verwenden, gänzlich ungerecht behandelt fühlt, wenn Sie die Mitarbeiter mit „Zockern in Handelsräumen“ in einen Topf werfen oder leistungsbezogene Vergütungsbestandteile in der öffentlichen Debatte mit den Millionenboni für Vorstandsmitglieder gleichstellen. Damit haben die einfachen Mitarbeiter der Bank nun wirklich nichts zu tun. Deshalb wäre es schon angemessen gewesen, wenn Sie an der Stelle ein bisschen differenziert hätten.

(Beifall von der CDU)

Selbstverständlich hat sich der amtierende Chef der WestLB, Herr Voigtländer, etwas unglücklich ausgedrückt,

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Etwas?)

als er Anfang August die Bonusfrage für völlig offen erklärte. Aber bei dieser Ungeschicklichkeit ging unter, dass es ihm gar nicht um die zu Recht in der gesellschaftlichen Kritik stehenden Zahlungen für die Spitzenmanager ging, die ohnehin nicht der Vorstand, sondern nur der Aufsichtsrat beschließen kann. Was dazu erforderlich ist, hat Jürgen Rüttgers eindeutig gesagt.

Herrn Voigtländer ging es in erster Linie um Leistungskomponenten in einer Größenordnung zwischen 2.500 und 10.000 € pro Jahr. Die haben – darin sind wir uns, glaube ich, einig – mit den völlig zu Recht angeprangerten Bonusexzessen von Starmitarbeitern in den Handelsräumen, über die die „Süddeutsche Zeitung“ intensiv und erschreckend berichtet hat – es gibt Telefonmitschnitte, die dort vorliegen –, wirklich nichts zu tun.

Gleichwohl bin ich der Auffassung, dass sich Vorstand und Betriebsrat genau überlegen müssen, wie

ein Vergütungssystem für Bankenmitarbeiter künftig aussehen kann, das fair und gerecht ist. Es gibt an der Stelle noch großen Nachsteuerungsbedarf, und es kann sicher nicht sein – da gebe ich Ihnen, Frau Walsken, ausnahmsweise einmal recht –, dass Steuergelder eingesetzt werden, um in Banken Erfolgsprämien zu finanzieren.

Der zentrale Punkt scheint mir aber zu sein, dass künftig keine virtuellen Gewinne mehr belohnt werden, wie es die Auswirkungen der internationalen Bilanzierungsrichtlinien im Vergleich zur Bewertung nach HGB mit sich bringen. Scheingewinne honorieren wollen wir nicht.

(Beifall von FDP und Ewald Groth [GRÜNE])

Honoriert werden soll nur das, was tatsächlich bar in der Kasse übrig geblieben ist.

Wichtig ist auch, dass alle Anreize, die im Vergütungssystem gesetzt werden, künftig am langfristigen Unternehmenserfolg orientiert sein müssen, und zwar besser über einen Zeitraum von fünf Jahren als einen Zeitraum von drei Jahren. Der Anreiz für den schnellen Euro mit extremem Risiko muss verschwinden. Das haben wir alle leidvoll gelernt.

(Beifall von der CDU)

Ich sage auch ganz eindeutig: An dieser Stelle muss die Bank ihre Hausaufgaben machen. Sie muss vor allem die neuen Regelungen der Mindestanforderungen für die Risikovorsorge bis zum 31.12. diesen Jahres umsetzen. Diese Neuformulierung der Risikoanforderungen ist in einem Schreiben der BaFin vom 14. August diesen Jahres an die Kreditwirtschaft enthalten. Frau Walsken, ich könnte mir vorstellen, dass Sie uns – wenn Sie dieses Schreiben, das 14 Tage vor der Antragstellung herausging, gelesen hätten – Ihren Antrag heute erspart hätten. Denn in diesem Schreiben steht ganz eindeutig, an wen die künftigen Anforderungen für Vergütungssysteme adressiert sind.

Diese Anforderungen sind insbesondere an die sogenannten Risk Taker, also die Risikoinhaber, gerichtet, nicht etwa – das sagt die BaFin ausdrücklich – an Bankmitarbeiter, deren 13. Monatsgehalt eine variable Vergütung darstellt. Sie sind dabei zwar etwas zurückgerudert, aber ich darf Ihnen mitteilen: Der Betriebsrat war über Ihren Antrag ziemlich entsetzt. Deswegen spreche ich das hier noch einmal deutlich an.

(Gisela Walsken [SPD]: Ich bin nicht zurück- gerudert!)

Ganz wichtig ist auch, dass entsprechend der allgemeinen Anforderungen sicherzustellen ist, dass die Vergütungssysteme mit den in den Strategien niedergelegten Zielen in Einklang stehen. Die Vergütungssysteme müssen darüber hinaus so ausgerichtet sein, dass schädliche Anreize zur Begründung unverhältnismäßig hoher Risikopositionen vermieden werden.

Die besonderen Anforderungen sehen vor, dass die variable Vergütung künftig auch negative Entwicklungen zu berücksichtigen hat. Die Risk Taker sollen also nicht nur am Erfolg partizipieren, sondern auch an einem etwaigen Verlust. Das kann ich nur dreimal dick unterstreichen. Ich denke, dass die BaFin mit dieser international abgestimmten Position auf dem richtigen Wege ist.

Ich fasse das einmal zusammen, Frau Walsken: Nachdem sich der Ministerpräsident klar positioniert hat, bleibt für mich nur noch übrig, festzuhalten, dass die SPD versucht, gerade noch auf einen fahrenden Zug aufzuspringen. Wir sind schon seit Februar auf diesem Trip.

Zudem muss ich feststellen: Sie haben in Ihrem Antrag keinen einzigen vernünftigen Vorschlag vorzuweisen. Die Gehaltsgrenze von 500.000 € – das habe ich schon erklärt – ist zwingend, wenn man öffentliche Hilfen des SoFFin in Anspruch nehmen will. Dazu bedarf es keines Antrags.

Sie haben in Ihrem Antragseifer – so glaube ich – auch vergessen, dass Regelungen für Bonuszahlungen derzeit auf internationaler Ebene entschieden werden und wir das nicht isoliert auf unserer schönen Insel Deutschland machen können, da wir dazu internationale Vereinbarungen brauchen. Genau diese internationalen Vereinbarungen werden auf dem nächsten Treffen der G20-Staaten von der Bundeskanzlerin angemahnt werden. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg. Auf Ihren Antrag hätten wir wirklich verzichten können. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Weisbrich. – Für die FDP-Fraktion hat Frau Kollegin Freimuth das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sicherlich unstreitig, dass die Äußerungen, die Anfang August von den Vorstandsvorsitzenden zweier Landesbanken, nämlich von Herrn Kemmer von der BayernLB und Herrn Voigtländer von der WestLB, zu den Bonuszahlungen für das laufende Jahr getätigt worden sind, wenig glücklich und besonnen gewählt waren.

Meine Damen und Herren, die Zielsetzung des Antrags, Bonuszahlungen bei der WestLB zu untersagen, solange sie vom Garantieschirm des Landes und damit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gestützt wird, teilen wir. Dies ist hier auch schon verschiedentlich zum Ausdruck gebracht worden. Darüber gibt es keinen Dissens, auch wenn der Antrag dies vermeintlich zu suggerieren versucht.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das ist eine offene Einladung! Machen Sie mit! – Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, es kann nicht richtig sein, dass Vorständen von Banken oder auch anderen Unternehmen, für deren Risiken die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in einem derartigen Umfang haften wie zum Beispiel bei der WestLB, für eine positive Entwicklung der Geschäftszahlen, die es gerade im Fall der WestLB ohne eine Bereinigung der Bilanzen durch die Ausgliederung der problematischen Wertpapiere, der sogenannten toxischen Wertpapiere, in eine Zweckgesellschaft und deren Absicherung durch diese Staatsgarantien niemals gegeben hätte, Bonuszahlungen für diesen – das sage ich ausdrücklich – vermeintlichen Erfolg gezahlt werden.