Protocol of the Session on September 10, 2009

Erstens. Viele Ursachen für Erkrankungen von Polizeibeamten sind bekannt. Eine Ursache sind Sportverletzungen. Eine andere Ursache sind Verletzungen – bedauerlicherweise häufig erworben durch Dritte und im Einsatz.

Zweitens. Man verhindert Verletzungen und Erkrankungen durch eine gute Ausstattung der Polizei, durch das Bemühen, die Motivation und Zufriedenheit der Beamten zu erhalten, damit Krankfeiern die Ausnahme bleibt. Wir haben in dieser Hinsicht viel getan; das wissen Sie selbst.

Durch die Gestaltung neuer, moderner, funktionaler und komfortabler Uniformen wird zum Beispiel die Zahl von Erkältungen verringert. Die uneingeschränkte Beibehaltung und Umsetzung der zweigeteilten Laufbahn und damit eine höhere Bezahlung, die freie Heilfürsorge für die Polizei in Nordrhein-Westfalen und – was es sonst nirgendwo mehr gibt – summa summarum eine höhere Berufszufriedenheit sind zu nennen.

Drittens. Das Bemühen von Beamten, sich durch Sport körperlich fit zu halten, birgt wiederum gerade Verletzungsgefahren und kann ins Gegenteil verkehrt werden. Trotzdem wird Sport in der Polizei traditionell gefördert. Wie Sie wissen, geschieht dies übrigens mit herausragenden Leistungen auf nationaler und internationaler Ebene.

Ihr Antrag nimmt auf Sachsen-Anhalt und die dortigen Zahlen Bezug. Sachsen Anhalt hat mit 121 Anwärtern geringe Neueinstellungen und betreibt Stellenabbau bei den rund 7.900 Polizeivollzugsbediensteten der dortigen Polizei.

Trotz Gesundheitsmanagement waren die Zahlen im Jahre 2007 alles andere als gut. Ich trage Sie Ihnen kurz vor:

Gesamtkrankenstand in Sachsen-Anhalt im Jahr 2007 im Polizeivollzugsdienst: 7,9 %. – Durchschnittliche Anzahl der Fehltage pro Polizeivollzugsbeamter: 29 Tage. – Durchschnittliche Dauer eines Krankheitsfalls: 15,2 Tage. – Gesundheitsquote – also die Quote der Beamten, die keine Krankschreibung im Jahr 2007 hatten –: 28 %.

In 2006 waren 18 % der Polizeivollzugsbeamten in Sachsen-Anhalt langzeitkrank. Die Krankheitsdauer lag also über 42 Tagen am Stück und in der Summe.

Daraus folgt: Es ist nicht leicht, ein Gesundheitsmanagement zu entwickeln, das auch wirkt. Ich sagte das eingangs bereits. Für komplexe Sachverhalte mit zahlreichen Ursachen gibt es keine einfachen Lösungen.

Ich kann für die FDP-Fraktion und die Regierungskoalition versichern: Wir nehmen dieses Thema, für das erstmals Zahlen aus dem Jahr 2008 vorliegen, sehr ernst. Der Mensch ist unsere wichtigste und

teuerste Ressource bei der Polizei. Ich versichere Ihnen, dass wir dranbleiben und Konzepte entwickeln werden, die diesen hohen Krankenstand von 20 % auf Sicht peu à peu zurückführen. Möglicherweise hören wir gleich schon etwas vom Innenminister dazu. – Ich freue mich auf die Beratung im Fachausschuss. Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Danke schön, Herr Engel. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Innenminister Dr. Wolf.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ernsthaftigkeit der Antragsbegründung wäre natürlich stärker, wenn der Ansage, auf Kampfrhetorik zu verzichten, nicht zwei Sätze später schon der Satz folgte: Das System macht krank. Würde auf einen solchen Satz verzichtet, wüsste man: Es geht nicht um Alarmismus, sondern es geht um die Sache. In Wahrheit ist es bei einem solchen Antrag natürlich anders. Die SPD ist auch gleich auf diesen Zug aufgesprungen.

Wir können die von den Grünen genannten Zahlen im Einzelnen noch nicht so bestätigen. Diese wird man sicherlich noch einmal überprüfen. Wir nehmen das Thema aber sehr ernst. Wir haben nämlich zum ersten Mal überhaupt Zahlen erhoben. Während Sie, die SPD, diesem Thema in 40 Jahren nicht ein einziges Mal Ihre Aufmerksamkeit gewidmet haben,

(Thomas Trampe-Brinkmann [SPD]: Das war unser Antrag im Unterausschuss „Personal“! Das hätten Sie immer noch nicht gemacht!)

haben wir dieses wissen wollen. Wir haben zum ersten Mal Zahlen. Es gibt bislang keine Vergleiche mit zurückliegenden Zeiträumen. Hinweise aus anderen Bundesländern machen jedenfalls deutlich, dass es vergleichbare Problemstellungen zum Beispiel auch in Sachsen-Anhalt gibt.

Herr Minister, es gibt eine Zwischenfrage.

Ich möchte im Zusammenhang vortragen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Im System!)

Herr Engel hat zu Recht auf die besonderen gesundheitlichen Anforderungen an Polizeibeamte hingewiesen. Diejenigen, die draußen im Einsatz sind, müssen besonders fit sein. Schon kleinste Verletzungen führen dazu, dass sie jedenfalls in dieser Position nicht mehr arbeiten können, und das teilweise auch über eine gewisse Zeit. Das ist das Thema „Temporäre Polizeidienstunfähigkeit“. Das ist natürlich völlig anders als bei jemandem, der einen Bürojob tut.

Keiner will die Zahlen kleinreden; das tue auch ich nicht. Aber wir wollen analysieren und nicht pauschal bewerten.

Die Landesregierung hat natürlich reagiert und nachhaltige Maßnahmen getroffen, die hier auch schon dargestellt worden sind. Es ist spannend, dass wir das Thema Altersstruktur erst in einem Bericht auflisten und gegensteuern mussten. Sie haben das alles in Ihrer Regierungszeit nicht zuwege gebracht.

Also, klare Sache: Wir haben 841 Stellen nicht abgebaut, die Einstellungszahlen mehr als verdoppelt. Wir haben neue Schichtdienstmodelle eingeführt, sogenannte Poolmodelle, sodass lebensältere Kollegen ein Stück von dem besonders belastenden Nachtdienst verschont werden können. Wir verjüngen den Ermittlungsbereich der Polizei. Und wir haben bereits ein umfassendes Gesundheitsmanagement installiert, das die Fragen Führung, Arbeitsorganisation, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Personalentwicklung und Arbeitsmedizin umfasst.

Dazu gehört auch das betriebliche Eingliederungsmanagement. Es ist längst so, dass es empfohlen ist, dass es in einigen Behörden auch verabredet ist. Hier haben wir darüber hinaus – das ist ja an anderer Stelle angeklungen – auch die Empfehlung der Landschaftsverbände weitergereicht.

In Dienstbesprechungen mit den Polizeichefs wird das Thema natürlich auch transportiert und werden die Kolleginnen und Kollegen sensibilisiert.

Aber wir wollen auch – das ist dankenswerterweise von den Rednern der Regierungsfraktionen gesagt worden – die Freiheit und die Dezentralisierung nicht vergessen. Es soll nicht top-down etwas in eine Behörde gegeben werden, was möglicherweise bei einer kleinen Behörde völlig anders anzusehen ist als bei einer Großbehörde. Da gibt es unterschiedliche Bedingungen, die entsprechend berücksichtigt werden müssen.

Im Übrigen geht der Hinweis auf eine entsprechende Vereinbarung in Sachsen-Anhalt erkennbar fehl. Das Ergebnis einer aktuellen Nachfrage in Sachsen-Anhalt zeigt, dass der dortige Krankenstand sich zunächst sogar leicht erhöht hat. Nur in 20 % der Fälle ist von angebotenen Eingliederungsgesprächen Gebrauch gemacht worden. Lediglich 37 konkrete Maßnahmen wurden vorgeschlagen.

Damit ist klar: Es ist ein reiner Placebobeschluss, wenn man sagt, man macht eine entsprechende Vereinbarung auf Landesebene.

(Monika Düker [GRÜNE]: Was machen Sie denn?)

Es basiert ja auf freiwilliger Teilnahme. Deswegen kann es nicht der zentrale Hebel sein. Wir brauchen vor Ort die Sensibilität in den Kreispolizeibehörden. Und Sie können sicher sein, dass die jetzt ja erstmalig erhobenen Zahlen auch dazu führen werden, dass das Thema in den Behörden systematisch angegangen wird. Dazu brauchen wir das Maßnahmenbündel, das ich eben geschildert habe. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ist daher abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP – Monika Düker [GRÜNE]: Das wissen Sie jetzt schon?)

Danke schön, Herr Innenminister. – Meine Damen und Herren, wir kommen zum Schluss der Beratung.

Ich lasse abstimmen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 14/9757 an den Innenausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Sind Sie damit einverstanden? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist die Überweisung einstimmig beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende unserer heutigen Sitzung.

Ich berufe die nächste Sitzung für Freitag, den 11. September 2009, 10 Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen allen einen angenehmen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.