Vor allen Dingen: Wir wissen, dass die Kindpauschalen, die jetzt gültig sind, auf der Grundlage der tariflichen Eingruppierung im Jahre 2005 berechnet worden sind. Das heißt, sie waren schon bei der Einführung nicht auskömmlich. Durch den neuen Tarifvertrag kommen jetzt noch einmal höhere Kosten auf die Kommunen zu.
Das sollte sich nicht ein weiteres Mal fortsetzen. Deswegen beantragen wir hier, dass das Land Nordrhein-Westfalen die Kommunen an diesem Punkt entlastet und in entsprechende Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden eintritt. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal möchte ich an dieser Stelle meine Freude darüber bekunden, dass die vielen Mütter und Väter die schwierige Zeit des Streiks in den Kindertagesstätten jetzt überstanden haben. Ich denke, wir alle wissen, dass es hier zu extremen Belastungen für die jungen Eltern gekommen ist – aber nicht nur für die Eltern, sondern sicherlich auch für die Kinder, die häufig mehrere Wochen lang nicht wussten, wer sie morgens betreuen würde oder wo sie betreut werden würden. Sicherlich ist nunmehr auch für die Erzieherinnen und Erzieher eine für sie belastende Zeit vorbei.
Wir sollten uns aber noch einmal erinnern: Der KitaTarifkonflikt hat sich über ein halbes Jahr hingezogen. Die Verhandlungen begannen im Januar und wurden im April vorerst für gescheitert erklärt. Der monatelange Streit über höhere Tarife und einen verbesserten Gesundheitsschutz ist nun endlich beendet.
Das Ergebnis steht seit dem 27. Juli fest: Bundesweit sollen jetzt 220.000 Kita-Beschäftigte in kommunalen Einrichtungen monatlich 120 € mehr bekommen, und – was ich noch viel wichtiger finde – sie sollen für jeden einzelnen Arbeitsplatz einen Rechtsanspruch auf eine Gefährdungsanalyse haben. Sicherlich ist das ein Tarifabschluss, der nicht ohne finanzielle Folgen für die kommunalen Kindergärten und Sozialeinrichtungen bleibt. Aber denken Sie daran, und lassen Sie es mich hier betonen: Es war ein Streik gegen die kommunalen Arbeitgeber, nicht gegen das Land Nordrhein-Westfalen und nicht gegen den Bund.
Dennoch forderte der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Thomas Böhle, direkt nach dem Tarifabschluss Bund und Länder auf, sich an den Kosten dieser Einigung zu beteiligen. Er hat die Kosten bundesweit auf zwischen 500 und 700 Millionen € beziffert. Die Ergebnisse sollen zum 1. November umgesetzt werden. Damit treten natürlich neue finanzielle Belastungen für die Träger der Einrichtungen auf.
Der Antrag der Grünen besteht aber nur in einem Verdrehen der Tatsachen und ist somit leider wieder einmal dem Wahlkampf zuzurechnen; denn am Tisch der Tarifparteien saßen eben nicht Vertreter des Landes Nordrhein-Westfalen, sondern andere.
Nun soll aber Ihrer Meinung nach der nordrheinwestfälische Landeshaushalt, den Sie zusammen mit der SPD – wir wissen es – jahrelang heruntergewirtschaftet haben
und den wir langsam wieder ins Lot zu bringen versuchen, erneut als Selbstbedienungsladen herhalten.
(Beifall von der CDU – Horst Becker [GRÜ- NE]: Der Versuch ist misslungen! – Zurufe von SPD und GRÜNEN – Glocke)
Meine Damen und Herren, gemäß § 19 Abs. 1 des KiBiz wird die finanzielle Förderung der Kindertagesstätten – Sie sagten es bereits – in Form von Pauschalen für jedes in einer Kindertageseinrichtung betreute Kind gezahlt. Die Höhe der Pauschalen wurde in § 19 KiBiz festgelegt. Absatz 2 sagt: Die jährliche Erhöhung der Kindespauschalen, jetzt gerade geschehen zum 1. August 2009, beträgt 1,5 %.
Durch die von Herrn Böhle bezifferten Mehrausgaben von bis zu 700 Millionen € sollen nach Ihren Antrag jetzt 150 Millionen € in NRW anfallen. Sie verschweigen aber, dass diese Tariferhöhung derzeit doch nur für 24 % der Kita-Beschäftigten gilt, nämlich für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den kommunalen Einrichtungen.
Jetzt würde eine Erhöhung der Pauschale, wie Sie sie fordern, aufgrund der Kostenverteilungsdynamik natürlich auch wieder den kommunalen Eigenanteil erhöhen. Und was ist dann mit den Trägern, die von der Tariferhöhung gar nicht betroffen sind, die dennoch profitieren und somit die Haushalte der Kommunen und des Landes zusätzlich belasten würden? Wenn Sie schon Schönwetter bei den Kommunen machen wollen, dann verschweigen Sie bitte auch nicht die Schattenseiten!
Halten wir noch einmal fest: Eine Erhöhung der Kindpauschale aufgrund der Tarifabschlüsse kann nicht einfach so durchgeführt werden. Denn, wie bereits erwähnt, das Land saß nicht am Verhandlungstisch. Außerdem: Wie war es denn in Ihrer Regierungszeit? Haben Sie nach höheren Tarifabschlüssen sofort Gesetze und Pauschalen geändert?
Bedenken Sie außerdem, dass KiBiz – modern, wie dieses Gesetz ist – die Evaluation bis zum Jahre 2011 festgesetzt hat. Dann werden alle pauschal überprüft. Wenn es sich dann als notwendig erweist, werden sie eben geändert. Solch eine Überprüfung gab es bei Ihnen im GTK nicht.
Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: „Das Land soll sich finanziell beteiligen“ ist leicht und populistisch gesagt, aber doch schwer umsetzbar. Sie wissen alle, wie es mit den Finanzen des Landes bestellt ist. Sie wissen auch, dass wir dieses schwere Erbe von Ihnen übernommen haben und dass wir uns verantwortlich fühlen für die nachkommenden Generationen und zu dieser Verantwortung stehen. Darum können wir nicht wahllos Geld verteilen und können in keinem Fall Ihrem Antrag zustimmen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat muss man einige Sekunden darüber nachdenken, wie es zu diesen Tarifauseinandersetzungen gekommen ist. Es handelt sich um eine Vereinbarung, die mit dem Tarifabschluss 2005 verbunden war. Da ging es darum, dass es in einer weiteren Verhandlung einen Gesundheitstarifvertrag geben sollte. Seitens der öffentlichen Arbeitgeber, seitens der kommunalen Arbeitgeber wurde die Aufnahme dieser Verhandlungen verschleppt. Vor diesem Hintergrund hat es dann eine ganze Zeit gedauert, bis Verhandlungen überhaupt aufgenommen wurden.
Dann hat es ein Angebot gegeben, von dem die Gewerkschaften das Gefühl hatten, das sei nicht wirklich ernst gemeint. Erst dann ist es zu Streikauseinandersetzungen gekommen – zwei Jahre, nachdem vereinbart war, dass es einen Gesundheitstarifvertrag geben soll.
Auch wir sind der Auffassung, dass das, was da tariflich vereinbart worden ist, dringend notwendig war. Denn es hat mit der Implementierung des TVöD ein Gerechtigkeitsdefizit gegeben,
insbesondere für Neueinstellungen und bei der Einstufung von Leitungsfunktionen in den Kindertageseinrichtungen. Ich möchte nur betonen, dass es seitens meiner Fraktion immer wieder Hinweise darauf gegeben hat, dass es da eine Gerechtigkeitslücke im TVöD gibt.
Es sind aber nicht nur die Tarifabschlüsse, die dazu führen, dass das Land dringend bei den Kindpauschalen nachjustieren muss. Wenn Sie sich die strukturellen Probleme einiger Träger angucken – nehmen wir den größten Träger Deutschlands nach eigenem Bekunden, ganz sicher der größte Träger in Nordrhein-Westfalen, der Kita-Zweckverband –, dann blickt er nach anderthalb Jahren KiBiz auf 5,6 Millionen € Defizit. Das kann nicht nur daran liegen, dass wir mittlerweile mehr Gehälter für Mitarbeiterinnen aufbringen müssen. Da sind auch andere Probleme.
Und diese Probleme können Sie der Analyse in unserem Antrag entnehmen. Es ist tatsächlich so: Wenn man Anforderungen im frühkindlichen Bereich mit der Antwort vergleicht, die das Land darauf gibt, dann kommt man zu erheblichen Lücken.
Nehmen wir die Anforderung schrittweiser Beitragsfreiheit. Sie haben den Rechtsanspruch ab 2010/2011, wenn ich das richtig sehe, beschlossen. Das wird ein harter Schritt werden. Wie wollen Sie dieses erreichen? Ich glaube, dass es wesentlich vernünftiger ist, zunächst einmal die Mittel, die Sie vom Bund erhalten, um die U3-Betreuung erheblich zu verbessern, an die Kommunen, die den Rechtsanspruch letztlich verwirklichen müssen, durchzuleiten und ihnen zur Verfügung zu stellen.
Von 45 Millionen €, die dieses Jahr seitens des Bundes den Kommunen in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt werden, verlieren die Kommunen durch die Abwicklung über das GFG hier in Nordrhein-Westfalen 34,7 Millionen. In 2011 werden es bei 75 Millionen Bundesmitteln immerhin ein Verlust von 57,8 Millionen € sein. Im Jahre 2012 gibt es 107 Millionen € Bundesmittel, und der Verlust der Kommunen macht dann 82,4 Millionen € aus. Da liegt in der Tat eine Regelungsnotwendigkeit vor. Verabschieden Sie sich von der Abwicklung über das GFG! Dann kommen wir meiner Meinung nach, was den Rechtsanspruch betrifft, erheblich weiter.
Beim Thema Beitragsfreiheit gibt es in der Tat in der Zwischenzeit eine erhebliche Gerechtigkeitslücke. In Düsseldorf werden keine Elternbeiträge mehr erhoben,
in anderen Kommunen werden erhebliche Elternbeiträge erhoben. Es gibt einen Wettbewerb – so wie Sie es wünschen – zwischen den Kommunen, die letztlich den Wettbewerb aber gar nicht aufnehmen können. So ist das ein Unterhaken von Einarmigen im Ruhrgebiet. Die Grenzen werden schnell deutlich.
Ich glaube, an der Stelle geht es nicht ohne die Wiedereinführung des Elternbeitragsdefizitausgleichs. Nur so können Sie gleiche Lebensbedingungen und gleiche Zugangschancen zur frühkindlichen Bildung tatsächlich schaffen. Ich denke, Sie sollten wenigstens die Mittel für ein beitragsfreies Kindergartenjahr zur Verfügung stellen. Auch das würde an einigen Stellen ganz sicher mehr Chancengerechtigkeit schaffen.
Beim letzten Punkt geht es um die Mittel zur Erhöhung der Besuchsquote bei drei- bis sechsjährigen Rechtsanspruchskindern. In der Zwischenzeit haben wir in einigen Kommunen die verrückte Situation, dass die den U3-Ausbau gar nicht mehr weiter betreiben können, weil sie das nur noch aufgrund der Anweisungen der Kommunalaufsicht machen können, wenn sie Rechtsanspruchsplätze abbauen. Das ist in der Tat eine absurde Situation.
Das war doch das, was Sie mit dem KiBiz aufheben wollten. Denn das war die sogenannte Umwandlungswelle, die ja mit dem GTK einherging, das Sie immer stark kritisiert haben. Vor dem Hintergrund kann ich überhaupt nicht verstehen, warum Sie das in der Zwischenzeit einfach nur so laufen lassen. Deshalb sind unsere Forderungen weiter gehend, als jetzt nur die Kindpauschalen anzuheben.
Ich finde es in der Tat auch ein bisschen zu kurz gesprungen. Die strukturellen Probleme, die das KiBiz in der Zwischenzeit doch deutlich zeigt, insbesondere, was die Qualität der Arbeitsverhältnisse in Nordrhein-Westfalen betrifft – denn es wird für viele Kommunen kaum möglich sein, die Tarifabschlüsse dann tatsächlich zu realisieren –, müssen Sie doch sehen. Sie können doch nicht bis 2011 warten, um zu evaluieren und möglicherweise zu dem gleichen Ergebnis zu kommen wie wir und dann nachzujustieren.
Also tun Sie es jetzt! Jetzt haben Sie die Möglichkeit, aufgrund der Tarifverträge tätig zu werden. – Herzlichen Dank.