Es gibt nirgendwo einen Hebel, den Sie umlegen können – und plötzlich ist die Welt ganz anders und aus Ihrer Sicht in Ordnung.
Wir halten die Quote für das falsche Instrument. Wir halten vielmehr die Eigeninitiative der Hochschulen für den richtigen Weg. Wir glauben, die Eigeninitiative der Hochschulen zu unterstützen ist der richtige Weg, Anreize zu schaffen. Wir setzen auf die Freiheit und natürlich auch auf die Kehrseite, nämlich die Verantwortung an dieser Stelle.
Wenn ich mir anschaue, was in den letzten Jahren in diesem Bereich geschehen ist, stelle ich fest: Das ist durchaus einiges. Die Landesregierung hat finanzielle Anreize geschaffen. Ich nenne nur das
Stichwort Strukturfonds, mit dem, glaube ich, um die 6 Millionen € gezielt eingesetzt worden sind, um Wissenschaftlerinnen zu fördern. Der Minister wird das gleich wahrscheinlich genauer darstellen können.
Ich habe in Erinnerung, dass Stichworte wie Gender-Mainstreaming in die Zielvereinbarung mit den Hochschulen aufgenommen worden sind.
Ich habe auch in Erinnerung, dass wir zu Beginn dieses Jahres, Anfang 2009, einen Gender-Preis ausgelobt haben, der auch finanziell ausgestattet ist, mit dem die Hochschulen über finanzielle Anreize aufgefordert werden, sich dieser Aufgabe in besonderer Weise zu stellen.
Stichwort Ausstellung: Ich habe mit Freude gesehen, dass Minister Armin Laschet in den nächsten Tagen in seinem Haus eine Ausstellung mit dem Thema „Frauen, die forschen“ eröffnet. Auch so etwas gehört dazu. Vielleicht sehen wir uns ja bei der Eröffnung dieser Ausstellung.
Sie haben die Zahlen, die Herr Pinkwart Ihnen offenbar zur Verfügung gestellt hat, angezweifelt. Ich bin sicher, er wird selber noch im Detail darauf eingehen. Ich habe den Eindruck, dass wir heute, im Sommer 2009, mehr Professorinnen an Fachhochschulen und Universitäten in diesem Land haben, als das 2005 der Fall war. Das ist ein Erfolg. Ich glaube, dass wir mittlerweile an acht Hochschulen in diesem Land Frauen in der Führungsspitze haben, acht Rektorinnen an Hochschulen in diesem Land. Das ist eine Zahl, von der Sie geträumt hätten.
Noch einmal: Der Weg, den Sie vorgeschlagen haben, die Quote, halten wir für grundsätzlich falsch. Ich glaube, es tut sich in diesem Land einiges in Sachen Förderung von Wissenschaftlerinnen. Und das ist gut so. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Hollstein. – Als nächste Rednerin hat nun für die Fraktion der SPD Frau Kollegin Dr. – ich hoffe, dass ich den Namen richtig ausspreche – Mazulewitsch-Boos das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Danke, Frau Präsidentin. Sie haben das schon wunderbar gesagt. Allerdings, wenn Sie bei Boos bleiben wollen, bin ich Ihnen nicht böse.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Mädchen machen häufiger als Jungen Abitur und mit besseren Noten. Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches
Studium und eine anschließende wissenschaftliche Karriere sind also gegeben. Die Wissenschaft in NRW braucht diese starken jungen Frauen.
Die vorliegenden Anträge von SPD und Grünen zeigen die Richtung, wie diese Karrieren erfolgreich sein können. Sie zeigen, wie ein Missstand beseitigt werden kann, den wir uns nicht länger leisten dürfen.
In den Regierungsfraktionen hat es sich noch nicht so ganz herumgesprochen, dass die Frage von Frauenkarrieren in der Wissenschaft auch eine Frage der Gerechtigkeit ist. Und Gerechtigkeit haben wir im Moment eben noch nicht in genügendem Maße. Wir stehen vor dem Problem: Die Landesregierung scheut sich, die Hochschulen in der Gleichstellungspolitik zu unterstützen. Auf diese Weise verspielt die Landesregierung viel Potenzial der jungen Menschen.
Wir können noch lange darüber streiten, ob die Zahlen des CWES nun richtig sind oder ob sie nicht richtig sind. Es ist auf jeden Fall so, dass aktuell 53 % derjenigen, die an der Universität starten, Frauen sind. Das ist also ein höherer Anteil, als das bei den jungen Männern der Fall ist. Dieser Vorsprung hält aber nicht an; denn je höher die Karrierestufe, desto geringer wird der Anteil an Frauen. Bei den Promotionen liegt der Frauenanteil noch bei etwa 40 %, bei den Habilitationen nur noch bei ungefähr 20, 21 %.
Wir werden gleich sicherlich noch einmal hören – Herr Hollstein hat es auch schon gesagt –, wie erfolgreich die aktuelle Politik ist und dass noch nie so viele Frauen in NRW eine Hochschule geleitet haben. Man muss das allerdings mit großer Vorsicht betrachten; denn die Landesregierung betreibt auch ein freihändiges Ausschreiben von Professuren und damit die Aufweichung des Landesgleichstellungsgesetzes.
Selbstverständlich existieren strukturelle Probleme. Es gibt Hindernisse, die dafür sorgen, dass zu wenige Frauen in Nordrhein-Westfalen in wissenschaftliche Spitzenpositionen kommen. Ich freue mich, dass auch Herr Lindner von der FDP bei seiner Rede zur Großen Anfrage zur Gleichstellung an den Hochschulen dieses Problem identifiziert hat. Er hat darauf hingewiesen, dass der Weg das Ziel sei und es zu kurz greifen würde, nur eine Quote am Ende des Prozesses, also bei der Berufung von Professoren, einzuführen. Dem stimme ich voll und ganz zu. Nur eine Quote ist zu wenig; denn einem strukturellen Problem kann man nur mit strukturellen Maßnahmen beikommen.
hen. Im Übrigen kann ich mich gut an die Rede von Frau Milz erinnern, bei der es um die Quote in Aufsichtsräten ging. Dazu hatte die CDU schon eine ganz interessante Meinung. Vielleicht denken Sie noch einmal darüber nach.
Für uns ist klar, dass das Land gefragt ist. Chancengleichheit kann nicht nur Sache der einzelnen Hochschule sein. Es gilt, früh zu beginnen, zum Beispiel bei der Vergabe von Qualifikationsstellen. Für viele Promovendinnen und Promovenden ist das immer noch der beste Weg zur Promotion. Auf diese Weise lässt sich eine Promotion gut finanzieren. Zugleich ermöglichen diese Stellen den Aufbau eines Netzwerks im Wissenschaftsbereich. Dies ist für die Aufnahme einer Führungsposition dringend notwendig.
Außerdem sind gezielt Professorinnenprogramme aufzulegen. Das Lise-Meitner-Programm ist ein gutes Beispiel.
Sie haben es aber gestrichen. Genauso positiv hervorzuheben ist das Bundesprogramm Chancengleichheit. Hier in Nordrhein-Westfalen haben Sie es jedoch versäumt, dies zu kommunizieren und gut umzusetzen. Wissenschaftlerinnen in anderen Ländern stehen besser da.
Klare Rahmenbedingungen für die wissenschaftliche Karriere sind sinnvoll. Die Zielvereinbarungen des Landes mit den Hochschulen müssen für diese Rahmenbedingungen sorgen.
Wir stellen uns auch das Leitbild „Familienfreundliche Hochschule“ als Bestandteil von Zielvereinbarungen vor. Wissenschaftliche Karriere und Familie müssen besser miteinander kombinierbar sein.
Die von den Grünen geforderten Wettbewerbe, um Frauen in wissenschaftlichen Führungspositionen zu fördern, halten wir für eher problematisch. Auch der ausgelobte Gender-Preis scheint uns nicht besonders sinnvoll zu sein. Durch die entstehende Konkurrenzsituation von Frauen untereinander werden nämlich Kräfte gebunden, die besser in die wissenschaftliche Fortbildung und die Forschung investiert werden. Auf dem Weg des Wettbewerbs erreicht man eine Ausweitung des Ellenbogendenkens, nicht aber, dass Frauen insgesamt besser forschen und lehren können sowie in die Lage versetzt werden, Netzwerke zu knüpfen.
Deshalb setzen wir auch auf Mentorinnenprogramme, die nicht auf Konkurrenz, sondern auf gezielte Förderung ausgerichtet sind.
Doch ich bin sicher: Eine echte Verbesserung und mehr Chancen für Frauen, in wissenschaftliche Spitzenpositionen zu kommen, wird es erst dann geben, wenn auch das Land seine verantwortungsvolle Rolle in dieser Frage wieder wahrnimmt.
Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Mazulewitsch-Boos. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der FDP Frau Kollegin Pieper-von Heiden das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird Sie überraschen, wenn ich sage, dass man über zwei Punkte dieses Antrags der Grünen wirklich diskutieren kann. Darin liegt auch Wahrheit. Ja, wir haben noch zu wenige Frauen in Wissenschaft und Forschung. Und: Ja, wir müssen die Hochschulen familienfreundlicher machen. Diesem Problem müssen wir zukünftig auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung verstärkt begegnen.
Das kann aber – aus diesem Grund müssen wir den Antrag der Grünen auch ablehnen – nicht mit gesetzlichen Zwangsvorschriften geschehen,
die den Frauen, die in Wissenschaft und Forschung etwas bewegen wollen, mehr im Weg stehen, als ihnen Wege zu ebnen. Frauen sind nämlich nicht deshalb in vielen Bereichen unterrepräsentiert, weil sie fachlich noch nicht genug gefördert werden.
Wie sonst lässt es sich erklären, dass deutlich mehr Frauen als Männer das Abitur erlangen und dass mehr Frauen als Männer an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen immatrikuliert sind und dort auch noch besser abschneiden als ihre männlichen Kollegen?
Eine deutliche Abnahme der Anzahl von Frauen tritt erst im weiteren akademischen Karriereverlauf auf. Zwar haben wir in Nordrhein-Westfalen mehr weibliche Hochschulabsolventinnen; aber nur noch rund 38 % der abgeschlossenen Promotions- und rund 20 % der Habilitationsverfahren entfallen auf Kandidatinnen.