Protocol of the Session on June 26, 2009

Der Städtetag sagt weiterhin: Bei einer Vollintegration werden die Mitwirkungs- und Einflussmöglichkeiten der Landschaftsverbände und damit der Kommunen erheblich zurückgehen, obwohl diese weiterhin für einen großen Teil der Risiken der NRW.BANK aus der WestLB-Beteiligung haften sollen. Deshalb muss hierzu eine kommunalfreundliche Gestaltung gewählt werden, welche die kommunalen Einflussmöglichkeiten sichert und eine überschießende Haftung der Landschaftsverbände vermeidet. Von alle dem sehen die kommunalen Spitzenverbände bis jetzt nichts.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, wenn Sie diesen Wünschen entsprechen wollen, stehen Sie vor einem Dilemma: Sie werden die Auflagen der BaFin eben nicht erfüllen und damit das haftende Eigenkapital nicht auf 18 Milliarden € steigern können. Das ist ein sehr entscheidender Punkt.

Ich will Ihnen gerne kurz darstellen, warum das auch für die Wohnungswirtschaft entscheidend ist. – Ich bin der festen Überzeugung, dass alle Ihre Beteuerungen auch deswegen haltlos sind, weil es im Rahmen der Schwierigkeiten auf dem Bankensektor selbstverständlich auch in der NRW.BANK keine problemfreie Zone gibt.

Ich weiß, dass auch die NRW.BANK außerbilanzielle Geschäfte in Höhe von bis zu 180 Milliarden € getätigt hat und dass das unter anderem CDSGeschäfte sind; das sind diese berühmten Versicherungsgeschäfte, die mit extrem hohen Risiken behaftet sind. Sie wissen und ich weiß, dass in der NRW.BANK Anteile der WestLB liegen – sie werden zurzeit noch bewertet –, die demnächst einen erheblichen Wertberichtigungsbedarf herbeiführen werden.

Von daher sage ich Ihnen ganz deutlich: Mit dem Förderprogramm, wie hier beschrieben, hat das alles herzlich wenig zu tun, mit den beiden letztbeschriebenen Bestandteilen hingegen maßgeblich. Das sind die Bestandteile, die uns Sorgen machen: dass Sie in den nächsten drei oder vier Jahren dieses große Vermögen, das sozial- und städtebaupolitisch extrem wichtig ist für die Wohnungen in NRW, das über viele Jahre hinweg kontinuierlich aufge

baut wurde, aufs Spiel setzen. Das ist unsere Sorge.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Becker. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Kollege Hilser das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Hilser.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist bezeichnend, dass der Minister bereits jetzt aufgegeben hat, seinen Gesetzentwurf zu verteidigen; ansonsten hätte er sich jetzt zu Wort gemeldet.

Sie sind dabei, meine Damen und Herren, eine fünfzigjährige Erfolgsgeschichte kaputt zu machen. In Nordrhein-Westfalen haben wir ein Wohnungsbauvermögen in Höhe von 18,4 Milliarden €, das es als revolvierender Fonds möglich macht, jedes Jahr eine knappe Milliarde Euro für Wohnungspolitik in Nordrhein-Westfalen auszugeben.

(Christof Rasche [FDP]: Weiter so!)

Und Sie sind dabei, mit Ihrem Gesetzentwurf dies kaputt zu machen, die Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen endgültig auf null zu fahren.

(Beifall von der SPD)

Ich nenne Ihnen zwei Beispiele dazu. Zunächst zur Höhe der Förderung. In Ihrem Gesetzentwurf übertragen Sie im Gegensatz zur bisherigen Praxis die Tilgungslasten gegenüber dem Bund auf die NRW.BANK und damit indirekt auf das Wohnungsbauvermögen. Das führt dazu, dass NordrheinWestfalen ab dem Jahr 2010 Tilgungslasten in Höhe von 170 Millionen € an den Bund bezahlen muss. Das ist eine zusätzliche Belastung des Haftungskapitals und des Wohnungsbauvermögens. Sie machen genau das Gegenteil dessen, was Sie ankündigen.

(Beifall von der SPD)

Hinzu kommt, dass in den Fluren des Hauses darüber diskutiert wird, den jährlichen Zuschuss in Höhe von 97 Millionen € des Bundes nicht mehr als Darlehen, sondern als Zuschuss zu vergeben. Das bedeutet: Sie schmeißen jährlich 100 Millionen € als Zuschuss zum Fenster raus. Das Geld bekommen Sie – im Gegensatz zum jetzt geübten Verfahren – nie wieder zurück. Das macht unter dem Strich 270 Millionen € weniger – allein angelegt in der Konstruktion Ihres Gesetzentwurfes. Aufgrund der Konstruktion Ihres Gesetzes ist die Wohnraumförderung bereits um 270 Millionen € per anno reduziert.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Und hinzu kommt auch das, was Kollege Becker angesprochen hat. Im Gesetz steht: Das Kabinett

entscheidet jährlich über die Höhe der Wohnraumförderung. – Im Augenblick sind es – Kollege Becker hat es schon gesagt – rund 950 Millionen €. In Zukunft – Kollege Becker hat auch dies schon gesagt – werden sich die Schulministerin, die Wirtschaftsministerin, der Bauminister und andere im Kabinett darüber unterhalten, wie viel Geld es für die Wohnraumförderung und für den Wohnungsbau in Nordrhein-Westfalen gibt. Wenn man sich anschaut, wie durchsetzungsfähig dieses Ministerium in der Vergangenheit war, dann kann man davon ausgehen, dass da recht wenig übrig bleibt.

Beide Faktoren führen dazu, dass die Wohnraumförderung Richtung null geschraubt wird, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Dann zum Thema politische Steuerung. Das ist das Tollste. Ich zeige Ihnen an einem Beispiel, worin der Unterschied liegt. Wir haben im Zusammenhang mit dem LEG über die Frage diskutiert, welche Wohnungsverkäufe angebracht waren und welche nicht. Wir haben rauf und runter diskutiert über die Wohnungsverkäufe in Hamm. Damals haben Sie RotGrün vorgeworfen, da wären Wohnungsverkäufe zulasten der Mieterinnen und Mieter geschehen. Das war richtig. Deshalb hat Rot-Grün damals nach Diskussionen im Ausschuss und im Kabinett beschlossen, diese Wohnungen vom Investor zurückzukaufen, um deutlich zu machen, dass wir Verantwortung für die Wohnungspolitik übernehmen. Genau das wird in Zukunft aber nicht mehr möglich sein, weil Sie auf die Wohnungspolitik keinen Einfluss mehr haben werden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das jüngste Beispiel ist Ihre Heimatstadt Neuss, Kollege Sahnen. – Da brauchen Sie nicht zu winken. – In Neuss wurden die Mieten der Wohnungen nach Auslaufen der Bindung auf einen Schlag, von einem Monat auf den anderen, um 20 % erhöht.

(Heike Gebhard [SPD]: Skandal!)

Und Sie haben keinerlei politischen Einfluss. Das Einzige, was Sie machen, sind CDU-Widerstandsveranstaltungen in Neuss. Aber konkreten Einfluss haben Sie überhaupt nicht. Der geht gegen null. Das wird bei der Frage Wfa und Wohnraumförderung in Zukunft genauso passieren.

(Beifall von der SPD – Horst Becker [GRÜ- NE]: Er schreibt alle Petitionen an sich selbst!)

Auch dazu nenne ich Ihnen ein Beispiel. Im Gesetzentwurf steht, dass bei Risikogeschäften das Einvernehmen mit der NRW.BANK hergestellt werden muss. Die Landesregierung muss also bei Risikogeschäften in der Wohnraumförderung das Einvernehmen mit der NRW.BANK herstellen. Angenommen, die Landesregierung käme auf die tolle Idee – was ich nicht unterstelle –, in einem be

stimmten problematischen Stadtgebiet aktiv Wohnraumpolitik zu machen und folgendes Projekt vorzuschlagen; Kosten 30 Millionen €. Darauf sagt der NRW.BANK-Vorstand: Aber hallo, nicht mit uns! Das ist viel zu riskant, das Einvernehmen mit uns wird nicht hergestellt. Punkt, aus, basta! – Damit sind Sie mit Ihrem politischen Einfluss am Ende. Letztendlich entscheidet der Vorstand der NRW.BANK, was passiert und was nicht passiert. So viel zu privater Politik. Und ich rede nicht von Gewinnmaximierung.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das heißt: Sie treten die politischen Zuständigkeiten und Verantwortungen an die Renditeerwartungen der NRW.BANK ab. Das ist Ihr Tauschgeschäft in dieser Angelegenheit, meine Damen und Herren.

Im Ergebnis heißt das: Sie geben ein fünfzigjähriges Erfolgsmodell auf, Sie schaffen die Zweckbindung ab, Sie opfern den revolvierenden Fonds und Sie werfen eine kluge und nachhaltige Förderpolitik über Bord. Das ist das Ergebnis Ihrer Wohnungspolitik in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Hilser. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Kollege Klein das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige der bisher gehörten Beiträge – das gilt gerade für den des Kollegen Hilser – sind irgendwie von einer eklatanten Geschichtslosigkeit geprägt.

(Lachen von Wolfgang Röken [SPD])

Es wird so getan, als gäbe es eine halbe Revolution. Dabei wissen Sie doch ganz genau, dass der entscheidende Schritt, der jetzt nur noch ein kleines bisschen komplettiert wird, viele, viele Jahre alt ist. Zum 1. Januar des Jahres 1992 haben die damaligen Verantwortlichen das Wfa-Vermögen als Sonderücklage in die WestLB eingebracht, um damit voll haftend die Eigenkapitalbasis zu stärken. Das heißt: Heute bereits haftet das komplette WfaVermögen in der Bank, damals in der WestLB, heute in der NRW.BANK.

Wenn es denn ein Problem war, dann ist es damals ein Problem gewesen. Sie haben zwar damals eine strikte Funktionstrennung zwischen der späteren WestLB – vorher Girozentrale – als international tätiger Geschäftsbank und dem Förderinstitut Wfa beschlossen. Das war zumindest noch ganz sinnvoll, hat aber die Haftung und die Durchgriffsregelungen nicht tangiert.

Das heißt: Bereits in all den Jahren seit 1992 haftet das gesamte Wfa-Vermögen für die Geschäfte der WestLB.

Lieber Kollege Becker, deshalb ist es eigentlich politischer Vandalismus, so über die NRW.BANK zu reden, wie Sie das eben getan haben. Denn heute ist die NRW.BANK eine anständig geführte Förderbank, die an Nachhaltigkeitsgesichtspunkten orientiert ist. Sie ist eben nicht die WestLB früherer Zeiten mit all ihren Risiken, die wir in der Zwischenzeit kennengelernt haben.

(Widerspruch von den GRÜNEN)

Seit Aufspaltung der alten WestLB in die heutige Geschäftsbank WestLB und die Förderbank NRW.BANK ist die gesamte NRW.BANK Fördergeschäft des Landes. Das heißt: Wir habe heute die NRW.BANK als eine Bank entsprechend der Verständigung II auf europäischer Ebene, die nicht nur Wohnungsbauförderungsgeschäft macht. Insofern könnte man genauso gut sagen: Jetzt kommt zusammen, was eigentlich sowieso schon zusammengehört. Die NRW.BANK ist eine reine Förderbank, die Wohnungsbauförderung und darüber hinaus viele andere Dinge auch betreibt. Organisatorisch kommt zusammen, was ohnehin zusammengehört.

(Beifall von der CDU)

Das bildet sich auch auf Gesellschafterebene ab. Die bisherige Sonderrücklage wird zum Stammkapital. Das verändert natürlich die Anteile an der NRW.BANK. Ich meine, dass damit keine Marginalisierung der Kommunen einhergeht, weil das in den Gremien der NRW.BANK entsprechend abgefangen werden kann und darüber hinaus für die Sache selbst in den §§ 3 und 4 des Gesetzes festgehalten ist, wo die Zuständigkeiten der Kommunen bleiben.

Ich finde, dass das das Gesagte unterstreicht: Der jetzt zu gehende Schritt ist die Folge der Einbringung des Wfa-Vermögens in die WestLB aus dem Jahre 1992. Die Risiken heute sind wesentlich kleiner als damals. Damals haben Sie das überhaupt nicht kritisiert. Heute haben wir mit der Vollintegration die Chance, den Handlungsspielraum der NRW.BANK zu vergrößern.

Gerade angesichts der jetzigen Situation ist es doch richtig, vom Förderauftrag der NRW.BANK insgesamt auszublicken. Angesichts der Krise – denken Sie an das Thema unter Tagesordnungspunkt 1, das wir heute Morgen schon diskutiert haben – ist es doch vernünftig, den Handlungsspielraum der NRW.BANK auch auf andere Bereiche als ausschließlich den Bereich der Wohnungsbauförderung zu erweitern. Diesen erweiterten Handlungsspielraum braucht die NRW.BANK gerade angesichts der Krise, um für unser Land angemessen Antworten geben zu können.

Die bisherige Konstruktion begrenzte die Eigenkapitalanrechnung und damit den Handlungsspielraum. Lassen Sie uns doch gemeinsam die NRW.BANK als gemeinsames Förderinstitut des Landes begleiten. Sie ist eine beispielhafte Förderbank in ganz Deutschland und an Nachhaltigkeit orientiert. Das ist doch etwas, das – wenn ich Ihre Worte nehme, die Sie eben insbesondere zur Wohnungsbaubauförderung so schön gefunden haben – eigentlich auf die NRW.BANK erweitert werden müsste.

Insgesamt: Überlegen Sie sich das! Am Ende des Prozesses sollten Sie Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf geben können. – Herzlichen Dank!

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Klein. – Als nächster Redner hat noch einmal der Abgeordnete Kollege Becker für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Becker.