Protocol of the Session on June 25, 2009

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes Drucksache 14/9393 an den Hauptausschuss. Dort wird dann weiter diskutiert. Wer dieser Überweisungsempfehlung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Einstimmig haben wir das so beschlossen.

Nun rufe ich auf:

3 Gesetz zur Änderung des Pressegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespres- segesetz)

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Drucksache 14/9417

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich Herrn Kollegen Eumann das Wort.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bild mit der Pfanne ist zwar ganz hübsch. Es hilft aber auch nicht weiter, wenn Sie immer nur beklagen, die Opposition solle liefern. Sie haben hier doch deutlich gemacht, dass alles besser werden soll. Das, was Ihnen gelingt, ist wirklich eine großartige Selbsttäuschung, aber mehr eben auch nicht.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir den Leserinnen und Lesern, machen wir den Verlagen und machen wir allen im Landtag

vertretenen Fraktionen ein Angebot für mehr Transparenz. Das ist eine weitere Initiative, die sich einfügt in die medienpolitische Arbeit, in das medienpolitische Engagement, in die Begleitung der Entwicklung des Zeitungslandes Nordrhein-Westfalen.

Sie wissen, dass wir dank der Großen Anfragen der SPD-Fraktion zur Situation des Zeitungslandes Nordrhein-Westfalen den bundesweit besten Überblick über Entwicklung und Veränderungen im NRW-Zeitungsmarkt haben. Ich finde es richtig, dass Herr Ministerpräsident Rüttgers und auch Minister Krautscheid immer wieder über die Ergebnisse dieser Großen Anfrage berichten und daraus etwas herleiten.

Bei der jüngsten Anhörung des Hauptausschusses, auch wieder zur Situation des Zeitungsmarktes, haben CDU und FDP – rhetorisch vielleicht nicht unerwartet, in der Massivität aber doch etwas überraschend – im Fragenkatalog ein weiteres Mal das Thema Beteiligungen der SPD über die ddvg am deutschen Printmarkt zu dem bestimmenden Thema und einem echten Problem im nordrheinwestfälischen und im bundesweiten Printmarkt gemacht. Auch das, meine Damen und Herren, gehört am Ende in das Kapitel Selbsttäuschung.

Damit dieses Thema uns nicht wie ein Mantra in den nächsten Wochen und Monaten begleitet, wollen wir die Initiative gerne ergreifen. Wir schlagen Ihnen eine Regelung vor, die sich in Brandenburg bewährt hat, wir schlagen Ihnen eine Regelung vor, die Horst Röper in der Anhörung im Hauptausschuss vorgeschlagen hat. Herr Prof. Huber hat in die gleiche Richtung – vielleicht etwas detaillierter – plädiert. Wir wollen es Ihnen ersparen, die Fehler zu machen, die die Regierung Koch gemacht hat. Sie ist mit ihrem gesetzgeberischen Vorstoß in Karlsruhe gescheitert. Auch das hat Herr Prof. Huber sehr deutlich ausgeführt. Wir hoffen sehr, dass wir Ihnen jetzt eine Regelung vorschlagen, die auf Ihr Interesse und hoffentlich auch auf Ihre Zustimmung stößt.

Ich möchte gerne noch aus dem Protokoll der Anhörung zitieren. Herr Huber meinte:

In diesem Zusammenhang scheinen mir Transparenzanforderungen ganz jenseits der Konzentrationskontrolle indiziert zu sein. Nach meiner persönlichen Auffassung sollte ab einem zurechenbaren Anteil von Medienbeteiligungen von politischen Parteien oder von ihnen gehaltenen Unternehmen in Höhe von 25 % dies im Impressum oder an anderer Stelle hinreichend deutlich gemacht werden.

Herr Röper sagte dazu in der Anhörung:

Wie ich schon in meiner schriftlichen Stellungnahme ausgeführt habe, gibt es in einigen Bundesländern bereits seit Jahrzehnten – eigentlich seit Gründung der Bundesrepublik – die Vorschrift, dass in regelmäßigen Zeitabständen – halbjährlich oder jährlich – in der Regel in einfa

chen Zusätzen zum Impressum ausgewiesen werden muss, wer die Eigentümer sind. Das hat sich aus meiner Sicht bewährt, ….

Diesem Urteil, dieser Einschätzung schließen wir uns an.

Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen dann noch mitteilen – jedem, der Interesse daran hat, kann ich gerne ein Exemplar zur Verfügung stellen –: Die ddvg hat in dieser Woche einen neuen Geschäftsbericht, den für das Geschäftsjahr 2008, vorgelegt. Sie finden nicht viele Verlage in Deutschland, die so umfassend und transparent über ihre Beteiligungen informieren wie die ddvg. Daran können sich tatsächlich viele ein gutes Beispiel nehmen.

Ich würde mich freuen, Herr Kollege Jarzombek, wenn Sie einmal Ihre polemische Büchsenkiste in der Tasche ließen und sich auf eine ernsthafte medienpolitische Debatte einließen. Das ist aber eine stille Hoffnung eines stillen Medienpolitikers im Landtag von Nordrhein-Westfalen. – Herzlichen Dank.

(Allgemeine Heiterkeit – Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Eumann. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Abgeordnete Jarzombek das Wort. Bitte schön, Herr Jarzombek.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ein ganz erstaunlicher Vorschlag, Herr Kollege Eumann, den Sie hier heute eingebracht haben; das attestiere ich Ihnen gerne. Ganz ehrlich: Wenn Sie das, was Sie mir dazu gesagt haben, nämlich dass Sie hier Transparenz schaffen wollen, wirklich ernst meinen, dann ziehe ich meinen Hut vor Ihnen und dann werden wir hier gemeinsam ein gutes Gesetz machen. Allerdings ist das, was Sie uns heute vorgelegt haben, dafür bestenfalls eine rechtstechnische Grundlage. Darüber sind wir uns, glaube ich, einig.

(Zustimmung von der CDU)

Wir haben in den letzten zwei Jahren häufig über dieses Thema gesprochen. Präzisieren wir das: Ich habe über dieses Thema in den letzten zwei Jahren häufig gesprochen. Ich habe Ihnen bei vielen Debatten über Medientransparenz immer wieder vorgehalten, dass eine Zeitung wie die „Neue Westfälische“, führend im ostwestfälischen Raum, zu 57 % Ihrer Partei gehörend, nirgendwo im Impressum einen Hinweis darauf hat, nirgendwo herausgestellt hat, dass es hier möglicherweise Interessenkonflikte gibt. Dabei steht – um dem die Krone aufzusetzen – auf dem Titel dieser Zeitung tatsächlich: „unabhängig, überparteilich“. Das, Herr Kollege Eumann, können Sie in diesem Land keinem kritischen Menschen ernsthaft erklären.

(Beifall von der CDU)

Sie kommen heute mit einem Gesetzentwurf, der Folgendes verändern würde: Nach diesem Entwurf würde diese Zeitung weiterhin den Titel tragen „unabhängig, überparteilich“ und im Impressum würde einmal im halben Jahr in der gleichen Type wie beim ganzen Rest, dem sogenannten Kleingedruckten, der Hinweis erscheinen: Diese Zeitung gehört zu 57 % der ddvg. – Wem, glauben Sie, haben Sie jetzt vor Augen geführt, wie hier die tatsächlichen Besitzverhältnisse sind? – Niemandem! Höchstens den Insidern, denjenigen, die wissen, was die ddvg ist und sich aus dem Internet diesen Geschäftsbericht saugen, um zu sehen, wie Ihre Beteiligungsverhältnisse vor anderthalb Jahren waren. Diejenigen wissen das auch so; dafür brauchen wir ganz sicher keinen Hinweis im Impressum.

Unsere Maxime lautet: Da, wo SPD drin ist, muss auch SPD draufstehen. Das ist doch eine ganz einfache Logik.

(Beifall von der CDU)

Ich bin immer noch der Auffassung – deshalb haben wir das auch in den zwei Jahren immer wieder besprochen –, dass Sie klug genug sind, das ganz von alleine zu regeln: dass Sie diese Hinweise auf der Titelseite streichen oder verändern, dass Sie selber den Hinweis aufnehmen, dass Sie selber die Leser darüber informieren. – Das war meine naive Annahme, was politisch vielleicht klug sein könnte.

Aber wenn Sie jetzt das Gesetzgebungsverfahren schon eröffnen und sagen, dass wir das Landespressegesetz verändern müssen, dann bitte nicht mit der Regelung aus Brandenburg von 1993, wo der Geschäftsbericht der ddvg klar ausweist, wenn man im Internet auf Brandenburg klickt: keine Beteiligungen.

Dann müssen wir uns auch andere Dinge angucken.

Wir werden als CDU-Fraktion – das ist ein komplizierter Sachverhalt, denn Sie haben Recht: Das muss alles vor dem Verfassungsgericht Bestand haben – nach der Sommerpause dieses Thema aufnehmen, werden dazu auch ein eigenes Rechtsgutachten einholen, und die Maxime muss lauten: Am Ende muss – so wie Prof. Huber in der Anhörung gesagt hat; Sie haben ihn korrekt zitiert – ein Hinweis auf die Partei und nicht auf irgendwelche zwischengeschaltete Tarnorganisationen zu finden sein. Das ist auch eine der Forderungen, die Sie von mir häufig gehört haben.

Nehmen Sie die Tarnkappe ab! Nennen Sie die ddvg um in SPD-Medienholding. Sie gehört zu 100 % der SPD. Dazwischen brauchen Sie gar keinen Tarnnamen für Co-Gesellschafter. Es ist Ihre 100%ige Unternehmung. Nennen Sie einfach das Kind beim Namen: SPD-Medienholding. Das wäre schon einmal ein erster Schritt. Dann bräuchte man

keine Prüfung mehr, ob auch bei mittelbaren Parteibeziehungen dieses so dargestellt werden muss.

Wie gesagt: Wir werden das prüfen, wir nehmen das auf. Wir sind gerne bereit, einer freiwilligen Selbstverpflichtung Ihrerseits den Platz einzuräumen. Das wäre auch geeignet. Aber mit diesem Gesetzentwurf, den Sie heute vorgelegt haben, erreichen wir in Sachen Transparenz überhaupt nichts. Insofern werden wir weiter schauen.

Einen zweiten Aspekt möchte ich nur am Rande anreißen, weil er – aber auch das werden wir klären müssen – in der Bundeszuständigkeit liegt, nämlich die Frage, was mit Internetangeboten und den Impressumspflichten ist, ob man hier auch etwas machen kann. Ich denke, es ist es wert, in diesem Zusammenhang mit untersucht zu werden. Ich bin sicher, wir werden dieses Thema im Hauptausschuss nach der Sommerpause intensiv weiter beraten. Dann werden Sie von uns dazu auch sehr viel Konkreteres bekommen, als ich das heute vortragen kann. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Jarzombek, auch für die Punktlandung, was die Redezeit angeht. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Witzel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDPLandtagsfraktion ist immer sehr offen für Transparenz. Wir haben das in vielen anderen Bereichen auch der Medienwirtschaft mit angestoßen und begleitet. Wir haben das gerade erst bei dem letzten Tagesordnungspunkt im Zusammenhang mit der Novellierung des Landesmediengesetzes mit Blick auf den WDR diskutiert.

Überrascht hat mich die SPD-Initiative schon, weil für uns der ordnungspolitische Kompass Ihrer Medienpolitik nicht wirklich erkennbar ist und wir der Auffassung sind, Sie hätten sich durch faktisches Handeln in den Bereichen, auf die Sie auch als SPD Einfluss haben, bislang anders verhalten können. Vielleicht wäre das glaubwürdiger.

Was wir von Ihnen in den letzten Wochen und Monaten medienpolitisch vor allem wahrgenommen haben, waren Vorstöße zur Umgestaltung von der Presseagentur mit einem ganz anderen öffentlichen Gewicht bis hin zu dem Ruf nach staatlichen Hilfen auch für die Medienwirtschaft – Punkte, die wir sicherlich nicht teilen.

Eine ganz andere Qualität erhält dieser Ruf nach staatlichen Hilfen für die Medienwirtschaft, wenn man sich anschaut, dass die SPD mit der ddvg als SPD-eigener Medienholding tatsächlich unmittelbar an zahlreichen Verlagen – bundesweit sowieso,

aber auch in Nordrhein-Westfalen – beteiligt ist und mit den erzielten Gewinnen, die durchaus stattlich sind, natürlich die Finanzsituation der Partei verbessert und damit natürlich auch den Wahlkampf entsprechend finanziert.

Sie berufen sich stets auf historische oder andere vermeintlich redliche Gründe für die Forderungen nach staatlichen Hilfen für die Medienwirtschaft. Da ist es meiner Meinung nach richtig, auch mal zu schauen, ob nicht auch andere Interessen hinter Ihrem sozialen Engagement stecken können. Keine andere Partei hat die Medienwirtschaft so ökonomisch durchdrungen wie die SPD mit der zu 100 % eigenen Medienholdung ddvg. Ich glaube, das gehört zu einem wahren Abbild dazu.

Als die ddvg die „Frankfurter Rundschau“ vor einigen Jahren übernahm – auch darüber ist viel berichtet worden –, hat sie viele Beschäftigte vor die Tür gesetzt und das Unternehmen umstrukturiert. Allein im Jahre 2008 erzielte die ddvg ausweislich des Geschäftsberichts aber einen Gewinn von über 8 Millionen €. Das ist Geld, das nicht in den Pressesektor für den vermeintlich guten Zweck kultureller Vielfalt fließt, sondern in die Kasse der SPDBundespartei. Deshalb muss man sich sehr gründlich anschauen, was Ihre Forderungen nach gesetzlichen Veränderungen tatsächlich in der Praxis für die Medienwirtschaft bedeuten.

Die FDP-Landtagsfraktion ist immer bereit, sinnvolle Initiativen für mehr Transparenz mitzutragen. Sie wissen aus unseren gemeinsamen Beratungen in der zurückliegenden Legislaturperiode, dass auch wir unter damaligen Vorzeichen einen Vorstoß unternommen haben,

(Marc Jan Eumann [SPD]: Damals hatten Sie auch noch einen guten Medienpolitiker!)

den Sie mit rot-grüner Mehrheit, Herr Eumann, abgelehnt haben und nun als schlecht kopiertes Plagiat unter SPD-Namen hier erneut einbringen. Wir sind offen für eine Diskussion, wie wir, angepasst an die Weiterentwicklung des Rechts auf Bundesebene und das Vorgehen anderer Bundesländer, zu Verbesserungen kommen können. Ich darf aber mein Erstaunen über das Verfahren hier entsprechend anmerken.

Sie haben es nicht einmal für erforderlich gehalten, die Gedanken unseres Entwurfes der letzten Legislaturperiode zu aktualisieren und mit den entsprechenden rechtlichen Regelungen der anderen Bundesländer zu vergleichen. Denn während unser früherer Entwurf dem Text des Landespressegesetzes von Berlin entsprach, ist Ihr Entwurf wortgleich mit der Regelung von Brandenburg.