Protocol of the Session on June 24, 2009

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Ich gestehe Ihnen gerne zu, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir vielleicht gemeinsam die Chancen für unsere Gesellschaft und die Wirtschaft, die in dieser Politik auch zu sehen sind, stärker betonen sollten. Wir dürfen aus meiner Sicht nicht immer nur darauf abheben, welche Gefahren und Schwierigkeiten und welche finanziellen Folgen das hat.

Herr Kollege!

Von der Lösung dieses Problems, wie wir mit den illegalen Einwanderern und Zuwanderern fertig werden, hängen neben Klimawandel, Terrorismusbekämpfung, demografischem Wandel usw. ganz entscheidend die sozioökonomische Entwicklung und der Frieden in unserer Gesellschaft ab.

Herr Kollege Jostmeier!

(Heiterkeit)

Die Chance, auch und gerade die türkischen Mitbürger, die in der dritten und vierten Generation bei uns leben, wesentlich besser zu integrieren, müssen wir stärker wahrnehmen. – Ich bedanke mich ganz herzlich für die arg strapazierte Geduld, Frau Präsidentin. Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Jostmeier. – Das waren sicherlich zeitlich arg strapazierte 45 Sekunden. – Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Düker für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit noch verbleibenden 35 Sekunden Redezeit für die Fraktion das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Herr Jostmeier, Ihre Feststellung hat mich doch noch einmal zum Rednerpult gebracht. Wenn Sie sagen, das Bleiberecht habe mit diesem Antrag nichts zu tun, dann ist genau dies das Problem. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie sich den Problemen stellen, die hier in NRW konkret anstehen,

(Beifall von den GRÜNEN)

und zwar nicht übermorgen, sondern jetzt. Es gibt Städte auch unter Ihrer Regentschaft, sage ich einmal, den Kreis Steinfurt, aber auch die Städte Münster und Aachen, die sich im Moment an Resolutionen die Finger wund schreiben, in denen sie verlangen, endlich eine Antwort darauf zu bekommen, was sie mit diesen Menschen machen sollen. Es geht um über 30.000 in NRW, die hier integriert sind. Und dabei geht es nicht um Straftäter, die man alle hier behalten wollte, sondern das sind Menschen, deren Kinder hier geboren und aufgewachsen sind; diese Kinder gehen hier in die Schule und haben ihre Heimat hier gefunden.

Das Umdenken, das wir nach langen Jahren der sogenannten Gastarbeiterpolitik endlich geschafft haben, nachdem auch Ihre Partei zugestanden hat, dass es eine Lebenslüge war, dass Deutschland keine Einwanderungsland ist, muss endlich dazu führen, dass wir auch den Menschen Integrationschancen geben, die vor zehn oder 20 Jahren aus Bürgerkriegsregionen wie Bosnien, Serbien, dem Kosovo und Mazedonien eingewandert sind und aus anderen Gründen nicht zurück konnten und hier jetzt faktisch ihre Heimat gefunden haben.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Diesen Menschen müssen wir in diesem Land auch eine faire Chance geben. Um nichts anderes geht es. Die Bleiberechtsregelung schafft dies so, wie sie jetzt ist, nicht. Das muss auch einmal in politisches Handeln umgesetzt werden, und zwar nicht übermorgen, sondern jetzt!

Lassen Sie uns über die EU-Asylpolitik streiten, bei der vieles im Argen ist. Dazu bin ich immer bereit. Aber Sie dürfen sich nicht davor drücken, die Hausaufgaben zu erledigen, die Sie hier machen müssen. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Düker. – Es sind genau zehn Sekunden weniger Redezeitüberschreitung; das entspricht im Verhältnis den zu Beginn genannten verbleibenden Redezeiten.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor; ich sehe auch bei einem Blick in die Runde keine Wortmeldungen mehr.

Dann kommen wir nun zur Überweisungsempfehlung des Ältestenrates, der uns vorschlägt, den Antrag Drucksache 14/9415 an den Hauptausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration und den Innenausschuss – mitberatend – zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Darf ich hierzu die Zustimmung der Fraktionen feststellen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das mit Zustimmung der vier Fraktionen und des Abgeordneten Sagel so angenommen.

Ich rufe nun auf:

4 Elektromobilität: Landesregierung muss Weichen richtig stellen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9422

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion dem Kollegen Abgeordneten Priggen das Wort. Bitte schön, Herr Priggen.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es gibt im Bereich der Elektromobilität im Moment eine außerordentlich spannende Diskussion und auch viele Aktivitäten der Landesregierung. Als Techniker sage ich: Vielleicht erleben wir gerade die ganz spannende technologisch-historische Phase des Übergangs der Art von Mobilität, die die letzten 150 Jahre und unser aller Leben geprägt hat, in die Elektromobilität.

Die bisherige Mobilität ist in Nordrhein-Westfalen tief verwurzelt. Ich hatte neulich die Gelegenheit, die Deutzer Motorenwerke in Köln zu besuchen. Dort hat 1864 Nicolaus August Otto den Viertaktmotor zum Patent entwickelt. In den Deutzer Motorenwerken in Köln – das war die Wiege des deutschen

Motorenbaus – haben Daimler, Benz, Maybach und Ettore Bugatti gearbeitet. Da ist im Prinzip Motorengeschichte geschrieben worden. Der erste mobile Verbrennungsmotor ist in ein Bergwerk ins Siegerland gegangen. Das war damals eine ganz spannende Phase.

Die E-Mobilität, die sich jetzt in vielfältigen Aktivitäten andeutet – ich will nicht zu euphorisch sein; aber es ist wirklich außerordentlich spannend –, greift eigentlich nur eine alte Technik wieder auf. In der Anfangsphase von Mobilität gab es beides, die elektrischen Antriebe und die Verbrennungsmotoren. Aber aufgrund der hohen Energiedichte moderner Treibstoffe waren Verbrennungsmotoren einfach den batteriegetriebenen Motoren überlegen; die Batterien waren zu schwer und hatten keine ausreichende Reichweite. Heute deutet sich an, dass wir in eine Entwicklung eintreten können, die diese Nachteile kompensiert. Bei zurückgehenden Ölvorräten ist dies eine sehr spannende Phase. Sie wird Jahrzehnte dauern, aber wir steigen in die Entwicklung ein.

Die Vorteile des Elektromotors sind: Er hält achtmal länger; ein ganz wichtiger Vorteil gegenüber dem Verbrennungsmotor. Wir reden also nicht mehr über 200.000 km Fahrleistung, sondern über 1.600.000 km Fahrleistung: eine ganz andere Dimension.

Er hat ein wesentlich besseres Teillastverhalten, das heißt, er ist wesentlich sparsamer im Verbrauch. Er erzeugt nicht den Lärm, den der klassische Verbrennungsmotor macht. Und ein ganz wichtiger Punkt ist: Die Staubbelastungen bei einem Elektromotor gehen beim Antrieb fast gegen null. Das heißt: Was uns in den Innenstädten zunehmend Probleme bereitet und weitere Verschärfungen der Abgasnorm nach sich zieht, ist ein Stück weit in den Griff zu bekommen.

Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, bis 2010 eine Million Elektrofahrzeuge in verschiedenen Varianten in Deutschland auf den Markt zu bringen. Das ist nur ein kleiner Anteil an den rund 50 bis 60 Millionen Fahrzeugen in der Republik. Wir stehen, wie gesagt, aber erst am Beginn einer Entwicklung.

Die Europäische Union geht etwas weiter. Das zeigt, dass der Markt deutlich größer ist. Die EU hat den Einsatz von 10 % Biotreibstoffen oder alternativ von elektrischen Antrieben aus erneuerbaren Energien zur Vorgabe gemacht. 10 % heißt bei 250 Millionen Fahrzeugen in der Europäischen Union rund 25 Millionen Fahrzeuge. Auch wenn die Mehrzahl davon eventuell mit Biotreibstoffen angetrieben wird, reden wir aus meiner Sicht über ein Marktvolumen von rund 10 Millionen Fahrzeugen in den nächsten Jahren.

Da wir wissen, dass sich die Automobilindustrie in einer Struktur- und in einer Wirtschaftskrise befindet, ist natürlich die Frage, wie sich dieser Markt entwickelt und welchen Anteil deutsche Unterneh

men daran haben, für uns außerordentlich spannend.

Die Probleme, bei denen entwickelt werden muss, sind eindeutig und klar zu definieren. Dabei handelt es sich vor allen Dingen um die Reichweite der Batterien. Denn niemand möchte ein Auto haben, das nur 60 oder 70 km weit fährt; wir wollen andere Distanzen damit zurücklegen können.

Probleme sind der Aufbau einer Ladeinfrastruktur und die Frage, welche Fahrzeuge entwickelt werden sollen. Das ist ein ganz spannender Aspekt.

Damit wiederum ist die Frage verknüpft, welche politische Strategie es in diesem Bereich gibt. Konzentrieren wir uns auf den Premiummarkt, also auf das, was mit dem Ampera angedeutet wird? Dieses Fahrzeug kann 180 km/h fahren. Der Tesla beispielsweise beschleunigt in fünf Sekunden von 0 auf 100 km/h. Oder entwickeln wir Fahrzeuge über den Markt dort, wo sie zuerst gebraucht werden? Dabei handelt es sich um eine durchaus strittige Frage auch zwischen denjenigen, die sich an den Hochschulen Gedanken darüber machen.

Ich komme zur Alternative und nenne als typische Nutzergruppe Berufspendler, deren Weg zur Arbeit 25 bis 30 km beträgt. Bei ihnen steht das Auto zehn bis elf Stunden zu Hause. Während sie auf der Arbeit sind, steht das Auto zwischen acht und neun Stunden. Das ist im Übrigen – man staune – im Durchschnitt die Standzeit normaler PKW, die 22 bis 23 Stunden pro Tag lediglich herumstehen. Ein klassischer Berufspendler, der einen Weg von 30 km mit dem Fahrzeug zur Arbeit zurücklegen muss, wäre natürlich ein idealer Kunde, wenn sein Wagen auf der Arbeit oder zu Hause aufgeladen werden könnte.

Ich stelle mir vor, dass jemand bei uns in der Aachener Region aus dem Umland in die Stadt fährt. Dabei muss er nicht 120, 130 oder 140 km/h schnell fahren, sondern dafür reichen niedrigere Geschwindigkeiten und etwas einfachere Fahrzeuge. Ich weiß, dass es an der RWTH Aachen Überlegungen gibt, für solche Fahrzeuge mit einem Preis von circa 11.000 € für geringere technische Ansprüche, aber mit einem hohen Sicherheitsstandard die Berufspendler als erstes Marktsegment zu erschließen.

Eine ganz spannende Frage lautet: Wie reagieren andere europäische Länder? – Wir wissen, dass die Franzosen über Umrüstmodelle für bestehende Fahrzeuggrundsysteme versuchen, sich den Markt zu erschließen. Diesen spannenden Wettlauf und diese spannende Entwicklung sollten wir in vertiefenden Diskussionen im Wirtschaftsausschuss und in der Folge behandeln. Dem soll der Antrag dienen.

(Heiterkeit von Oliver Wittke [CDU])

Ich weiß, dass der Kollege Wittke, weil er lächelt, gleich sagen wird: Wir müssen das alles nicht ma

chen; das wird von der Landesregierung alles wohlüberlegt getan.

(Zuruf von Oliver Wittke [CDU])

Nein, aber ich kann ein Stück weit allein an der Art, wie Sie lächeln, ahnen, was kommt.

(Heiterkeit von Oliver Wittke [CDU])

Ich halte es für sinnvoll, dass sich das Parlament damit beschäftigt. Die weiteren Beratungen dazu im Wirtschaftsausschuss sind meiner Ansicht nach lohnend, weil es ein spannender Weg ist und weil er durchschlagende Wirkung auf ein wesentliche Element hat, das unser Berufs- und Alltagsleben geprägt hat. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der CDU Herr Kollege Abgeordneter Wittke das Wort. Bitte schön, Herr Wittke.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Priggen, dann will ich Ihre Erwartungshaltung erfüllen. Der 16. Juni dieses Jahres war ein ganz besonders Datum.

(Ministerin Christa Thoben: Tja!)