Protocol of the Session on May 28, 2009

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir haben Sie mit Ihren eigenen Zahlen, an Ihren eigenen Wahlversprechen gemessen. Und darum geht es heute. Es geht nicht um Vergangenheitsbewältigung, sondern es geht um Ihre Regierungsperiode, um die Zeit, für die Sie von den Menschen in Nordrhein-Westfalen Verantwortung übertragen bekommen haben. Wir haben Sie mit Ihren eigenen Zahlen, an Ihren eigenen Wahlversprechen gemessen, und Sie haben diesen Test nicht bestanden. Sie sind durchgefallen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Die Problemlage ist klar: In NRW fehlen 4.000 Lehrer, es fallen über 4 Millionen Stunden Unterricht aus, und es gibt 9.000 Klassen mit 30 und mehr Schülern. Die Verantwortung ist auch klar. Die Verantwortung liegt bei Ihnen und bei Ihnen und bei dieser Landesregierung. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass die Zahlen so sind, wie sie sind.

Hören Sie also auf, die Probleme zu leugnen und die Menschen zu täuschen! Die Menschen merken täglich, dass Ihre Geschichten nicht die Wahrheit sind. Nehmen Sie Ihre Verantwortung endlich wahr und präsentieren Sie Lösungen. Dafür wurden Sie gewählt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Link. – Für die FDP spricht nun Herr Witzel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich bei dem Redebeitrag von Ute Schäfer wirklich gefragt: Wo leben Sie eigentlich?

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Mitten im Land, mitten in der Wirklichkeit! – Weitere Zurufe von der SPD)

Frau Schäfer, Sie sind die ungekrönte Königin des Unterrichtsausfalls in Nordrhein-Westfalen.

(Frank Sichau [SPD][auf die CDU-Fraktion zeigend]: Da sind die Ungekrönten!)

So sind Sie an unseren Schulen bekannt. Wir sind noch nicht im Paradies angekommen, aber wir sind auf dem richtigen Weg dorthin.

(Zurufe von Frank Sichau und Achim Tütten- berg [SPD])

Schauen Sie sich einmal die nüchternen Zahlen an! Wir haben bei weniger Schülern mehr Lehrer. Es ärgert Sie, dass wir das hier vorweisen können, weil es von der Entwicklung in den anderen Bundesländern abweicht.

(Sören Link [SPD]: Die schaffen mehr Leh- rerstellen, Herr Witzel! Das ist der Unter- schied!)

Bei Ihnen war es so: Wann immer man sich Relationswerte der Schüler-Lehrer-Relation im Bundesländervergleich angeschaut hat: NRW war immer am Ende der Tabelle,

(Sören Link [SPD]: Sie belügen sich!)

egal, ob man sich Klassengrößen, die SchülerLehrer-Relation oder die Einstellungsbemühungen angeschaut hat. Unter Rot-Grün war NRW im Bundesländervergleich immer am Ende. Das hat sich jetzt geändert. Es ärgert Sie, dass wir diese Wahrheit hier vortragen.

(Beifall von FDP und CDU – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Nicht Stellen unterrichten, sondern Menschen!)

Deshalb gehe ich hier auf alle Ihre einzelnen Vorurteile ein. Zum einen haben Sie von der Opposition gesagt: Nicht jede neue Lehrerstelle dient ausschließlich dem Ziel der Schaffung kleinerer Klassen. – Das ist richtig, weil wir zusätzliche Aufgaben in unsere Schulen gebracht haben, weil wir in mehr Ganztag investiert haben, weil wir mehr Fremdsprachenanteile in der Grundschule haben und weil wir ein groß angelegtes vorschulisches Programm zur Sprachförderung gestartet haben, damit mehr junge Menschen, gerade bei schwierigen Voraussetzungen, in Zukunft Schulerfolg erzielen können.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Frank Si- chau [SPD])

Sie haben außerdem gesagt, es gebe Situationen, in denen nicht immer sofort ein Lehrer dort für eine Neueinstellung verfügbar ist, wo eine Stelle ausgeschrieben ist. Auch das ist für die letzten drei Jahre richtig. Vom Planungszyklus, vom Vorlauf her sind das allerdings Ihre Versäumnisse. Wir haben Statistiken für die Jahre 2006, 2007 und 2008. Wenn es dort keine Lehrerverfügbarkeit gab, lag es angesichts der Länge, die eine Lehrerausbildung nun einmal dauert, daran,

(Sören Link [SPD]: Gehen Sie mal nach Nie- dersachsen und nach Hessen!)

dass Ihre Planungen im Jahre 2005 und davor nicht ausreichend waren, um den Lehrerbedarf entsprechend zu decken.

(Beifall von der FDP – Zuruf von der SPD: Quatsch!)

Wenn Sie sagen, nicht jede Lehrerstelle kommt tatsächlich 1:1 mit 100 % des Stellenvolumens Unterrichtszwecken zugute,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Nur nicht pro Person! Das ist der Unterschied!)

dann haben Sie auch recht, weil wir nämlich mittlerweile in vierstelliger Größenordnung – in Stellenäquivalenten – Lehrer nur deshalb bezahlen und beschäftigen müssen, um ihre Vorgriffstunden entsprechend zu erbringen.

(Sören Link [SPD]: Wer hat das denn damals gesagt? Das waren doch Sie, Herr Witzel!)

Da haben Sie nämlich Lehrerneueinstellungen unterlassen. Sie haben den Leuten damals zu Ihrer Regierungszeit gesagt: Ihr müsst mehr arbeiten dafür, dass wir einen Wechsel auf die Zukunft ziehen und zukünftig weniger gearbeitet wird.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie blenden! Sie lügen mit Stellen und Lehrern!)

Auch diese von Ihnen hinterlassene Hypothek müssen wir heute abtragen. Auch das ist richtig.

(Beifall von der FDP)

Ein Letztes! Herr Link, Sie haben vorgetragen, nicht jede Schule würde in gleicher Weise von den Neueinstellungen profitieren. Auch das ist richtig, weil wir uns offen dazu bekannt haben, dass wir für die Besetzung der Lehrerstellen in verschiedenen Ausschreibungsverfahren einen Sozialindex anwenden, weil die Schulen, die es vom Standort her besonders schwierig haben, zusätzlich überproportional Ressourcen zugewiesen bekommen. Für die anderen ist es weniger.

(Sören Link [SPD]: Hauptschulen, Gesamt- schulen, Gymnasien? Wer denn?)

Sie schreiben das in Ihren Enquetebericht hinein und finden es richtig. Als wir es in der letzten Legislaturperiode beantragt haben, haben Sie es aber nicht praktiziert. Auch das ist richtig.

(Beifall von der FDP)

Wir sind hier angetreten, um die von Ihnen hinterlassene Problematik, Bildungschancen und soziale Herkunft, in Angriff zu nehmen.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Vorsicht, Herzinfarkt, Herr Kollege!)

Sie haben zu Ihrer Regierungszeit eingeräumt, dass in ganz Deutschland bezüglich der zentralen Lesekompetenz der Zusammenhang zwischen Bildungschancen und sozialer Herkunft nirgendwo so eng ist wie in Nordrhein-Westfalen. Wir handeln jetzt und statten deshalb auch einzelne Schulen überproportional aus, weil wir den Schwachen in besonderer Weise helfen und den Schulen zusätzlich Ressourcen geben wollen, die besonderen Förderbedarf innerhalb ihrer Schülerschaft haben. Auch das ist richtig.

(Sören Link [SPD]: Es könnte sein, dass in Duisburg 200.000 Lehrer fehlen!)

Damit komme ich zu einer letzten Bemerkung, und zwar zu der Rechnung. Das erkläre ich Ihnen gerne, Frau Beer. Es gibt einen Unterschied zwischen brutto und netto, der Ihnen noch nicht geläufig ist.

(Lachen von der SPD)

Es sind im Haushalt geschaffene und finanzierte Stellen 7.000 netto zusätzlich. Brutto ist das erheblich mehr. Denn hätten wir die bei Ihnen üblich gewesene Schüler-Lehrer-Relation – den Wert, wie viele Schüler zu Ihren Zeiten auf einen Lehrer kamen – zur Grundlage gemacht, dann hätten wir in der Tat nicht nur eine vierstellige Anzahl an zusätzlichen Lehrern, sondern eine fünfstellige. Deshalb gibt es logischerweise zwei Werte: netto 7.000 reguläre Planstellen mehr als bei Ihnen, vom Effekt her wären wir aber bei weniger Schülern und fiktiver Annahme der Aufrechterhaltung der zu Ihrer Regierungszeit schlechten und bundesweit höchsten Schüler-Lehrer-Relation sogar im fünfstelligen Bereich.

Frau Beer, ich kann Ihnen helfen, wenn Sie sagen, Sie verstehen die Rechnung der Regierungsfraktionen zu den Lehrerstellenzahlen nicht. Das ist ganz einfach. Sie betrachten immer nur einen Teil der Stellen, weil Sie hier immer nur sagen, wie viele Lehrerinnen eingestellt worden sind. Sie müssen natürlich auch die Lehrer mit dazu nehmen. Dann haben Sie die vollständigen Werte.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Witzel. – Als Nächstes spricht für die CDUFraktion der Kollege Recker.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider ist Frau Löhrmann gerade nicht da. Sie wollte ja eine genaue Aufstellung haben. Das könnte sie dem Protokoll der Schulausschusssitzung entnehmen. Sie hätte einfach nur lesen müssen. Dann hätte sie die genaue Aufstellung bekommen, meine Damen und Herren.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Frau Schäfer, ich habe keine Probleme damit, wenn die Opposition kritisiert, Mängel aufzeigt und den Finger in die Wunde legt. Das ist ihr gutes Recht. Doch die Voraussetzung dafür ist, dass sie sich an Fakten hält. Wenn Sie, Frau Schäfer, als ExMinisterin bei dieser Kritik wissentlich wesentliche Fakten ausklammern, dann ist das nicht nur unseriös und unfair, sondern dann sagen Sie ganz einfach die Unwahrheit.

(Beifall von CDU und FDP)