Protocol of the Session on May 7, 2009

Es wäre für alle Parteien, denen wir angehören, ein schönes Zeichen aus dem Arbeitnehmerland Nordrhein-Westfalen Richtung Berlin gewesen – in Berlin wird diese Frage in allen Parteien ein bisschen anders diskutiert als in Nordrhein-Westfalen; das weiß ich wohl –, wenn der nordrhein-westfälische Landtag heute über alle Fraktionen hinweg – die Linken nehme ich da nicht so ernst; mit denen will ich auch nicht kuscheln, sondern höchstens Schlitten fahren –

(Beifall von der CDU)

gesagt hätte: Jawohl, wir sind der Meinung, dass wir jemanden, wenn er fürs Alter etwas zurückgelegt hat, vorher nicht arm machen, wenn er in der Krise den Arbeitsplatz verliert.

(Beifall von CDU und FDP)

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion, kehren Sie um! Sie sind zurzeit ganz weit weg von den Arbeitnehmern.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Minister Laumann, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Die Frau Abgeordnete Löhrmann möchte Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie die zu?

Ich komme sofort darauf. Ich möchte noch einen Gedanken weiterentwickeln, bevor ich zu einem anderen Thema komme.

Ich bin Vater von drei erwachsenen Kindern. Ich halte verdammt viel davon, was schon meine Eltern mir erklärt haben, dass zu einem Menschenleben auch gehört, dass man nicht sein ganzes Geld ausgibt, sondern spart. Denn wenn Kinder nicht sparen lernen, behaupte ich, lernen sie es später nicht mehr. Man muss immer so leben, dass man ein bisschen weniger ausgibt, als man einnimmt. Dann kommt man ganz gut hin. Das habe ich seit 51 Jahren festgestellt.

(Beifall von der CDU)

Aber wenn meine Kinder mir irgendwann sagen: „Papa, wir haben eine Politik in diesem Land, bei der derjenige, der sich so verhalten hat, immer der Dumme ist und derjenige, der es nicht gemacht hat, vom Staat vom ersten Tag an genau so behandelt wird wie derjenige, der sich so verhalten hat“, dann wird das in unserer Gesellschaft nicht dazu führen, dass in diesem Land die Einstellung zunimmt, ein nachhaltiges, ein sparsames Leben zu führen, auch etwas wegzulegen für das Alter oder auch etwas für die eigenen Kinder liegen zu lassen.

(Beifall von CDU und FDP)

Deswegen empfinde ich das, was wir dort zurzeit haben, als puren Sozialismus. Den zu bekämpfen ist die vorderste Aufgabe eines Karl Josef Laumann in diesem Land. Das ist wohl wahr.

(Beifall von CDU und FDP)

Deswegen werden wir nicht aufhören, diese Forderung zu stellen. Ich sage heute: Wir werden auch auf dem Landesparteitag meiner Partei am Samstag über die ganzen Flügel unserer Partei hinweg – da bin ich ziemlich sicher – sagen, dass wir hier für das Wahlprogramm bestimmte Aussagen haben wollen. Dann müssen wir sehen, wie wir weiterkommen.

(Günter Garbrecht [SPD]: Wir gucken uns das dann mal an!)

Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Ungerechtigkeit Bestand hat. Ich möchte schon diese Krise, in

der die Leute für diese Fragen vielleicht etwas sensibler sind als in Zeiten des Aufschwungs, dazu nutzen, dass diese Ungerechtigkeit im SGB II verschwindet.

(Beifall von Bernhard Recker [CDU])

Dafür werde ich weiter kämpfen. Wenn ich Sie dabei nicht an meiner Seite habe – schön. Ich werde auch im Ruhrgebiet mit den Arbeitnehmern über diese Fragen sprechen.

(Beifall von der CDU)

Jetzt können Sie Ihre Zwischenfrage stellen.

Herr Minister Laumann, ich möchte an Ihren Appell anknüpfen, den Sie an die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gerichtet haben und den ich sehr gut nachvollziehen kann. Wäre es dann nicht auch Ihrerseits und seitens der Regierungsfraktionen ein Zeichen, wenn Sie zumindest dem Teil unseres Ursprungsantrags auch zustimmen würden, den Sie teilen, damit dieses Zeichen wirklich groß und kräftig wird, und nicht nur erwarten, dass wir den Teilen Ihres Entschließungsantrags zustimmen? Wäre das nicht auch ein wichtiges, gutes Zeichen für dieses gemeinsame Ziel?

(Beifall von Horst Becker [GRÜNE])

Dem möchte ich nicht widersprechen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Aha, dann tun Sie es doch!)

Ich will noch zwei Dinge nennen, die ich und mein Haus vorbereiten. Wir werden noch in dieser Woche – das haben wir auch mit dem Bundesarbeitsministerium abgestimmt; dafür habe ich ein paar Wochen gebraucht – ein Schreiben an alle nordrheinwestfälischen Kommunen, Argen und Optionskommunen schicken und ihnen mitteilen, dass wir zusammen mit dem Bundesarbeitsminister folgende Rechtsauffassung haben: Bei den Arbeitnehmern, die durch die derzeitige Kurzarbeit so wenig Geld haben, dass sie zusätzlich SGB II bekommen, wird die Frage der Wohnungsgröße während der Kurzarbeit nicht geprüft.

(Beifall von der CDU)

Es kann doch nicht sein, dass ein Arbeiter Kurzarbeit hat und wir ihn zwingen umzuziehen. Das werde ich noch in dieser Woche machen.

(Günter Garbrecht [SPD]: Eine Selbstver- ständlichkeit!)

Der SPD-Antrag vertritt in einem Punkt eine inhaltlich nicht richtige Auffassung. Dort steht, ich soll dafür sorgen, die Frage „Wie groß darf ein Grundstück sein; wie groß darf ein eigenes Haus sein?“ zu klären. Das steht im SGB II grundsätzlich unter Schutz. Das liegt leider nicht in meiner Kompetenz, sondern in der der Bundesagentur für Arbeit. Aber die Praxis ist, dass man sich sehr stark an dem orientiert, was wir in der alten Sozialhilfe an Freigrenzen, an Grundstücksgrößen und an Quadratmetern kennen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Das ist ein Thema, mit dem wir ganz gut umgehen können.

Jetzt schauen wir mal, dass wir einigermaßen anständig durch die Abstimmung kommen. Es wäre wirklich gut, wenn die in Berlin mitkriegten, dass hier in Nordrhein-Westfalen über diese Frage

(Das Ende der Redezeit wird erneut signali- siert.)

eine bestimmte klare Haltung eines großen Teils des Parlaments besteht.

Wenn Sie noch eine Auszeit brauchen, um sich zu beraten, gönne ich Ihnen die auch. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU, FDP und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Frau Kollegin Altenkamp das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mich stimmt ein bisschen besorgt, dass am Ende der Diskussion, insbesondere in dem Geplänkel zwischen Frau Löhrmann und Herrn Minister Laumann, deutlich geworden ist, worum es in der Diskussion auch immer wieder unterschwellig geht. Es geht natürlich auch darum, mit im Prinzip einfachen Lösungen Scheinsicherheiten zu schaffen, die aber, wie ich glaube, in der Zwischenzeit von den Menschen durchaus als Scheinsicherheiten erkannt werden.

Man muss eben auch sagen, dass man angesichts der Krise, vor der wir stehen, auf die Unsicherheit und die Sorgen der Menschen ganz sicher nicht reagieren kann, indem man sagt: „Heute, am Donnerstag, diskutieren wir mal über das Schonvermögen, und in der nächsten Plenarrunde diskutieren wir über etwas anderes“, und dann meint, in der politischen Auseinandersetzung sozusagen das Heilsversprechen jeweils auf die eigene Seite ziehen zu können. Das finde ich unangemessen; denn die Menschen haben Sorgen.

Sie haben große Sorgen, und sie machen sich auch – der Herr Minister hat es völlig zu Recht be

schrieben – angesichts von Kurzarbeit und der jetzt sogar verlängerten Dauer von Kurzarbeit Sorgen. Wir sehen viele Menschen, die sagen: Wenn diese 24 Monate vorbei sind, was passiert dann? – Die sind getrieben von der Sorge, was dann passiert. Dann sehen sie dem zwölfmonatigen Bezug von Arbeitslosengeld I entgegen. Und was kommt dann?

(Zuruf von den GRÜNEN: Hartz IV!)

Das sind Situationen, die ich nachvollziehen kann. In der Tat – das haben Herr Minister Laumann und auch Herr Garbrecht richtig beschrieben – sind die Menschen ohne eigenes Verschulden in dieser Situation. Sie können nichts dafür. Ich glaube, sie haben auch zum Teil noch nicht einmal richtig erfasst, warum sie jetzt in diese Situation kommen. Sie suchen einen Schuldigen, und den Schuldigen finden sie gar nicht so ohne Weiteres.

Vor dem Hintergrund sind die Politiker gut beraten, nicht über Einzelmaßnahmen zu diskutieren, sondern den Menschen deutlich zu machen, dass wir uns mit dem ganzen Spektrum der Sorgen, mit denen sie uns entgegentreten, beschäftigen.

Dazu gehört zum Beispiel auch das Rentensystem. Auch das ist etwas, was viele Menschen stark verunsichert. Aufgrund von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit kommt man nämlich auch in die Situation, dass man sich Sorgen machen muss: Was wird mit meiner Rente? – Es ist doch eine Binsenweisheit, dass gebrochene Erwerbsbiografien auch Auswirkungen auf die Rente haben. Vor dem Hintergrund ist die Frage, wie man die Renten im Jahre 2009 armutsfest macht, eine ganz entscheidende. Das trägt ganz entscheidend zur Sicherheit bei.

Deshalb sage ich auch: Die Grünen fordern in ihrem Antrag, von dem die heutige Diskussion ursprünglich ausging, am Ende im Prinzip eine drastische Erhöhung des Schonvermögens. Die Lösung, die Sie anstreben, kommt bei der Zielgruppe, die Sie ansprechen, insbesondere bei den Frauen, kaum an. Das muss man ganz deutlich sagen.

Vor dem Hintergrund ist die Frage, wie man gerade bei gebrochenen Erwerbsbiografien von Frauen eine Alterssicherung schafft, wesentlich komplexer als die Frage, ob man das Schonvermögen erhöht.

Herr Minister Laumann, jetzt will ich noch einmal einen Punkt aufgreifen, bei dem Sie sagen: Dafür kann ich nichts, das macht die Bundesagentur für Arbeit. – Es ist aber tatsächlich so, dass die Realität im Land eine andere ist. Setzen Sie sich vielleicht auch einmal mit dem Petitionsausschuss in Verbindung.

Es ist tatsächlich so, dass im Land mit dem eigengenutzten Grundeigentum ganz unterschiedlich umgegangen wird, dass es von den Agenturen ganz unterschiedlich behandelt wird. Herr Minister, das kommuniziert sich natürlich gerade in den kleineren