Protocol of the Session on May 6, 2009

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass sich alle Fraktionen des Landtags für eine Verbesserung und Weiterentwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung in Nordrhein-Westfalen engagieren.

Gemeinsames Ziel ist die Förderung der Lebensqualität schwerstkranker und sterbender Menschen und die Schaffung der Rahmenbedingungen für ein würdevolles, selbstbestimmtes und möglichst schmerzfreies Leben bis zum Tod. Ich glaube im Übrigen, dass dieser Satz die humane Antwort auf

die Debatte ist, die zum Thema Sterbehilfe geführt wird.

In kaum einem anderen Bereich der Gesundheits- und Sozialpolitik hat es in den vergangenen rund 20 Jahren eine vergleichbare dynamische Entwicklung gegeben wie in der Hospiz- und Palliativversorgung. Kaum ein anderer Bereich wird in vergleichbarer Weise von einem so breiten gesundheits- und gesellschaftspolitischen Konsens getragen.

Nordrhein-Westfalen hat sich im Vergleich zu anderen Ländern früh und intensiv mit der Hospizbewegung auseinandergesetzt. Seit Ende der 80er-Jahre wurden die Grundlagen für die heutige ambulante und stationäre Hospizinfrastruktur geschaffen. Die vom Land Nordrhein-Westfalen aufgelegten Modellprojekte hatten eine Schrittmacherfunktion für gesetzliche Regelungen auf Bundesebene.

Der gemeinsame Antrag schildert die gute Situation in der Hospiz- und Palliativversorgung in NordrheinWestfalen. Über 280 ambulante Hospizdienste, 56 stationäre Hospize und 41 Palliativstationen sind dafür sichtbare Beispiele.

Diese Versorgungsbereiche sind jedoch unter Nutzung der neuen medizinischen Möglichkeiten weiterzuentwickeln. Hierbei geht es insbesondere um konzeptionelle und strukturelle Verbesserungen, um die Qualität, um die Finanzierung, aber auch um gesellschaftspolitische Fragen, zum Beispiel um Fragen des ehrenamtlichen Engagements oder um Fragen der Autonomie und Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen.

Die Kernanliegen des Antrages zählen seit vielen Jahren zu den wichtigsten gesundheitspolitischen Zielen des Landes. Hierzu gehört vor allem der flächendeckende Ausbau der ambulanten Hospiz- und Palliativversorgung auf einem hohen qualitativen Niveau, die Realisierung der Rahmenbedingungen für ein menschenwürdiges Leben – möglichst in der gewohnten häuslichen Umgebung – bis zum Tod, die Schaffung einer neuen Kultur im Umgang mit den Themen Sterben, Tod und Trauer ohne falsche Scheu sowie natürlich die Stärkung des Ehrenamtes.

In Nordrhein-Westfalen engagieren sich – mit zunehmender Tendenz – über 8.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in der Hospiz- und Palliativarbeit.

Ich finde, wer einmal in eine solche Einrichtung kommt und mit diesen Menschen spricht, wird nachvollziehen können, dass ich diese aus der Bürgerschaft kommenden Bewegung für eine der positivsten Entwicklungen halte, die ich je erlebt habe.

(Beifall von der CDU)

Diese Helferinnen und Helfer werden für ihren Einsatz in der ambulanten spezialisierten Palliativversorgung entsprechend geschult.

Nur bei einem funktionierenden Zusammenwirken von kompetenter Palliativpflege, kontrollierter und sachgerechter Schmerztherapie sowie individueller psychosozialer Unterstützung kann das vorrangige Ziel erreicht werden, nämlich nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ in Frieden zu Hause sterben zu können.

Im Übrigen möchte ich hinzufügen, dass aus meiner Sicht das Sterben in einem Pflegeheim dem Sterben zu Hause gleichzusetzen ist; denn wir haben ja eine gesetzliche Regelung, dass Menschen, die in einer stationären Pflegeeinrichtung leben, nicht in ein stationäres Hospiz wechseln dürfen. Ich glaube auch, dass das richtig ist, da ich finde, die Konzepte der Pflegeeinrichtungen müssen auch eine Antwort auf die Gestaltung von Sterbeprozessen geben. Deshalb brauchen wir dort die gleichen Strukturen, wie wir sie aus dem häuslichen Bereich kennen.

Die in dem Antrag geforderte kooperative und berufsübergreifende Zusammenarbeit ist die Voraussetzung für eine bedarfs- und bedürfnisgerechte ambulante Versorgung Schwerstkranker und Sterbender. Auf der Grundlage des von meinem Haus gemeinsam mit den Partnern des Gesundheitswesens in Nordrhein-Westfalen erarbeiteten Rahmenprogramms wird dieses Versorgungskonzept erfolgreich in Nordrhein-Westfalen umgesetzt. Wir haben 47 gut funktionierende Versorgungsnetzwerke, die sich landesweit etabliert haben.

Mit der erfolgreichen Umsetzung der Landesinitiative Nordrhein-Westfalen zur ambulanten Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen wollen wir erreichen, dass diese künftig bedarfs- und bedürfnisgerecht versorgt und die Angehörigen umfassend psychosozial betreut werden.

„Geachtet in Würde bis zum Tod leben“ heißt, soweit wie eben möglich in der Gestaltung der noch verbleibenden Lebenszeit frei zu sein, heißt aber auch, möglichst beschwerde- und schmerzfrei zu sein. Deshalb begrüße ich, dass die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung seit dem 1. April 2007 einen gesetzlichen Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung haben. Ich finde, es ist ein Riesenfortschritt, dass wir das im GKV-System etabliert haben.

Die individuellen Leistungsansprüche der Betroffenen müssen nunmehr zügig durch vertragliche Regelungen umgesetzt werden. Ungeklärte Auslegungsfragen in den hierfür maßgeblichen Bestimmungen müssen schnellstens geklärt werden!

Deswegen begrüße ich ausdrücklich, dass der erste bundesweite Vertrag im Landesteil Nordrhein vor wenigen Tagen geschlossen wurde. Ich sage es ganz deutlich: Ich erwarte ein ähnliches Vorgehen auch von den Vertragspartnern in Westfalen-Lippe. Das, was in Nordrhein geht, muss auch dort gehen.

Ich sage auch ganz offen: Das, was dort zurzeit passiert, nämlich sich darauf zurückzuziehen, eine

Vereinbarung zu treffen, obwohl sie nicht in vollem Umfang den gesetzlichen Regelungen entspricht, für ein Jahr machen zu wollen, bedeutet kein Ruhmesblatt für Westfalen-Lippe.

Man muss sich wirklich fragen: Warum haben wir in Nordrhein-Westfalen eigentlich zwei Versorgungsbezirke? In jedem anderen Bundesland gibt es eine Kassenärztliche Vereinigung und damit ein gleiches Versorgungsniveau für alle in einem Bundesland. Nur in Nordrhein-Westfalen haben wir eine Aufteilung in zwei Landesteile, weil zwei Kassenärztliche Vereinigungen vorgehalten werden. Das ist ein Thema, das man überwinden könnte. Dann müsste man sich mit unterschiedlichen Behandlungen in Nordrhein-Westfalen aus strukturellen Gründen gar nicht mehr beschäftigen. Die Westfälischen sollen erst einmal beweisen, dass sie ihre Probleme lösen können. Ansonsten muss man diese Frage eben strukturell angehen und lösen. Denn unterschiedliche Versorgungsniveaus in einem Bundesland sind meiner Meinung nach mit nichts zu erklären.

Aber es war die Vorgängerregierung, die im Bund darauf bestanden hat, die Existenz von zwei Kassenärztlichen Vereinigungen in Nordrhein-Westfalen festzuschreiben. Kein anderes Bundesland – nur wir – hat diese Lösung gesucht.

Wer aber für eine einheitliche Versorgung ist, darf auf Dauer keine zwei Versorgungsgebiete haben. Das will ich in aller Deutlichkeit sagen.

(Vereinzelt Beifall)

Grundvoraussetzung für ein würdevolles Sterben ist die Vermittlung von Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe, die allen Sterbenden gleichermaßen zuteil werden müssen. Die Hospizbewegung hat in diesem Bereich bemerkenswerte Maßstäbe gesetzt und trägt wesentlich dazu bei, die Tabuisierung des Sterbens in unserer Gesellschaft zu überwinden. Sie hat den Hospizgedanken auch in die stationären Alten- und Pflegeeinrichtungen getragen.

Ich freue mich ganz besonders, dass für die ambulanten Hospizdienste im Sozialgesetzbuch V die Möglichkeit geschaffen wurde, qualifizierte ehrenamtliche Sterbebegleitung in stationären Pflegeeinrichtungen – also zum Beispiel in der Altenhilfe – zu erbringen und abzurechnen.

Wichtig ist, das Fachpersonal in diesen Einrichtungen mit der besonderen fachlichen Kompetenz in der Hospiz- und Palliativversorgung auszustatten. Ambulante Hospizdienste und stationäre Hospize haben im Rahmen einer ganzheitlichen Hospiz- und Palliativversorgung eine wichtige Funktion. Deshalb muss deren Förderung auf eine gesicherte Grundlage gestellt werden.

Ich werde die Gesundheitsministerkonferenz im nächsten Monat dazu nutzen, hierauf hinzuwirken. Parallel hierzu werden zurzeit auf Landesebene in Gesprächen mit Vertretern der Krankenkassen ent

sprechende Fördermöglichkeiten geprüft. So ist es uns bei diesen Gesprächen als ein erster Erfolg bereits gelungen, dass die für die ambulanten Hospizdienste nach dem Sozialgesetzbuch zur Verfügung stehenden Mitteln auch in voller Höhe an die Dienste ausgeschüttet werden. Entsprechende Verteilungsregelungen, die sich an der Wirtschaftlichkeit der Dienste orientieren sollen, werden derzeit geprüft.

Sie sehen: Die vielschichtigen und zielgerechteten Aktivitäten des Landes Nordrhein-Westfalen in der Hospiz- und Palliativversorgung werden mit Konstanz und Nachhaltigkeit weiter verfolgt. Im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger sollten wir in diesem wichtigen Bereich weiter fraktionsübergreifend zusammenarbeiten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU, FDP und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir sind am Schluss der Beratungen.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über den Antrag Drucksache 14/7669 ab. Der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/9060, den Antrag für erledigt zu erklären. Wer dieser Beschlussempfehlung folgen möchte, den darf ich darum bitten, mit der Hand aufzuzeigen. – Das sind die Mitglieder der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie der Abgeordnete Sagel. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung einstimmig angenommen und der Antrag für erledigt erklärt.

Ich lasse dann über den Antrag Drucksache 14/9057 abstimmen. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt, sodass wir zur Abstimmung über den Inhalt des genannten Antrags kommen können. Wer dem Inhalt des Antrags zustimmen möchte, den darf ich jetzt um sein Handzeichen bitten. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen aller Fraktionen und des Abgeordneten Sagel angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit kommen wir zu:

5 Verkauf von forstfiskalischen Grundstücken Eifelflächen

Antrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

auf Zustimmung gemäß § 64 Abs. 2 der Landeshaushaltsordnung Vertrauliche Vorlage 14/37

Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 14/9051

In Verbindung damit:

Keine Einwilligung des Landtags zum Vertrag Staatswaldverkauf Eifel (Vorlage 14/2286 bzw. identische Vertrauliche Vorlage 14/37)

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9066

Ich eröffne die Beratungen.

Lassen Sie mich vorab noch einen Hinweis geben. Zur Beratung steht ein Antrag der Landesregierung in der Vertraulichen Vorlage 14/37. Ich möchte Sie entsprechend der üblichen parlamentarischen Praxis bei der Beratung zu Grundstücksverkäufen bitten, in Ihren Redebeiträgen die Vertraulichkeit zu wahren und hier keine schutzwürdigen Inhalte, von denen Sie durch die Beratung in den Ausschüssen Kenntnis erlangt haben, zu offenbaren. Dafür danke ich Ihnen schon jetzt herzlich.

Als erster Redner hat nun für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Biesenbach das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Biesenbach.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns hier mit einem Antrag, bei dem als Erstes die große Frage zu stellen ist: Was soll das? – Lieber Herr Kollege Remmel, das Ganze ist der Versuch, über Formalien wieder ein Thema ins Gespräch zu bringen, das längst erledigt ist. Salopp ausgedrückt, können Sie sich dieses Thema an den Hut stecken; denn es ist wirklich erledigt. Sie unternehmen den Versuch, aus einer leeren Flasche zu trinken. Die Flasche ist aber nun einmal leer. Sie haben auch keine Chance, dieses Thema neu einzubringen.

Dabei will ich nicht verhehlen, dass der Verkauf von Staatswald in den letzten beiden Legislaturperioden, solange ich den Überblick habe, das am intensivsten beratene Thema war. Die parlamentarische Beratung begann am 12. September 2007. Seitdem ist dieses Thema mindestens sechs Mal im Fachausschuss beraten worden. Wir haben es fünf Mal plenar behandelt. Es gab drei Anträge, eine Mündliche Anfrage und eine Anhörung. Wir hatten dieses Thema im Haushalts- und Finanzausschuss sowie im Unterausschuss „Landesbetriebe und Sondervermögen“. Die Landesregierung hat dem Landtag mittlerweile acht schriftliche Berichte dazu vorgelegt. Mehr ist weiß Gott nicht zu erwarten.

Die inhaltlichen Fragen haben wir auch endgültig erledigt, und zwar durch die Verabschiedung des Nachtragshaushalts 2009 in Verbindung mit der Ablehnung des Änderungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist das Zustimmungserfordernis ersetzt worden. In der Sachfrage, ob die Waldflächen veräußert werden können oder nicht, gibt es keine zu treffende Entscheidung mehr. Die Vertrauliche Vorlage 14/37 ist durch die Verabschiedung des Nachtragshaushalts 2009 erledigt.

Sie unternehmen gerade den untauglichen Versuch, dieses Thema mit juristischer Finesse noch einmal aufzuwärmen. Dazu haben Sie aber auch keine Rechtsgrundlage, die trägt. Damit erleiden Sie das gleiche Schicksal wie bei den Verfahren, die gestern in Münster verhandelt wurden.

In einem Brief äußert Herr Kollege Remmel Zweifel daran, dass die Formalie wirklich erfüllt ist, und stellt die Frage, wie ein Vorsehen der Veräußerung im Haushalt beschaffen sein muss, um eine Einwilligung des Parlaments entbehrlich zu machen.