Protocol of the Session on May 6, 2009

Wir kommen zur Gesamtabstimmung über den Entschließungsantrag Drucksache 14/9179. Wer stimmt dem Antrag insgesamt zu? – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – Die Grünen und Herr Sagel. Enthält sich jemand? – Die SPD-Fraktion enthält sich. Damit ist die Entschließung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.

Wir kommen zu:

4 Leiden lindern – Lebensqualität verbessern – Für eine bessere Versorgung von unheilbar kranken und sterbenden Menschen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/7669

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales Drucksache 14/9060

In Verbindung mit:

Leiden lindern – Lebensqualität verbessern – Hospiz- und Palliativversorgung absichern! Für eine bessere Versorgung von unheilbar kranken und sterbenden Menschen

Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9057

Ich weise darauf hin, dass der Antrag Drucksache 14/7669 gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b der Ge

schäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit der Maßgabe überwiesen wurde, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage der Beschlussempfehlung erfolgt. Beschlussempfehlung und Bericht des genannten Ausschusses liegen vor.

Ich eröffne die Beratung und erteile Frau Kollegin Gebhard für die Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es kommt nicht allzu oft vor, dass uns hier im Hause ein Antrag vorliegt, der von allen vier Fraktionen getragen wird. Das sage ich insbesondere in Richtung unserer Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne.

Als die SPD-Fraktion am 14. Oktober letzten Jahres den Antrag „Leiden lindern – Lebensqualität verbessern – Für eine bessere Versorgung von unheilbar kranken und sterbenden Menschen“ einbrachte, war aber genau dies unser Ziel. Wir waren und sind der Ansicht, dass das Leiden dieser unheilbar kranken und sterbenden Menschen nicht geeignet ist, es zum Gegenstand parteipolitischer Auseinandersetzungen zu machen.

Es ging und geht nicht darum, Recht zu haben, sondern darum, den betroffenen Menschen und ihren Angehörigen zu helfen. Dazu haben wir aus der Opposition heraus nur dann eine Chance, wenn es uns gelingt, dieses Anliegen zum Anliegen aller Fraktionen zu machen, unabhängig davon, ob Opposition oder regierungstragend.

Deshalb haben wir alles daran gesetzt, dass in aller Ruhe zusammen mit den anderen Fraktionen ausgelotet werden kann, ob und wie wir das Anliegen des Antrags gemeinsam vertreten können. Wir haben deshalb bei der Einbringung des Antrags im Oktober zunächst auf eine Diskussion im Parlament verzichtet. Wir haben uns auch nicht öffentlich geäußert, als am 6. Januar dieses Jahres die CDUFraktion mit der Forderung an die Öffentlichkeit trat, die Hospize von ihrem zehnprozentigen Eigenanteil an der Finanzierung zu befreien. Die Hospizbewegung selbst trat dieser Forderung entgegen. Sie befürchtet – aus unserer Sicht völlig zu Recht – bei der Vollfinanzierung solcher Einrichtungen eine Kommerzialisierung. Diese kann niemand wollen.

Das Herzblut, das die Menschen einbringen, die nur aus innerer Überzeugung in den ambulanten und stationären Hospizen arbeiten, ist ein unschätzbares Gut und darf nicht gefährdet werden. Die Träger von Hospizen wünschen, dass dieser Eigenanteil auf diese 10 % begrenzt bleibt. Dieses Anliegen unterstützen wir mit dem vorliegenden Antrag nachdrücklich. In der Realität sieht es oft noch anders aus. Dort erreicht der Eigenanteil oft 20 bis 30 %. Diesen Anteil durch Spenden selbst aufzubringen, überfordert die Trägervereine und ist einfach entschieden zu viel.

Zur Neuordnung der Finanzierung der ambulanten Hospizdienste und stationären Hospize gibt es zurzeit eine Gesetzesinitiative im Deutschen Bundestag. Eine Unterstützung dieses Vorhabens im Bundesratsverfahren durch das Land NRW ist logische Konsequenz unseres gemeinsamen Wollens, wie er in dem vorliegenden Antrag niedergelegt ist.

Der Lohn für unsere politische Zurückhaltung nach außen liegt nun heute auf dem Tisch. Ich will gern noch einmal erläutern, warum uns dies so wichtig ist.

Sowohl die Hospizbewegung als auch die Etablierung der Palliativmedizin in Deutschland nahmen ihren Anfang in Nordrhein-Westfalen. Sozialdemokratische Gesundheitsminister haben die Impulse aus der Bewegung immer wieder aufgegriffen und ihnen zu einem entsprechenden Rahmen verholfen. Nordrhein-Westfalen war seit Jahrzehnten die treibende Kraft in Deutschland bei der Einrichtung von Hospizen, Palliativstationen, Lehrstühlen für Palliativmedizin – insbesondere für pädiatrische Palliativmedizin – sowie den flächendeckenden Ausbau der ambulanten Palliativversorgung.

Anfang 2005 kam es unter der Führung der damaligen Gesundheitsministerin Birgit Fischer zu einer Rahmenvereinbarung zur flächendeckenden Umsetzung der ambulanten palliativmedizinischen und palliativpflegerischen Versorgung in Nordrhein-Westfalen zwischen dem Land einerseits und den kassenärztlichen Vereinigungen, den Ärztekammern, der Krankenhausgesellschaft sowie den Krankenkassen andererseits. Diese Rahmenvereinbarung hat ihre Wirkung nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern darüber hinaus entfaltet. Sie hat den Anstoß dafür gegeben, dass die Patienten seit dem 1. April 2007 einen Rechtsanspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung haben. Dies ist im Wettbewerbsstärkungsgesetz der gesetzlichen Krankenversicherungen – kurz: GKV-WSG – entsprechend verankert worden.

Als wir den Antrag im Oktober 2008 einbrachten, stand dieser Rechtsanspruch jedoch immer noch nur auf dem Papier. Zwar gab es seit dem Sommer Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Spitzenverbände der Krankenkassen, doch vor Ort zeigten die Krankenkassen wenig Neigung, diese neuen Versorgungsstrukturen zu finanzieren.

Man kann sich unschwer vorstellen, dass der betroffene Personenkreis nur selten in der Lage ist, sein Recht individuell einzuklagen. Es ist auch aus meiner Sicht eine Zumutung und unseres Gesundheitssystems unwürdig, Menschen in eine solche Situation zu treiben.

Worum geht es uns also bei den Strukturen? Warum ist es uns so wichtig, dass diese Versorgungsmöglichkeiten die Menschen auch tatsächlich erreichen? – Drei von vier Sterbenden verleben ihre

letzten Wochen im Krankenhaus oder Pflegeheim. Aber weit mehr als 80% der Menschen haben den Wunsch, zu Hause zu sterben. Sie wollen kein anonymes Ende an Schläuchen. Sie haben Angst davor, in ihrer letzten Lebensphase nur noch Objekt und nicht mehr Subjekt zu sein. Die Angst davor lässt sie darüber nachdenken, wie sie selbst ihrem Leben und Leiden ein Ende setzen können. Die Antwort darauf ist nicht etwa die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe. Nein, dieser erteilen wir hier eine klare Absage. Wir setzen stattdessen auf die Etablierung einer speziellen und individuellen ambulanten Palliativversorgung, die den Betroffenen ihre Würde und ihre Selbstbestimmung bewahrt.

Dieser Wunsch, in vertrauter Umgebung oder in einem Hospiz in Würde die letzte Lebensphase zu verbringen und zu sterben, stellt aber hohe Ansprüche an Angehörige und professionelle Hilfsdienste. Das spüren die Betroffenen sehr genau. Sie wollen ihre Angehörigen nicht überfordern.

Dazu sieht das Gesetz bereits seit April 2007, also seit zwei Jahren, die Einrichtung sogenannter multiprofessioneller Palliativ-Care-Teams vor. Sie haben medizinische, pflegerische, physiotherapeutische, psychologische, psychosoziale und spirituelle Anforderungen zu berücksichtigen. Die notwendige lückenlose Versorgung erfordert eine reibungslose Zusammenarbeit der einzelnen Professionen. Sie sollen den unheilbar Kranken und ihren Angehörigen beistehen. Ein Mensch, der nur noch wenige Tage oder Wochen zu leben hat, kann nicht warten, bis sich Pflegende und Ärzte mit den Kostenträgern geeinigt haben. Es bedarf unverzüglicher Versorgung. Dies geht nur mit eingespielten Teams, geht nur mit eingespielten Verfahrensabläufen.

Ein palliativmedizinisch gut eingestellter Patient bedarf oftmals auch nur eines normalen ambulanten Palliativpflegedienstes. Verschlechtert sich sein Zustand jedoch, muss ein sofortiger Übergang zur speziellen ambulanten Palliativversorgung rund um die Uhr möglich und gewährleistet sein, anstatt ihn immer wieder mit dem Notarztwagen in die Intensivstation zu verfrachten. Wenn Heilung nicht mehr möglich ist, sondern es zum Beispiel darum geht, jemanden von seiner Atemnot oder seinen akuten Schmerzen zu befreien, ist dies durch die spezialisierte ambulante Palliativversorgung möglich und zu gewährleisten. Dazu bedarf es aber fest vereinbarter Strukturen. Dazu reicht es auch nicht aus, wenn nur die ärztliche Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten und spezialisierten Palliativärzten geregelt wird. Vielmehr sind die sogenannten PalliativCare-Teams, in der ärztliche und pflegerische Leistung aufeinander abgestimmt erbracht und die in ein Netzwerk eingebracht werden, fest zu verankern. Außerdem sind verbindliche Regelungen zur Qualitätssicherung, indem multiprofessionelle Fallbesprechungen verbindlich strukturiert werden, zu treffen.

Die Umsetzung dieser spezialisierten ambulanten Palliativversorgung – wir sprechen immer kurz von SAPV – ist bundesweit bedauerlicherweise bisher nur in wenigen Einzelverträgen umgesetzt worden, die nur örtlich Gültigkeit besitzen und oftmals nur einzelne Kassen betreffen, so zum Beispiel in Hamburg, Brandenburg und Niedersachsen.

Am 24. April dieses Jahres, also vor wenigen Tagen, haben nunmehr alle gesetzlichen Krankenkassen in Nordrhein mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein den bundesweit ersten flächendeckenden Vertrag zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung geschlossen. Dies ist aus unserer Sicht ein Meilenstein in der Palliativversorgung nicht nur in Nordrhein-Westfalen. Mein Dank dafür gilt allen Beteiligten. Besonders hervorzuheben ist, dass im Rahmen dieser Versorgung ein Wettbewerb der Krankenkassen untereinander vermieden werden konnte, indem dieser Vertrag tatsächlich mit allen Kassen dieses Landesteils geschlossen wurde.

Als Landespolitikerin, die für gleiche Lebensverhältnisse im ganzen Land eintritt – ich füge hinzu: als Westfälin –, muss ich jedoch beklagen, dass wir in Westfalen-Lippe noch nicht über eine solche Vereinbarung verfügen. Auch dort scheinen die zunächst gescheiterten Verhandlungen zwar wieder in Bewegung gekommen zu sein, gleichwohl, Herr Minister, kann es Ihnen genauso wenig wie uns gleichgültig sein, dass es in Nordrhein-Westfalen offenbar vom Wohnort abhängt, ob man diese spezialisierte Palliativversorgung erhält oder nicht. Ich fordere Sie daher ausdrücklich auf, in diese offenbar schwierigen Verhandlungen vermittelnd einzugreifen, damit wir in Nordrhein-Westfalen gleiche Bedingungen zum Wohle der betroffenen Menschen erhalten.

In diesem Sinne danke ich für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass wir, wie vereinbart, gemeinsam diesen Weg gehen. – Danke schön.

(Beifall von SPD und Rudolf Henke [CDU])

Vielen Dank, Frau Kollegin Gebhard. – Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Monheim.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Weg des Menschen ins Leben erfährt in unserer Gesellschaft eine besondere Fürsorge. Sein Weg aus dem Leben wird so lange wie eben möglich verdrängt. Früher wurden die Menschen eher abrupt aus dem Leben gerissen. Heute werden wir nicht nur einfach älter, wir sehen uns vielen Krankheiten gegenüber, wie zum Beispiel Krebs, Diabetes, Herz- und Kreislauferkrankungen, die medizinisch bekämpft und aufgehalten

werden können. Das verlängert das Leben und verlangsamt das Sterben. Der Tod lässt sich Zeit.

Vielleicht ist deshalb diese Phase des Lebens, der eigene Tod und der Tod von nahen Angehörigen, so sehr mit Ängsten belastet – mit der Angst, unerträgliche Schmerzen leiden zu müssen, mit der Angst, allein gelassen und seiner Würde und Selbstbestimmung beraubt zu werden und einen unnötig verlängerten Sterbeprozess ertragen zu müssen, aber auch mit der Angst, Angehörigen und der Gesellschaft zur Last zu fallen.

Wer sterbende Menschen begleitet, erfährt sehr oft, dass sich hinter diesen Ängsten eine große Sehnsucht verbirgt: eine Sehnsucht nach Geborgenheit und menschenwürdiger Pflege, nach einer Pflege, die einen in den schweren Stunden und Tagen des Sterbens nicht alleinlässt, die auf individuelle Wünsche auch dann eingeht, wenn man ganz von der Fürsorge anderer Menschen abhängig ist.

Die mittlerweile gut belegten Erfahrungen der Hospizdienste und der Palliativversorgung zeigen: Je mehr menschliche Zuwendung und effektive Schmerzbehandlung Kranke und Sterbende erfahren, desto mehr nehmen sie ihren bevorstehenden Tod an und versuchen sie, die ihnen noch verbliebene Zeit so erfüllt wie möglich – am liebsten zu Hause und im Kreis von Angehörigen und Freunden – zu erleben. In gleichem Maße nimmt der Wunsch nach einer vorzeitigen Beendigung des Lebens ab.

Die einzig mögliche Antwort einer humanen Gesellschaft auf die Herausforderung von Leiden und Tod ist eine angemessene Sterbebegleitung und eine verfügbare palliativmedizinische und -pflegerische Versorgung. Hier müssen wir handeln. Dabei fangen wir nicht bei null an. Wir verfügen in NordrheinWestfalen – das wird in diesem Antrag sehr deutlich – über ein gut ausgebautes Versorgungsnetz, das in vielen Bereichen Impulse gegeben und Maßstäbe in Deutschland gesetzt hat. Doch das festzustellen, reicht nicht. Sich damit zufrieden zu geben, hieße, die Brisanz des Themas zu verkennen.

Was die parlamentarische Auseinandersetzung mit diesem Thema angeht, so können wir auch da auf gute und wegweisende Vorarbeiten zurückgreifen: so auf die umfangreichen Recherchen und Handlungsempfehlungen der Enquetekommission „Situation und Zukunft der Pflege in NRW“, die die CDUFraktion in der letzten Legislaturperiode beantragt hat. Noch vor dem Abschlussbericht der Enquete, im Jahr 2004, haben alle Fraktionen dieses Hauses mit zwei Anträgen – einmal zur Palliativversorgung und mit dem Antrag „Auch das Sterben ist ein Teil des Lebens“ – ein klares und eindeutiges Bekenntnis zur Hospiz- und Palliativversorgung abgelegt. Als erstes Parlament in Deutschland hat der Landtag Nordrhein-Westfalen sich in diesem Antrag gegen die Legalisierung einer aktiven Sterbehilfe und einer Tötung auf Verlangen ausgesprochen und zudem festgeschrieben: Die Menschwürde und der

Schutz des Lebens müssen die Grundlage allen gesetzgeberischen Handelns sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte für die CDU-Fraktion ausdrücklich dafür danken – vornehmlich den Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion –, dass wir in den heute vorliegenden Antrag aller Fraktionen „Leiden lindern – Lebensqualität verbessern – Hospiz- und Palliativversorgung absichern!“ diese Position wörtlich übernommen und damit die Ernsthaftigkeit dieser Aussage und unseres Bemühens unter Beweis gestellt haben.

Aber wir alle wissen, aktive Sterbehilfe nur abzulehnen, reicht nicht. Vielmehr erwächst genau daraus unsere Verpflichtung, Rahmenbedingungen so zu gestalten und Prozesse so zu unterstützen, dass, wie eingangs beschrieben, der Ruf nach aktiver Sterbehilfe in unserem Land – anders als in einigen Nachbarländern – nicht die Oberhand gewinnt.

(Beifall von der SPD)

Vor diesem Hintergrund ist die Frage, wie eine bessere Versorgung von unheilbar kranken und sterbenden Menschen gesichert und weiterentwickelt werden kann, eine ständige Herausforderung. In einer älter werdenden Gesellschaft stellt sich diese Frage mit besonderer Intensität.

Worum geht es in unserem gemeinsamen Antrag? – Er gibt zunächst einen Überblick über die Hospiz- und Palliativversorgung in unserem Land. Die Sterbebegleitung ist untrennbar verbunden mit der Hospizbewegung und den vielen Hospizdiensten, die vielfach in evangelischen und katholischen Kirchengemeinden oder als ökumenische Initiativen entstanden.

Dem Einsatz der vielen ehrenamtlich Tätigen, ohne die die Hospizbewegung nicht denkbar ist, gebührt Dank und Anerkennung. Sie machen es möglich, dass Schwerkranke sich im Angesicht des Todes ohne unnötige diagnostische und therapeutische Maßnahmen in Ruhe verabschieden, nach christlichem Verständnis „das Zeitliche segnen“ können. Wo dies in der häuslichen Umgebung nicht mehr möglich ist, bieten stationäre Hospize einen verlässlichen Schutz und einen angemessenen Raum.

Dieser Einsatz ist in unserer Gesellschaft deshalb so unendlich wertvoll, weil er eine neue Kultur im Umgang mit Sterben, Tod und Trauer fördert, wie dies schon in der Enquetekommission „Situation und Zukunft der Pflege in NRW“ gefordert worden ist und wir es in diesem Antrag erneut aufgenommen haben.

Darum ist es wichtig, stärker als bisher in die Öffentlichkeit zu bringen, was Hospiz- und Palliativversorgung bedeutet. Das fördert eine neue Sicht auf Sterben und Tod in unserer Gesellschaft und kann zu einer Enttabuisierung beitragen, aber auch Ängste und Befürchtungen abbauen.

In engem Zusammenhang mit der Entwicklung der Hospizbewegung ist die Palliativversorgung zu sehen. Von den fünf in Deutschland existierenden Lehrstühlen für Palliativmedizin befinden sich drei in Nordrhein-Westfalen. Auch der erste Lehrstuhl für pädiatrische Palliativmedizin ist in unserem Land.

Seit 2005 – Frau Gebhard hat es sehr ausführlich erwähnt – gibt es Rahmenprogramme zur flächendeckenden Umsetzung der ambulanten Palliativmedizin und palliativpflegerischen Versorgung, ein Konzept, auf das sich verschiedene Partner im Gesundheitswesen in Nordrhein-Westfalen verständigt haben. Auf diese Vereinbarung geht auch die spezialisierte ambulante Palliativversorgung – SAPV – zurück, die mit der letzten Gesundheitsreform im Jahr 2007 als Anspruch des Versicherten im Gesetz festgeschrieben wurde. Ziel sind der Erhalt der Lebensqualität und die Förderung der Selbstbestimmung bis zum Tod, wobei die individuellen Bedürfnisse im Vordergrund stehen und vor allem ein Sterben zu Hause ermöglicht werden soll; denn dies entspricht dem Wunsch von weit mehr als 80 % der Menschen.