Erstens. Antidiskriminierung heißt für mich nicht, immer etwas Besonderes zu sein. Ein solcher Bericht macht einen immer etwas besonders. Ich halte uns nicht für etwas Besonderes. Es gibt auch keinen Bericht für Brillenträger. Warum soll es immer einen Bericht für so etwas geben? Das halten wir nicht für notwendig.
Zweitens. Wir arbeiten mit der Community zusammen. Natürlich könnte man das alles noch verbessern. Das ist sicherlich richtig. Aber man kann immer alles verbessern.
Nein, von Herrn Groth haben wir heute schon genug gehört. Wir müssen ihm keine zusätzliche Plattform für sein Gefasel bieten.
Herr Kollege Ratacjzak, Sie sagen, dass Sie die Stimme von Herrn Groth schon so oft gehört haben. Mir haben Sie sicherlich nicht so oft zugehört.
Sie behaupten, die Landesregierung würde so viele konkrete Maßnahmen in der Schwulen- und Lesbenpolitik finanzieren und anstoßen. Sagen Sie uns doch einmal ganz konkret, was diese Landesregierung seit 2005 für Schwule und Lesben getan hat.
Das kann ich Ihnen konkret sagen. Wir unterstützen die psychosozialen Beratungsstellen. Wir unterstützen nach wie vor das Antigewaltprojekt. Wir unterstützen nach wie vor die beiden Landesgeschäftsstellen. Wir unterstützen nach wie vor die SchLAu NRW, mit der wir Aufklärungsarbeit betreiben. Wir tun also schon etwas.
Natürlich, Frau Asch, sind in diesem Bereich Mittel gekürzt worden. Aber uns war wichtig, dass die Strukturen bestehen bleiben. Im Rahmen der normalen Haushaltskonsolidierung mussten wir einfach in dem Bereich Abstriche machen. Auch im Heterobereich, wenn ich das einmal so sagen darf, gibt es massive Einschränkungen. Das musste einfach sein. Das ist leider nun einmal so. Die Community ist aber auf einem guten Weg, mit den privaten Financiers Möglichkeiten zu schaffen. Auch alle anderen Vereine und Verbände sind mittlerweile auf Privatspenden angewiesen. Wir können einfach nicht mehr überall die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, wie wir es gerne würden. Ich würde an dieser Stelle auch gerne mehr machen; es geht aber leider nicht.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. Mit einem neuen Bericht ändern wir nichts an der Situation, sondern wir müssen gesellschaftlich etwas tun. Aus meiner Sicht würde die Diskriminierung deutlich abnehmen, wenn beispielsweise einmal ein Fußball-Bundesligaspieler aufstehen und sich outen würde. Dies wäre ein aktiver Beitrag zur Antidiskriminierung von Schwulen und Lesben – nicht nur in Fußballstadien, sondern in der Gesellschaft, anders als es ein Bericht ist. – Ganz herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Ratajczak. – Für die Fraktion der SPD spricht nun die Frau Abgeordnete Hack.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer von der LAG Lesben und vom Schwulen Netzwerk NRW! Herzlich willkommen!
Herr Ratajczak, Sie sprechen von einem Berichtsunwesen. Hier ist die Frage zu stellen: Warum legen die Regierungsfraktionen gemeinsam mit dem Ministerium einen Integrationsbericht vor, der mit starker Pressebegleitung völlig zu Recht in diesem Land und in diesem Landtag thematisiert wird? Warum gibt es einen Sozialbericht? Das alles ist für
mich kein Berichtsunwesen. Die Kollegen von den Grünen fordern dies für eine besondere und in Nordrhein-Westfalen nicht unwichtige Zielgruppe. Das hat mit Berichtsunwesen nichts zu tun. So viel sei am Anfang klargestellt.
Wie Sie daraus unschwer entnehmen können, begrüßen wir als SPD-Fraktion den vorliegenden Antrag, einen Sachstandsbericht zur Politik gegen Ausgrenzung und Diskriminierung und für gleichberechtigte Teilhabe von Schwulen und Lesben in NRW vorzulegen.
Vieles von dem, was Sie gesagt haben, können Sie ja wunderbar in diesen Bericht schreiben. Davor braucht man doch überhaupt keine Angst zu haben. Warum sind Sie dagegen?
In diesem Antrag heißt es richtig: „Viel wurde bereits erreicht.“ Natürlich wurden die größten Fortschritte aus unserer Sicht im rechtlichen Bereich erzielt, also weitestgehend auf Bundesebene verhandelt und beschlossen. Rot-grüne Bundes- und Landespolitik haben seinerzeit vorbildliche Gleichstellungsmaßnahmen erreicht.
Im Moment nicht, nein. – Ebenfalls richtig heißt es im Antrag aber auch: „Nach wie vor ist die völlige Gleichstellung nicht erreicht.“
Gleichgeschlechtliche Paare dürfen nicht diskriminiert werden. Ihre Selbstorganisation werden wir weiterhin angemessen unterstützen.
Wie hier bereits angeklungen ist – Frau Kollegin Asch hat darüber gesprochen –, haben wir uns in diesem Haus schon mehrfach darüber streiten können, was „angemessen unterstützen“ denn nun heißt – sei es bei den Haushaltsberatungen 2006, sei es bei der Debatte um das Abstimmungsverhalten NRWs zum Antidiskriminierungsgesetz, sei es bei der Debatte um die ARCUS-Stiftung, als deren Schirmherr Minister Laschet gewonnen werden konnte.
Dieser für Teile der CDU und ihrer Wählerschaft sicherlich problematische Schritt ist zu würdigen. Vermutlich wird er wie einige weitere Elemente der Politik der Landesregierung, die unter der Überschrift „Vielfalt der Lebensformen“ schon auf der Internetseite des Ministeriums stehen, Eingang in den hier geforderten Bericht finden. Dabei denke ich beispielsweise an die Unterstützung des Beratungsnetzes – Herr Ratajczak, darauf haben Sie
Ich möchte heute nur noch Folgendes anmerken: Genauso wie Frau Kollegin Asch sind auch meine Fraktion und ich sehr gespannt auf den Bericht, weil darin sicherlich auch erläutert wird, warum das eigenständige, seit Jahren installierte ministerielle Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen abgeschafft wurde. Dieses Thema, das in NRW eine nicht geringe Relevanz besitzt, ist nun Bestandteil des Arbeitsbereiches „Kommunale Familienpolitik, Allgemeine Fragen der Familien- und Lebensformen“.
Meine Damen und Herren, wenn Besonderheiten und spezielle Bedürfnisse von Zielgruppen besonderes Handeln erfordern, ist Gleichstellung nicht zuträglich – auch nicht im administrativen Rahmen. Sie werden uns diesen Schritt sicherlich erklären können.
Wir sind übrigens nicht die Einzigen, die das wissen möchten. Beim CSD-Empfang 2008 des Schwulen Netzwerks NRW in Köln richtete der Landesvorsitzende Steffen Schwab an die Anwesenden, darunter auch Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsfraktionen, die Forderung – ich zitiere –:
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, an Sie, sehr geehrte Abgeordnete des Landtags in Düsseldorf, zu appellieren, einen uns schützenden, uns fördernden Blick auf den Umgang der Landesverwaltung mit unserer Arbeit und unseren Projekten zu richten. Wir haben in der Vergangenheit das für gleichgeschlechtliche Lebensweisen zuständige Referat als Partner erlebt, der uns gefördert und kritisch begleitet, immer wieder auch angeregt hat und selbst Initiativen für die Akzeptanz von Schwulen und Lesben in NRW ergriffen hat. Wir haben immer mehr den Eindruck, dass sich dies sehr verändert.
Wir erleben Misstrauen, Reglementierung und Kontrolle. Unser Verband leidet darunter. Und, viel schlimmer: Die landesweite Vernetzung und Qualifizierung von Jugendarbeit, Gesundheitsprojekten, interkulturelle und intergenerative Initiativen, die wir, immer noch mangels Alternativen, eben nur mit Förderung aus öffentlichen Mitteln unterstützen können, drohen zu verfallen.
Der hier geforderte Sachstandsbericht wird uns, wie gesagt, sicherlich Aufklärung über die Motive für diese Maßnahme verschaffen. Wir werden dem Antrag der Grünen zustimmen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hack. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Lindner das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege Lindner.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man muss sich doch sehr über die hier geführte Debatte wundern.
Frau Kollegin Hack, Sie wollten jetzt auch noch eine große Organisationsdebatte über die Frage vom Zaun brechen, in welcher Weise in den Ministerien Referate eingerichtet oder aufgelöst werden. Ich muss Sie doch sehr bitten, auf die materiellen Ergebnisse der Politik zu schauen und nicht in ein Klein-Klein einzusteigen, das mit politisch-parlamentarisch-gesetzgeberischer Arbeit wirklich gar nichts zu tun hat.
Entscheidend für uns ist, dass in NordrheinWestfalen weiter eine aktive Antidiskriminierungspolitik betrieben wird. Dafür brauchte es keine rotgrüne Landesregierung. Das kann eine konservativliberale Landesregierung genauso gut – und besser.
Es ist nachgerade eine Unverschämtheit, dass die grüne Fraktion in ihrem Antrag geschrieben hat, dass seit 2005 in diesem Bereich in NordrheinWestfalen keine Weiterentwicklung stattgefunden habe. Das ist wirklich eine Unverschämtheit.