Es ist nachgerade eine Unverschämtheit, dass die grüne Fraktion in ihrem Antrag geschrieben hat, dass seit 2005 in diesem Bereich in NordrheinWestfalen keine Weiterentwicklung stattgefunden habe. Das ist wirklich eine Unverschämtheit.
Trotz schwierigster Haushaltslage fördern wir nach wie vor fünf Beratungsstellen. Nach wie vor werden die zwei Geschäftsstellen des Schwulen Netzwerks NRW und der LAG Lesben in NRW weiter gefördert. Weiterhin gibt es einen Haushaltsansatz, der nur in der gleichen Weise linear reduziert worden ist, wie alle anderen Ausgabenprogramme auch zur Konsolidierung herangezogen worden sind.
Insofern ist es eine Unverschämtheit, zu sagen, es gebe keine Weiterentwicklung bzw. nur Kontinuität – zumal Sie eine entscheidende Innovation in diesem Politikfeld auch noch behindert haben.
Ich komme jetzt darauf, Frau Asch. Aus dem Kreis der ehrenamtlich Aktiven ist die Idee geboren worden, die ARCUS-Stiftung einzurichten.
Diese Stiftung soll auch durch Testamentsspender und andere Zuwender in die Lage versetzt werden, in Selbstorganisation in Ergänzung zum Staat tätig zu werden. Dies müssen wir würdigen. Es ist Ausdruck bürgerschaftlichen Engagements. Wir als Koalitionsfraktionen haben hier im Landtag einen entsprechenden Antrag eingebracht, mit dem wir ausdrücklich Öffentlichkeit für diese gute Initiative schaffen und als Parlament unsere Unterstützung durch dieses Hohe Haus signalisieren wollten.
Bei diesem Antrag haben Sie sehr lange gebraucht, dass Sie ihn nicht in Bausch und Bogen abgelehnt haben.
An dieser Stelle sind Sie nicht Ihrer Verantwortung – auch gegenüber denjenigen, die sich dafür ehrenamtlich engagieren wollen – gerecht geworden.
Sie haben ihnen Knüppel zwischen die Beine werfen wollen, während wir sie aktiv unterstützt haben. Das macht den Unterschied zwischen uns aus.
Ich persönlich könnte mir durchaus vorstellen, diese ARCUS-Stiftung über Landesmittel finanziell über einen begrenzten Zeitraum zu fördern. Ich könnte mir vorstellen, dass das Land auch Zustifter für diese Stiftung wird. Gegenwärtig ist das aufgrund der Haushaltslage nicht möglich. Es gibt gewiss auch noch unterschiedliche Nuancierungen zwischen den Koalitionsfraktionen. Gleichwohl bleibt das ein Ziel zumindest unserer liberalen Antidiskriminierungspolitik in Nordrhein-Westfalen.
Ein letzter Satz, weil wir hier so eine Art kleine Generaldebatte führen: Wir sollten nicht vergessen, über was wir hier in Wahrheit sprechen und um was es Ihnen in Ihrem Antrag geht. Es ist nicht so, dass Sie beklagt haben, es gebe Stillstand in der Antidiskriminierungspolitik, und Sie sind jetzt mit einem Bündel von Maßnahmen, von kreativen Vorschlägen hier vorstellig geworden. Das beinhaltet Ihr Antrag nicht. Ihr Antrag enthält nicht eine einzige fachliche Innovation.
Das Einzige, was Sie wollen, ist ein schnöder, langweiliger Bericht. Sie fordern nicht mehr als beschriftetes Papier hier im Landtag ein. Mehr wollen Sie nicht.
Geschätzte Frau Asch, Ihren Bericht – davon gehe ich fest aus – werden Sie irgendwann von der Landesregierung als Regierungsbilanz in diesem Politikfeld auch bekommen. Dafür allerdings hätte es Ihres Antrags nicht bedurft. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lindner. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Laschet das Wort. Bitte sehr, Herr Minister.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos an das anknüpfen, was der Kollege Lindner gerade vorgetragen hat. Ich habe, als ich mich auf diese Rede vorbereitet habe, als Erstes gefragt, um was es überhaupt geht. Hier steht Antrag drüber, und der Antrag besteht aus einer Frage: Was tut die Landesregierung für Lesben und Schwule?
Solche Fragen werden normalerweise in Kleinen oder Großen Anfragen oder auch in Fragestunden gestellt. Ich habe die Politik der Fraktionen im Landtag aber immer so verstanden, dass sie politische Vorstöße machen, dass Sie Vorschläge machen und in Debatten, nach denen der Landtag abstimmen soll, keine Fragen stellen.
Wenn man den Antrag bis zum Ende liest, stellt man fest – und das ist ein Politikfeld, in dem Sie die Landesregierung nicht kritisieren –, dass Sie nur einen Bericht über die Arbeit unserer Antidiskriminierungspolitik fordern. Die Antidiskriminierungspolitik der Landesregierung ist natürlich mehr als nur dieses eine Thema. Hätten wir einen Bericht zur Antidiskriminierungspolitik vorgelegt, wäre der wesentlich umfassender ausgefallen. Dass wir lieber konkret gegen Antidiskriminierung arbeiten, als Berichte zu schreiben, möchte ich Ihnen gerne darstellen.
In unserem Bundesland bestehen gute Rahmenbedingungen für das professionelle und ehrenamtliche Engagement im Bereich der Antidiskriminierungsarbeit. Wir fördern das schon erwähnte Projekt SchLAu, das auch die antragstellende Fraktion hervorhebt. Da leisten 80 ehrenamtliche Mitarbeiter des Vereins für schwul-lesbische Aufklärung für Jugendliche vor allem an den Schulen unseres Landes erfolgreiche Antidiskriminierungsarbeit.
Darüber hinaus haben wir fünf psychosoziale Beratungsstellen, die wir fördern: in Bochum, Dortmund, Köln, Münster und Siegen. Wir fördern die Landeskoordination der Anti-Gewalt-Arbeit beim Sozialwerk in Köln, und wir fördern die Landesgeschäftsstellen der LAG Lesben in Nordrhein-Westfalen und des Schwulen Netzwerks Nordrhein-Westfalen. Und das alles ist eine Kombination von Selbsthilfeinitiativen, von bürgerschaftlichem Engagement, das hier eine staatliche Unterstützung erhält.
Herr Minister, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Asch?
Herr Minister, können Sie dem Parlament erklären, warum Sie als Landesregierung sehr wohl einen Integrationsbericht, einen Sozialbericht, einen Gleichstellungsbericht vorlegen, sich aber offenbar im Bereich der Politik für Schwule und Lesben weigern, dem Landtag einen Bericht vorzulegen?
Frau Kollegin Asch, ich habe versucht zu erläutern, dass wir Antidiskriminierungsarbeit machen, uns aber nicht mit Berichten lahmlegen.
Warum wir in den anderen Feldern Berichte erstellen, kann ich Ihnen sehr gerne sagen. Das ist nämlich ein Unterschied. Ich hätte an Ihrer Stelle allerdings nicht den Sozialbericht erwähnt. Kollege Laumann hat Ihnen hier deutlich gemacht, dass wir Armutsberichte vorlegen, weil wir eine Debatte brauchen, wie wir da etwas verändern können. Sie haben in Ihrer Amtszeit die Berichte gar nicht mehr vorgelegt, weil Sie Angst hatten vor der Debatte hier im Parlament.
Das war doch der Grund. Kollege Laumann kommt hierher, legt den Armutsbericht vor und möchte ihn hier diskutieren.
Unser Integrationsbericht ist etwas ganz anderes. Das ist eine Aufbereitung von Maßnahmen, die seit 2006 beschlossen wurden.
Frau Kollegin Asch, ich sage Ihnen gleich, warum vor 15 Jahren Ihre Berichte vielleicht richtig waren. Sie sind aber gedanklich stehen geblieben. Wir sind doch heute viel weiter mit unserer Politik.
Aber bei der Integrationspolitik haben wir im Jahre 2006 begonnen, haben zugesagt, dass wir dem Landtag jährlich berichten werden, wo wir stehen, haben den Mikrozensus als erstes deutsches Bundesland aufbereitet, damit wir wissen, wo die Problemlagen sind. Die Situation ist überhaupt nicht vergleichbar mit der, über die wir hier diskutieren.
Noch einmal zur Sache: Ich habe Ihnen gerade die Maßnahmen genannt, die wir bei der Antidiskriminierungsarbeit für Lesben und Schwule unterneh
men. Dafür steht in der Weiterentwicklung der Strukturen die ARCUS-Stiftungsinitiative, die durch das private Engagement von Bürgerinnen und Bürgern aufgebaut wird. Auch das muss man hier einmal lobend erwähnen. Politik soll nicht immer so tun, als wenn sie das alles alleine kann. Hier haben Bürgerinnen und Bürger selbst die Initiative ergriffen, und wir unterstützen das.
Ich werde am 30. Mai wieder in Köln sein, habe die Schirmherrschaft für die diesjährige Aktion übernommen. Wir wollen in der Tat auch bürgerschaftliches Engagement für dieses wichtige Politikfeld einwerben. Ich erinnere daran, dass der Landtag von Nordrhein-Westfalen die Gründung der Stiftung einhellig begrüßt hat. Frau Asch, ich habe es eben erwähnt: Vor 15 Jahren machte das Sinn. Da standen wir ganz am Anfang in diesem Politikfeld.